Andrea Camilleri - Der falsche Liebreiz der Vergeltung

  • Über den Autor:
    Andrea Camilleri, geboren 1925, arbeitete lange Jahre als Drehbuchautor und Regisseur für Theater und Rundfunk, wobei er sich durch die Bearbeitung schwieriger Materien wie Beckett oder Ionesco einen Namen machte. Auch unterrichtete er an der Hochschule für Darstellende Kunst.
    1978 erschien sein erster Roman. Seit 1994 erscheint die Krimireihe mit ihrem Protagonisten Salvo Montalbano, den er übrigens nach dem spanischen Autor Manuel Vazquez Montalban benannte.


    Aus dem Inhalt:
    Das Buch beinhaltet drei Kurzgeschichten des sizilianischen Kommissars. Die erste geht zurück in die Zeit, in der er in Vigata, an der sizilianischen Küste, das Amt des Commissario übernimmt.
    Nach einem Prozess, wo Montalbano als Zeuge aussagen soll, fällt ihm im Bus nach Vigata ein junges, offenbar verwirrtes Mädchen auf, das ihm schon im Gerichtsgebäude begegnet war. Als er sie anspricht, stellt er fest, dass sie einen Revolver bei sich hatte. Was wollte sie damit im Gericht und was hat ihr Ex-Freund, ein Spross der Mafia-Familie Cusumano damit zu tun?


    In der zweiten versucht er herauszufinden, warum ein Unbekannter Tiere tötet. Er beginnt mit einem Fisch und landet schließlich bei einem Elefanten. Ist das nächste Opfer ein Mensch?


    Die dritte Geschichte handelt von einem kleinen Mädchen, das verschwindet und kurze Zeit später unversehrt wieder auftaucht.
    Alles ein Zufall oder eine Warnung an den Vater der Kleinen, der als Geschäftsmann in Sizilien tätig ist?


    Meine Meinung:
    Bei Camilleri kann ich gut verstehen, dass er mit seiner Krimireihe über die Grenzen Italiens hinaus berühmt wurde.
    Montalbano ermittelt geradlinig, durchschaubar, mit Herz und manchmal an der Grenze der Legalität - wie man es sich vielleicht von einem sizilianischen Polizisten sogar erwartet.
    Die Lektüre machte immer sehr viel Spaß und manchmal meint man in seinem inneren Ohr die Stimme des Erzählers der "Don Camillo"-Filme zu hören. Zu all dem ganzen gesellt sich die wunderbare Beschreibung der von mir sehr geschätzten sizilianischen Küche. Vermengt mit einem guten Schuss Humor, ist diese Sammlung von drei Kurzgeschichten in jedem Fall ein guter Einstieg in die "Montalbano"-Reihe und hat bei mir in jedem Fall Lust auf mehr erzeugt.


    :thumleft:

  • Schon der Titel des dieses Montalbano – Buchs von Andrea Camilleri kann einem das Wasser im Mund zusammen laufen lassen: „Der falsche Liebreiz der Vergeltung“. Der Untertitel: „Commissario Montalbano findet seine Bestimmung“ passt eigentlich nur zur der ersten von drei etwa gleich langen Geschichten.


    In „Montalbanos allererster Fall“ erzählt Camilleri, wie Salvo Montalbano etwa 1985 nach Vigata kommt, sein schönes Haus am Meer findet und gleich mit der ihm eigenen Art seine neuen Kollegen im Kommissariat verblüfft. Zusammen lösen sie einen Fall, in dem ein Kind gebliebenes Mädchen und einige sie ausnutzende Männer die Hauptrolle spielen.
    Zu der Zeit ist er noch mit Mery, einer Frau aus Catania zusammen, mit der er aber eine ähnlich komplizierte Wochenendverbindung pflegt wie später mit seiner langjährigen Freundin Livia, die in den beiden anderen im Buch veröffentlichten Geschichten – sie spielen wieder eher in der Gegenwart – ein paar Mal auftaucht.


    In „Immer Montags“, der zweiten Geschichte führt uns Camilleri, wie immer sehr belesen, in die Geheimnisse der Kabbala ein. Jeden Montagmorgen geht eine Meldung über die Tötung eines Tieres ein: es beginnt mit einem Fisch ... und könnte in einer Massenkatastrophe enden. Doch mit dem ihm eigenen Spürsinn kommt Montalbano hinter die verschlüsselten Botschaften und rettet wahrscheinlich hunderten Menschen das Leben.


    In der dritten Geschichte „Zurück zu den Wurzeln“ geht es um eine fingierte Entführung eines Mädchens, die ein aus den USA heimgekehrter ehemaliger Mafiosi angezettelt hat. Und Montalbano legt ihnen allen das Handwerk. Er selbst allerdings gerät in diesem Fall in große Gefahr, wie immer mal wieder in den vorangegangen über zehn Romanen: er ist kurz davor, sich in eine andere Frau zu verlieben. Doch letztendlich ist auch hier seine Bestimmung eindeutig: er gehört zu Livia und will auch dort bleiben, selbst wenn sie wohl nie ihre Beziehung wirklich ins Reine bekommen werden.


    Camilleri weist in einem Nachwort daraufhin, dass es in allen drei Geschichten kein einziges Mordopfer gibt, offenbar weil es ihm irgendwie widerstrebt. Sein Commissario braucht keine Morde, um sein Talent und seinen Spürsinn, seine Bildung und seine tiefe Menschlichkeit in Szene zu setzen.


    Wünschen wir diesem wunderbaren Schriftsteller gute Gesundheit und viel Schaffenskraft, denn die Bücher mit Montalbano werden uns irgendwann sehr fehlen.