Gillian McAllister - Going Back / Wrong Place Wrong Time

  • Kurzmeinung

    keksi2203
    Zieht sich in der Mitte ein wenig, aber dennoch wollte ich unbedingt wissen, wie es nun weitergeht.
  • Kurzmeinung

    Emili
    Ausgefallene Idee, gekonnt umgesetzt. Die Reise in die Vergangenheit als Rettung einer geliebten Person.
  • Krimis und Thriller sind nicht mein Genre – eigentlich. Damit ich einen solchen Roman auch nur in Erwägung ziehe, muss er mehr bieten als nur eine Leiche. Gillian McAllisters aktueller Thriller „Going Back“ (wie immer bei mir: Punktabzug für den Titel, der den englischen Originaltitel „Wrong Place, Wrong Time“ durch einen anderen englischen Titel ersetzt) hat diesen Mehrwert, denn zusätzlich zur gleich auf den ersten Seiten auftauchenden Leiche gibt es hier ein Zeitreiseelement! Und wenn das Murmeltier ruft, bin ich sofort zur Stelle.


    Es geht um folgendes: Es ist Halloween und Jen wartet abends darauf, dass ihr 18jähriger Sohn Todd nach Hause kommt. Von ihrem Haus aus beobachtet sie, wie Todd auf dem Nachhauseweg die Straße entlangläuft, doch dann kommt ein zweiter Mann hinzu, den Todd ersticht. Jen ist starr vor Schock, als sie beobachtet, wie ihr bisher unauffälliger, etwas nerdiger und in der Schule herausragender Sohn ein Messer zieht und einen wildfremden Menschen tötet. Wie konnte es dazu kommen?


    Jen wird in McAllisters Roman die Möglichkeit bekommen, das herauszufinden, denn sie wacht erst am Tag zuvor auf, dann zwei Tage zuvor, dann lässt sie mehrere Tage und irgendwann Wochen und sogar ganze Jahre aus. In immer größeren Zeitsprüngen bewegt sie sich in der Zeit rückwärts und springt – wie sie bald feststellt – immer an neuralgische Punkte, die ein Puzzleteil enthalten, mit dem sie das Rätsel um den Mord lösen kann.


    McAllister schreibt aus Jens Perspektive und als Leser sind wir mit ihr in dieser Zeitschleife gefangen, die sich – so hofft Jen – auflösen wird, sobald sie das Geheimnis gelüftet hat. Ganz auf sich allein gestellt und zunächst völlig ohne Anhaltspunkte, ist Jen zwar einerseits eine sehr unprofessionelle Ermittlerin, doch da es um ihren Sohn geht, macht sie ihre Einschränkungen durch Motivation wett.


    Als Leser bemerkt man schnell: Es geht in diesem Buch um Familie und auch um den Anschein von Normalität. Wir lernen Jen zunächst in ihrem Selbstverständnis als Ehefrau und Mutter kennen. Sie ist Mitte vierzig und leidlich erfolgreich als Scheidungsanwältin. Ihr Mann Kelly arbeitet selbstständig als Handwerker, reist nicht, hat keine Freunde und lebt auch sonst eher zurückgezogen. Doch die Ehe ist noch frisch, zwischen Jen und Kelly knistert es auch nach zwanzig Jahren noch und McAllister zeigt uns eine gereifte, aber keineswegs totgelaufene Beziehung. Der gemeinsame Sohn Todd ist ein bisschen nerdig und ziemlich gut in Naturwissenschaften, aber als Sohn ein „Selbstläufer“, um den man sich als Eltern keine Sorgen zu machen braucht – zumindest scheinbar. Was passiert nun also, als Todd einen Mann tötet? Jen fragt sich zunächst, ob das vielleicht alles ihre Schuld ist. War sie als Mutter nicht gut genug? Hat sie ihren Jungen nicht genug geliebt, genug gefördert? Ihr fällt siedend heiß jeder Moment ein, in dem sie als Mutter scheinbar versagt hat. Damals, als sie das Kleinkind vorm Fernseher geparkt hat, weil sie arbeiten musste. Als sie aufs Handy gestarrt hat, statt sich ihrem Kind zuzuwenden. Haben diese Momente Todd vielleicht zum Mörder gemacht?


    Diese Gedankengängen erscheinen nur allzu menschlich (und, seien wir ehrlich, allzu weiblich – sind wir doch immer schnell dabei, die Schuld bei uns selbst zu suchen) und geben dem Roman abgesehen vom Mord und dem Zeitreiseelement einen interessanten psychologischen Dreh. Denn tatsächlich wird Jen im Verlauf der Handlung vieles über ihre Familie erfahren, das sie vorher nicht wusste. Und trotzdem bringt McAllister den Roman am Ende zu einem guten, versöhnlichen Schluss.


    Die Idee, einen Mord rückwärts lösen zu lassen, macht beim Lesen unglaublich viel Spaß. Dabei selbst immer den Überblick über den Zeitstrahl zu behalten, ist herausfordernd, sorgt aber auch für Vergnügen bei der Lektüre. Inwiefern der Krimiplot erfolgreich oder gar überraschend und innovativ ist, vermag ich nicht zu sagen, da ich zu wenig in diesem Genre lese. Doch bei den Zeitreisegeschichten spielt „Going Back“ durchaus in der oberen Liga mit. Das Buch ist ein spannendes Rätsel, dass den Leser bis zum Schluss bei der Stange hält, und dass die Protagonistin immer weiter rückwärts springt ist auch kein Element, dass man in jeder beliebigen Zeitreisegeschichte findet. In diesem Sinne also Daumen hoch für Gillian McAllisters „Going Back“!

  • Mario

    Hat den Titel des Themas von „Gillian McAllister - Going Back“ zu „Gillian McAllister - Going Back / Wrong Place Wrong Time“ geändert.
  • Über die Autorin:

    Gillian McAllister schreibt schon, solange sie denken kann. Sie studierte Anglistik, bevor sie als Anwältin arbeitete und in jeder freien Minute, oft auch auf dem Arbeitsweg, an ihren Romanen schrieb. Heute arbeitet sie hauptberuflich als Autorin und lebt in Worcestershire in der Nähe von Birmingham. All ihre Thriller wurden in Großbritannien zu Sunday Times-Bestsellern, ihre Bücher wurden bereits in über zehn Sprachen übersetzt. Gillian McAllister ist die Gründerin und Co-Moderatorin des beliebten britischen Podcasts »Honest Authors«. »Going Back« ist das erste Buch der Autorin, das auf Deutsch erscheint.


    Kurzbeschreibung:

    Es ist nach Mitternacht, du wartest auf deinen Sohn. Du siehst ihn kommen, doch er ist nicht allein. Du kannst kaum begreifen, was du beobachtest – dein lebensfroher jugendlicher Sohn ermordet einen Fremden.

    Du weißt nicht, wen. Du weißt nicht, warum.

    Du weißt nur, dass seine Zukunft verloren ist. Deine Welt zerbricht.


    Meine Gedanken zu dem Roman:

    Im Nachwort zu diesem Roman erzählt die Autorin ein wenig über ihre Arbeit. Sie berichtet, dass ihr ein Roman vorschwebte, der an die russischen Matroschka erinnern sollte, nun ja, ich bin der Meinung es ist ihr gut gelungen. Diese Geschichte ist wie die russische Holzpuppe, man liest eine Handlungssequenz, und schon befindet man sich in der nächsten. Immer weiter ins Unbekannte...


    Die Hauptprotagonistin dieses Romans ist eine Mutter und erfolgreiche Anwältin Jen. Sie ist mit Kelly verheiratet und hat einen 16-jährigen Sohn Todd. Die Familie lebt harmonisch miteinander, doch in der letzten Zeit, scheint mit dem Sohn etwas nicht zu stimmen. Die Mutter fühlt es, und versucht der Veränderungen auf den Grund zu gehen. Eines Tages erlebt sie, wie ihr Sohn einen Mann mit einem Messer ermordet. Schockiert bleibt sie zurück und weiß nicht, wie sie ihrem Sohn helfen kann. Doch das Schicksal hat eigene Pläne. Jen wacht am nächsten Tag, einen Tag vor dem Mord, auf... und immer so weiter. Und täglich grüßt das Murmeltier. Sodass sie bald erkennt, nur wenn sie die Ursache für das Vergehen findet, kann sie ihren Sohn retten. Das Rätseln beginnt.


    Die Idee zu diesem Roman hat mir sehr gut gefallen. Da die Beschreibung zu diesem Buch guten Überblick liefert, um welche Art der Geschichte es sich dabei handelt, griff ich beherzt zu. Bei einem spannenden Thriller mit einer ausgefallenen Idee, der man nicht jeden Tag begegnet, sage ich nicht "nein". Sehr gut hat mir gefallen, dass der Roman interessante Fragen aufwirft: Wie weit gehen die Eltern, um ihr Kind zu retten? Was ist dabei erlaubt, und was geht gar nicht? Wie ist es mit der moralischen Verantwortung anderen Menschen gegenüber? Und die andere Ebene, die angesprochen wird, sind die Fragen zum eigenen Leben, zu der Vergangenheit: Würde man etwas ändern, wenn man könnte? Würde man in die Geschichte eingreifen, wenn es ginge? Ich fand es sehr spannend, neben der Lektüre über diese Dinge nachzudenken.


    Der Roman hat eine gute Sogwirkung, sodass der Leser gern wissen möchte, was hinter der ganzen Geschichte steckt. Doch man sollte als Leser Geduld mitbringen. Die wissenschaftlichen Anteile werden in diesem Roman nicht geklärt, was ich persönlich sehr schade fand. Doch wenn die Autorin dies täte, wäre es eine andere Geschichte geworden. Also möchte ich nicht ungerecht sein. Die Idee, das Verbrechen praktisch rückwärts ablaufen lassen, wurde gekonnt umgesetzt. Von mir gibt es 3,5 Sterne und eine Empfehlung.

    2024: Bücher: 100/Seiten: 43 976

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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