Alex Beer - Der verborgene Feind

  • Kurzbeschreibung


    Nürnberg, April 1942: Der jüdische Antiquar Isaak Rubinstein, der sich noch immer als Sonderermittler Adolf Weissmann ausgibt, lässt sich auf eine Liaison mit der Nazigröße Ursula von Rahn ein. Durch sie erhält er Zugang zu den höchsten gesellschaftlichen Kreisen und bekommt Einsicht in die Pläne der Gegenseite. Doch dann wird Nürnberg plötzlich von brutalen Morden erschüttert. Zwei junge Frauen werden erdrosselt aufgefunden. Ausgerechnet Isaak bekommt von Berlin die Order, den »Würger« aufzuspüren. Darüber hinaus hat er noch ganz andere Probleme: Seine Popularität hat Neider auf den Plan gerufen und besonders ein Mann könnte ihm gefährlich werden …



    Autor


    Alex Beer, geboren in Bregenz, hat Archäologie studiert und lebt in Wien. Nach »Der zweite Reiter«, ausgezeichnet mit dem Leo-Perutz-Preis für Kriminalliteratur, »Die rote Frau«, nominiert für den Friedrich Glauser Preis 2019 und »Der dunkle Bote«, erneut ausgezeichnet mit dem Leo-Perutz-Preis, erscheint 2020 „Das schwarze Band“, der vierte Roman um August Emmerich. Die ersten drei Bände ihrer viel gerühmten Reihe wurden zudem mit dem Österreichischen Krimipreis 2019 ausgezeichnet. Neben dem Wiener Kriminalinspektor hat Alex Beer mit Isaak Rubinstein eine weitere faszinierende Figur erschaffen, die während des Zweiten Weltkriegs in Nürnberg ermittelt. Um es mit den Worten der Jury des Leo-Perutz-Preises zu sagen: »Was Alex Beer erzählt, betrifft auch die heutige Zeit, aber wie sie erzählt, lässt die ferne Vergangenheit lebendig werden.«




    Meine Meinung


    Schauplatz Nürnberg 1942


    Der jüdische Antiquar Isaak Rubinstein ist auch in diesem Band in die Rolle des NS-Sonderermittlers Adolf Weissmann in Nürnberg geschlüpft. Es ist eine sehr große Herausforderung und für ihn auch oft brandgefährlich, als überzeugter Nationalsozialist aufzutreten. Er ist in diesem gesellschaftlichen Kreis aufgenommen worden und durch die Bekanntschaft mit Ursula von Rahn, die ihn unbedingt heiraten möchte, versucht er Zugang zu den geheimen Dokumenten der „Operation Georg“ zu bekommen. Leider müssen verschiedene Frauenmorde aufgeklärt werden und als angeblich bester Kriminalist Deutschlands wurde er zusammen mit Paul Köhler eingesetzt. Ihr Verhältnis ist anfangs durch Animositäten geprägt und bessert sich erst im Laufe der Zeit. Felix Bachmayer vom „Nürnberger Beobachter“ ist gegenüber Weissmann ebenfalls sehr skeptisch und mißtrauisch, dies vor allem unter dem Gesichtspunkt, daß auch er Ursula von Rahn erobern möchte. Isaak alias Adolf Weissmann bewegt sich hier auf ganz dünnem Eis mitten unter den Wölfen, denn einerseits will er die Dokumente beschaffen, andererseits muß er die Morde aufklären und sich Ursula von Rahn vom Hals halten, weil in Berlin Clara auf ihn wartet. Eine echte Gratwanderung!


    Parallel dazu erfährt der Leser die Geschichte von Marianne aus dem Jahr 1939 als sie einen Heiratsantrag nicht annimmt, mit einem neuen Verehrer aufs Land zieht und heiratet. Die aktuellen Mordopfer zeichnen sich dadurch aus, daß sie alle große Ähnlichkeiten mit Marianne aufweisen – sie sind kleine Blondinen mit Stupsnase und Sommersprossen.




    Alex Beer hat auch diesen 2. Band um Isaak Rubinstein spannend geschrieben. Isaak wurde für mich sehr gut charakterisiert, vor allem war auch diese ständige Angst um seine Enttarnung und sein Bemühen, Adolf Weissmann zu imitieren förmlich spürbar. Allerdings hat er nach meinem Dafürhalten stellenweise naiv gehandelt und es grenzt fast an ein Wunder, daß er sich bisher als Weissmann durchlavieren konnte und noch nicht aufgeflogen ist, denn es gab ja einige Personen denen er suspekt bzw. fragwürdig vorkam. Die beklemmende Atmosphäre in der er sich bewegt, war sehr gut nachvollziehbar, ebenso die Gesellschaften und Festivitäten der Nazigrößen. Die Auflösung des Falles ist sehr gut gelungen und das Buch endet mit einem Cliffhanger. Ich fühlte mich gut unterhalten und bin gespannt, wie es mit dem Lamm unter Wölfen weitergeht. Ich bin auf jeden Fall dabei!


    Von mir eine Leseempfehlung!

  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat den Titel des Themas von „Alex Beer - Unter Wölfen - Der verborgene Feind“ zu „Alex Beer - Der verborgene Feind“ geändert.
  • Immer in Gefahr, enttarnt zu werden - Isaak Rubinstein als Adolf Weissmann

    In diesem zweiten Fall für Isaak Rubinstein, dem jüdischen Antiquar, der in die Rolle des SS-Sturmbannführers und Kriminalkommissar Adolf Weissmann geschlüpft wird, wird die Hoffnung, endlich Nazi-Deutschland verlassen zu können, wieder enttäuscht. Während er auf seine Kontaktperson de Widerstand wartet, wird Gisela Hofmann, die Tochter eines hochrangigen Nazis ermordet. Ihr Vater gibt sich nicht mit dem örtlich zuständigen Kriminalbeamten Paul Köhler zufrieden. Er will, dass „der Bester der Besten“, nämlich Adolf Weissmann ermittelt. Das gefällt Köhler naturgemäß nicht und so lauert er auf jeden noch so kleinen Fehler des Konkurrenten. Damit ist er nicht der einzige, denn auch der Journalist Felix Bachmeyer erkennt mit der untrüglichen Nase des Enthüllungsjournalisten, dass mit Adolf Weissmann etwas nicht stimmt. Bevor Rubinstein nun enttarnt wird, wird Bachmeyer ermordet. Glück für Isaak Rubinstein oder nur eine zusätzliche Komplikation? Denn Bachmeyer hat zuvor ein Auge auf Ursula von Rahn geworfen, die Tochter eines Industriellen, der maßgebliche Informationen zur „Operation Georg“ haben soll, die der Widerstand so dringend braucht. Um an diese Dokumente zu kommen, geht Isaak mehrmals mit Ursula aus, die ihrerseits sich in Rubinstein verliebt hat.


    Mehrmals steht Isaak Rubinstein knapp vor der Enttarnung. Nur mit sehr viel Mazel Tov und Chuzpe gelingt es ihm, seine falsche Identität zu wahren. Dazu kommt, dass es weitere Frauenmorde gibt und er gemeinsam mit Köhler weiterermitteln muss. Die Zusammenarbeit gestaltet sich schwieriger denn je, hat doch auch Paul Köhler seine Geheimnisse.


    Meine Meinung:


    Es ist nicht ganz leicht, die Verwandlung des jüdischen Antiquars in den aufgeblasenen, cholerischen SS-Sturmbannführers zu akzeptieren. Allerdings gab es im NS-Staat einige Ungereimtheiten und Doppelbödigkeiten, sodass ein solches Vabanquespiel durchaus möglich gewesen sein könnte.


    "Wenn man alle logischen Lösungen eines Problems eliminiert, ist die unlogische, obwohl unmöglich, unweigerlich richtig" (S.112)


    Alex Beer arbeitet auch in diesem zweiten Fall die allgegenwärtige Angst vor der Entdeckung der wahren Identität Isaak Rubinsteins grandios heraus. Die Person Rubinstein ist sehr gut charakterisiert. Mit Ermittlungen hat er ja nichts am Hut, außer, dass er ein Fan Sherlock Holmes ist. Immer wieder zitiert er aus den Büchern von Arthur Conan Doyle, was naturgemäß bei Paul Köhler vergebliche Liebesmüh ist. Als Isaak dann erkennt, dass der Frauenmörder ein bestimmtes Muster hat, hat er die zündende Idee in alten, ungeklärten Fällen zu stöbern. Hier, in der Kartei der „nassen Fische“, wie die cold cases damals genannt wurden, zu wühlen, da fühlt er sich wohl. Der Leser wird langsam, aber stetig durch die Einschübe, die mit „Marianne“ überschrieben werden, in die passende Richtung gelenkt.


    Der historische Hintergrund ist perfekt recherchiert. Die Begeisterung, die die Nürnberger bei den Feiern zu Hitlers Geburtstag an den Tag legt, ist beängstigend echt geschildert.

    Als Leser muss man manchmal den Atem anhalten, wenn Isaak wieder einmal beinahe enttarnt wird. Hin und wieder gibt es auch einen Helfer, der dem Regime kritisch gegenübersteht.

    Die Spannung wird durch zahlreiche überraschende Wendung sehr hochgehalten. Wie schon in ihren anderen Bücher (Reihe rund um August Emmerich) ist Alex Beers Schreibstil lebendig und mitreißend.


    Auch nachdem die Serie der Frauenmorde aufgeklärt ist, kann Isaak Rubinstein seine Rolle als Adolf Weissmann noch nicht an den Nagel hängen. Ein dritter Band scheint in Vorbereitung, wie man aus dem Cliffhanger schließen kann. Darauf freue ich mich.


    Fazit:


    Dieser zweite Fall für Isaak Rubinstein hat mir wieder sehr gut gefallen. Gerne gebe ich wieder 5 Sterne.

    "Ein Tag ohne Buch ist ein verlorener Tag"


    "Nur ein Lesender kann auch ein Schreibender sein oder werden" (Maria Lassnig/1919-2014)