Jordan Tannahill - Das Summen / The Listeners

  • Kurzmeinung

    drawe
    Tolles Thema, aber zu umständlich und nicht immer stringent umgesetzt.
  • Kurzmeinung

    Emili
    Ein Highlight für mich. Ungewöhnliche, eindringliche und intensive Geschichte, die nachdenklich zurücklässt.
  • Klappentext:

    Die Englischlehrerin Claire Devon lebt glücklich verheiratet mit dem Bauunternehmer Paul und als Mutter der spätpubertären Ashley in einer typischen US-Vorstadt. Eines Nachts beginnt sie, ein summendes Geräusch zu hören, das ihr den Schlaf raubt und sie reizbar macht. Sie ist scheinbar die Einzige, die das akustische Phänomen wahrnimmt. Nach anfänglichem Verständnis gehen Paul und Ashley auf Distanz. Zunehmend in die Isolation getrieben, stellt Claire eines Tages fest, dass auch ihr Schüler Kyle das Summen hören kann. Schnell sind die beiden unzertrennlich.


    Ihre Suche nach dem Ursprung des Geräuschs führt die beiden zu einem Forscherpaar, das seine Villa zum Treffpunkt für Menschen erklärt hat, die "das Summen" hören können. In dieser Gemeinschaft findet Claire eine Ersatzfamilie. Schnell nimmt die Gruppe sektenartige Züge an und die Ereignisse eskalieren.


    In dem hochaktuellen Roman des kanadischen Bestsellerautors Jordan Tannahill geht es um die Suche nach Zugehörigkeit, um das Verstehen des Unverständlichen - und darum, wie leicht charismatische Persönlichkeiten unsere Sehnsucht nach Anschluss ausnutzen können. Das Summen ist ein spekulativer, fesselnder Roman, der die feinen Grenzen zwischen Glaube, Wahn, und Verschwörung auslotet.

    Mein Hör-Eindruck:

    Der Roman beginnt mit einem Paukenschlag, der das Ende der Geschichte vorwegnimmt. Die Spannung des Lesers bezieht sich daher auf den Gang der Ereignisse. Wie kommt es, dass Claire, die Ich-Erzählerin, nachts vor vielen Leuten im Rausch auf der Straße tanzt? Und noch dazu nackt?


    Claire hat sich in ihrem Leben gut eingerichtet. Sie liebt ihren Mann und ihre pubertierende Tochter, sie liebt ihren Beruf als Englischlehrerin, sie ist im Kollegium gut integriert, ihre Familie wohnt in einem eigenen Haus, alle sind gesund, sie haben keine finanziellen Sorgen. Bis sie eines Tages ein tiefes Summen hört, dessen Herkunft sie sich nicht erklären kann. Und dieses Summen ist es, dass ihre Lebensidylle zum Einsturz bringt.


    Zusammen mit einem ebenfalls betroffenen Schüler recherchiert sie, indem sie Frequenzen misst, und beide stellen fest, dass sie keine konkrete Geräuschquelle ausmachen können. Im Lauf der Zeit finden sich einige Leute zusammen, die ebenfalls das Summen hören und wie sie unter Schlaflosigkeit und Kopfschmerzen leiden, und so entwickelt sich ein Kreis, der sich zunächst wöchentlich, schließlich täglich trifft. Es bleibt offen, wie die Mitglieder das mit ihren Berufen verbinden können. Die Gruppe beschließt, das Summen nicht mehr als Störung, sondern als Bereicherung zu betrachten. Mit Hilfe von Meditation wollen sie sich dem „großen Mysterium“ nähern, sich gemeinsam in das Summen einschwingen, sich eins fühlen mit dem Universum und in einen Energieaustausch mit der Erde treten. Die Belohnung für das Einschwingen sei, so die Leiterin, ein zehnminütiger Orgasmus. Offenbar hat sie ihn gestoppt 😊.


    Claires Zugehörigkeit zu diesem sektiererischen Zirkel artet in eine Obsession aus und führt schließlich zum Verlust ihrer Arbeitsstelle, ihres Freundeskreises und ihrer Familie. All das ersetzt nun der Zirkel. Damit wird ein interessantes Thema angeschlagen: es geht um das Anders-Sein, um gesellschaftliche Isolation und Zugehörigkeit.


    Schade, dass es an zu vielen Stellen in diesem Roman ziemlich knirscht. So droht die Tochter z. B. schon sehr früh mit Auszug und Trennung, weil die Mutter in der Schule unkonzentriert sei. Das allmähliche Auseinanderbrechen der Familie hätte diffiziler erzählt werden können. Recht ermüdend waren für mich die langen Gespräche im Zirkel, die thematisch mäandern und in Zeitdeckung wiedergegeben werden, ebenso die genauen Beschreibungen des Interieurs (Tisch aus Mangoholz, Bildbände etc.) ohne jeden Handlungsbezug, und auch das Gespräch über Claires Sex-Träume und ihre ausführliche Beschreibung ihrer mehr oder weniger geglückten sexuellen Freuden mit ihrem Mann bringen die Handlung nicht voran.


    Der Roman wird aus der Ich-Perspektive erzählt, die auch meistens konsequent durchgehalten wird. Umso störender sind die Passagen, in denen die Ich-Erzählerin Dinge erzählt, die sie gar nicht wissen kann, z. B. beim ersten Treffen Charaktereigenschaften der anderen Mitglieder oder Ereignisse während ihrer psychotischen Phase.


    Der Roman spricht sicher Leser an, die offen sind für esoterische Betrachtungsweisen.


    Trotzdem (= Fazit): mir hat das Thema des Romans gefallen. Er zeigt, wie sich jemand mit kleinen Schritten aus dem gesellschaftlichen Konsens löst und ins Abseits gerät.


    Die Sprecherin Marion Elskis spricht sehr deutlich, sehr pointiert und sehr langsam. Auch hier wäre, wie beim Roman selbst, eine Beschleunigung gut gewesen.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Auch hier wäre, wie beim Roman selbst, eine Beschleunigung gut gewesen.

    Die Apps, ueber die ich Hoerbuecher hoere, verfuegen alle ueber die Moeglichkeit, die Geschwindigkeit zu regulieren (schneller/langsamer) - auch die Netgalley-App, allerdings mit sehr groben Geschwindigkeitsstufen 1,25 bzw. 1,5.

    Bei langsam gelesenen Buechern nehme ich immer eine hoehere Abspielgeschwindigkeit.

    Die Erfindung des Buchdruckes ist das größte Ereignis der Weltgeschichte (Victor Hugo).

  • Die Apps, ueber die ich Hoerbuecher hoere, verfuegen alle ueber die Moeglichkeit, die Geschwindigkeit zu regulieren (schneller/langsamer) - auch die Netgalley-App, allerdings mit sehr groben Geschwindigkeitsstufen 1,25 bzw. 1,5.

    Danke für den Tipp, das wollte ich sowieso schon dauernd ausprobieren.

    Trotzdem bleibt die Sprache der Vorleserin gewöhnungsbedürftig. Sie zerkaut quasi jede Silbe und macht merkwürdige Pausen.

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Mario

    Hat den Titel des Themas von „Jordan Tannahill - Das Summen. Die Ereignisse am Sequoia Crescent“ zu „Jordan Tannahill - Das Summen / The Listeners“ geändert.