Joan Aiken - Fanny und Scylla

  • Rezension von Amazon:


    England: Die gerade sechzehnjährige Fanny wird dem erheblich älteren, unangenehmen Thomas Paget verheiratet und zieht zu ihm und seinen drei widerspenstgen Töchtern in ein Landhaus, das seine Cousine Juliana ihm großzügigerweise während ihrer Abwesenheit überlassen hat. Hier erwarten das junge Mädchen nur Feindseligkeit und Ablehnung.


    Indien: Die siebzehnjährigen Zwillinge Scylla und Cal leben mit ihrer älteren Pflegemutter Miss Musson in der Provinz und gehen im Palast des Maharadschas ein und aus - Scylla als Lehrerin der kleinen Prinzen, ihr Bruder Cal als enger Freund des Kronprinzen.


    Als der alte Maharadscha durch einen Anschlag ums Leben kommt müssen die Zwillinge und Miss Musson vor seinem Nachfolger fliehen. Mit dabei als Retter ist der charismatische Abenteurer Colonel Cameron, dessen Bekanntschaft Scylla kurz vorher schloss.


    Für das ungleiche Quartett beginnt eine wilde, spektakuläre Flucht durch Afghanistan, Persien und die Türkei - Ziel ist England, das Haus von Juliana Paget, die auch eine entfernte Cousine der Zwillinge ist, die erst jetzt von ihrer Existenz erfahren haben...
    Weder Fanny noch die Zwllinge ahnen etwas voneinander und keiner weiss, dass in England dieses Abenteuer um Leidenschaft und Rache noch längst nicht zuende sein wird...


    Abenteuer, ferne Länder, faszinierende Charaktere, Exotik, ein Schuss Humor und auch die Liebe kommen nicht zu kurz in diesem schlichtweg überwältigenden Roman.


    Meine persönliche Meinung:


    Das Buch ist wirklich wunderschön. Es ist spannend, teilweise lustig, man kann dem Verlauf der Handlung gut folgen und es liest sich schnell weg.
    Es ist interessant, die 2 verschiedenen Frauenschicksale verfolgen, bis sie sich am Ende kreuzen.


    Das Buch ist nur zu empfehlen!


    LG,


    :flower: Gänseblümchen

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


    http://www.lektorat-sprachgefuehl.de

  • Schön, dass es dir gefallen hat! So kann ich viel beruhigter an das Lesen meines RUB-Exemplars gehen! :D

    She wanted to talk, but there seemed to be an embargo on every subject.
    - Jane Austen "Pride and prejudice" - +

  • Originaltitel: The weeping ash (1980)


    Inhalt:


    Der Roman beginnt im Jahre 1775, als der Gärtner Goble in Petworth eine Gefängnisstrafe wegen Schulden absitzen muss. Während seiner Haft erscheint ihm der Geist Ned Wilshires und verändert sein Leben durch die Forderung nach Rache für den 1773 erlittenen Hungertod.


    Goble begegnen wir erst Jahre später wieder, nachdem er im Anschluss an seine Marinezeit von Thomas Paget als Gärtner eingestellt wird. Dies ist eine Ironie des Schicksals, denn Thomas Paget ist Befehlshaber der Presspatrouille*, die Goble zum Militärdienst zwang.


    Mittelpunkt des Romans sind zwei Zweige der Familie Paget.


    Einserseits gibt es die in Petworth lebende Familie rund um den neu verheirateten Thomas. Er ist doppelt so alt wie seine zweite Frau Fanny (16 Jahre), bereits verwitwet und mit 3 Töchtern "geschlagen". Die Atmosphäre im Haus ist bedrückend und grausig - ebenso wie Thomas: ein Mann mit großen Komplexen und noch größerem Machtwillen, immer auf seinen eigenen Vorteil bedacht und ohne Interesse an seinen Mitmenschen. Seine Dienerschaf und Töchter hassen ihn und auch Fanny verachtet und fürchtet ihn schon bald.


    In Indien spielt der andere Teil des Romans, der sich auf die Zwillinge Scylla und Carloman (genannt: Cal) konzentriert. Sie leben in Ziatur bei einer Pflegemutter, nachdem der englische Vater seine "ungeliebte Brut" verlassen hat und ihre Mutter verstorben ist. An ihrem 17. Geburtstag begegnet Sylla dem Abenteurer Rob Cameron. Nur kurze Zeit später stellt sich diese Bekanntschaft als segensreich heraus, als sie wegen einer Palastrevolte fliehen müssen.


    Ihr Ziel ist die Hermitage in Petworth, wo sie auf Einladung ihrer Cousine Juliana Zuflucht suchen wollen. Die Nachricht, dass dort Thomas mit seiner Familie wohnt, hat sie nicht mehr erreicht.


    * Presspatrouillen suchen Männer zwischen 15 - 55 Jahren und zwingen sie in den Militärdienst.


    Meine Meinung:


    Ich mag Joan Aiken. Bereits letztes Jahr habe ich zwei historische Romane von ihr gelesen und "Fanny und Scylla" bleibt definitiv nicht der letzte. Es handelt sih hierbei nicht um eine ihrer Jane-Austen-Fortsetzungen, ist aber im gleichen Stil verfasst. Allerdings ist Aiken bei der Beschreibung von Gräueln und Demütigungen sehr viel expliziter als die Autorinnen der damaligen Zeit.


    Thomas Paget ist der schlimmste Bösewicht, über den ich seit langem gelesen habe. Ein echter Aufreger! Neben ihm geht die zierliche, junge Fanny ziemlich unter und doch ist sie eine würdevolle und sympathische Figur. Sie muss dem Leser leid tun. Doch auch in ihrem Leben gibt es Lichtblicke, für die sie aber häufig über Gebühr büßen muss.
    Als Gegenpol tritt die lebenslustige Scylla auf, die nicht unter einer solchen psychischen Belastung leben muss und sich nichts gefallen lässt. In gewisser Weise behütet sie ihren Bruder und ist von Kindheit an recht selbständig.


    Die Kapitel wechseln immer zwischen den Schicksalen der Frauen ab, so dass es sehr spannend bleibt und der Kontakt zu den einzelnen Strängen nie übermäßig lang verloren geht. Jedes Kapitel endet mit einem Paukenschlag, so dass es nicht einfach ist, den Roman einfach zur Seite zu legen. Die Neugier siegt.


    Für mich ein wirklich toller historischer Roman mit hohem Unterhaltungswert! =D>

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    - Jane Austen "Pride and prejudice" - +

  • gaensebluemchen
    Fezzig


    Hier zeigt sich mal wieder wieviele "Schätzchen" ich noch in meiner SUB liegen habe und endlich lesen sollte. :wink:
    Gruß Wirbelwind


    :study: Nicolas Remin, Gondeln aus Glas

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Vielen Dank, gaensebluemchen und fezzig ... :flower:


    Dank Euch ist mein Wunschzettel schon wieder gewachsen :-& :D

    "Ein Leben ohne Hund ist möglich, aber sinnlos ..."

    (nach Loriot)

  • Zitat

    Original von Steffi
    Vielen Dank, gaensebluemchen und fezzig ... :flower:


    Dank Euch ist mein Wunschzettel schon wieder gewachsen :-& :D


    :loool: Recht so! :lol:

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  • So meine SUB hat ein Buch weniger und meine Regalwand dafür eines mehr - ich habe Fanny und Scylla gelesen. :D
    Kann mich den Vorrednern Gänseblümchen und Fezzig nur anschließen.
    Hier wird alles geboten - zwei sehr interessante Frauenfiguren, ein absolut bösartiger Ehemann, über den ich mich mächtig aufgeregt habe und schier Rachegelüste hegte, zwei Liebesanbahnungen in eher sanfter Form, die zwar ein wenig vorhersehbar waren, was mich aber nicht störte, für damalige Zeit unkoventionelle Lebenspartner und quirlige, liebenswerte, aber auch kautzige Personen, Abenteuer und Romantik in bestem Erzählstil.
    Ich las nicht nur, sondern sah die Bilder vor mir - der schöne Garten, der gequälte Baum. Knapp 700 Seiten, die mich total begeisterten. Für mich ohne Zweifel ein 5 Sterne Buch.
    Gruß Wirbelwind

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Könnte fast drauf wetten, dass es dir gefällt. :wink:
    Gruß Wirbelwind


    :study: Sue Monk Kidd, Die Bienenhüterin

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Das Buch steht seit längerem bei mir im Regal, und ich hatte erst Muse, es zu lesen, als ich letztes Jahr mit Ohrenweh und einer Kanne Kaffee auf dem Nachtschränkchen das Bett hüten musste. Was besseres hätte mir da nicht passieren können als "Fanny und Scylla". Ich habe richtig mitgelebt und besonders für Cal große Sympathie empfunden. Teilweise waren die Ereignisse ein wenig krass beschrieben, aber alles in allem fand ich es gut. Ich habe tatsächlich ein paar Tränchen vergossen, was aber auch an meiner damaligen Verfassung gelegen haben mag... Jedenfalls ist es ein lesenswertes Buch, das so ziemlich alles bietet, was einen guten Roman meiner Meinung nach ausmacht. Die epische Breite nicht zu vergessen, die für mich immer sehr reizvoll ist. :D

  • Nun habe ich es endlich geschafft, dieses sehr schöne Buch vom SUB herunterzuholen. 8)


    Joan Aikern verknüpft hier zwei Schicksale miteinander: zum einen das der sechzehnjährigen Fanny, die in der englischen Provinz aufgewachsen ist, und nun mit dem deutlich älteren Captain Paget verheiratet wird. Unschuldig und unaufgeklärt wie sie, ohne Mutter aufgewachsen, nur sein kann, glaubt sie, dass die Liebe zu ihrem Ehemann wohl noch kommen werde, wenn sie nur brav und gehorsam sei… zum anderen Priscilla, genannt Scylla, und ihr Zwillingbruder Cal, die in der britischen Kolonie Indien bei einer Pflegemutter aufwachsen, wo sich jedoch die Verhältnisse gerade ändern und sie vor dem Zorn des neuen Maharadschad fliehen müssen.


    Im Wechsel springt Aiken von einem Schauplatz zum nächsten, ohne Gefahr zu laufen, den Leser in Verwirrung zu stürzen. Spannend verbindet sie die Fäden, zeigt, wie sich Fanny in ihrer Ehe zurechtfindet und die Abenteuer von Scylla auf dem Weg nach England – Mord, Liebe, Klassendifferenzen, Wildnis und Zivilisation, all das verknüpft sich zu einem herrlichen Erzählteppich. Langeweile kommt bestimmt nicht auf!


    Einziger Wermutstropfen: die Personen sind leider alle ein bißchen eindimensional angelegt. Die durchweg Guten, die so strahlend und fehlerlos sind – und die Bösen, die aber in ihrer Brutalität und Hinterhältigkeit so einfach gestrickt sind, dass man schon nach kurzer Zeit weiß, welche Rolle sie haben, und dass sie sich auch nicht ändern oder entwickeln werden.


    Trotzdem sind die Personen in sich stimmig und einigermaßen glaubwürdig, das psychologische Geschick Aikens lässt nichts anderes zu. Es lohnt sich also,diese Mischung aus Gesellschaftsstudie, Kriminalfall, Abenteuer und ein bißchen Liebesgeschichte (aber sehr dezent!) zu lesen!

  • Fanny, die Jüngste von zahlreichen Pfarrerstöchtern, schließt Ende des 18. Jahrhunderts eine Vernunftehe mit dem viel älteren Thomas Paget, einem Unsympathen sondergleichen, der an der englischen Küste die Presspatrouille befehligt, die Männer zum Militärdienst zwingt, um der Schmugglerproblematik Herr zu werden. Aus Thomas' erster Ehe gibt es drei ziemlich unausstehliche Töchter, von denen zwei älter sind als die sechzehnjährige Braut, die schnell spürt, dass sie in der Hermitage, dem abgelegenen Landhaus einer Paget-Cousine, in das sie einstweilen eingezogen sind, nicht wirklich willkommen ist.


    Auch Thomas gibt sich seiner jungen Frau gegenüber kalt und herrisch und verbietet ihr alles, was ihr Leben etwas versüßen könnte, wie etwa das Verlassen des Grundstücks oder Kontakt zu den Nachbarn wie etwa dem fortschrittlich-freigeistigen Lord Egremont.


    Etwas Spannung bringt dann eines Tages ein Brief in Fannys karges Leben. Die Zwillinge Cal und Scylla, entfernte Verwandte von Thomas, die im fernen Indien leben, kündigen ihre Rückkehr nach England an.


    Die beiden sind mehr oder weniger am Hof eines Maharadschas groß geworden, doch nach dem Tod des Herrschers kommt es zu Erbstreitigkeiten und keiner kann seines Lebens sicher sein. Gemeinsam mit dem weit gereisten Colonel Cameron und der resoluten Miss Musson, die nach dem Tod ihres Bruders dessen Krankenhaus weitergeführt hat, machen sich Cal und Scylla auf eine gefahrvolle und langwierige Reise gen Westen.


    Ein herrlicher Schmöker, der Gesellschaftsroman und Abenteuergeschichte in einem ist. Die Hauptpersonen wachsen einem schnell ans Herz, sowohl die schüchterne, verängstigte Fanny, die ganz allmählich mit zaghaften kleinen Schrittchen aus dem Käfig ihrer grässlichen Ehe auszubrechen wagt, als auch die Zwillinge, der verträumte Dichter Cal und die praktisch veranlagte Scylla, die sich in Charakter und Aussehen so unähnlich sind und doch eine ganz besondere Verbindung zueinander haben. Auch die Nebenfiguren sind wunderbar gezeichnet, insbesondere die manchmal schrullige, aber gescheite und unerschrockene Miss Musson, der oft grummelige Cameron, der eine Bürde aus der Vergangenheit mit sich herumschleppt, Fannys nette, lebenslustige Nachbarn oder der sympathische junge Gärtner der Hermitage. Nur Thomas Paget ist durch und durch widerlich und vielleicht ein wenig überzeichnet, was dem Lesevergnügen insgesamt aber überhaupt keinen Abbruch tut.


    Die beiden Handlungsstränge in England und auf der Flucht aus Indien laufen lange Zeit nebeneinander her und verschlingen sich erst spät zu einem dramatischen Höhepunkt - irgendwann konnte ich das Buch kaum mehr aus der Hand legen. Allerbeste Urlaubslektüre!


    @Yael: Cal fand ich auch ganz besonders sympathisch. Und den jungen Gärtner hätte ich gerne öfter auftauchen sehen :love: