Theodor Fontane - Effi Briest

  • Ich habe Effi Briest dieses Jahr für die Schule gelesen, und das Buch hat mir wirklich gut gefallen. Es ist interessant zu sehen, wie die Gewohnheiten in anderen zeiten waren. Besonders gut gelungen finde ich, dass die Affäre mit Crampas so richtig erst am Ende rauskommt. Im Verlauf des Buches gibt es lediglich jede Menge Andeutungen.

  • Komisch, ich habe das Buch aus gegebenem Anlass gerade durch und ich muss sagen,ich bin nicht ganz so begeistert. Effi erscheint mir wie jemand, der eine bipolare Störung hat - oft schwankend zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt -, wobei ihre Reaktionen oft nicht zu ihrer Situation passen. Es ist eine ganz gute Beschreibung der entwicklung einer solchen Person in ungewöhnlichen gesellschaftlichen Umständen - zumindest aus unserer heutigen Sicht, aber wirklich begeistern kann mich das nicht.

    Dito! Ich hab mich sooooo oft so sehr über sie aufgeregt und konnte das Buch ebenfalls nicht wirklich mögen.

  • Hallo!


    Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich jetzt lächerlich mache oder ihr mich "sentimental" schimpft, aber das war das beste Buch, was ich bisher gelesen habe. Eines, welches mich von Beginn an durch seine Sprache in den Bann gezogen hat. Fontane hat mich in Effis Welt gezogen wie es kein anderer geschafft hätte!


    Schnell habe ich erkannt, dass "Das Spukhaus" nur ein Vorwand war um Effi zu ängstigen und sie dadurch zu "erziehen", für mich war es "zwingen", "mürbe" machen. Trotzdem war ich von Instetten enttäuscht als es mir dann im Gespräch mit ihm und Johanna nochmal deutlich gemacht wurde, dass dem so ist, wie ich empfunden und gedacht habe.


    Keine Stelle war mir zu lang, ganz im Gegenteil, ich hätte mir noch viel mehr gewünscht, z. B. näheres zu den "leidigen" Besuchen auswärts, als auch zu dem ganzen Leben der beiden und später mit Annie. Überhaupt hätte Fontane für mich eine Trilogie draus machen können.


    Als Instetten und Crampas sich duelliert haben, da schlug mir das Herz bis zum Hals, wenngleich der Ausgang ja nun hinlänglich bekannt war. Aber ich war noch so geschockt von dem Moment wo Instetten die Briefe fand, auch wenn ich es schon wusste. Es war so lebendig, so neu. Und als Effi verstoßen wurde, da spürte ich einen Kloß im Hals und musste weinen, so sehr fühlte ich mit ihr, so sehr war sie mir ans Herz gewachsen. Meine Güte, ich kam mir vor wie ein Jammerlappen. Beim Duell hatte ich in der einen Hand das Buch und die andere entsetzt vor den Mund gehalten. Als Effi den Brief in Ems erhielt, da hatte ich wieder in der einen Hand das Buch und die andere mit einem Tempo an der Nase und mit dem Ärmel über die feuchten Augen wischend. (Das IST sentimental, ich weiß, aber warum nicht? Ich habe so empfunden...)


    Als Wüllersdorf sagte: "Eine Welt von Dingen erlebt", da war ich begeistert von der Sprache. Das sagt so viel aus und es ging nur um ein Duell, aber solch ein Duell hinterlässt Spuren, eben auch beim Sieger, ob nun gewollt oder nicht. Wüllersdorf hätte an das: "Eine Welt von Dingen erlebt" gar nicht noch hinzufügen müssen: "Schmerzliches, Rührendes, Gieshübler an der Spitze...", etc. Jeder konnte "nachempfinden", was er damit meinte. Grandios.


    Meine Güte, noch nie hat ein Roman soetwas bei mir hinterlassen! Ich bin sehr traurig, dass es nicht weitergeht und ich könnte sofort wieder bei Seite 1 anfangen. Jetzt sofort! (Ich weiß, das ist verrückt).


    Ich habe den Wunsch, nur noch so etwas lesen zu wollen und da wird es dann eng - vom Anspruch her - von der Sprache, von dem Stil, aus der Zeit, Schicksalsperson, etc. Nun heißt es suchen...


    Ja, ich bin ein wenig "überdreht" von dem Buch, ich weiß, aber ich schäme mich dem wirklich nicht, solche Begeisterung zu zeigen. Wenn nicht hier - wo dann? :uups:

    Liebe Grüße von Tanni

    "Nur noch ein einziges Kapitel" (Tanni um 2 Uhr nachts)


  • Ich bin sicher, Fontane würde sich geschmeichelt fühlen ob so viel Enthusiasmus! :mrgreen: Ist doch toll, dass das Buch wenigstens einigen hier gefällt! Von der Sprache her finde ich es auch gut (wenn auch nicht so gut wie einige andere Klassiker), aber der Rest ... :roll:
    Naja, jedem das Seine.

  • Ich habe Effi Briest vor über zehn Jahren gelesen und fand das Buch damals grossartig! Sosehr, das ich mir danach alle anderen Romane von Fontane gekauft und gelesen habe. Neben "Der Stechlin" ist es mein Lieblingsbuch des Autors. :wink:
    Ich denke, das ist ein Buch, das ich irgendwann gerne nochmal lesen will.

  • Hallo Hermia!

    Ich habe Effi Briest vor über zehn Jahren gelesen und fand das Buch damals grossartig! Sosehr, das ich mir danach alle anderen Romane von Fontane gekauft und gelesen habe. Neben "Der Stechlin" ist es mein Lieblingsbuch des Autors. :wink:
    Ich denke, das ist ein Buch, das ich irgendwann gerne nochmal lesen will.

    Ich habe mich natürlich auch direkt umgeschaut und habe für mich, vom Inhalt her: Unwiederbringlich für mich auserkoren und schon gekauft, welches ich als nächstes lese und dann würde ich gerne Stine lesen und dann müsste ich erstmal weiter schauen, was ich inhaltlich noch interessant finde...

    Liebe Grüße von Tanni

    "Nur noch ein einziges Kapitel" (Tanni um 2 Uhr nachts)


  • Hallo Tanni,
    wenn ich mich in der Zahl nicht irre, hat Fontane insgesamt 14 Romane geschrieben (wobei "Ellernklipp" eher eine Novelle ist). Du hast auf jeden Fall noch eine Menge Lesestoff vor dir! Und dann gibt es ja auch noch dutzende von Reiseerzählungen von ihm. Wobei letztere nicht so ganz mein Fall sind. :)

  • Hallo Hermia!

    Hallo Tanni,
    wenn ich mich in der Zahl nicht irre, hat Fontane insgesamt 14 Romane geschrieben (wobei "Ellernklipp" eher eine Novelle ist). Du hast auf jeden Fall noch eine Menge Lesestoff vor dir! Und dann gibt es ja auch noch dutzende von Reiseerzählungen von ihm. Wobei letztere nicht so ganz mein Fall sind. :)

    Meine auch nicht unbedingt. Das letzte, was ich gelesen habe war: Jenseits des Tweed, Reisebericht und Briefe aus Schottland. Wunderbare Sprache, aber so extrem detaillierte Beschreibungen, dass ich überhaupt nicht zurecht kam damit, dass mir jeder Stein der ihm begegnete (etwas übertrieben), bis ins Detail beschrieben wurde. Da war ich dann hin- und hergerissen zwischen Gefallen und Nichtgefallen.

    Liebe Grüße von Tanni

    "Nur noch ein einziges Kapitel" (Tanni um 2 Uhr nachts)


  • Letzten Monat hab ich "Effi Briest" beendet und fand das Buch mittelmäßig. Die Geschichte war an sich gut, aber für meinen Geschmack von Fontane mit viel zu wenig Gefühl umgesetzt. Wie kann man eine so emotionsgeladene Geschichte so emotionslos niederschreiben??? Durch die erste Hälfte musste ich mich richtig durchkämpfen, wirklich interessant fand ich es erst, als Crampas dazu kam. Mir fehlte auch etwas das Rebellische an Effi. Sie war zwar sehr lebhaft, aber auch sehr schicksalsergeben, was sicher auch an der Zeit damals lag. Allerdings spielen sowohl "Madame Bovary" als auch "Anna Karenina" in etwa zur gleichen Zeit und beide waren meiner Ansicht nach "kämpferischer veranlagt" als Effi. Kurz vor Schluss hat sie einmal eine Phase, wo sie sich endlich mal nicht die Schuld gibt, aber die Einsicht, dass sie alleinige Schuldige war, kam dann ja recht schnell wieder...Vielleicht mag ich auch nur Fontanes Stil nicht so. Jedenfalls haben mir sowohl "Anna Karenina" als auch "Madame Bovary" deutlich besser gefallen. Ich freue mich aber schon auf die Verfilmung, die dieses Jahr kommen soll.


    LG Effi

  • Wie kann man eine so emotionsgeladene Geschichte so emotionslos niederschreiben?


    Ich denke, dass Fontanes Stil gar nicht so emotionslos ist. Aber es sind hier die leisen Töne. Vieles passiert fast nebenher und es ist vielleicht im Vergleich zur heutigen Zeit relativ nüchtern beschrieben (oder im Vergleich mit der Romantik). Aber wir befinden uns in der Zeit des bürgerlichen Realismus und diese Gattung bringt natürlich gewisse literarische Schreibweisen mit sich.


    Sie war zwar sehr lebhaft, aber auch sehr schicksalsergeben, was sicher auch an der Zeit damals lag. Allerdings spielen sowohl "Madame Bovary" als auch "Anna Karenina" in etwa zur gleichen Zeit und beide waren meiner Ansicht nach "kämpferischer veranlagt" als Effi.


    Das liegt, denke ich, daran, dass der deutsche Realismus ein anderes literarisches Programm hatte, als das bei den Franzosen oder auch den Russen der Fall war. Auch in England war der Realismus viel politischer und auch viel gesellschaftskritischer als das bei uns der Fall war.

  • Ich freue mich aber schon auf die Verfilmung, die dieses Jahr kommen soll.

    Von Effi Briest gibt es doch schon Verfilmungen! hier (bei Amazon ) und hier



    Ich habe damals in der Schule auch Effi Briest gelesen und ich habe es sehr gemocht. Ich finde auch nicht dass es emotionslos ist, im Gegenteil! Würde die arme Effi sich sonst solche Vorwürfe machen? Und wäre Instetten sonst so unglücklich am Ende (er sagt ja dass er es tun muss soweit ich mich erinnere dabei ist er deswegen unglaublich traurig). Nur weil die nicht solch eine Ausgeprägte Bindung zu ihrer Tochter hat (wie schon erwähnt war das damals üblich) ist das Buch doch nicht emotionslos!

  • Schlomo: Mir ging es dabei lediglich um den Schreibstil Fontanes. Im Vergleich mit Flaubert und Tolstoi fand ich ihn eher gleichgültig, rational, was auch immer. Aber es war vielleicht ein Fehler meinerseits diese 3 Bücher in so kurzer Zeit nacheinander zu lesen. Auch was tiana geschrieben hat, ist einleuchtend: die deutsche Literatur des Realismus unterscheidet sich halt einfach von der Literatur in den anderen Ländern zu dieser Zeit. Und mir scheint genau das wohl nicht so zu liegen...zumindest nicht, wenn ich anschließend den direkten Vergleich habe.

  • Aber es war vielleicht ein Fehler meinerseits diese 3 Bücher in so kurzer Zeit nacheinander zu lesen.


    Aber dadurch bist du auf der anderen Seite in der Lage interessante Vergleiche zu ziehen. Du kannst die Bücher ja nun auch gut miteinander vergleichen, was ich immer sehr spannend finde, gerade weil diese drei Romane so oft miteinander verglichen werden. Ich habe "Anna Karenina" noch nicht gelesen und werde das bald mal nachholen, denn mich reizt der Vergleich dieser großen literarischen Frauengestalten schon lange.

  • Hallo ihr Lieben :winken:


    Ich spreche jetzt nur für mich - aber Vergleiche hinken immer auf eine ganz besondere Art, denn es wird dabei außer acht gelassen, was der Autor sagen wollte, warum er die Figur so und nicht anders präsentiert hat. Aber selbst wenn der Autor damit nichts sagen wollte, hat die Art und Weise, wie die Person auftritt einen Sinn und ist nicht mit anderen Handlungen, anderen Figuren von anderen Autoren in anderen Romanen direkt zu vergleichen. Ich denke, dabei bleibt immer ein Buch, ein Autor, eine Figur auf der Strecke.


    In diesem Fall ist z. B. eine Effi Briest anscheinend (ich habe die beiden anderen Romane nicht gelesen), ganz anders, gar emotionslos (was ich persönlich, nicht finde, nur ihre Emotionen liegen unter der Oberfläche und der Leser muss sie heraushören aus ihren Worten und herauslesen aus ihren Taten und Handlungen). Effi muss anders sein, als eine Karenina, etc. Sie lebt ein anderes Leben, hat andere Probleme und eine ganz andere Entwicklung.


    Natürlich kann man vergleichen, den Stil, die Perspektive, das Thema, aber doch nicht die Figuren selber. Sie haben doch jede für sich andere Dinge zu bewältigen und jede für sich andere Charaktere. Da ist es doch logisch, dass sie alle miteinander unterschiedlich denken, handeln, fühlen, etc. Sie sind von unterschiedlichen Autoren geschaffen und wurden in unterschiedliche Problematiken gestürzt von ihm.

    Liebe Grüße von Tanni

    "Nur noch ein einziges Kapitel" (Tanni um 2 Uhr nachts)


  • Ach herrje, was habe ich da bloß mit dem "emotionslos" angerichtet. :uups:


    Ich glaube, ich hab mich irgendwie falsch ausgedrückt. Effi selbst finde ich kein bißchen emotionslos, lediglich für meinen Geschmack etwas zu schicksalsergeben. Ansonsten konnte ich mich sehr gut mit ihr identifizieren, sonst hätte ich wohl kaum den Namen hier fürs Forum gewählt. Ich bin einfach nur der Ansicht, Fontane hätte mehr auf ihre Gefühle eingehen und sie etwas mehr umschreiben können. Genau das hat MIR gefehlt und dies war in den anderen beiden Romanen halt anders.


    Ich hätte "Effi Briest" tatsächlich eine deutlich bessere Bewertung gegeben, wenn ich die anderen nicht unmittelbar anschließend gelesen hätte. Dadurch, dass ich nicht so tief in ihre Gefühlswelt eintauchen konnte, blieb sie hinter Karenina und Bovary auf der Strecke, weil es dort halt anders war. Hätte ich nochmal die Wahl, würde ich die drei Bücher mit mindestens einem Monat Abstand dazwischen lesen, um jedes Buch für sich alleine besser bewerten zu können.


    LG Effi

  • Ach Effi, manchmal ist das geschriebene Wort nicht ganz so einfach, auch wenn man meint, es verständlich ausgedrückt zu haben. Wie gut ich das kenne. War auch von mir nicht bös gemeint oder so. Aber jetzt verstehe ich dich trotzdem besser. :friends:

    Liebe Grüße von Tanni

    "Nur noch ein einziges Kapitel" (Tanni um 2 Uhr nachts)


  • Ich muss gestehen, dass mir "Effi Briest" überhaupt nicht gefallen hat.


    Fontane beschreibt mir einfach zu langgezogen - ich kann nicht verstehen, wie man für die Beschreibung eines Zimmers ruhigen Gewissens drei Seiten nutzen kann. Daher war mir das Buch insgesamt zu langatmig und hätte mir besser gefallen, wenn Fontane sich kürzer gefasst hätte. Was mich aber fasziniert hat, ist wie viel Arbeit er hineingesteckt hat! Bis man die ganze Symbolik und die zahlreichen Vorausdeutungen erfasst hat..


    Jetzt bin ich mal gespannt, denn "Madame Bovary" SUBt bei mir noch und wird nach euren Anmerkungen wohl weiter nach oben rücken.

    Gibt es schließlich eine bessere Form, mit dem Leben fertig zu werden, als mit Liebe und Humor?


    Charles Dickens

  • Hallo Nathy,


    ich musste Effi Briest vor ca. 14 Jahren in der Schule lesen- ich habe es nie geschafft, über Seite 20 zukommen und denke noch mit Schrecken an das buch zurück...Aber ich denke, ich werde es jetzt noch einmal probieren...Vielleicht ist man ja mittlerweile etwas reifer geworden....


    Salmon

  • Nachdem ich mich einmal mit Fontanes Schreibstil zurechtgefunden habe, hat es mir immer mehr Spaß gemacht, dieses Buch zu lesen. Wirklich faszinierend finde ich auch, wie Fontante - ebenso wie einige seiner Zeitgenossen - es immer wieder schaffen, gewisse Dinge dem Leser mitzuteilen ohne auch nur ein einziges Wort darüber zu verlieren. Ich hoffe ihr versteht, was ich damit meine. Es ja nun so, dass es einige Momente gibt, die eigentlich ausgeschwiegen werden, und dennoch weiß man als Leser ziemlich genau, was zu diesem zeitpunkt passiert. Das finde ich wirklich beeindruckend! :thumright:

    With freedom, books, flowers, and the moon, who could not be happy? ― Oscar Wilde