Udo Wieczorek - Flieg, mein roter Adler III

  • Der berührende dritte Teil des hist. Romans um zwei Freunde, die sich 1915 als Feinde gegenüberstehen.

    Hier ist er nun, der von mir mit Spannung und Herzklopfen erwartete dritte (und letzte) Teil der Lebensgeschichte(n) von Josef und Vinzenz.


    Inhalt:


    Der Kampf Mann gegen Mann/Mann gegen Berg ist in vollem Gang. Strategisch wie Kriegsentscheidend umstritten verpulvern Österreicher wie Italiener Soldaten und Material. In beiden Lagern gibt es Vorgesetzte, in denen der Krieg das Schlechteste der Menschheit hervorbrechen lässt.


    Auf der italienischen Seite ist Giuseppe di Monti den Intrigen und Manipulationen seines Patenonkels General Flavio Visarelli hilflos ausgesetzt. Auf der anderen, der österreichischen, ist es Müller, der Vinzenz das Leben schwer macht.


    Während Vinzenz und Giuseppe im schroffen Gebirge für Ehre, treue und das jeweils andere Vaterland kämpfen, zieht sich die Schlinge um Visarelli immer enger zusammen.


    Ein verzweifelter Brief seiner Mutter lässt Giuseppe zum Überläufer werden.


    Er nimmt die Croda, jene Bergwand, die er einst gemeinsam mit Vinzenz als erstes durchstiegen hat, als Weg in eine neue Zukunft. Er weiß es nicht, aber er ahnt, dass er jenseits der heiß umkämpften Grenze Vinzenz gegenüberstehen wird.


    Dann fällt ein einsamer Schuss ...


    Charaktere:


    Die Figuren sind authentisch und stellenweise erschreckend dargestellt. Rücksichtslose Karrieristen, die buchstäblich über Leichen gehen, um eigene Eitelkeiten zu befriedigen. Auf beiden Seiten der Grenzen gibt es Menschen wie Müller und Visarelli, bei denen der Krieg das Schlechteste hervorbringt.


    Fies und letztlich dem Wahn verfallen, General Flavio Visarelli, der Patensohn, Freund und Vaterland für eigene niedrige Machenschaften verrät.


    Liebevoll dargestellt ist Maia di Monti, vormals Maria Brugger die Dienstmagd, die niemals an den Tod ihres Mannes Manuell glaubt.

    Eine ganz besondere Figur ist Vinzenz. Er muss mit dem Wissen um die Ereignisse auf der Croda weiterleben.

    Gut gezeichnet auch Giuseppe/Josef, der hin- und her gerissen zwischen altem und neuem Leben zerrieben wird.


    Erzählstil/Spannung:


    Wie schon in den Teilen I und II ist die Spannung kaum auszuhalten. In einprägsamen und doch einfühlsamen Worten bringt uns Autor Udo Wieczorek die Gräuel des Krieges im allgemeinen und den Kampf um jeden Zentimeter unwirtlichen Gerölls im besonderen, näher.

    Geschickt verknüpft der Autor die historischen Ereignisse im Rückblick mit den Gedanken des greisen (fiktiven) Vinzenz. Jahrzehntelange Schuldgefühle lassen ihn das letzte Mal auf den geliebten Berg, die Croda, steigen.


    Ein schöner, versöhnlicher Gedanke ist das Zusammentreffen Vinzenz' mit Josefina Maria di Monti, der Nichte Giuseppes/Josefs am Gedenkkreuz für ihren Onkel.


    In der Stunde seines eigenen Todes erkennt Vinzenz, dass ihm Josef vergeben hat und er fühlt sich endlich frei, frei wie der Adler, der über ein Tirol ohne Grenzen ("senza confini") fliegt.


    Nun erhellt sich auch der Titel der dreiteiligen Geschichte "Flieg, mein roter Adler".


    Meine Interpretation: der rote Adler ist das Symbol für Freiheit und ein geeintes Tirol. Ursprünglich fand ich den roten Adler, der sowohl in Nord- als auch im Südtiroler Wappen vorkommt, passender. Allerdings wäre er dann ein politisch nach wie vor brisantes Symbol. Das soll/will das Buch vermutlich nicht sein.


    Fazit:


    Ein aufwühlender, berührender und zugleich mahnender historischer Roman, den ich unbedingt weiterempfehle. Allerdings müssen alle drei Teile in der richtigen Reihenfolge gelesen werden. 5 Sterne

    "Ein Tag ohne Buch ist ein verlorener Tag"


    "Nur ein Lesender kann auch ein Schreibender sein oder werden" (Maria Lassnig/1919-2014)