Immanuel Kant - Kritik der reinen Vernunft

  • Kurzbeschreibung und Kritik:


    Was soll ich beschreiben? Jeder kennt Kant, ein großer Philosoph der Neuzeit. In diesem Wälzer, der für die Seitenanzahl ziemlich billig ist, erfährt man kurz und prägnant gesagt über Kants Theorien zum menschlichen Verstand. Er zeigt uns unsere Grenzen auf. Aber auch unsere Möglichkeiten.


    Weltklasse - wenn auch nicht leicht zu lesen.


    mfg

  • Ich hab' hier mal ein paar Hintergrundinformationen aus dem Internet zusammengestellt. Sie sind schon interessant und wichtig, um das Buch richtig einordnen zu können.


    Die Kritik der reinen Vernunft (KrV) ist das erkenntnistheoretische Hauptwerk des deutschen Philosophen Immanuel Kant. Der Königsberger Philosoph schrieb die KrV als erste seiner drei „Kritiken“. Es folgten die Kritik der praktischen Vernunft und die Kritik der Urteilskraft. An die KrV schließen zudem die Prolegomena von 1783 an. Die Kritik der reinen Vernunft erschien in erster Auflage im Jahr 1781.


    Zur Entstehung des Werkes


    Die Kritik der reinen Vernunft stellt einen grundlegenden Wendepunkt in der Philosophie Immanuel Kants dar. In seinen frühen Jahren war er, geprägt durch seine Lehrer an der Universität, Rationalist. In dieser Zeit beschäftigte er sich stark mit naturwissenschaftlichen Fragen und der Physik Isaac Newtons. Sein frühes Hauptwerk ist die Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels, in der er eine auch von Astronomen anerkannte Theorie über die Entstehung des Planetensystems und des Kosmos entwickelte, die über hundert Jahre als die Kant-Laplace-Theorie Aktualität hatte. Je mehr sich Kant auch mit metaphysischen Themen befaßte, umso mehr sind wachsende Zweifel an der Position des Rationalismus erkennbar. Sein Interesse galt weniger der Entwicklung eines Systems, sondern vor allem der Aufklärung, weshalb man in „der Metaphysik durchaus analytisch verfahren müsse, denn ihr Geschäfte ist in der That, verworrene Erkenntnisse aufzulösen.“ Während Kant bis zu seiner Dissertation für die Professur (Von der Form der Sinnen- und Verstandeswelt und ihren Gründen, 1770, original in Latein) regelmäßig eine große Anzahl von Schriften veröffentlicht hatte, unterbrach er bis auf wenige Ausnahmen seine schriftstellerische Tätigkeit für einen Zeitraum von zehn Jahren.


    Zunächst wollte Kant nur seine Dissertation für eine Veröffentlichung überarbeiten. Doch je tiefer er sich mit den erkenntnistheoretischen Fragen befaßte, umso mehr mußte er seine vorhergehenden Positionen überarbeiten und umso mehr verzögerte sich die Veröffentlichung. Anlaß hierfür war wohl die skeptische Position Humes.


    Am Ende dieser Neuorientierung konnte Kant das Buch „innerhalb etwa 4 bis 5 Monaten, gleichsam im Fluge“ niederschreiben.Doch nach seiner Veröffentlichung war die Reaktion auf das Buch zunächst sehr verhalten. Allgemein wurde die Schrift als dunkel und unverständlich eingestuft. Allmählich nahm die Rezeption zu und mit Erscheinen der zweiten, stark überarbeiteten Auflage der Kritik der reinen Vernunft im Jahre 1787 wurde Kant zum führenden und meistdiskutierten Philosophen seiner Zeit, der auch bald im Ausland Aufmerksamkeit erzielte. Das Werk wurde 1827 von der katholischen Kirche auf den Index der verbotenen Bücher gesetzt.


    Unterfangen der Kritik


    Kant hielt seine Vorlesungen zur Metaphysik nach dem Lehrbuch von Alexander Gottlieb Baumgarten, einem Schüler der rationalistischen Schule von Christian Wolff. Zurückgehend auf Descartes, Spinoza und Leibniz vertraten die Rationalisten die Auffassung, daß alle Erkenntnis Vernunfterkenntnis ist. Sinnliche Erfahrung ist dunkel und wird erst durch die Vernunft geordnet und erhellt. Was Wirklichkeit und Wahrheit ist, kann man erst durch die Vernunft erkennen.


    Die Grundthese des Empirismus, wie sie in der Tradition von Bacon und Hobbes vor allem von John Locke vertreten wurde, besagt hingegen, dass alle Erkenntnis von der sinnlichen Erfahrung ausgeht. Das menschliche Denken ist durch die Sinnesdaten bestimmt und auch alle Reflexionen, alle Ideen und Begriffe beruhen auf Erfahrung.


    Kant suchte diesen unversöhnlich erscheinenden Konflikt zu lösen. Hierzu kritisierte er zunächst die beiden gegensätzlichen Grundpositionen. Dem Rationalismus hielt er entgegen, daß die Sinne eine eigenständige Erkenntnisquelle seien. Sie lieferten das Material, ohne das eine Erkenntnis überhaupt nicht möglich wäre. Andererseits hielt er den Empiristen vor, daß auch der Empirismus bereits eine Theorie sei, die sich so nicht in den Sinnen finden läßt. Kant erschien es daher notwendig, daß Erkenntnis erst entsteht, wenn Sinnesdaten im menschlichen Verstand verarbeitet werden. Erst die Einheit aus Sinnen und Verstand führe zu Erkenntnis. Diese Grundeinsicht hat Kant plakativ formuliert:


    „Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind.“


    Dabei ist es nach Kant zuerst der Verstand, der die Erscheinungen für sich formt und konstruiert. Dazu wählt er die für seine Handlungs- oder Denkschemata geeigneten oder notwendigen Reize aus. Ohne Tätigkeit des Verstandes wären alle sinnlichen Empfindungen bloße unstrukturierte „Data“. Bezogen auf den Verstand formuliert Kant: alle seine Vorstellungen und Begriffe sind bloss seine Geschöpfe, der Mensch denkt mit seinem Verstand ursprünglich, und er schafft sich also seine Welt.


    So ist auch die Organisation und der Zusammenhang, wie die Natur dem Menschen erscheint, nicht von dieser vorgegeben, sondern davon abhängig, wie sie durch den Erkenntnisapparat verarbeitet wird:


    „Die Ordnung und Regelmäßigkeit an den Erscheinungen, die wir Natur nennen, bringen wir selbst hinein, und würden sie auch nicht darin finden können, hätten wir sie nicht, oder die Natur unseres Gemüts ursprünglich hineingelegt."


    Kants KrV liefert nicht nur eine neue Erkenntnistheorie, sondern klärt auch das Verhältnis des Erkenntnisvermögens zur Logik, Mathematik, zu den Naturwissenschaften sowie zur Metaphysik und Ontologie. Als Methodenlehre ist sie zugleich Ausgangspunkt des Kritizismus. Sie ist eine „Propädeutik, welche das Vermögen der Vernunft in Ansehung aller reinen Erkenntnisse a priori untersucht [...]." Die Ergebnisse aus der KrV wurden zur Grundlage von Kants Ethik, in der Ästhetik, aber auch in der Geschichts- und Religionsphilosophie.


    Zum Inhalt des Buches


    Bedeutung des Titels „Kritik der reinen Vernunft“


    * „Kritik“ ist nicht als Beanstandung, Tadelung oder Herabwürdigung zu verstehen, sondern im ursprünglichen Sinn des griechischen Wortes „krinein“ (scheiden, unterscheiden, urteilen) als Analyse, Sichtung und Überprüfung im weitesten Sinne. Vor allem bedeutet hier „Kritik“ eine Grenzziehung zwischen dem Wissbaren und dem Unwissbaren.


    * Der Genitiv „der“ kann als genitivus objectivus wie als genitivus subjectivus gelesen werden. Kant verstand seine Untersuchung in der Tat als eine Kritik an der und durch die reine Vernunft. Als oberstes Erkenntnisvermögen kann sich die Vernunft einer Selbstkritik unterziehen. Die reine Vernunft kann sich selbst zum Gegenstand machen. Kant spricht vom „Gerichtshof der Vernunft“ (B779), vor dem die Vernunft Kläger, Angeklagter und Richter zugleich ist.


    * Die „reine“ Vernunft umfaßt nach Kant die Erkenntnisfähigkeit des menschlichen Denkens, ohne auf schon vorhandene sinnliche Erfahrung zurückgreifen zu müssen. Rein ist das Vernunftvermögen, wenn es vor und unabhängig aller Erfahrung ist. Für die reine Vernunft gibt es außer den Gesetzen der Logik keine Beschränkung. Die Gesetze der Logik aber garantieren nur logische, nicht aber inhaltliche Widerspruchsfreiheit.


    * Der Erkenntnisapparat des Subjektes im Sinne der „Kritik der reinen Vernunft“ umfasst
    o die Sinnlichkeit als das Vermögen der Anschauung,
    o den Verstand als das Vermögen, Anschauungen unter (einfache) Begriffe zu bringen, sowie
    o die Vernunft im Allgemeinen als das Vermögen, die Verstandeserkenntnis zu ordnen, als das Vermögen nach Prinzipien zu denken.


    Damit bedeutet der Buchtitel: Überprüfung der Möglichkeiten der Erkenntnisfindung ohne Verwendung der Erfahrung und Beschränkung der Erkenntnis auf das ihr Zugängliche. Oder wie Kant es ausdrückt: „Was sind die Bedingungen der Möglichkeit von Erkenntnis?“


    Aufbau der Kritik der reinen Vernunft


    Nach einer Vorrede, die Kant in der zweiten Auflage völlig neu faßte, erfolgt eine Einleitung, in der wesentliche Grundbegriffe geklärt werden. Das Hauptwerk gliedert sich in zwei Teile, die Elementarlehre und die deutlich kürzere Methodenlehre. Die transzendentale Elementarlehre enthält die Auseinandersetzung mit den Bedingungen der Möglichkeit von Erkenntnis. Entsprechend der zwei Stämme der menschlichen Erkenntnis ist sie zweigeteilt. Der erste Teil, die transzendentale Ästhetik, ist eine Theorie der sinnlichen Wahrnehmung. Der zweite Teil, die transzendentale Logik, befaßt sich mit den Verstandesleistungen, die der Mensch zur Erkenntnis benötigt und über die er verfügt. Die transzendentale Logik ist ihrerseits wiederum zweigeteilt. Die transzendentale Analytik ist eine Theorie des Denkens, in der Kant die Kategorien, Schemata und Grundsätze herausarbeitete, die für das menschliche Urteilsvermögen grundlegend sind. Am Ende des Abschnitts diskutierte er die Grenzen der menschlichen Vernunft. Den Gegenpol bildet die transzendentale Dialektik, in der Kant aufzeigte, wie die nach Erklärung des Unbedingten strebende Vernunft in einen dialektischen Schein gerät, indem sie reine Gedankendinge verdinglicht. Auch wenn die Vernunft nach immer weiterer Erkenntnis strebt, sind die Fragen nach der Unsterblichkeit, nach Gott und nach der Freiheit mit den Mitteln der Vernunft nicht zu beantworten. Diese Begriffe sind transzendentale Ideen ohne jede empirische Anschauung. Jeder Versuch, Erkenntnisse über sie zu gewinnen, endet notwendig im transzendentalen Schein. Da aber auch niemand zeigen kann, daß es sie nicht gibt, ist der Mensch berechtigt, sie als regulative Ideen aufzufassen und zum Leitprinzip seines praktischen Lebens zu machen. Die transzendentale Methodenlehre befaßt sich mit Fragen, wie mit den Erkenntnissen der Elementarlehre umzugehen ist. Auf welche Weise ist der Kritizismus in der Philosophie einzusetzen und welche Bedeutung haben die regulativen Ideen für das praktische Leben?

  • gelesen habe ich dieses Buch leider noch nicht.
    Aber es existieren auch andere Bücher mit den Theorien von Kant.
    Auf den ersten Blick wirkt dabei alles Verwirrend und Wiedersprüchklich,
    aber wenn man sich eine kurze Zeit mit solcher Literatur auseinandersetzt,
    bekommt man doch nach und nach ein wenig Klarheit.
    Dann ist es immer wieder verblüffend, wie selbst philosophische Theorien aus
    der Antike oder eben auch der letzten Jahrhunderte auf unser heutiges Leben übertragbar sind.

  • Die KrV habe ich heute nach anderthalb Monaten beendet und bin davon völlig überwältigt. Beeindruckend, mit welcher Klarheit Kant seine Theorie aufgebaut hat und mit welcher Konsequenz er seine Kritik ausgeführt hat. Dabei kann man ihm sicherlich hoch anrechnen, dass er nicht nur stur seine Meinung dargelegt hat, sondern auch auf andere Theorien und diverse Fragen eingegangen ist, die er anschaulich und akkurat analysiert und kommentiert hat.


    Sicherlich ist mir der Einstieg dadurch leichter gefallen, dass ich bereits Auszüge aus Originaltexten von Kant gelesen hatte, wobei diese sich nur auf die Ethik bezogen. In diesem Zusammenhang fand ich es persönlich sehr bereichernd, dass er sich in der KrV auch mit der Freiheit auseinandergesetzt hat und auch das Thema der Glückseligkeit in Zusammenhang mit moralisch richtigem Handeln angeschnitten hat. Der praktische (moralische) Gebrauch der Vernunft ist für ihn ein Schlüsselmoment in Bezug auf die Fragen "Was soll ich tun?" und "Was kann ich hoffen?". Letztendlich, so Kant, kann das Interesse der Vernunft, das in der Erweiterung der menschlichen Erkenntnis über die Erfahrungsgrenzen hinaus liegt, nie befriedigt werden, weil die Urteile, die die Vernunft über die Erfahrung hinaus abgibt, keine objektive Gültigkeit vorweisen können. Diese kann nur erlangt werden, wenn Vernunft sich auf Erfahrung stützt.


    Kein leicht zu lesendes Werk, was man allein schon daran erkennen kann, dass einige Sätze über zehn Zeilen umfassen (man gewöhnt sich mit der Zeit allerdings daran), aber wenn man durchhält, dann wird man mit hochinteressanten Erkenntnissen belohnt, die man sicherlich so schnell nicht vergisst. Dazu muss man auch sagen, dass Kant durchaus nicht nur trocken und sachlich schreibt, sondern ab und zu auch Sarkasmus durchblitzen lässt. Ich musste nicht nur an einer Stelle ganz plötzlich schmunzeln. :mrgreen:


    Für mich definitiv ein Jahreshighlight, das wohl einen Ehrenplatz in meinem Bücherregal und wohlverdiente :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: bekommt.

    :jocolor: Verschwundene Reiche: Die Geschichte des vergessenen Europa // Norman Davies (Projekt)



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