Leonie Schöler - Beklaute Frauen

  • Es ist nichts Neues, dass Errungenschaften von Frauen in der Geschichte systematisch unsichtbar gemacht und ihre Rollen auf die einer Ehefrau, Tochter, Assistentin oder Muse reduziert wurden. Wie umfassend dies war und in wie vielen Bereichen Männer Beifall für Leistungen erhielten, die sie nicht selbst – oder zumindest nicht ohne Unterstützung von Frauen – erbracht haben, zeigt Leonie Schöler in ihrem kürzlich erschienenen Sachbuch „Beklaute Frauen“.


    Nach einer kurzen Einleitung setzt sich die Autorin als erstes mit Frauen in der verschiedensten Revolutionen auseinander, zum Beispiel der Französischen, der Revolution von 1848/49 oder dem Kampf der Suffragetten. Sie kämpften ganz allgemein für Menschenrechte, aber auch für so konkrete Dinge wie den Brotpreis oder das Frauenwahlrecht. Denn bereits sie mussten feststellen: Das Vorbild, an dem alles gemessen und verhandelt wird, ist der weiße Mann.


    Im zweiten Kapitel des Buches geht es dann um die Ehe und was diese für Frauen bedeutet. Zusammengefasst werden kann das im so genannten Matilda-Effekt, der besagt, dass je mehr Frauen arbeiten, desto stärker profitieren Männer um sie herum und desto weniger Anerkennung erhalten sie selbst. Ein bekanntes Beispiel? Mileva Marić (Ehefrau von Albert Einstein), deren Anteil an der Relativitätstheorie ihres Mannes als beträchtlich eingeschätzt wird. Von der Wissenschaft lässt sich dieses Phänomen auch auf die Kunst übertragen, was im nächsten Kapitel zum Thema wird. Hier geht es vor allem darum, wie Männer wie Marx, Brecht oder Picasso ihr weibliches Umfeld gezielt ausnutzten.


    Kapitel vier befasst sich mit Frauen, denen der Nobelpreis verwehrt blieb (z.B. Rosalind Franklin für die Entschlüsselung der DNA), aber auch mit dem Sport. Denn immer dort, wo Frauen in gemischten Wettkämpfen über Männer siegten, wurde auf einmal die Trennung nach Geschlechtern beschlossen. Auch Leistungen in Kriegen, wie die der Mujeres Libres unter Franco oder der Soldatinnen in der Roten Armee, wurden zu Friedenszeiten vergessen und die Frauen sogar dafür beleidigt. Das letzte Kapitel beschäftigt sich schließlich u.a. mit Frauen, die männliche Pseudonyme verwendeten.


    Leonie Schöler ist ein wichtiges, informatives Sachbuch gelungen, das zugleich wütend macht. Schön fand ich, dass sie dabei auch persönliche Geschichten teilt. Ihr Fazit kann ich nur unterstreichen: Es ist beunruhigend und beschämend, dass Frauenrechte im Moment wieder überall beschnitten werden und Aktivismus als unnötig bezeichnet wird. :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: