Reinhard Haller - Die dunkle Leidenschaft. Wie Hass entsteht und was er mit und macht

  • Kurzmeinung

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    Hass, der große Gegenspieler der Liebe – in all seinen breit gefächerten Facetten erfahrbar.
  • Der Preis menschlicher Freiheit


    Dies ist kein 08/15-Psychoratgeber, sondern eine wissenschaftliche Untersuchung des Phänomens Hass unter Berufung auf Psychologen, Hirnphysiologen und Philosophen aus Vergangenheit und Gegenwart. In einem sind sie sich einig: Hass zielt auf Vernichtung.


    Warum soll ich mir ein ganzes Buch über ein so eng gefasstes Thema zu Gemüte führen? Hass ist leider zur Zeit ganz besonders in der realen und der virtuellen Welt allgegenwärtig mit den übelsten Auswirkungen, die Medien sind voller Klagen darüber. Außerdem kann man die gesamte Gesetzmäßigkeit menschlichen Verhaltens anhand der Untersuchung dieses Segments veranschaulichen. In seinem systematisch aufgebauten Werk zitiert Haller eine Vielfalt von Wissen, angefangen bei antiken Philosophen wie Aristoteles über den Gründer der Psychoanalyse Sigmund Freud bis hin zum Dichter Dostojewskij und dem Astrophysiker Stephen Hawking. Das Ganze illustriert er mit erhellenden Beispielen, hochinteressanten Forschungsergebnissen und treffenden literarischen Zitaten. Sein außerordentlich sorgfältig recherchiertes Quellenstudium hat wertvolles Material zutage gefördert. Die Beispiele sind in ihrer Intensität schockierend, aber so sachlich geschildert, dass sie nicht die Sensationsgier nähren.


    Die Beleuchtung aller Facetten ergibt ein umfassendes, differenziertes Bild und führt zu Rückschlüssen auf die moderne Gesellschaft. Genaue Definitionen und Abgrenzungen erleichtern die exakte Bezeichnung der Sachverhalte, die ansonsten häufig in verschmommener Weise gebraucht werden, z.B. Zorn, Wut und Groll. Ein Beispiel vom Februar 2022 und die Erwähnung des russischen Angriffs auf die Ukraine zeugen von der Aktualität des Titels.


    Haller bezieht eindeutig Position und stellt die Feiglinge, die besonders im Netz ihr Unwesen treiben, psychologisch fundiert an den Pranger. Nach all der mikroskopischen Betrachtung dieser niederschmetternden Gefühle widmet sich der Autor auf den letzten 25 Seiten aufbauenden und hilfreichen Überlegungen, wie man zunächst als Individuum, aber darauf aufbauend auch als Gesellschaft den Hass entlarven und möglichst ausmerzen kann. Hier rekapituliert er noch einmal kurz das vorher Erarbeitete und projiziert es ins Positive, indem er Schritt für Schritt die Richtung weist aus dieser Sackgasse.


    Von Hass Getriebene werden selbstverständlich so ein Buch nicht lesen. Es ist geschrieben für aufgeklärte Bürger, die den beobachteten Umtrieben etwas entgegensetzen möchten. Ihnen gelten besonders die erwähnten letzten beiden Kapitel über Maßnahmen gegen den Hass und die entsprechende Stärkung des gesellschaftlichen Klimas.


    Wer anstelle der Dünnbrettbohrerei Tiefgründigeres bevorzugt, wird hier auf seine Kosten kommen.

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  • Hass - eine Leidenschaft, die Leiden schafft? Oder steckt etwas anderes dahinter?


    Wie schon in seinem vorherigen Buch „Rache“ nimmt sich Österreichs wohl bekanntester Gerichtspsychiater wieder eines Themas an, das zwar von zahlreichen Philosophen, aber
    weniger von der Wissenschaft untersucht worden ist - dem Hass.


    Prof. Reinhard Haller schöpft aus seinem reichen Erfahrungsschatz. In 15 Kapiteln geht er dem Mythos Hass nach. Ist Hass wirklich „die Leidenschaft, die Leiden schafft“? Oder steckt da anderes dahinter?


    Die Meinungen der Philosophen, ob Hass eher als Trieb, Leidenschaft oder gar als Affekt anzusehen sei, gehen hier weit auseinander. Kant sieht im Hass eine Leidenschaft, die aus der tiefen Seele kommt, denn einen Affekt, der ja spontan, unbesonnen und übereilt eintritt.

    Wollte man eine Definition für Hass aufstellen, so könnte diese lt. Prof. Haller in etwa so aussehen: „Hass ist die auf Zerstörung ausgerichtete Abneigung, die destruktivste Form der Verachtung. Er ist ein nicht leicht zu beschreibender Gefühlskomplex mit einer sozialen Interaktion, der sich gegen Menschen richtet.“ Hass ist, so Haller, knapp oberhalb der Triebe angesiedelt, da er in seiner „das Gemüt völlig ergreifenden Emotion, die intensive Verfolgung von Zielen“ beinhaltet.


    Meistens kommt Hass nicht alleine daher. Zorn, Wut, Verachtung sowie Ekel sind Elemente des Hasses. Zusätzlich paart er sich auch gerne mit Paranoia und Machtbesessenheit. Wie könnte sonst ein einzelner Diktator die ganz Welt mit Krieg überziehen?


    Der Autor geht auf den Hass seinen verschiedenen Dimensionen ein - sei es als Selbsthass oder dem Hass zwischen den Geschlechtern oder als Hass gegen die Gesellschaft im Allgemeinen.


    Ein besonderes Kapitel ist jenes, mit dem Titel „Aus der Werkzeugkiste des Hassenden“, in dem die vier häufigsten Werkzeuge genannt werden: Schuldzuweisung, Beschämung, Gehirnwäsche und Entmenschlichung.


    In den letzten beiden Kapiteln wird aufgezeigt, wie man aus der Spirale des Hasses herauskommen kann.


    Meine Meinung:


    Wenn man die täglichen Nachrichten liest, wird man mit alltäglichem Hass konfrontiert. Sei es, dass von massiven Sachbeschädigungen, Massakern, Femiziden und Kriegen die Rede ist.


    Reinhard Haller zeigt Lösungsansätze auf, die leider nur recht schwer umzusetzen sind, da Hass so allgegenwärtig und bedrohlich daherkommt. Allerdings kann jeder Einzelne ein kleines bisschen dazu beitragen, dem Hass entgegenzutreten. denn sorgfältige Berichterstattung und kritisches Lesen von Nachrichten aus den sozialen Medien können die Mechanismen des Hasses enttarnen. Wenn erkannt wird, was den Hass befeuert, kann man gegensteuern. Wie? Durch Analyse der Ursachen, Aufklärung, Entschärfung der radikalen Sprache, Förderung von Empathie und Wertschätzung den anderen gegenüber.


    Das Buch ist trotz des ernsten Themas gut zu lesen, was an seiner klaren Struktur liegt.


    Fazit:


    Ein Einblick in die Abgründe der Menschen, gekonnt aufbereitet von Prof. Reinhard Haller. Gerne gebe ich dem Buch 5 Sterne.

    "Ein Tag ohne Buch ist ein verlorener Tag"


    "Nur ein Lesender kann auch ein Schreibender sein oder werden" (Maria Lassnig/1919-2014)

  • Hass, der große Gegenspieler der Liebe – in all seinen breit gefächerten Facetten erfahrbar.


    In 15 wissenschaftlich geprägten Kapiteln dieses Sachbuchs geht Prof. Reinhard Haller auf die Facetten von Hass ein, zunächst mit Begriffsbestimmungen beginnend bei Aristoteles bis zu Philosophen, Psychoanalytiker und Psychologen unserer Neuzeit. Weiterführend geht es aber auch um Begriffsabgrenzungen weiterer negativ geprägter Gefühle wie Zorn, Wut, Ekel oder Verachtung, stets in ihrer Tiefe allgemein verständlich geschrieben. Konfrontiert wird der Leser mit Erkenntnissen, wie Hass überhaupt im Menschen verankert ist und was diesen Hass denn sät und nährt, in all ihrer Vielfalt der jeweiligen Hasspersönlichkeit. Auch Hass zwischen den Geschlechtern und die Ablehnung der eigenen Person als Selbsthass werden behandelt. Was virtuell auch international im Netz an destruktivem Hass grassiert, wird thematisiert sowie die Aufbereitung unzähliger Hass motivierter, übler Verbrechen. Wie kann Hass überwunden werden in einem hasserfüllten gesellschaftlichen Klima? Auch dazu werden Antworten zur Verfügung gestellt in diesem sehr umfangreichen Werk.

  • Dieses Buch bietet viele tolle erklärende Beispiele und umfassende Informationen zum Thema Hass. Darunter auch gut beschriebene Beispiele über die Unterschiede zwischen den Emotionen: Hass, Liebe,Narzissmus, Wut, Angst, Borderline und wie man alles aus forensischer Sicht beurteilen kann und darf.
    Der Anfang ist ein wenig langatmig, aber dann wird es interessant. Viele auflockernde Zitate und Einschübe zum Thema Hass lockern den Schreibstil auf und die riesige Zeitspanne, die das Buch umfasst, von der Antike bis zur Jetztzeit, bringen alles nicht nur ins richtige Licht, sondern erhellen auch die sozusagen prähistorischen Zusammenhänge. Am spannendsten fand ich die sehr aktuellen Bezüge zu Fällen, die noch gar nicht so lange her sind. Viel Kontext in klarer Sprache machen dieses Buch für alle Leser interessant, die sich für das Thema forensische Psychologie interessieren und für alle, die einfach nur mal ihren Horizont ein wenig erweitern möchten.