Anne Jacobs als Leah Bach - Sanfter Mond über Usambara

  • Deutsch-Ostafrika 1906 – 1909:
    Nach zehn Jahren auf dem Schwarzen Kontinent kehrt die bereits zwei Mal verwitwete Charlotte mit ihrer Tochter Elisabeth in die ostfriesische Heimat zurück. Begleitet wird sie von ihrem dritten Ehemann, dem Arzt und Abenteurer George Johanssen. Bald müssen die beiden Heimkehrer jedoch erkennen, dass sie bei Charlottes Verwandtschaft in Leer nicht so willkommen sind, wie es zunächst den Anschein hatte.
    Als George zu einer verlockenden Expedition quer durch Afrika eingeladen wird, beschließen die Johanssens Ostfriesland für immer den Rücken zu kehren. Charlotte kann ihren Mann bei dessen gefährlichen Unternehmen zwar nicht begleiten, doch warten andere Aufgaben auf sie. Ihre Cousine Klara, die mit einem Missionar verheiratet ist, hat durch die Erkrankung ihres Mannes große existentielle Sorgen. Um ihnen zu helfen, kauft Charlotte eine Kaffeeplantage in den Usambara-Bergen.
    Doch auch ihre eigene Ehe leidet unter Georges Ruhelosigkeit und seinem unsteten Lebenswandel. Werden die beiden wieder zueinanderfinden oder zerbricht ihre Liebe an den Forderungen, die das Leben an sie stellt?



    Der zweite Teil der Afrika-Saga von Anne Jacobs hat mir anfangs noch recht gut gefallen, während der Mittelteil leider etwas zähflüssig ausgefallen ist. Der Leser trifft zwar auf liebe alte Bekannte aus dem ersten Band, es passiert auch allerhand, doch wahre Begeisterung wollte sich bei mir nicht einstellen.
    Landschaftsbeschreibungen lese ich prinzipiell gerne, aber hier haben sie doch sehr überhand genommen. Was die zahlreichen Gewittergüssen, Sturzfluten und Sturmböen angerichtet haben, kann man sich schon nach wenigen Beschreibungen so gut vorstellen, dass man es im weiteren Verlauf bei einer kurzen Erwähnung der elementaren Gewaltausbrüche hätte belassen können. Auch die Schilderung der afrikanischen Pflanzenwelt, sowie etlicher Tagesanbrüche und Sonnenuntergänge mit ihren Licht- und Farbspielen haben viele Seiten gefüllt. Beinahe sicher scheint mir deshalb, dass die Autorin das Land selbst mit großer Begeisterung bereist hat.
    Wie lebendig Anne Jacobs das Miteinander der afrikanischen Ureinwohner und der weißen Kolonialherren beschreibt hat mir hingegen sehr gut gefallen. Ein größerer Gegensatz zwischen deutschem Fleiß und Pflichtbewusstsein und der von keiner Uhrzeit bestimmten Lebensweise der Afrikaner kann man sich gar nicht vorstellen.
    Vor allem mit dem unkonventionellen George habe ich mich einmal mehr darüber gewundert, wie es überhaupt zum Phänomen des Kolonialismus kommen konnte. Mit welcher Selbstverständlichkeit ein Teil der Menschheit die andere zu beherrschen versuchte, die ungeheuren Schätze des Landes für sich beanspruchte, die Tierwelt in kürzester Zeit radikal dezimierte, Krankheit, Elend und Tod mit sich brachte, das zeugt von einer Überheblichkeit, die man heute kaum noch nachempfinden kann (und deren negative Auswirkungen wahrscheinlich nie wieder ausbalanciert werden können).
    Auf den letzten hundert der 591 Seiten wird es dann noch einmal richtig spannend, weil der schwelende Konflikt zwischen Charlotte und George seinem Höhepunkt entgegentreibt. Die Auflösung hätte ich mir ein wenig anders gewünscht, aber auch die von der Autorin gewählte Variante ist in sich stimmig und nachvollziehbar.
    Davon abgesehen sind für mich einige Fragen zu Charlottes geheimnisvoller halb-indischer Herkunft offengeblieben. Es gibt zwar Andeutungen, geheimnisvolle Fotos und Zeitungsausschnitte, im Endeffekt konnte ich mir aber keinen Reim darauf machen und die Spuren sind ergebnislos im Sand verlaufen.
    Unabhängig vom ersten Teil der Afrika-Saga würde ich den vorliegenden Band nicht gelesen haben wollen, da man sich doch wesentlicher Informationen berauben würde und die Entwicklung der Figuren nicht nachvollziehen könnte.
    Für das Eintauchen in diese teilweise sehr stimmungsvolle Geschichte auf einem fremden Erdteil vergebe ich gerne :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    Liebe Grüße von Lorraine :)


    "Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen." (Karl Kraus) :study: