Erika Mann, Klaus Mann - Rundherum

  • Autoren: Erika und Klaus Mann
    Titel: Rundherum. Abenteuer einer Weltreise, erschien erstmals 1929
    Seiten: 176 Seiten, unterteilt in 16 Kapitel plus Nachwort und Anmerkungen
    Verlag: Rowohlt Taschenbuch
    ISBN: 9783499139314


    Die Autoren:
    Erika Mann, 1905 in München geboren und 1969 in Zürich gestorben, war eine deutsche Schauspielerin, Kabarettistin und Schriftstellerin. Zudem war sie Nachlassverwalterin ihres Vaters Thomas Mann und sowie ihres Bruders Klaus Mann.


    Klaus Mann war ein Jahr jünger als seine Schwester Erika, und starb im Mai 1949 an einer Überdosis Schlaftabletten. Seinen grössten Erfolg als Schriftsteller hatte er wohl mit seinem Roman «Mephisto. Roman einer Karriere».


    Inhalt:
    Die beiden Kinder Thomas Manns unternahmen als Mittzwanziger eine spontane Weltreise, quasi ohne Plan und Geld, aber auf den guten Ruf ihres Vaters vertrauend und dass sie daher etwas Geld verdienen können, wenn sie vor Ort Vorträge halten und Reisebeschreibungen ans Feuilleton daheim senden. Die Reiseberichte erschienen in Deutschland in verschiedensten Zeitschriften und bildeten dann auch die Grundlage für dieses Buch.

    Insgesamt waren sie ein Dreivierteljahr unterwegs, beginnend im Herbst 1927, hauptsächlich, ca ein halbes Jahr, in den USA, und eher en passant haben sie noch Japan, Korea und die Sowjetunion besucht.


    Was bleibt sind zahlreiche Berichte über Begegnungen mit Freunden, Prominenten, Theater- und Kinobesuchen, Eindrücken von Strassenzügen, Hotels und dem Leben «in der Fremde» und natürlich der Geldnot, die das nicht gerade sparsam lebende Geschwisterpärchen zwingt, regelmässige Leute anzupumpen, Verlage um Vorschuss zu bitten, Rechnungen zu prellen oder auf unbefristete Zeit zu stunden, usw.


    Meinung:
    Es ist kurzweilige, locker-frech geschriebene Reiseliteratur. Die beiden Geschwister aus dem «kulturellen Weltadel» haben es dank des Weltruhms ihres Vaters leicht, Zugang zu prominenten Künstlern zu erhalten, zumal sie als «Mann-Zwillinge» auf Vortragsreihe durch die USA geschickt werden, und deren Essays, in denen sie Eindrücke von der Reise festhalten, zeitnah zuhause in diversen Zeitschriften erscheinen. Dennoch haben sie Geldsorgen, was einen überraschend grossen Teil ihrer Texte ausmacht, nämlich wie sie versuchen sich ungesehen am Hotelier vorbei zu schmuggeln, wie sie Bekannte um Geld und Gefallen anpumpen, wie sie sich zum Essen einladen müssen, usw. Allzu viel Dankbarkeit darf man von ihnen dann aber trotzdem nicht erwarten. Selbstbewusst urteilen sie über andere, sind von manchen Dingen verzückt, machen sich über andere Sachen lustig.


    Ein wenig herablassend kamen mir einige Formulierungen vor, wenn es bspw heisst, es war eine «hübsche» Begegnung mit dem Germanistikprofessor Kuno Franke, der ihnen «mit schöner Innigkeit» gotische Werke zeigte und zu jedem einzelnen Stück «etwas Gescheites» mitteilte. Erst als die Manns den Grossen Kurfürsten von Preussen mit dem französischen Louis XIV verwechselten, erlitt «der Hochbetagte einen Lachkrampf». Nun ja. Und so reiht sich eine Anekdote nach der anderen, ohne bei mir einen besonders bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Oder doch: vielmehr ein schaler Geschmack von verwöhnten «Kindern», die aufs Blaue hinaus Urlaub auf Kosten anderer machen und dabei noch so ignorant sind, sich über ein paar lokale Gepflogenheiten lustig zu machen, und das meiste «drollig» oder «goldig» zu finden.


    Insofern also flüssig zu lesen, auch interessant zu sehen, wie die Rundreise so vor fast hundert Jahren verlief (auch okay waren die 35 Originalfotos von der Reise anzuschauen), aber insbesondere von Klaus Mann schätze ich seine späteren Texte vielmehr.


    Das Nachwort von Dr. Uwe Naumann möchte ich noch erwähnen, wohlwollend, aber auch hilfreich mit zahlreichen Hintergrundinformationen. Hier erfahre ich, dass Klaus Mann in seiner Biographie «Der Wendepunkt» diesen Reisebericht nochmals auf ca. dreissig Seiten zusammenfasst, und mit ein paar Jahren und einem Weltkrieg Abstand einige Begegnungen nicht mehr so positiv in Erinnerung hat. Bspw hat Emil Jennings «sanfter, scheuer Chow-Hund» in den späteren Erinnerungen «tückische, kleine Augen», und auch die staunende Begeisterung zu Tokio ist im späteren Buch nicht mehr so recht spürbar, wenn es (sozusagen im Nachhinein) heisst, der militante Rummel hätte ihn abgestossen, die machthungrige Atmosphäre des Nationalismus.


    Daher empfehle ich das Buch eher Jenen, die alle Texte von Erika oder Klaus Mann lesen möchten, um deren literarische Entwicklung genauer zu studieren, denn als Reisebericht empfand ich es als erschreckend unspektakuläre Aneinanderreihung von teilweise ärgerlichen Anekdoten.