Maarten 't Hart - Ein Schwarm Regenbrachvögel

  • Maarten 't Hart - Ein Schwarm Regenbrachvögel (Een vlucht regenwulpen)


    Kurzbeschreibung (Amazon)
    Es ist eine bittere Geschichte, die der 30jährige Ich-Erzähler hier erzählt, die Geschichte eines einsamen Kindes und seiner verletzten Seele. Aufgewachsen zwischen einem fast stummen Vater und der geliebten Mutter, gläubigen Calvinisten, ist die Erziehung des Jungen streng und freudlos. Die Einschulung in der entfernt gelegenen Stadt ändert nichts an der Isolation: Dieser Junge nimmt an keinem Kinderspiel teil. Der einzige Mensch, dem dieser Junge leidenschaftlich begegnen kann, ist seine Mutter. Als sie stirbt, hinterläßt sie Schuldgefühle, ein nicht enden wollendes Heimweh. Und einen Sehnsüchtigen, der der Kindheit nicht entwachsen ist und nun von fremd gebliebenen Liebeserfahrungen, von Zwangsvorstellungen, vor allem aber von der Idee seines nahen Todes heimgesucht wird.



    Meine Meinung
    Der kleine Martin wächst in einer angeschiedenen Gärtnerei auf. Auch in der Schule bleibt er ein Außenseiter - er wohnt so weit weg, das er als einziger Schüler auch Mittags in der Schule bleiben muss. Gleichzeitig ist er auch noch klug und schüchtern. So beobachtet er immer nur die anderen Kinder beim Spielen.
    Die Geschiche spielt auf verschiedenen Zeitebenen: Zum einem wird vom Aufwachsen des kleinen Jungen erzählt, dann wechselt es wieder und der erwachsene Martin erzählt aus seinem Leben. Er trauert immer noch Martha nach, ein Mädchen, in das er sich in der Schuzeit verliebt hatte. Zu einer neuen Liebe scheint er unfähig.
    Die Geschichte wirkt auf mich sehr melancholisch und gedrückt. Aber die Landschaft und die Menschen hat Maarten 't Hart sehr eindrucksvoll beschrieben. :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:



    Autorenportrait (Amazon)
    Maarten 't Hart, geboren 1944 in Maassluis als Sohn eines Totengräbers. Studium der Biologie in Leiden und dort Dozent für Tierethologie. Nach seinen Jugenderinnerungen "Ein Schwarm Regenbrachvögel" erschien 1997 auf deutsch sein Roman "Das Wüten der ganzen Welt" und wurde zu einem überragenden Erfolg mit vielen Auszeichnungen. Es folgten die Bestseller "Die Netzflickerin", "Die schwarzen Vögel", "Bach und ich" und zuletzt "Gott fährt Fahrrad". Maarten 't Hart lebt heute in Warmond bei Leiden.

  • Danke, Hermia, für die schöne Rezension. Von dem Inhalt her, hört es sich an, als wäre es was für mich. Ich weiß nicht, ob du "Das Wüten der ganzen Welt" von der Autorin gelesen hast. Falls ja, würde es mich interessieren, ob der Schreibstil dieser beiden Romane vergleichbar ist?

    2024: Bücher: 100/Seiten: 43 976

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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    Mein Blog: Zauberwelt des Lesens
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    "Das Nicht-Wahrnehmen von Etwas beweist nicht dessen Nicht-Existenz "

    Dalai Lama

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    Lese gerade:

    Adrian, Lara - Hüterin der Ewigkeit

  • Momentan gibt es auch noch diese Ausgabe, in der neben "Ein Schwarm Regenbrachvögel" auch noch der Roman "Gott fährt Fahrrad" enthalten ist.


    Ein super Tipp, wenn man sich hier die ausschließlich positiven Bewertungen zu "Gott fährt Fahrrad" ansieht. - Leider zu spät für mich. Ich muss die Regenbrachvögel als Einzelbuch kaufen. Denn 't Hart gehört zu den Autoren, dessen Bücher ich besitzen muss. Bücherei und 't Hart - leider nicht.


    Danke, @ Hermia, für die Vorstellung von einem der letzten, das mir vom Autor noch fehlt. Auch wenn wieder einmal eine Empfehlung mit Kosten verbunden ist. :wink:

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Ich weiß nicht, ob du "Das Wüten der ganzen Welt" von der Autorin gelesen hast. Falls ja, würde es mich interessieren, ob der Schreibstil dieser beiden Romane vergleichbar ist?

    Dazu kann ich leider nichts sagen, "Ein Schwarm Regenbrachvögel" war mein erstes Buch Maarten 't Hart. Obwohl mit Sicherheit andere folgen werden. :wink:

    Auch wenn wieder einmal eine Empfehlung mit Kosten verbunden ist. :wink:

    :friends:Ich muss dafür irgendwann mal "Gott fährt Fahrrad" als Einzelbuch kaufen. :wink:


    Eigentlich gehört das nun nicht mehr in diesen Thread, aber von Maarten 't Hart gibt es übrigens noch eine 2 in 1 Ausgabe: "Die schwarzen Vögel" und "Die Sonnenuhr".

  • Ich muss dafür irgendwann mal "Gott fährt Fahrrad" als Einzelbuch kaufen.


    Am besten "Das Wüten der ganzen Welt" direkt mit. :wink:


    von Maarten 't Hart gibt es übrigens noch eine 2 in 1 Ausgabe: "Die schwarzen Vögel" und "Die Sonnenuhr".


    Habe ich auch beide als Einzelband.
    Guck mal hier und hier.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Dazu kann ich leider nichts sagen,


    Danke Hermia. :winken:
    Muss mir dann das Buch näher ansehen.

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    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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    Lese gerade:

    Adrian, Lara - Hüterin der Ewigkeit

  • Ich lese gerade Ein Schwarm Regenbrachvögel ... ein wirklich sehr melancholisches Buch. Durch die gewohnt wundervolle Sprache des Autoren gefällt es mir trotzdem, obwohl die düstere Stimmung in dem Buch gerade nicht wirklich zu mir passt. Eigentlich sollte ich etwas helleres lesen ... mir war aber gerade nach Maarten 't Hart, einer meiner absoluten Lieblingsautoren :thumleft:
    Es ist so traurig, wie der kleine Maarten/Martin allein durch sein Schulleben geht ... in der Freizeit ist er auch immer allein und beobachtet die Vögel seiner Umgebung. Nur die Liebe zu seiner Mutter holt ihn immer wieder aus seiner düsteren Verfassung heraus. Ich lese gern weiter 8)

    "Ein Leben ohne Hund ist möglich, aber sinnlos ..."

    (nach Loriot)

  • Ich lese gerade Ein Schwarm Regenbrachvögel ... ein wirklich sehr melancholisches Buch. Durch die gewohnt wundervolle Sprache des Autoren gefällt es mir trotzdem, obwohl die düstere Stimmung in dem Buch gerade nicht wirklich zu mir passt. Eigentlich sollte ich etwas helleres lesen ... mir war aber gerade nach Maarten 't Hart, einer meiner absoluten Lieblingsautoren :thumleft:

    Ich habe mittlerweile auch Die Netzflickerin gelesen und war völlig überrascht, wie humorvoll das doch im Gegensatz zu diesem Buch hier ist. :-k

  • Irgendwie sind es immer wieder ähnliche Charaktere und Hauptpersonen, welche uns Maarten ´t hart in seinen mittlerweile zahlreich erschienenen Romanen präsentiert: die Außenseiter der Gesellschaft, die Zurückgezogenen, Schüchternen, die Natur- und Tierliebenden, die Ruhigen, Stillen, Behutsamen. Die Einsamen. „Ein Schwarm Regenbrachvögel“, erschienen 1978 und für den Autor der Roman seines literarischen Durchbruchs, macht da keine Ausnahme. Der Schluß liegt nahe, daß der Ich-Erzähler dieses Romans in großen Teilen mit dem Autor identisch ist und nicht allein dessen Vornamen teilt.


    Worum geht es ? Es ist die Geschichte einer Kindheit, einer Jugend und eines Erwachsenwerdens. Maarten, so der Name des Erzählers, wächst behütet als Einzelkind bei seinen Eltern in einer Gärtnerei auf. Diese liegt, fast wie eine einsame Insel, mitten im Reetland, weit entfernt vom nächsten Ort. Die Eltern sind strenge Calvinisten, der Alltag wird bestimmt durch harte Arbeit und eine strenge Religiösität, aber auch durch eine große Zuneigung und Liebe seitens der Mutter. Die einsame Lage des elterlichen Hofes bringt es mit sich, daß Maarten erst bei der Einschulung mit anderen Kindern in Kontakt kommt und auf dem Schulhof sofort als Außenseiter, als Sonderling gilt. Die Spiele der Anderen kennt er nicht und die Freundschaft zu seinen Klassenkameraden bleibt ihm verwehrt. Fast scheint es, als hätte Maarten die Phase seiner Kindheit übersprungen: er ist ernst, strebsam, fleißig und verständig, seine schulischen Leistungen sind bestens und schnell ist er der Vorzeigeschüler seiner Lehrer.


    Mit den Hänseleien und Abweisungen seiner Mitschüler kann Maarten nicht umgehen und reagiert mit ungestümer Gewalt, schließlich ist er, durch die tägliche Mitarbeit in der Gärtnerei gestählt, seinen Peinigern körperlich deutlich überlegen. Aber natürlich helfen diese Übergriffe nicht, ihn den übrigen Schülern näherzubringen.


    Später, in einer der höheren Klassen, ist es die unerwiderte Liebe zu Martha, einer Mitschülerin, welche Maarten an seinem Gefangensein in seiner Existenz fast verzweifeln läßt: Zwar kreisen alle Gedanken, alles Sehnen allein um die Person dieses Mädchens, doch Maarten erweist sich als zu schüchtern und gehemmt, um es zu mehr als einigen gestammelten Sätzen zu bringen, wenn sich die beiden zufälligerweise in der Bücherei oder bei Sitzungen der Schülerzeitung begegnen.


    Auch die weiteren Stationen seines Lebensweges sind gekennzeichnet durch die Unfähigkeit, auf Menschen zuzugehen und sich selbst mitzuteilen. Abitur, Studium, Promotion – all diese Lebensphasen durchläuft Maarten allein, zurückgezogen, isoliert. Die verschiedentlichen Versuche, Kontakte zu seinen Mitmenschen zu knüpfen, hinterlassen ihn mit ambivalenten Gefühlen: zwar sehnt sich Maarten einerseits nach menschlicher Nähe, nach Gesprächen, Zuneigung und Anerkennung; andererseits jedoch stoßen ihn genau dieselben Menschen ab mit ihrer Oberflächlichkeit, ihrer Lautstärke, ihrer geistigen Beschränktheit, so daß sich Maarten schnell in sein inneres Exil zurücksehnt. Geborgenheit und inneren Frieden vermitteln sich ihm allein bei seinen Bootsfahrten in das Reetland, bei der Beobachtung der heimischen Vogelwelt, bei Musik und der Arbeit in der Gärtnerei, die er nach dem Tod seiner Eltern übernommen und zu einem gentechnischen Labor entsprechend seiner Forschungstätigkeit umgerüstet hat.


    Derart hin- und hergerissen zwischen dem Bedürfnis nach menschlicher Nähe und dem Rückzug in das Schneckenhaus der eigenen Existenz, kommt es schließlich zu einem Schlüsselereignis, einer lebensbedrohlichen Situation, als deren Folge Maarten erkennen muß, wie sehr er an seinem Leben hängt und die es ihm letztendlich ermöglicht, sich selbst mit all seinen Fehlern, Beschränktheiten und Schrullen zu akzeptieren und auszusöhnen.



    Mein Fazit: Absolut lesenswert ! Das Bedürfnis nach menschlicher Nähe, Zuneigung und Liebe; das Unvermögen des Erzählers, sich aus seiner Isolation zu befreien; der gleichzeitige Wunsch nach Rückzug und Alleinsein und die sich aus diesen Widersprüchen ergebenden seelischen Nöte und inneren Kämpfe werden nachvollziehbar geschildert und sehr anschaulich herausgearbeitet. Schon in diesem frühen Roman des Niederländers wird die ganze Thematik seines späteren Schaffens komprimiert und verdichtet wiedergegeben. Sprachlich ist Maarten ´t hart ohnehin immer ein Genuß: die einfache, realistische Erzählweise, die bildhaften Landschafts- und Naturbeschreibungen lassen den Leser ganz in Text und Handlung eintauchen und darin aufgehen.