Yael Inokai - Ein simpler Eingriff

  • Kurzmeinung

    Emili
    Wichtiges Thema, sozialkritische Fragen. Die Geschichte regt zum Nachdenken an.
  • Kurzmeinung

    mapefue
    Wutausbrüche von Marianne sollen durch einen simplen Eingriff geheilt werden
  • Inhalt (lt. Verlagsseite):

    Ein neuartiger Eingriff soll Frauen von ihren psychischen Leiden befreien. Doch ist das menschenwürdig? Eine Geschichte von Emanzipation, Liebe und Empathie.

    Meret ist Krankenschwester. Die Klinik ist ihr Zuhause, ihre Uniform trägt sie mit Stolz, schließlich kennt die Menschen in ihrem Leiden niemand so gut wie sie. Bis eines Tages ein neuartiger Eingriff entwickelt wird, der vor allem Frauen von psychischen Leiden befreien soll. Die Nachwirkungen des Eingriffs können schmerzhaft sein, aber danach fängt die Heilung an. Daran hält Meret fest, auch wenn ihr langsam erste Zweifel kommen.

    „Ein simpler Eingriff“ ist nicht nur die Geschichte einer jungen Frau, die in einer Welt starrer Hierarchien und entmenschlichter Patientinnen ihren Glauben an die Macht der Medizin verliert. Es ist auch die intensive Heraufbeschwörung einer Liebe mit ganz eigenen Gesetzen. Denn Meret verliebt sich in eine andere Krankenschwester. Und überschreitet damit eine unsichtbare Grenze.


    Autorin (lt. Verlagsseite):

    Yael Inokai, geboren 1989 in Basel, studierte Philosophie in Basel und Wien, anschließend Drehbuch und Dramaturgie in Berlin. 2012 erschien ihr Debütroman Storchenbiss. Für ihren zweiten Roman Mahlstrom wurde sie mit dem Schweizer Literaturpreis 2018 ausgezeichnet. Sie ist Redaktionsmitglied der Zeitschrift PS: Politisch Schreiben und lebt in Berlin.


    Meine Meinung:

    Vorneweg: Für mich ein Buch, das mehr Fragen stellt, als Antworten gibt, aber dies im positiven Sinn. Ein Buch, über dessen Inhalt man durchaus disktuieren kann. Die Autorin vereint darin Gesellschaftskritik, die Frage wie weit Medizin gehen darf/soll, die Frage wer man ist und sein will, wie weit eine Anpassung sinnvoll/notwendig/gewünscht ist, hinterfragt die Rolle der Frau in der Gesellschaft, etc.


    Es scheinen in diesem Buch keine Zeitangaben auf. Das Cover mit dem Bild einer älteren Schwesternuniform sowie die Berichte darüber und über das Schwesternheim ansich, lässt vielleicht vermuten, dass es sich um die 1960/70er handle, aber eigentlich ist es für den Inhalt selbst relativ unerheblich, da es genau so auch noch heute bzw in der Zukunft spielen könnte. Meiner Meinung nach lässt die Autorin dies gezielt offen, da der Diskurs über die inhaltlichen Fragen noch keinesfalls geklärt ist.


    Das Bild der gehorsamen, empathischen, dienenden Frau war vielleicht damals noch stärker vertreten, aber ist es nicht auch heute von vielen gewünscht? Gerade im Hinblick auf die sozialberuflichen Tätigkeiten, besteht auch heute noch ein Übergewicht an weiblichen Bediensteten. Mit den "weiblichen" Stärken wie Empathie und die männlichen wie "Durchsetzungskraft" und "wissenschaftliches Interesse und Können" und der starken Hirarchie (ältere Schwestern/jüngere sowie am Beispiel des Verhältnisses zu den Eltern) gibt die Autorin erst ein Bild vor, um es dann durch die weitere Handlung selbst in Frage zu stellen.


    Was ist von der Gesellschaft gewünscht? Und wer ist diese Gesellschaft?

    Zwei durchaus zentrale Fragen in diesem Buch.


    Da ist einmal die Hauptfigur Meret (aus deren Perspektive die Geschichte erzählt wird), die aus einer Familie stammt, deren Vater ein aggresives Dominanzverhalten an den Tag legte. Der aber auch nach Übergriffen wieder kleinlaut seine Gewaltausbrüche bedauerte. Zusätzlich zu ihr gab es noch ihren Bruder und die Schwester Bibiana (Bibi), die komplett aus der Reihe fiel, schlafwandelte und die nicht angepasst war, sondern aufbegehrte. Ganz anders als Meret, die versuchte, mit ihrer angepassten, zurückhaltenden Art Konfliktsituationen aus dem Weg zu gehen bzw abzumildern.

    Diese Meret arbeitet nun in einem Krankenhaus auf der psychiatrischen Station und wohnt in einem nahegelegenen Schwesternwohnheim. Sie fügt sich brav den Strukturen im Heim und im Krankenhaus. Lebt, wie man es von ihr erwartet, wie sie es selbst von sich erwartet und richtig hält.


    Im Krankenhaus selbst gibt es einen Arzt, der im Zuge der psychiatrischen Forschung Operationen durchführt, die etwaige psychiatrische Defizite entfernen/berichtigen sollten, um den Patientinnen ein "normales" Leben in der Gesellschaft wieder zu ermöglichen (was immer dies sein soll).

    Bereits in der Inhaltsangabe des Verlages wird geschwankt zwischen "an Frauen" und "vor allem Frauen". Sind Frauen bei psychiatrischen Problemen besonders gefährdet? Ist es Zufall, dass die Fälle im Buch über Frauen erzählen? Ich glaube nicht.

    Natürlich sind die Eingriffe auch bei Männern möglich, aber sind sie dort auch so gewünscht? Oder akzeptiert man gewisse Verhaltensmuster bei Männern eher als bei Frauen? Eine emanzipierte, laute, selbstbestimmte und vielleicht auch mal einen Wutausbruch habende, aggressive Frau, die stellt doch eine Gefahr für die Gesellschaft und für sich selbst dar, der muss geholfen werden. Und wenn es sein muss, dann eben mit dieser Form der Operation, die vom Arzt bei vollem Bewusstsein am offenen Schädel durchgeführt wird, während Meret dafür zuständig ist, die empathische Rolle und die Ablenkung sowie Beruhigung bei den Patientinnen während des Eingriffes einzunehmen. Die die sogenannten "weiblichen" Stärken einsetzt. Dem männlichen Arzt assistiert, der ihre Tätigkeit lobt und ihr das Gefühl gibt, dass sie dazu prädestiniert sei.


    Brav, angepasst und folgsam ist sie, bis.... ja bis eine neue Mitbewohnerin (Sarah) in ihr Zimmer im Schwesternheim zieht. Eine die ganz anders ist als sie, unkonventionell, und eine Liebesbeziehung daraus erwächst. Ein gegenseitiges Begehren. Für Meret beginnt eine Zeit des Verzehrens nach Sarah, nach ihren Berührungen, nach ihrer Anerkennung, und doch prallen die Einstellungen der beiden oftmals aufeinandern. Es entsteht ein innerer Konflikt in Meret, es beginnen Zweifel an der Form ihres bisherigen Lebens zu wachsen.


    Verstärkt wird dies durch einen Vorfall, bei dem eine Patientin (Marianne), Tochter aus sehr betuchtem Hause, deren Familie in der Öffentlichkeit steht, wegen exzessiver, "unkontrollierbarer" Wutausbrüche in die Klinik kommt, um vom Arzt durch die Operation wieder "normal" gemacht zu werden. Sie solle doch nicht weiter selbst darunter leiden, und auch für die Familie sei es doch ein Desaster. Doch bei der Operation läuft nicht alles wie geplant oder erhofft. Marianne überlebt, liegt aber nur mehr regungslos im Bett, und vegetiert vor sich hin.


    Zwischen Meret und Sarah finden Auseinandersetzungen statt. Meret kontert dabei natürlich nicht lautstark, das ist nicht ihre Art, aber Aussagen von Sarah, u.a. bezogen auf gewisse Fragen hinterlassen Spuren in den Gedanken von Meret: Was ist für die Gesellschaft normal? Was darf Medizin? Sind nicht auch sie beide als gleichgeschlechtliches Liebespaar "nicht normal"? Könnte man da nicht auch auf die Idee kommen, dies "operativ zu heilen"? Wenn man Menschen gewisse Emotionen nimmt, sind sie dann noch sie selbst, oder nur mehr eine angepasste, leere Hülle?


    Die Autorin wirft hier viele Fragen auf. Auch wenn das Buch in seinem Umfang (knapp 200 Seiten) eher schmal ist, so ist es der Inhalt nicht. Sie schildert die Charaktere sehr eindrücklich, und lässt die Leserschaft teilhaben an den Entwicklungen, ohne dabei eine schwarz-weiße Entscheidung vorzugeben. Es ist eher ein Heranführen an die Themen, die sie im Buch aufgreift. Verbunden miteinander in dieser Geschichte, die einlädt, gesellschaftskritisch und selbstkritisch über vieles nachzudenken.


    Mir hat das Buch sehr gut gefallen, ich mag solche Bücher, die mich zum Nachdenken anregen, die Diskussionsstoff bieten, die Fragen aufwerfen. Wer dies auch gerne mag, dem kann ich das Buch durchaus empfehlen.

    Wer damit Schwierigkeiten hat, dass man sich selbst Gedanken machen muss, vieles offen bleibt und auch mal zwischen den Zeilen steht und Interpretationsraum lässt, sich nicht selbst hinterfragen will bei einem Buch, lieber eine abgerundete Geschichte mit klarer Handlung, Spannung und einem fixen, klaren Ende möchte, für den spreche ich eher keine direkte Empfehlung aus, lade aber trotzdem zum Lesen ein :wink: .

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    „An allem Unrecht, das geschieht, ist nicht nur der Schuld, der es begeht, sondern auch der, der es nicht verhindert.“

    Erich Kästner

    "Das fliegende Klassenzimmer"


    Warnhinweis:
    Lesen gefährdet die Dummheit

    :study:

  • terry

    Hat den Titel des Themas von „Ein simpler Eingriff“ zu „Yael Inokai - Ein simpler Eingriff“ geändert.
  • Ein simpler Eingriff erschien 2022 in Berlin im Carl Hanser Verlag. Inokai erzählt darin aus der Perspektive von Maret, einer Krankenschwester von lesbischer Liebe und einer Gesellschaft die Menschen krank macht und mittels operativer Eingriffe meint, heilen zu können.


    Ein Roman über einige Patienten und das medizinische Personal in einer psychiatrischen Klinik. Der Doktor wählt Maret zu seiner Assistentin während er die psychischen Störungen operativ entfernen soll. Die Patientin Marianne soll von ihrer Wut geheilt werden. Die Operation misslingt, Marianne befindet sich vorläufig im Wachkoma. Meret kommen Zweifel an der Operationsmethode des Doktors. „Es ist zu einem Zwischenfall gekommen. Zu einer Entgleisung meinerseits. Seither habe ich meine Zweifel daran, wer oder was ich bin,“ sagt Maret. Marianne erholt sich, der Doktor will eine nächste Operation, doch Maret und Sarah haben einen Plan.


    Inokais Roman bietet dem Leser trotz des scheinbar leicht dahinfließenden Schreibstils mehrere Betrachtungsebenen. Ohne Zeit- und Ortsbezug spielt der Roman auf eine dunkle experimententhemmte menschenverachtende Vergangenheit in psychiatrischen Kliniken an. Beginnend in den 1930er- bis 1970er-Jahre, ein düsteres Kapitel der Medizingeschichte. Als man noch glaubte den Menschen mit einer Operation (Lobotomie) heilen zu können, oder um ihn vielmehr „ruhig zu stellen“.


    Es ist mehr als ein historischer Roman. Fast gleichwichtig ist die feinfühlig erzählte Liebesgeschichte zwischen Maret und Sarah. Es hilft Maret, sich aus dem starren Spitalsystem zu befreien, sich nicht nur als funktionierende Uniformierte zu fühlen.


    Yael Inokai (* 1989 in Basel als Yael Pieren) ist eine Schweizer Schriftstellerin. Sie ist die Tochter einer Deutschen und eines Ungarn. Ab 2011 studierte sie Philosophie in Basel und Wien, ab 2014 Drehbuch an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin. 2012 erschien ihr erster Roman, Storchenbiss, 2017 ihr zweiter Roman Mahlstrom wurde 2018 mit einem der hochdotierten Schweizer Literaturpreise ausgezeichnet. Inokai ist Leiterin von TextTransit des Studierendenwerks Berlin und lebt in Berlin.


    Die Vorlage für das Covermotiv stammt von Helena Parada Kim, entstanden 2017 mit dem Titel Nurse at a window, Öl auf Karton, 30 x 20 cm. Nurse at a window stammt aus einer umfangreichen Serie von Schwesternbildern, die wie der Roman von Inokai einen sehr weiten Interpretationsspielraum gewähren.

    Helena Parada Kim wurde 1982 als Tochter einer koreanischen Krankenschwester und einem spanischen Gastarbeiter geboren. Sie ist in Köln aufgewachsen und studierte Kunst an der Kunstakademie Düsseldorf, wo ihr künstlerisches Können als Schülerin von Professor Peter Doig, einem weltberühmten Künstler, anerkannt wurde.

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  • Inhalt

    Meret arbeitet in den 60er/70er Jahren des vorigen Jahrhunderts als Krankenschwester; sie identifiziert sich mit ihrem Beruf. Es ist die späte Epoche der Halbgötter in Weiß, und in Merets Klinik wird erwartet, dass Frauen sich zwischen Pflegedienst und weltlichem Leben entscheiden. Eine Schwester die heiratet, verlässt die Kranken „für die Männer“. Mit Mitte 20 wohnt Meret in einem Zweibettzimmer des Wohnheims, Schlangestehen vor den Gemeinschaftstoiletten ist üblich. Merets sorgfältige Arbeitsweise fällt einem Arzt auf, der durch eine "neue" Operationsmethode Patienten von auffälligem Verhalten, z. B. Aggressionen zu heilen verspricht. Die junge Schwester wird von ihm dafür angelernt, seine Patientinnen persönlich zu betreuen, besonders während der Operation, die bei vollem Bewusstsein durchgeführt wird. Zunächst will Meret an die Wirksamkeit der OPs glauben, u. a. durch kritische Fragen ihrer Mitbewohnerin Sarah kommen ihr zunehmend Zweifel.


    Meret ist vermutlich eine so zugewandte Pflegekraft, weil auch ihre jüngere Schwester sehr temperamentvoll war und selbst vom gewalttätigen Vater und einer strengen Hausordnung für die Familie kaum zu bremsen. Spätestens hier fällt auf, dass Merets Chef nicht aggressive Patienten (m/w) operiert, sondern allein Frauen, damit sie anderen nicht zur Last fallen. Unverhohlen wird auch Homosexualität als Verhalten genannt, das auszulöschen wäre. Da Meret und Sarah lange Zeit in gegenläufigen Schichten arbeiteten und sich praktisch nicht trafen, war ich überrascht von der zarten Liebe, die sich zwischen den Frauen entspann. Als Marianne Ellerbach, verhaltensauffällige Tochter aus wohlhabendem Hause, nach einer misslungenen Operation ins Wachkoma fällt, muss Meret ihre positive Sicht auf das angeblich erfolgreiche „Anpassen und Auslöschen“ revidieren.


    Meret erzählt aus der Ichperspektive rückblickend von der Zeit mit Mitte 20, als sie glaubte „die Welt verstanden zu haben“. Ihr Focus wechselt zwischen der Patientin Marianne, Merets jüngerer Schwester und ihrer Geliebten Sarah. Die Verknüpfung dieser Frauenfiguren hat mich sehr berührt. Probleme hatte ich allerdings damit, dass die Handlung zeitlich und örtlich nicht exakt zu verorten ist. Am Übergang der 60er/70er Jahre war es in Deutschland z. B. noch üblich, Patienten ihre Diagnose vorzuenthalten und höchstens mit den Angehörigen darüber zu sprechen. Warum Marianne im Gespräch wie ein Kind behandelt wird, hat sich mir nicht erschlossen, weil Diagnose und evtl. geistige Behinderung nicht genannt werden. Da die Lobotomie in der ursprünglichen Form seit den 70ern in Deutschland nicht mehr angewendet wird, wirkte Merets Arbeitsplatz auf mich wie aus der Zeit gefallen, eine letzte Bastion, die sich dem Stand der Psychiatrie verweigert.


    Fazit

    Die Ruhigstellung verhaltensauffälliger Frauen durch Lobotomie war stets umstritten. Dass es sich hauptsächlich um Frauen (aus wohlhabenden Familien) handelte, ist mir wieder bewusst geworden, seit kürzlich die Geschichte der leicht geistig behinderten Rosemary Kennedy (1918 -2005) unter neuen Gesichtspunkten betrachtet wurde.


    Das „Löschen“ von Verhaltensauffälligkeiten, die ohne strenge ethische Standards jeweils nach Normen der gerade Herrschenden umgedeutet werden könnten, ist ein wichtiges Thema. Mir hat jedoch das Vereinfachen und Verkindlichen der Vorgänge durch eine Icherzählerin nicht gefallen, die im Beruf präzise Abläufe und Bezeichnungen gewöhnt sein müsste.

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    :musik: --


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • Hallo terry,


    danke für die tolle Rezi, die mir im Mai leider nicht aufgefallen ist, aber heute, durch den neuen Kommentar darunter.


    Die Autorin wirft hier viele Fragen auf. Auch wenn das Buch in seinem Umfang (knapp 200 Seiten) eher schmal ist, so ist es der Inhalt nicht.

    Ich habe bei Büchern unter 300 Seiten immer so meine Bedenken und 200 Seiten ist ja schon arg wenig, erstrecht, bei diesem Thema, das mir aufgrund deiner Rezi, sehr tiefgreifend vorkommt.

    Ist denn nach 200 Seiten, oder sagen in den 200 Seiten das ganze abgeschlossen? Also klar, du schreibst, es werden nicht alle Fragen beantwortet und man muss selber denken - DAS ist vollkommen okay, aber inhaltlich, ist das am Ende dann ... beendet/fertig? Oder ist es ein loses Ende? (weißt du, was ich meine?)


    Das Buch interessiert mich sehr und ich würde es wohl gern lesen, deshalb frage ich so explizit.

    Liebe Grüße von Tanni

    "Nur noch ein einziges Kapitel" (Tanni um 2 Uhr nachts)


  • Tanni

    Nein, ich verstehe nicht ganz, was du mit dem Ende meinst.

    Willst du wissen, ob die Person überlebt oder nicht ? Die Autorin eine endgültige Entscheidung fällt zu den aufgeworfenen Fragen mit oder ohne Happy end?

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    "Das fliegende Klassenzimmer"


    Warnhinweis:
    Lesen gefährdet die Dummheit

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  • Willst du wissen, ob die Person überlebt oder nicht ?

    Nein, auf keinen Fall!


    Die Autorin eine endgültige Entscheidung fällt zu den aufgeworfenen Fragen mit oder ohne Happy end?

    Ich kann mir nicht vorstellen, wie eine solche Komplexität (Handlung) wie sie von dir und den anderen beschrieben wird, in so wenige Seiten passt. Irgendwie habe ich Angst, dass da viel auf der Strecke bleibt. Dass ich Mitdenken soll, klar, kein Thema, aber ich habe Angst, dass am Ende das Ende irgendwie offen bleibt und man dann denkt - ja und was jetzt? Dass es also mehrere Lösungen/Möglichkeiten, etc. geben könnte, wie das manchmal bei Filmen so ist, die so ein doofes Ende haben und einen total unbefriedigt zurücklassen. Ich kann das gar nicht anders ausdrücken. Wenn du (oder auch die anderen) sagst, dass es ein ganz normales Ende ist, egal, ob mit oder ohne Happy End, aber eben ein verständliches Ende, eine Auflösung, etc., dann ist das okay, mehr erwarte ich gar nicht.

    Aber das Buch interessiert mich echt sehr.

    Liebe Grüße von Tanni

    "Nur noch ein einziges Kapitel" (Tanni um 2 Uhr nachts)


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    Ich kann mir nicht vorstellen, wie eine solche Komplexität (Handlung) wie sie von dir und den anderen beschrieben wird, in so wenige Seiten passt. Irgendwie habe ich Angst, dass da viel auf der Strecke bleibt. Dass ich Mitdenken soll, klar, kein Thema, aber ich habe Angst, dass am Ende das Ende irgendwie offen bleibt und man dann denkt - ja und was jetzt? Dass es also mehrere Lösungen/Möglichkeiten, etc. geben könnte, wie das manchmal bei Filmen so ist, die so ein doofes Ende haben und einen total unbefriedigt zurücklassen. Ich kann das gar nicht anders ausdrücken. Wenn du (oder auch die anderen) sagst, dass es ein ganz normales Ende ist, egal, ob mit oder ohne Happy End, aber eben ein verständliches Ende, eine Auflösung, etc., dann ist das okay, mehr erwarte ich gar nicht.

    Aber das Buch interessiert mich echt sehr.

    Es geht um vier Figuren (Meret, ihre Schwester, die Patientin Marianne, ihre Geliebte Sarah). Meiner Ansicht gibt es nicht "das Ende", sondern die Beziehungen der Frauen entwickeln sich in den Grenzen, die das Jahrzehnt zulässt, mit der Einschränkung durch den persönlichen Focus der Icherzählerin. Ich fand z. B. die Frage interessanter, ob das Frauenbild und die angedeutete Pflege durch Ordensschwestern Leserinnen heute noch vermittelbar ist. Das wäre z. B. eine offene Frage ...

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  • Yail Inokai bietet in diesem schmalen Buch, das nur knapp 200 Seiten hat, eine komplexe, gesellschafts- und menschlich wichtigen Plot. Da bin ich auch schon gleich bei dem ersten Punkt, den ich mir anders wünschen würde. Der Roman hätte umfangreicher sein können, um auf alle Aspekte, Fragen, Figuren, Entwicklungen besser eingehen zu können. Allerdings muss ich zum Lob der Autorin sagen, es ist kein Muss, denn sie hat die Thematik wunderbar auch auf 200 Seiten beleuchtet. Den Rest sollte der Leser sich selbst denken oder auch bei passenden Gelegenheit mit Gleichgesinnten ausdiskutieren.


    Meret ist die Hauptprotagonistin des Romans, vom Charakter her mir sehr sympathisch: folgsam, fleißig, empathisch, nachdenklich, intelligent, sehr gut bei ihren Aufgaben als Krankenschwester. In der Psychiatrie, wo sie arbeitet, wird eine Hirnoperation praktiziert, um das störende Verhalten von Frauen in der Gesellschaft, zu eliminieren. Vermutlich ist die Lobotomie gemeint. Erschreckende Vorstellung, doch emotional lässt die Autorin für den Leser einen Spielraum. Die Gefühle werden nicht vorgegeben. Und dennoch kochte ich als Leserin vor Wut, dass es so war, wie es war.


    Eine zarte Liebesgeschichte zwischen zwei Krankenschwestern, die ein Zimmer gemeinsam bewohnen, findet auch statt. Und es ist deutlich, dass es zu dieser Zeit noch keine Selbstverständlichkeit war, wenn zwei Frauen sich liebten. Eine zarte, vorsichtige Beziehung, die zum Nachdenken bringt.


    Mit großem Feingefühl spricht die Autorin über Dinge, die der damaligen (was zum Teil auch heute noch ein Thema ist) Gesellschaft nicht passen, über Charaktereigenschaften der Frauen, die eliminiert werden müssen. Sehr behutsam behandelt sie die großen wichtigen Themen, ohne große Emotionalität, doch der Leser erlebt die ganze Palette der Gefühle. Wut, Ungerechtigkeit, Hoffnung. Eine sehr bewegende und nachdenklich stimmende Geschichte. Unbedingt lesenswert. Ich würde es gern empfehlen.

    Von mir gibt es 4 Sterne.

    2024: Bücher: 100/Seiten: 43 976

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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    Mein Blog: Zauberwelt des Lesens
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    "Das Nicht-Wahrnehmen von Etwas beweist nicht dessen Nicht-Existenz "

    Dalai Lama

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    Lese gerade:

    Adrian, Lara - Hüterin der Ewigkeit