Karlijn Stoffels- 1:0 für die Idioten

  • Amazon-Kurzbeschreibung:
    Luisa kommt für ein Jahr in die »Villa Strandlust« der Jugendpsychatrie. Sie ist eine scharfe, unerbittliche Beobachterin ihrer selbst. Ein Roman von großer Dichte, in dem es Stoffels meisterhaft versteht, die tiefgreifenden Veränderungen, die in Luisa stattfinden, unverstellt und authentisch - und mit viel Sinn für Humor und Ironie aufzuzeigen.»Die Welt und ich haben schon immer im Streit miteinander gelegen«, erinnert sich Luisa an ihrem 15. Geburtstag. »Freundschaft« bedeutet für sie nur, dass man gemeinsam dieselben Leute nicht ausstehen kann. Sie weiß nicht, wem sie trauen kann und wohin sie mit ihren Aggressionen soll, und weshalb man nicht immer zurückgeliebt wird, wenn man verliebt ist. Luisa rastet aus und zwar richtig. Sie ist ins Meer gegangen. Aber ein Hund hat sie wieder rausgefischt.
    In der Klinik soll sie sich und ihr Leben wiederfinden. Sie vertraut sich dem Therapeuten Hans an, sie beobachtet die anderen Patienten mit all ihren Zwangsneurosen. Als sie nach vielen Auf und Ab s stark genug ist, die Villa zu verlassen, weiß Luisa, dass sie noch einen weiten Weg vor sich hat. Aber eines hat sie gewonnen: Vertrauen in die Menschen und in sich selbst.


    Der Leser startet mit Luisas Einstieg in das Leben in der Jugendpsychatrie. Sehr schnell bekommt der Leser mit, dass es Luisa nicht gut geht. Ihre Alpträume, Angstzustände und Depressionen werden recht nüchtern beschrieben. Nach und nach faßt sich Luisa und sie darf aus der sogenannten Weichzelle heraus. Sie wird mit in ihre Gruppe aufgenommen. Dort muß sie sich den vorherrschenden Regeln anpassen, was ihr sonderlich schwer fällt. Vertrauen zu fassen und zu akzeptieren, dass sich die Welt nicht immer um sie dreht, fallen ihr sehr schwer. Im Laufe des Buches werden die anderen Mitglieder ihrer Gruppe vorgestellt. Ebenso erfährt der Leser etwas über Luisas familiären Hintergrund. Hierbei schafft es die Autorin, das gefühllose Verhalten von Luisas Mutter sehr sachlich und nur durch ein Gespräch mit den Therapeuten zu beschreiben.


    Luisas findet Gefallen an Daniel, dem Wunderkind, einem Jungen in ihrem Alter. Nach einem Unfall ist er nicht mehr in der Lage Klavier zu spielen, geschweige denn, zu kommunizieren oder sich einzugliedern. Luisa ist die Einzige, die sein Schweigen knackt, die Hassan, einen weiteren Bewohner ihrer Gruppe das "Babysein" austreibt. Sie verändert sich nach und nach, muß aber trotzdem Tiefschläge einstecken und arbeitet intensiv ihre Vergangenheit auf.


    Dieses Buch gefällt mir sehr gut. Das Seelenleben der Protagonistin wird eindringlich und realistisch beschrieben. Sie weiß, dass sie noch einen weiten Weg zu gehen hat. Durch die nüchterne und prägnante Sprache der Autorin werden Luisas Ängste sehr eindrucksvoll dargestellt. Der Verlauf ihres Aufenthalts wird realistisch mit Tiefschlägen, aber auch mit Höhen gezeichnet. Ich würde dem Buch :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: geben.

  • Danke für die interessante Rezension, BoekerSchmoekerin!
    Ich habe bislang nicht viele niederländische Autoren gelesen, packe mal das Buch auf die Wunschliste.

    2024: Bücher: 100/Seiten: 43 976

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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    Mein Blog: Zauberwelt des Lesens
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    "Das Nicht-Wahrnehmen von Etwas beweist nicht dessen Nicht-Existenz "

    Dalai Lama

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    Lese gerade:

    Adrian, Lara - Hüterin der Ewigkeit

  • @ Emili, :winken:
    ja danke. Du mußt auch unbedingt von der selben Autorin das Buch "Mojsche und Rejsele" lesen, das ist toll. Ist eine Liebesgeschichte, die im Waisenhaus des Warschauer Ghettos 1939 spielt. Das ist total toll und geht voll unter die Haut, kann ich nur empfehlen 8)
    Grüße, die BoekerSchmoekerin

  • Du mußt auch unbedingt von der selben Autorin das Buch "Mojsche und Rejsele" lesen, das ist toll.


    Danke, BoekerSchmoekerin! Habe bei Amazon Inhalt und Rezis angesehen, hört sich wirklich interessant an :winken:

    2024: Bücher: 100/Seiten: 43 976

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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  • Du mußt auch unbedingt von der selben Autorin das Buch "Mojsche und Rejsele" lesen, das ist toll. Ist eine Liebesgeschichte, die im Waisenhaus des Warschauer Ghettos 1939 spielt. Das ist total toll und geht voll unter die Haut, kann ich nur empfehlen


    Bei diesem Tipp schließe ich mich an. Das Buch fand ich auch gut.
    Allerdings muss ich sagen, dass mir 1:0 für die Idioten nicht sehr gut gefallen hat. Ich bin in die Figuren nicht wirklich hineingekommen. Die Story hat mich absolut nicht in ihren Bann gezogen. Warum das so ist, kann ich gar nicht so recht begründen. Vielleicht ist es so, dass einfach nur der berühmte Funke gefehlt hat, der bei mir die Begeisterung entzündet hat. Nun bin ich gespannt, auf weitere Meinungen zu diesem Buch.

  • Die 14jährige Louisa kommt in die Villa Strandlust, eine psychiatrische Unterbringung für Jugendliche, weil sie versuchte sich umzubringen. Sie erzählt ihre Geschichte selbst und entsprechend verwirrend ist der erste Eindruck. In ihr herrscht ein Druck, der irgendein Ventil sucht und so läuft und läuft und läuft sie, ihr Zimmer hoch und runter, runter und hoch. Das Summen in ihrem Kopf lässt sie ihn gegen die Wand hauen, sodass sie wiederholt in die 'Weichzelle' muss, wie es die Sozios (Therapeuten) nennen. Nachdem sich der Druck etwas verringert hat und Louisa auch keine Fluchtversuche mehr unternimmt, kommt sie in eine Gruppe mit anderen Jugendlichen, um langsam darauf vorbereitet zu werden, wieder am 'normalen' Leben teilzunehmen.
    Louisa erzählt sehr offen und in ihrem so ganz und gar eigenem Ton von sich wie auch von den Gruppenmitgliedern, die eines offenbar verbindet: In ihrem jeweils eigenen Leben scheinen sie völlig einsam und verlassen zu sein, ohne zu irgend jemandem Vertrauen fassen zu können. Doch nach und nach werden die Hürden kleiner, und trotz mancher Rückschläge machen fast alle Fortschritte.
    Die Sprache ist ungewohnt, denn Louisa berichtet sehr direkt, wie bestimmte Dinge auf sie einwirken und was sie in ihr auslösen. Während sie die Bedürfnisse der Anderen überraschend schnell erkennt, steht sie ihren eigenen eher hilflos gegenüber, sodass es zu plötzlichen 'Ausfällen' ihrerseits kommt, die in ihrer Heftigkeit immer wieder erschreckend wirken.
    Alles in allem hat Louisa auf mich sehr überzeugend gewirkt und ich frage mich, wie sich die Autorin so tief in das Denken einer verletzten jungen Seele hineinversetzen konnte, um es derart glaubhaft darzustellen.
    Ein teilweise sehr schonungsloses Buch, das einen aber nicht mutlos zurücklässt.

    :study: Das Eis von Laline Paul

    :study: Der Zauberberg von Thomas Mann
    :musik: QUALITYLAND von Marc-Uwe Kling