Andreas PIttler - Tinnef

  • Wie die Karriere des David Bronstein begann, nicht ganz ohne Hindernisse ...

    „Tinnef“ auf Deutsch „unnütz“ oder wie wir in Wien gerne sagen „für’n Hugo“ ist das vierte Buch in der derzeit acht Bände umfassenden Bronstein-Reihe.


    Anders als sonst üblich „rollt“ der Historiker und Autor Andreas P. Pittler die Reihe quasi „von hinten“ auf. Wir befinden uns mit David Bronstein im Jahre 1913. Die Donau-Monarchie besteht zwar noch, aber der alte Kaiser und sein Reich haben schon wahrlich bessere Zeiten gesehen.


    David Bronstein hat sein Jurastudium, das ihm seine Eltern unter allerlei Entbehrungen finanziert haben absolviert und versieht seinen Dienst als „Pflasterhirsch“ bei der Wiener Polizei, im Arbeiterbezirk Rudolfsheim. Statt wie in seinen Träumen Verbrecher zu jagen, ist er zum Streifendienst und zur Observierung eines russischen Agitators verdammt.

    Immer auf eine Abwechslung hoffend, wird er zum Selbstmord des jungen Leutnants Meszaros gerufen. David hegt Zweifel und recherchiert auf eigene Faust. Er hält einen Angehörigen des österreichischen Hochadels für den Täter. Die Disziplinarbeschwerde – für Militärangehörige ist das entsprechende Militärgericht zuständig – folgt auf dem Fuß.


    Wieder zur langweiligen Observation verdonnert, gerät er in ein Attentat auf einen Parlamentarier. Dabei rettet er Marie Caroline Edle von Ritter und hat von nun an in ihrem Vater einen Fürsprecher. Der zieht ein paar Fäden und schon findet sich David im Agenteninstitut

    (Kriminalamt) wieder. Den Fall Meszaros bekommt er nun offiziell zur Untersuchung zugeteilt.

    Gemeinsam mit dem redseligen Kollegen Pokorny wird ermittelt.


    Im Zuge der Ermittlungen kommt Bronstein zusammen mit seinem Freund Egon Kisch auf die Spur eines der größten Spionagefälle der Monarchie.


    Meine Meinung:


    Wieder ist dem Autor ein grandioses Sittengemälde der untergehenden Donaumonarchie gelungen. Noch hält der greise Kaiser seine Völker zusammen. Doch das Unheil dräut schon herauf.


    Die Bücher rund um den jüdisch-stämmigen David Bronstein sind humorvoll und sprachlich exzellent. Die Passagen, die im Wiener Dialekt geschrieben sind, lassen einen direkt an Bronsteins Ermittlungen teilhaben.

    Die Charaktere sind mit viel Liebe zum Detail gestaltet.


    Witzig und gelungen finde ich, dass Pittler die berühmte, von Gerhard Lobelsberger geschaffene, Figur des Joseph Maria Nechyba in die Geschichte einbaut.


    Fazit:


    Entgegen seines Titels ist das Buch kein „Tinnef“ und erhält fünf Sterne von mir.

    "Ein Tag ohne Buch ist ein verlorener Tag"


    "Nur ein Lesender kann auch ein Schreibender sein oder werden" (Maria Lassnig/1919-2014)