Inhalt:
Klappentext:
Die Literaturdozentin Bluma Lennon kauft in London eine Ausgabe der Gedichte von Emily Dickinson und wird bereits an der nächsten Straßenecke, lesend, von einem Auto überfahren.
Der Erzähler erhält wenige Tage nach ihrer Beerdigung ein an Bluma adressiertes Exemplar von Joseph Conrads Roman »Schattenlinie«. Die Blattränder der Ausgabe sind voller Zementpartikel. Es gibt kein Schreiben, das die Herkunft des Buches oder den Zweck der Sendung erklärt, nur eine Widmung im Innenteil von Bluma für einen gewissen Carlos. Der Erzähler forscht in Blumas Unterlagen und stößt bald auf den
Namen Carlos Brauer.
ACHTUNG: Ab hier ist die Textangabe ein Spoiler. Wer sich nicht den Ausgang der Rahmenhandlung zerstören möchte, sollte ab hier nicht weiterlesen.
Es heißt, Brauer lebe in einem kleinen Dorf am Atlantischen Ozean. Seine Suche führt den Erzähler nach Buenos Aires und weiter nach Rocha ans Meer. Dorthin war der mysteriöse Brauer mit seiner Bibliothek geflohen, nachdem er den Katalog seiner Bücher bei einem Brand verloren hat. In Rocha findet der Erzähler zwar nicht Brauer, aber das Haus, das dieser aus seinen Büchern gebaut und auf der Suche nach Blumas Buch zerstört hat.
Meine Meinung:
Der Anfang hat mich sehr begeistert, obwohl die Gegenüberstellung von Opfern und Gewinnern der Leselust davon ablenkte, das ich eine Erzählung in der Hand hatte. Kurzzeitig dachte ich, es handelt sich um die Aneinanderreihung von verschiedenen glücklichen oder unglücklichen Schicksalen.
Es gibt einen Satz, der mich so richtig "Packte" und zum Weiterlesen begeisterte:
Egal was du tust, Du wirst mich nie überraschen können. (S. 12)
Bis zum Schluss hatte ich das Gefühl, dass die Rahmenhandlung nur dazu gebastelt worden war, um verschiedene Momentaufnahmen aus der fantastsischen Welt der Bücher mit einander zu verknüpfen. Eine Methode, die ich für durchaus statthaft halte, aber wenn sie angewendet wird, dann doch bitte auch so, dass die Geschichte selbst ein Gewicht hat. Das hat mir gefehlt...
96 Seiten sind einfach zu kurz, um eine Erzählung rund zu machen und dazu noch philosophische Betrachtungen einzubringen. Der Erzähler hat nicht einmal einen Namen zugewiesen bekommen, natürlich wird er irgendwie lebendig (hervorstechendste Eigenschaft ist seine Neugierde), aber so ganz verstanden habe ich ihn bis zum Schluss nicht.
Nachdem er das Papierhaus besuchte, fuhr er einfach ab. Neugierig wie er ist, wäre es nur folgerichtig gewesen, dass er nach dem verschwundenen Carlos Brauer sucht...
Die Stellen über unterschiedliches Leseverhalten und die Auseinandersetzung darüber miteinander gefielen mir gut, hatte das meiste aber bereits in anderem Zusammenhang gelesen. Wem es gefällt, sei "Eine Geschichte des Lesens" von Alberto Manguel empfohlen. Das Buch bietet wesentlich mehr Informationen zum Thema und ist wie ein Roman wegzulesen (da ich noch nicht alle Kapitel kenne, habe ich bisher auf eine abschließende Rezension hier verzichtet; sie folgt noch).
Eine Stelle über den Wahn, den die Sammelleidenschaft im Verhalten des Sammlers auslösen kann, möchte ich hier zitieren:
ZitatIrgendwann hatte er so viele Bücher - über zwanzigtausend, glaube ich, dass er die Bücherregale in seinem keineswegs kleinen Wohnzimmer quer stellen musst wie in einer öffentlichen Bücherei. Sogar im Bad standen an allen Wänden Bücher, und sie sind ihm nur deshalb erhalten geblieben, weil er kein warmes Wasser mehr laufen ließ, um den Dampf zu vermeiden. Er duschte kalt, im Sommer wie im Winter.
Außerdem fehlte mir ein Hinweis auf den Inhalt "Der Schattenlinie" von Joseph Conrad. Gerade zum Schluss wird auf den Inhalt dieses Klassikers Bezug genommen. Es wäre schön gewesen, wenn der Verlag irgendeinen Vermerk eingebaut hätte...
Fazit: Eine schnelle Lektüre für einen gemütlichen Lesetag, um sich abzulenken. Aber es ist ein Buch, das man schnell vergisst. Selbst 7,-€ für die Taschenbuchausgabe sind zuviel. Mir hätte es genügt, es aus der Bibliothek auszuleihen.