Jaqueline Kornmüller und Kat Menschik - Das Haus verlassen

  • Klappentext


    Es gibt Menschen, die wohnen nicht nur, sondern sie werden von den Eigenarten ihres Hauses magisch angezogen. Sie wollen seine Geschichte erfahren. Sie erforschen, wann das Haus erbaut wurde, wer zuvor darin lebte und wie es dem Haus dabei erging. Für sie ist ein Haus ein geheimnisvolles Wesen, das sich nicht jedem öffnet.


    So geht es auch der Erzählerin dieser Geschichte, als sie ein vereinsamtes kleines Feldsteinhaus auf dem Lande bezieht. Während die raubeinige Dorfgemeinschaft sie für ihre Bruchbude belächelt, beginnt sie, das 140 Jahre alte Haus wieder zum Leben zu erwecken – vom Dachboden bis zum Kellergewölbe, vom verwilderten Gemüsegarten bis zu den uralten Obstbäumen.


    Doch manchmal kommt dann ein Zeitpunkt, da möchte man zu neuen Ufern aufbrechen. Als die Erzählerin nach zehn Jahren beschließt, ihr Haus zu verkaufen, muss sie feststellen: Man kann auch eine Haus-Beziehung nicht so einfach auflösen. Denn das Haus benimmt sich unerwartet widerspenstig und fremdelt, als sich die Bewerber die Klinke in die Hand geben …



    Meine Meinung


    Auf den ersten Blick hat mich das Cover hier wirklich magisch angezogen. Sehr einfach, aber dennoch sehr außergewöhnlich und zusammen mit dem Titel und dem Klappentext hat es mich total neugierig gemacht. Mit 96 Seiten konnte es mich aber erstmal nicht locken - so kurze Bücher / oder Novellen reizen mich nicht so. Dann hab ich Rubys Rezension gelesen (ist unten verlinkt) und ich wollte es auf jeden Fall damit versuchen.


    Das Haus zu verlassen, macht mir keine Mühe. Die Tage ziehen ins Feld, die Träume verändern sich, und schließlich kann man sich auf jedem Flecken Erde niederlassen und ausruhen.
    Zitat Erster Satz


    Damit beginnt diese ungewöhnliche Geschichte. Zwei Sätze, die sehr viel beinhalten und derer findet man hier viele.
    Wenn man längere Zeit in einem Haus lebt (oder in einer Wohnung) verbindet man etwas damit. Denke ich. Das Haus wird zu einem Zuhause, die Wohnung zu einem Heim, einer Zuflucht, die einem Halt gibt. Die immer da ist. Jederzeit kann man dort einkehren, sie wärmt, wenn es draußen kalt ist, sie bietet einen Schlafplatz, eine gemütliche Oase, geschützt vor den Widrigkeiten außenhalb, mit denen man sich tagein, tagaus herumschlagen muss.


    Diese Heimstatt zu verlassen fühlt sich vielleicht erstmal einfach an, mühelos. Einerseits. Andererseits muss man aber auch etwas loslassen können, um nach etwas neuem zu greifen und das fällt oft gar nicht so leicht, wie man denkt.


    Und ja auch die Träume ändern sich, die Wünsche, die Ziele und verlangen sie nach Veränderung; schließlich besteht das ganze Leben aus nichts anderem. Und dennoch - vieles kann sich um einen herum verändern, aber dieser feste Platz, den man hat, kann einem schon sehr ans Herz wachsen.


    Dennoch kann man sich an jedem Fleck Erde niederlassen und ausruhen. Auch das ist wahr. Denn alles Neue kann mit der Zeit vertraut werden und jeder Ort zur Heimat.


    Man sieht, man kann in wenige Zeilen viel hineininterpretieren und es gibt viele Momente zum Innehalten und Nachdenken.


    Während die Hausbesitzerin die vielen Interessierten empfängt, denen sie immer Spitznamen gibt, wird ihr klar, wie sehr sie an dem Haus hängt und dass keiner von ihnen so wirklich hier hineinpasst. Sie liebt ihr Haus und ihren Garten so wie er ist - und die vielen Macken, die die interessierten Hauskäufer bemängeln und verändern wollen, passt ihr nicht so recht in den Kram.
    Übrigens auch nicht dem Haus selbst, mit dem sie immer wieder Zwiesprache hält.
    Ein Resultat ihrer Einsamkeit? Diese schlüpft oft zwischen den Zeilen durch, aber nicht wirklich in negativer Art. Diese Zurückgezogenheit in dem Haus inmitten der Natur wirkt eher friedlich. Geduldig. Und in sich ruhend. Ein Ort der Stille und Abgeschiedenheit, getrennt von der Hektik und dem lauten Alltag, den wir mittlerweile gewohnt sind. Ein Ort zum Innehalten und Nachdenken, zum ruhen und ausruhen. Ein Platz, an dem man sich geborgen fühlt und das Alleinsein keine Einsamkeit sein muss.


    In der zweiten Hälfte hat es mich nicht mehr ganz so gefesselt. Der Schreibstil hat mich hier weiter am Ball bleiben lassen - er wirkte sehr kurz angebunden, aber auch kurzweilig. Mit mancher etwas plumper Formulierung, aber dafür auch vielen gut gewählten Aphorismen. Eine lebendige Erzählung, die einen kurzen Einblick gibt über Momente der Entscheidungen, bei denen man auf sein Herz hören sollte.


    Die vielen Bilder zwischen den Seiten untermalen den Text und die Aussagen sehr gut! Sehr ungewöhnliche Motive teilweise, aber sie passen sehr schön in das gesamte Konzept!


    Fazit


    Eine kurze Novelle über eine Frau, die ihr Haus verkaufen möchte - aber kein Interessent gut genug zu sein scheint. Eine Geschichte über Entscheidungen, über bleiben oder weitergehen, über Vertrautes und Fremdheit ... ein Haus, ein Heim, eine Zuflucht; ein Ort an dem man ein Zuhause findet und sich wohl fühlt. Gibt man den zu leicht auf? Oder kann man ihn überall finden?


    4 Sterne von mir