Sharon Dodua Otoo – Adas Raum

  • Kurzmeinung

    Knü
    Die letzten 100 Seiten etwa haben für mich noch mal etwas wett gemacht. Interessant, habe aber nicht alles verstanden.
  • Kurzmeinung

    Marie
    Womöglich ein tolles Buch, dem ich mit dieser Bewertung Unrecht tue. Nach 100 Seiten keinen Zugang gefunden, Abbruch
  • Klappentext/Verlagstext
    Sharon Dodua Otoos Mut und ihre Lust zu erzählen, ihre Neugier, die Gegenwart zu verstehen, machen atemlos. In ihrer Welt hängt alles am seidenen Faden, es droht zu fallen, und doch bleibt es auf wundersame Weise in der Schwebe.
    So wie Ada, um die sich Otoos erster Roman dreht. Ada ist nicht eine, sondern viele Frauen: In Schleifen bewegt sie sich von Ghana nach England, um schließlich in Berlin zu landen. Sie ist aber auch alle Frauen, denn die Schleifen transportieren sie von einem Jahrhundert zum nächsten. So erlebt sie das Elend, aber auch das Glück, Frau zu sein, sie ist Opfer, leistet Widerstand und kämpft für ihre Unabhängigkeit.
    Mit einer bildreichen Sprache und unendlicher Imagination, mit Empathie und Humor zeichnet Sharon Dodua Otoo in ihrem Roman »Adas Raum« ein überraschendes Bild davon, was es bedeutet, Frau zu sein.


    Die Autorin
    Sharon Dodua Otoo (*1972 in London) ist Autorin und politische Aktivistin. Sie schreibt Prosa und Essays und ist Herausgeberin der englischsprachigen Buchreihe ›Witnessed‹ (edition assemblage). Ihre ersten Novellen ›die dinge, die ich denke, während ich höflich lächle‹ und ›Synchronicity‹ erschienen zuletzt 2017 beim S. Fischer Verlag. Mit dem Text ›Herr Gröttrup setzt sich hin‹ gewann Otoo 2016 den Ingeborg-Bachmann-Preis. 2020 hielt sie die Klagenfurter Rede zur Literatur ›Dürfen Schwarze Blumen Malen?‹, die im Verlag Heyn erschien. Politisch aktiv ist Otoo bei der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland e.V. und Phoenix e.V. Sie lebt mit ihrer Familie in Berlin.


    Inhalt
    Drei Frauen namens Ada, drei Länder, drei Epochen, die Unendlichkeitsschleife und die Umkehrung der Erzählrichtung

    1459 wird Ada in Westafrika ein Kind geboren, das kein langes Leben zu erwarten hat. Eine Kultur, in der die Schwestern einer Frau zugleich Mütter ihres Kindes sind, trifft auf Weiße, die in Afrika unermessliche Reichtümer erwarten.


    1848 arbeitet in Stratford-le-Bow in bürgerlichen Verhältnissen eine andere Ada zur Wahrscheinlichkeitsrechnung, es ist offenbar Ada Lovelace. Sie regt sich über den ältesten Fall von Mansplaining auf, bewahrt jedoch äußerlich die Contenance. Ihr Lover Charles meint offenbar, ihre Berechnungen zu einer „analytischen Maschine“ korrigieren zu müssen.


    1945 wird eine weitere Ada polnischer Herkunft im Konzentrationslager Mittelbau-Dora zur Prostitution gezwungen.


    Ergänzend zu den Icherzählerinnen des ersten Erzählzyklus kommen Gegenstände zu Wort, ein Besen aus Palmwedeln, ein Türklopfer, eine Hütte, ein Reisepass. So gesellt sich zur Frage, was drei Frauen namens Ada verbindet, das Rätseln darüber, ob Gegenstände die begrenzte Sicht von Icherzählerinnen einer bestimmten Epoche erweitern können, weil sie z. B. die einzigen Zeugen einer Szene sind. Frauen unterwarfen sich Sitten und Geboten ihrer Zeit, zwei von ihnen verfügten vermutlich über einen eingeschränkten Wortschatz. Ein Gegenstand kann unzensiert sprechen und Unaussprechliches dokumentieren. Doch das liegt in der Interpretation von Sharon Dodua Otoos Leserinnen.


    Der erste Teil des Romans scheint kreisförmig wie die erste Schleife einer liegenden Acht erzählt zu werden. Auf ein kurzes Verbindungsstück folgt die zweite Schleife, in umgekehrter Richtung erzählt und mit der Generation der Mütter als Thema. Ada in England muss ihrem Dienstmädchen Lizzie vertrauen. Lizzie ist vor der Hungersnot in Irland nach England geflüchtet; ihre Gnädigste zeigt eine erschütternde Unfähigkeit sich in andere Lebensverhältnisse einzufühlen. In Westafrika werden Land und Menschen von Fremden ausgeraubt. Im Europa der Gegenwart schließlich sind zwei Schwestern mit afrikanischen Vorfahren dabei, den Traum ihres Vaters von diesem Europa zu verwirklichen.


    Am Ende der zweiten Schleife sind alle Figuren und Gegenstände zueinander in Beziehung gesetzt.


    Das Schicksal der drei Adas mitsamt den Kommentaren offenbar belebter Gegenstände hat mir in verblüffender Weise die Leinwand bereitgehalten, auf der ich mein eigenes Bild von Rassismus, Kolonialismus und Frauenunterdrückung zusammenfügen konnte. Welches Gemälde dabei entstanden ist, entlarvt mein eigenes Denken.


    Ein großartiger Roman – Respekt!


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Naylor - Die Stimme der Kraken

    :musik: --


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • Danke für die Rezi. Das Buch hatte ich schon auf der Merkliste, nun ist es bestellt. :D

    :study: I. L. Callis - Doch das Messer sieht man nicht

    :study: Nadia Murad - Ich bin eure Stimme

    :musik: Asako Yuzuki - Butter (Re-???)

    :montag: Deb Olin Unferth - Happy Green Family (Reread)





  • Das hört sich ziemlich abgefahren an, aber auf eine gute Art, und wandert auch auf meinen Wunschzettel.


    Über Ada Lovelace wollte ich eh schon ewig mal was lesen.

  • Hier reiche ich noch meinen Leseeindruck vom 27.3.2021 nach:


    Diesen Roman, von dem ich mir viel versprochen hatte, habe ich nun bei einem Drittel abgebrochen. Ich finde einfach keinen Zugang zu den verschiedenen Geschichten, den Figuren... Und die Herumhopserei zwischen den verschiedenen Erzählsträngen ist auch nichts für mich. Sobald ich mich irgendwo halbwegs eingefunden und begonnen habe, mich für die Figuren und das Geschehen zu interessieren, wird schon wieder in einen der anderen Handlungsstränge gesprungen, teilweise dann sogar mit neuer Erzählperspektive. Ob man so etwas mag oder nicht, ist sicher Geschmacksache - mir persönlich gefällt das in dem Ausmaß nicht.

    Auch die Abschnitte in sich sind nicht immer kohärent erzählt, sondern diffus, assoziativ, voller Andeutungen oder absichtlich zurückgehaltener Informationen, sodass ich streckenweise keine Ahnung habe, worum es eigentlich gerade geht. Diese Art der Erzeugung von "Spannung" ist nicht mein Fall.


    Schade, denn die Themen des Romans hätten mich durchaus sehr interessiert.


    Außerdem enthält mir das Buch zu viele Kommafehler - und das bei einem renommierten Verlag! :shock:

    :study: I. L. Callis - Doch das Messer sieht man nicht

    :study: Nadia Murad - Ich bin eure Stimme

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  • Mir hat der Roman hervorragend gefallen.

    Die Themen sind nicht neu, ganz im Gegenteil; eine Menge Bücher kommen momentan auf den Markt, die sich mit Rassismus, Kolonialismus, Identitätsfindung etc. befassen.

    Aber wie Sharon Otoo diese Themen abhandelt, finde ich einfach nur faszinierend.


    Der Erzähler ist eine Art göttlicher Weltgeist, der wie ein Windhauch durch die Welt und durch die Zeiten streift und mehrere Inkarnationen annehmen kann: zum Beispiel die der verschiedenen Frauen namens Ada, aber auch ein Frühstücksei, ein Türklopfer, ein Raum oder ein Reisepass.


    Die verschiedenen Inkarnationen werden zusammengehalten durch verschiedene Motive, die variiert werden: ein Armband, eine Gefährtin (Schwester, Freundin etc.), immer ist auch Gewalt im Spiel. Mit der Geschichte des Armbandes wird noch ein weiteres, hochaktuelles Problem angesprochen: die Frage der Restitution geraubter Kunst.


    Ich finde es faszinierend, wie Sharon Otoo Verbindungen herstellt, indem sie z. B. die Kolonisation in einen inneren Zusammenhang mit der Shoa bringt. Die unglaubliche Phantasie der Autorin - einer schwarzen Britin, die inzwischen in Berlin lebt - kann ich nur bewundern, und genauso ihre Sprachkunst, mit der sie bunte und kräftige Bilder entwirft.


    Die Autorin hat meiner Beobachtung auch ein strenges Erzählkonzept: zwei schwarze Frauen, zwei weiße Frauen.


    Aber wie passt die vierte Ada in das Bild? Eine hochschwangere Schwarze, die in Berlin eine Wohnung sucht?? Und ihre fast surrealen Erlebnisse mit einem potentiellen Vermieter? Ich setze auf Buchdoktor , damit ich diese 4. Ada im Gesamtroman schlüssig unterbringen kann!


    Sarange gebe ich Recht: so viele Verstöße gegen die Sprachrichtigkeit sollten nicht sein. Auch eine Wortverwechslung wie "Stadium" mit "Stadion".


    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • [...] mehrere Inkarnationen annehmen kann: zum Beispiel die der verschiedenen Frauen namens Ada, aber auch ein Frühstücksei, ein Türklopfer, ein Raum oder ein Reisepass.

    Das hat mir auch gut gefallen - zumindest so weit, wie ich gekommen bin.


    [...] eine Wortverwechslung wie "Stadium" mit "Stadion".

    Darüber bin ich auch gestolpert. Und wenn ich mich richtig erinnere, falsche Pluralformen oder seltsame Verwendungen der Zeitformen... Weiß es nicht mehr genau. Aber das muss ein Korrektorat definitiv in Ordnung bringen. 8-[


    Auch wenn er nicht mein Fall war, freue ich mich, dass der Roman dir so gut gefallen hat. :winken:

    :study: I. L. Callis - Doch das Messer sieht man nicht

    :study: Nadia Murad - Ich bin eure Stimme

    :musik: Asako Yuzuki - Butter (Re-???)

    :montag: Deb Olin Unferth - Happy Green Family (Reread)





  • Auch wenn er nicht mein Fall war,

    Das wundert mich, ehrlich gesagt. Die Bilder fügen sich nach einer Weile wie ein großes Puzzle ineinander. Dass das am Anfang vielleicht etwas nervig ist, verstehe ich allerdings.

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • „Adas Raum“ ist die Geschichte von 4 Adas. Eine im Jahr 1459 in Totope im heutigen Ghana, gefolgt von der Mathematikerin Ada Lovelace in London, 1848. Dann kommt 1945 die Zwangsprostituierte Ada in einem Außenlager des KZs Buchenwald zu Wort und schließlich die Ada der Gegenwart, die in Ghana aufgewachsen ist und heute mit ihrer Halbschwester in Berlin lebt. Vier Adas im Lauf der Geschichte, aber eigentlich sind sie eins – dazu aber später mehr.

    Der Aufbau von Sharon Dodua Otoos Roman ist mehr als komplex. Sie erzählt auf vier verschiedenen Zeitebenen sowie einer weiteren, die aus der Zeit gefallen scheint. Denn alle vier Adas sind miteinander verbunden, sind Reinkarnationen, wenn man so will oder entsprechen einfach einem Schema, das sich in der Menschheitsgeschichte immer wiederholt. Eine Frau namens Ada, zugrunde gerichtet von einem Mann mit demselben Namen (in Variationen), ihr Kind (und noch mehr) verlierend, bis sich am Ende mit der Ada der Gegenwart die Chance auf Veränderung ergibt.

    All das übersieht Gott – übrigens mal als Frau und mal als Mann bezeichnet – sich mehr oder minder in den Lauf der Dinge einmischend, denn die vier Frauen werden auch durch ein Armband verbunden, das irgendwie von der einen zur nächsten Ada gelangen muss. Dabei schlüpft Gotts Helferlein in die verschiedensten Gegenstände und beobachtet mal als Reisigbesen, als Türklopfer oder als ganzer Raum das Geschehen. Dieses gesamte Gefüge ist nicht einfach zu überschauen und zu deuten, aber ich glaube auch nicht, dass die Autorin nur die eine Interpretation im Sinn hatte, als sie schrieb.

    Für mich ist Ada alle Frauen und alle Frauen sind Ada. „Adas Raum“ ist eine Geschichte über so vieles, zum Beispiel Feminismus, Gewalt gegen Frauen (durch Männer, aber auch untereinander), Rassismuserfahrungen und Mutterschaft. Dabei spielt Sharon Dodua Otoo mit der deutschen Sprache, bricht sie auf und fügt sie neu zusammen. Sie schlägt Brücken zwischen den unterschiedlichen Adas (die Ada der Gegenwart hat sich z.B. wie Ada Lovelace der Informatik verschrieben) und spielt auch auf ihre eigenen Werke an. Grandios! :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • So, liebe drawe , und natürlich auch alle anderen, ich wollte ja berichten, wie es mir mit „Adas Raum“ erging.


    Dieses Buch ist so speziell, dass es aus jedem Rahmen fällt. Daher kann ich sowohl diejenigen verstehen, die es abbrechen als auch diejenigen, die die Höchstbewertung abgeben.


    Mir gefiel das mystische Element des Romans am besten, diese Szenen mit Gott und dem Wesen (?), der Seele (?), das/die sich stets in verschiedenen Gegenständen materialisiert.

    Ich mag es einfach beim Lesen zu denken: „Was bitte passiert hier?“.

    Auch der Sinn hinter dem verbindenden Element, dem Armband, der sich erst am Ende wirklich erschloss, war toll konstruiert.


    Inhaltlich gefielen mir die Geschichten über Ada in Afrika und Ada im Zweiten Weltkrieg am besten. Mit Adas Schicksal zur Zeit von Charles Dickens konnte ich nicht warm werden.


    Mit der Sprache tat ich mir schwer, bei vielen Sätzen musste ich lange über den Sinn nachdenken, ohne ihn ergründen zu können. Was nicht daran lag, dass es sich um Schachtelsätze handelt, sondern daran, dass der assoziative Stil etwas Lyrisches hat (es wird auch ein paar Mal ein Gedicht wiedergegeben), und dies erschließt sich bekanntlich nicht leicht - oder nicht jedem :wink:.


    Es war eine interessante, aber auch anstrengende Leseerfahrung, die ich mit drei Sternen bewertet habe.

  • Mit Adas Schicksal zur Zeit von Charles Dickens konnte ich nicht warm werden.

    Mit dieser Ada tat ich mich eher leicht, da spielt die Autorin mit historischen Tatsachen. Ich hatte eher Probleme mit der 4. Ada in Berlin, das habe ich nicht mehr richtig auf die Reihe gekriegt - aber mir gefiel die Grundidee des Romans mit dem Weltengeist, der sich immer wieder materialisiert, einfach sehr gut.

    Danke für Deinen Leseeindruck!

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Meinung

    Das Buch war schwierig zu lesen. Geholfen haben die Überschriften, wo und in welcher Zeit man sich befand. Die Geschichten der Frauen haben mir sehr gut gefallen. Obwohl ich das Buch manchmal zur Seite legen musste, weil zuviel Gewalt eine Rolle spielte. Manche Abschnitte musste ich zurücksetzen, um zu kapieren. Ein roter Faden zog sich durch das Buch. Das Fruchtbarkeitsarmband.


    Etwas befremdlich waren die Gegenstände, welche eine Sprache erhielten. Dann wurde noch Zwiesprache mit Gott gehalten.


    Es war für mich alles so durcheinander. Ich könnte mir vorstellen, dass die Frauen, welche Ada hießen oder heißen eine familiäre Verbindung haben durch das Armband. Zwischenzeitlich erzählen Räume, Gegenstände. Das heißt, daß das Leben weitergeht. Unendlich weiter. Das scheinen die Schleifen zu bedeuten.


    Auch der Name "Ada" spielte eine Rolle. Denn Ada wurde in Europa zu Ada. Wie befremdlich muss es sein, wenn man in einem fremden Land auch einen angepassten Namen erhält. Was ist mit der eigenen Identität?


    Ich fand das Buch behandelte schon kritische Themen aus verschiedenen Zeiten.


    Fazit

    Die Schreibweise war zackig. Manchmal sehr abgehackt. Die Geschichten der Frauen waren interessant. Besonders der KZ-Raum hat mich angewidert. Auch die Prügel, die jemand bezieht, weil sie Linkshänder ist. (vermute ich mal) Sonst kann ich mir keinen Reim darauf machen. Ich glaube auch, daß man das aus religiösen Gründen nicht darf. Ich kenne mich da nicht aus.

    Empfehlungen? Lest es einfach.


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