Birgit Arnold - Das Perchtenerbe

  • Das Perchtenerbe von Birgit Arnold hat mich vor allem aufgrund der Thematik "Altes Brauchtum - Frau Percht" angesprochen. Das Buch beginnt mit Marie, die bei ihrer Großmutter alte Masken entdeckt. Daraufhin erzählt ihr Großmutter ihr die Geschichte von Criste und Frau Percht. Auf den ersten Seiten fand ich das Buch atmosphärisch dicht und konnte mich gut in die Winternacht einfühlen.


    Leider hat das Buch im weiteren Verlauf meine Erwartungen nicht erfüllt. Auf nur 150 Seiten wurde die Hauptgeschichte sehr schnell erzählt, allerdings hatte ich dabei trotzdem das Gefühl sehr häufig die gleichen, erklärenden Sätze zu lesen. Auch eine Identifikation mit den Charaktären kam so nicht wirklich auf. Das liegt auch daran, dass Criste meiner Meinung nach auf ihr Schicksal häufig etwas unglaubwürdig reagiert. Die Beschreibung des Perchtenbrauchtums ist an vielen Stellen sehr düster und grausam, allerdings kam durch die sehr kurzgefasste, wiederholende Schreibweise bei mir kaum Grusel auf. Insgesamt wurden die Themen Frau Percht, Unterwelt und Zwischenwelt jedoch eher kurz und oberflächlich gestreift. Die Grundidee des Buches finde ich nach wie vor spannend, allerdings hätte diese Geschichte noch ausgereifter sein können.

  • Criste hat es alles andere als einfach im Leben. Das Geld in ihrer Familie ist knapp und der Winter ist hart. Das einzige, was ihr eine Festigkeit im Leben zu geben scheint, ist ihr Glaube, ihr Glaube an Frau Percht. Doch dieser Glaube geht immer mehr in der Welt verloren, was Criste vor allem dann zu spüren bekommt, als selbst ihre eigene Mutter einen alten Brauch missachtet.


    Am Anfang der Geschichte war ich noch sehr begeistert von der dichten Atmosphäre und der winterlichen Stimmung, die der Schreibstil vermittelt hatte. Ich hatte erwartet, eine interessante und spannende Geschichte über alte Bräuche und Legenden zu bekommen. Leider hatte sich jedoch diese dichte Atmosphäre sehr schnell in Wortwiederholungen und nicht nachvollziehbaren Handlungen der Protagonisten verloren.


    Besonders die Gefühlsgebungen und Reaktionen der Protagonisten erschienen mir an vielen Stellen sehr unbegreiflich. Einerseits erfahren die Charaktere zwar schwere Schicksalsschläge, andererseits wird auf diese nur sehr schnell und emotionslos eingegangen.

    Natürlich kann man auf gerade einmal 150 Seiten die Charaktere nicht perfekt ausarbeiten, aber alleine deshalb hätten dem Buch ein paar Seiten mehr gutgetan.

    So kamen mir die Charaktere im Buch leider oft sehr kalt und fremd vor, einige Entscheidungen wirkten gar unbegreiflich auf mich.


    Ein sehr großes Thema in der Geschichte ist, wie der Alte Glaube, durch den der christlichen Kirche, langsam vertrieben wurde. Dies ist ein sehr interessantes Thema, aber auch dieses Thema hätte durchaus besser ausgearbeitet werden können.

    Hier hätte ich es schön gefunden, wenn man mehr über die alten Bräuche erfahren hätte und auch darüber, wie die Kirche einige der alten Bräuche für sich selbst übernommen hatte. Zwar wurde das zuletzt benannte Thema einmal kurz in Bezug auf den Drei Königs Tag angesprochen, jedoch war dies die einzige Erwähnung davon.


    Auch von Frau Percht und den verschiedenen Welten, in welchen sie sich bewegt, habe ich das Gefühl, nur sehr wenig erfahren zu haben. Denn obwohl die Geschichte genau von dem Thema der Perchten handelt, wird das gesamte Thema nur viel zu knapp behandelt. Nach dem Lesen blieben sehr viele Fragen und der Wunsch, mich mehr mit dem Thema zu befassen, in mir zurück.


    Die Rahmenhandlung dient leider auch nur Mittel zum Zweck. Von der Inhaltsangabe her ging ich aus, dass Marie die Protagonistin der Geschichte sein wird, jedoch befasst sich das Buch nur am Anfang und Ende kurz mit ihr. Somit bleibt Marie selbst regelrecht eine fremde, über die wir fast nichts erfahren.

    Die eigentliche Geschichte ist die Erzählung von Criste (weshalb ich in der Zusammenfassung am Anfang der Rezension auch nur auf sie eingegangen bin) und Frau Percht. Diese hätte keine weitere Handlung gebraucht, sondern wahrscheinlich noch besser funktioniert, wenn man die Seiten für diese zusätzliche Rahmenhandlung ebenfalls genutzt hätte, um diese Erzählung weiter auszubauen.


    Fazit:

    Das Buch hat sehr viel Potenzial, welches jedoch nicht komplett genutzt wurde. Leider merkt man dem Buch deutlich seine geringe Seitenzahl an, denn die Charaktere hätten durchaus mehr Tiefe gebracht und auch der Einblick in die alten Bäuche fand leider zu wenig Raum. Insgesamt ist die Geschichte ein düsteres Märchen, welches man gerne lesen wird, falls man so etwas mag, welches man wohl aber auch nicht mehr als einmal zur Hand nehmen wird.


    :bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Ich hätte dieses Buch zu keinem besseren Zeitpunkt lesen können als zwischen den Jahren. Obwohl es schon seit einer Weile auf meinem E-Book-Reader schlummerte, hat mich erst jetzt so richtig die Lust gepackt, es zu lesen. Kein Wunder, denn dieses Buch erzählt von dem Ursprung des Brauchs der Rauhnächte, der Zeit zwischen den Jahren, die so mystisch und magisch ist. Der Brauch hat Einzug gehalten in unsere moderne Welt. Orakelkarten, Räucherstäbchen, Traumtagebücher - Menschen, die zugänglich sind für die Magie des Lebens, nutzen diese Mittel, um sich das kommende Jahr zu orakeln. Woher der Brauch stammt, was es damit auf sich hat, wie er immer mehr von der christlichen Kirche verdrängt wurde - Birgit Arnold erzählt dem Leser ihre Sicht darauf. Die Geschichte ist düster und zugleich hoffnungsvoll. Hier und da hätte ich mir etwas mehr Inhalt gewünscht, etwas mehr Atmosphäre, etwas mehr Beschreibungen. Die Handlung schreitet schnell voran, ich hätte mich gerne länger in ihr verloren.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


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