Han Kang - Griechischstunden / 희랍어 시간

  • Han Kang gehört, seit ich im letzten Jahr ihren Roman „Menschenwerk“ gelesen habe, zu meinen liebsten Autorinnen. Mit „Griechischstunden“ ist nun ihr neustes Buch erschienen, übersetzt von Ki-Hyang Lee. Darin begegnen wir einer jungen Frau in Seoul, die ihre Stimme verloren hat und einen älteren Mann, ihren Griechischlehrer, der zu erblinden droht. Trotz ihrer Unterschiedlichkeit entdecken die beiden Gemeinsamkeiten und bewegen sich wie in Zeitlupe aufeinander zu.


    Erzählt wird die Handlung aus zwei Perspektiven. Der Professor spricht in der Ich-Form, wendet sich aber auch kapitelweise an andere Personen. Da hier immer nur von einem „Du“ die Rede ist, muss aus dem Kontext geschlossen werden, um wen es gerade geht. Die Perspektive der jungen Frau wird in der dritten Person geschildert – vielleicht, weil sie neben ihrer realen, auch die innere Stimme verloren hat. Eine Konversation zwischen beiden Hauptfiguren ist somit beinahe unmöglich, denn der Professor kann kaum noch sehen.


    Die junge Frau hat einige Schicksalsschläge hinter sich. Erst kürzlich starb ihre Mutter und sie verlor das Sorgerecht für ihren Sohn. Nun steht der Vater kurz davor, mit ihm ins Ausland zu ziehen und es gäbe somit so vieles für sie zu sagen. Dennoch kann sie einfach nicht sprechen, obwohl es dafür keine körperliche Ursache gibt. Der Professor hingegen verheimlicht, dass er schon fast erblindet ist. Zudem hat er sowohl in Deutschland als auch in Korea gelebt und fühlt sich nun in beiden Ländern als Außenseiter. Vielleicht kann er daher die junge Frau so gut verstehen.


    Sprachlich ist Han Kang wieder ein wunderbarer Text über Menschen gelungen, die an einem Scheidepunkt ihres Lebens stehen. Inhaltlich und vor allem emotional konnte „Griechischstunden“ mich jedoch nicht erreichen. Die Anonymisierung der Figuren und Szenen, deren Kontext erraten werden muss, lassen mich keine Beziehung zu ihnen aufbauen. Noch dazu passiert erst bei etwa 75% des Romans das, was der Klappentext verspricht, nämlich ein richtiges Aufeinandertreffen der Charaktere. Daher ist auch der Schluss für mich leider nicht plausibel. :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat den Titel des Themas von „Hang Kang - Griechischstunden / 희랍어 시간“ zu „Han Kang - Griechischstunden / 희랍어 시간“ geändert.