John Burnside - What light there is: Über die Schönheit des Moments (ab 28.09.2020)

  • Und mir ist auch klar geworden, dass es Privilegien gibt, die man gar nicht als Privileg wahrnimmt, weil sie einem selber so normal vorkommen - die man aber deutlich als Privileg wahrnehmen sollte.

    Das Buch von Ulla Hahn schaue ich mir mal an, danke für die Nennung. :) Ich bin auch absolut "bildungsfern" aufgewachsen, Bildung war sogar verpönt und quasi nicht erwünscht. Und deine Worte sprechen mir aus der Seele. Ein Studium etwa ist alles andere als selbstverständlich in heutiger Zeit. Ich hätte gerne studiert, aber für mich ist das finanziell gar nicht machbar. Wer Bildung erlangen möchte, benötigt in erster Linie Geld. Und das finde ich sehr, sehr traurig. Talente bleiben so unentdeckt oder werden gar nicht gefördert. :-? Aber das nur kurz als off-topic. :uups: Deshalb sprach ich auch von "Ständen". So fortschrittlich sich Europa auch geben mag, aber in dieser Hinsicht steckt man noch ziemlich in den alten Zeiten fest.

    "Herr, in mir ist es finster, aber bei dir ist das Licht. Ich bin einsam, aber du verlässt mich nicht. Ich bin kleinmütig, aber bei dir ist Hilfe. Ich bin unruhig, aber bei dir ist der Friede. Ich verstehe deine Wege nicht, aber du weisst den Weg für mich." (Dietrich Bonhoeffer) :love:


    "Don't look to the left or the right, look up to the throne of God."


    :study: "Die Bibel - AT und NT" + Kommentare von William MacDonald (Langzeitprojekt) :flower:

    :study: "Das Geisterhaus - Isabell Allende" (Minileserunde)



  • Wer Bildung erlangen möchte, benötigt in erster Linie Geld.

    Das will ich nicht absprechen, aber doch etwas differenzieren, da es ja inzwischen vielfältige Förderungsmöglichkeiten gibt, Gott sei Dank. Es gibt übrigens auch interessante Untersuchungen über finanzielle Prioritäten dieser sog. bildungsfernen Haushalte, aber das ist wirklich ein weites Feld.

    Ich sehe gerade, Du bist ja noch so jung - da ist ja noch alles offen!


    In dem Buch von Ulla Hahn findest Du Dich vielleicht wieder? Allerdings sind dort immer wieder Dialektpassagen aus dem Nordeifler Dialekt drin, die musste ich mir laut vorlesen; ich kenne den Dialekt zwar, bin aber mit Standardsprache aufgewachsen (leider nicht mit englisch).

    Wenn Du möchtest, leihe ich Dir das Buch gerne.

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Das will ich nicht absprechen, aber doch etwas differenzieren, da es ja inzwischen vielfältige Förderungsmöglichkeiten gibt, Gott sei Dank. Es gibt übrigens auch interessante Untersuchungen über finanzielle Prioritäten dieser sog. bildungsfernen Haushalte, aber das ist wirklich ein weites Feld.

    Einige der Fördermöglichkeiten halte ich leider auch eher für hinderlich, denn hilfreich. Sie sind vielleicht "gut gemeint", in der Realität hinkt das System aber gewaltig. Wer möchte sich nach dem Studium gerne vollkommen überschuldet in die Arbeit begeben, wie es beim BAföG der Fall ist (wenn man ohnehin schon "arm" ist)? Auch habe ich Bekannte, die ihr Studium abgebrochen haben, weil das BAföG nie regelmäßig gezahlt wurde (jedes Semester 3 Monate später) und sie so fast die Wohnung verloren hätten. Mit leerem Magen und Existenzangst lernt es sich leider nicht so gut. Auch ich habe daher meine Prioritäten anders gelagert und möchte in erster Linie die Existenz meiner Kinder sichern. Vielleicht haben sie dann eines Tages - wenn sie denn möchten - die Möglichkeit einen akademischen Grad zu erreichen. :) So, Exkurs Ende. :lol::uups:

    Wenn Du möchtest, leihe ich Dir das Buch gerne.

    Oh, wie lieb, danke! :uups: Ich schaue es mir mal genauer an, vielleicht hat unsere Bibliothek das Buch auch. Ansonsten melde ich mich nochmal bei dir. :friends:

    "Herr, in mir ist es finster, aber bei dir ist das Licht. Ich bin einsam, aber du verlässt mich nicht. Ich bin kleinmütig, aber bei dir ist Hilfe. Ich bin unruhig, aber bei dir ist der Friede. Ich verstehe deine Wege nicht, aber du weisst den Weg für mich." (Dietrich Bonhoeffer) :love:


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  • Erde:

    Abschnitt 7 (bis S. 35)


    Unglaublich, welche Antennen dieser Mensch hat!

    Das wird in diesem Kapitel wieder sehr deutlich. Mit welch feinem Gespür er hier sein in jungen Jahren erwachendes Interesse an Malerei

    beschreibt und seine Empfindungen beim Betrachten der Bilder wiedergibt ist so lebendig und intensiv geschildert. Er versinkt förmlich in

    diesen Bildern.

    sondern rezipiert höchst subjektiv: ihm ist nur "wichtig, was ich empfand."

    Ich halte das auch für die wichtigste Art Bilder zu betrachten. Entscheidend ist zuerst einmal der ganz persönliche Eindruck. Die Gefühle wiederzu-

    geben die abseits von Perspektive, Pinselstrich etc. das Wahre in einem Bild herüberbringen erscheint mir als wichtigstes Element bei der Kunst-

    betrachtung.

    Ich finde dies beschreibt Burnside auf sehr schöne Art und Weise. Die Umwelt hat Einfluss auf uns - ja. Aber unser innerstes, unsere Vorlieben entwickeln sich doch irgendwie "eigenständig".

    ich bin da ganz bei dir. Ich glaube auch an eine ganz persönliche Energie, eine Kraft die manche von uns ganz unbewusst dazu treibt etwas

    anderes zu suchen, etwas das nicht unbedingt mit unserem sozialen Umfeld zu tun hat, oder vielleicht auch das Gegenteil des sozialen Umfeldes

    widerspiegelt. Bei Burnside war das wohl der Fall, denn sein Umfeld war grob, rauh und der psychische und auch physische Druck den der Vater

    auf ihn ausübte trieb ihn raus an einen ruhigen Ort an dem er in der Malerei seine Freiheit finden konnte. Ich fand die folgenden Zeilen so treffend

    und so wunderschön:

    Zitat

    Und ich vermute, in diesem Elysium hielt ich mich in meinem Hinterkopf schon seit Jahren auf, verirrte mich wundersam auf den Straßen

    einer antiken Schneekugel, betrat den nachgebauten, mit Blattgold geschmückten, mittelalterlichen Marktplatz, näherte mich dem von

    laternenhellen Passarelles überquerten Fluss - all das dominiert von der unpersönlichen Gerechtigkeit des Himmels und des Wetters, ein

    kurzer Hiatus in der Geschichte menschlicher Macht.


    Auf dem Eis war es anders, dort waren die Menschen "ohne Kontrolle", "selbstbestimmt", "kannten keinen Kommerz". Und all dies bedeutete, dass die Menschen für diesen kleinen Augenblick frei waren.

    Der Zauber des Augenblicks spielt hier wieder hinein. Dieser schnell vergehende kleine Moment, der in unseren Erinnerungen fest verankert bleibt,

    weil es eben ein nicht wiederholbarer magischer Moment ist, den nicht nur unser Kopf sondern unser ganzer Körper speichert.


    Zitat

    - und dies war mir Beleg dafür, dass die Welt fähig war, sich zu verändern, genau wie in jenen alten heidnischen Geschichten, in denen sich

    Zeit und Raum im Laufe einer einzigen eisigen Nacht auf magische Weise verwandelten.

    ...Noch Jahre später konnten Männer und Frauen daran zurückdenken, und sagen, dass sie sich verliebt hatten, damals, an dem Tag, an dem

    der Fluss zugefroren war, einem Tag, an dem all das übliche Treiben, das Bedienen und Besorgen und anhäufen von Schätzen im Himmel für

    einen unverhofften Ferientag lang vergessen waren.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

    :study: Matt Ruff - Bad Monkeys

  • der psychische und auch physische Druck den der Vater

    auf ihn ausübte

    Ich habe mir eine Auflistung seiner Werke angeschaut, und der Vater-Sohn-Konflikt scheint öfter das Thema zu sein: das Leiden des Sohnes unter dem Vater, die Ablehnung des Vaters, fast sogar Hass.

    In dem kurzen Artikel in Wikipedia über Burnside lese ich, dass er in Cambridge studiert hat - wenn ich das richtig verstehe.


    Ein Studium in England ist heute schmerzhaft teuer, deswegen meine Frage an Euch Burnside-Kenner:

    Hat seine Familie trotz der schwierigen Situation ihm das Studium ermöglicht? Kaum zu glauben, alleine schon bei den Semestergebühren und den Mieten auch für versiffteste Löcher...

    Hatte er ein Stipendium?

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Ein Studium in England ist heute schmerzhaft teuer, deswegen meine Frage an Euch Burnside-Kenner:

    Hat seine Familie trotz der schwierigen Situation ihm das Studium ermöglicht? Kaum zu glauben, alleine schon bei den Semestergebühren und den Mieten auch für versiffteste Löcher...

    Seine Studienzeit liegt ja locker um die 35-40 Jahre zurück und vielleicht waren die Gebühren, die Mieten noch nicht so hoch.

    Ich schätze trotzdem, dass er ein Stipendium hatte, kann es aber nicht sicher sagen, weil in den Memoirs meines Wissens nichts darüber

    erzählt wird.

    Vielleicht weiß Farast da etwas mehr...........

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


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  • Das ist doch erstaunlich: ein junger Mensch, ein "unkritisches Arbeiterkind" (S. 31), entzieht sich seiner Familie und versteckt sich quasi vor ihr in der städtischen Bibliothek.

    Und dort bei den Kunstbänden - das finde ich erstaunlich.

    Wie er dies beschreibt, dieses Gefühl, darum beneide ich den Autor ein wenig. Etwas wunderbares Bilder auf diese Art und Weise entdecken zu können. Wenn man dies liest erkennt man wie viel von der kindlichen Fantasie doch im Verlauf der Jahre verloren geht. Auch wenn wir als Erwachsene Kunst betrachten, wir uns erfreuen an einem schönen Gemälde, es ist nicht mehr das gleiche, es fehlt eine gewisse Spontanität.


    Zitat

    Es gab Bibelszenen, die ich überblätterte, oft Nackte, bei deren Anblick ich kurz innehielt, ehr ich die Seite umschlug, im Nacken ein vages Dräuen des Beichtstuhls

    Genau so funktionierte (oder funktioniert heute noch?) die katholische Kirche - schon in den Kindern Ängste schürend, welche diese noch gar nicht begreifen konnten.

    Zitat

    Wenn es schneite, verstummte die Welt,...

    Diese von dir beschriebene Eleonorah erinnert mich sehr an meine Kindheit. Auch morgens wenn es geschneit hat nachts, alles still und ruhig war, wie wenn die ganze Welt schlafen würde, und man die erste war um im Schnee zu laufen.

    Und das meinte ich hier: von seinen Eltern und, wie es sich anhört, auch vom gesamten Umfeld her kamen keine Anregungen in dieser Richtung.

    Und daher finde ich es erstaunlich, dass er diese Neigung selber in sich selber findet.

    Da ist kein Pfarrer, kein Lehrer oder sonstwie eine Person, die ihn unter die Fittiche nimmt, sondern er entwickelt es aus sich heraus.

    Das finde ich erstaunlich und bewundernswert.

    Wie er schreibt besuchte er die Bibliothek - teils, weil ich außer Haus und fern von Orten sein wollte, an denen meine Eltern mich aufspüren konnten...

    Wenn man nun die Biografie von Burnside kennt, ist es eine Flucht von der Realität welche ihn im Teenager Alter antreibt etwas anderes entdecken können, sich mit seiner Fantasie in eine andere Welt zu versetzen. Davon zeugen auch seine Worte

    Zitat

    ..und ich empfand eine Mixtur aus purem Gefühl und einer vagen Ahnung des Dazugehörens, etwas, worauf ich schon seit Jahren gehofft hatte, auch wenn ich es weder definieren noch erklären konnte.

    Wie einsam er als Kind gewesen ist, kann man nur erahnen, wenn man diese Zeilen liest. Und es nicht einmal ein Gemälde mit einem sommerlichen Motiv, welches beim betrachten eine innerliche Wärme erzeugt , sondern das Bild "Eislandschaft.."

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • eine Flucht von der Realität

    Das ist es. Ich kann auch nachvollziehen, dass er in die Bücherei flüchtet. Er setzt darauf, dass seine Familie ihren eigenen Denk- und Verhaltensmustern verhaftet bleibt und ihn dort mit Sicherheit nicht sucht, weil sie selber sich eben niemals dorthin flüchten würden.

    Aber ausgerechnet die Malerei, das erstaunt mich so. Vielleicht war es ja nur ein Zufall, wenn es denn den Zufall gibt, aber für ihn offenbar ein lebensbestimmender Zufall.

    eine innerliche Wärme erzeugt , sondern das Bild "Eislandschaft.."

    Dein Hinweis war für mich wichtig.

    Ich hatte die Liebe zu den Winterbildern tatsächlich nur so gelesen, dass er hier den Aufbruch sozialer Schranken sieht, den er sich selber so sehr wünscht, um Zugang zu Bildungsinhalten zu erhalten - und von daher interessiert mich auch die Sache mit seinem Studium, auch wenn das für den Text nebensächlich ist.


    Aber Deinen Hinweis verstehe ich so, dass diese Eisbilder seine innere Befindlichkeit wiederspiegeln.

    Was für ein einsamer junger Mensch.

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  • Wenn man nun die Biografie von Burnside kennt, ist es eine Flucht von der Realität welche ihn im Teenager Alter antreibt etwas anderes entdecken können, sich mit seiner Fantasie in eine andere Welt zu versetzen. Davon zeugen auch seine Worte

    Wobei diese Flucht vor der Realität nicht negativ gesehen werden darf, denn der Vater war, je nach Zustand, ein wahres Monster der seinen Sohn

    mit gnadenloser Härte und Druck zu einem starken Mann erziehen wollte der in der Härte dieser Stahlstadt seinen Mann stehen sollte.

    Flucht in diese stille Welt war hier, denke ich überlebenswichtig und eine Konfrontation mit dem Vater, mit der Realität, war schlicht unmöglich.

    Und es nicht einmal ein Gemälde mit einem sommerlichen Motiv, welches beim betrachten eine innerliche Wärme erzeugt , sondern das Bild "Eislandschaft.."

    Das ist ein toller Gedanke, vor allem weil Burnside diese Liebe zu Schnee, Kälte und Stille, die er in seiner Jugend entwickelte nie abgelegt hat.

    Es gibt in seinem Memoir >I put a spell on you< eine Szene in der er ein Haus irgendwo im Norden Skandinaviens kaufen will. Das liegt so einsam

    und abgelegen in der Kälte und der Stille, dass es ihn wie magisch anzog. Ein guter Freund der in der Nähe lebte, riet ihm davon ab weil er befürchtete

    sein Freund würde dort verrückt werden, eben weil er zu sensible Antennen hat und er psychisch einfach nicht stark genug für ein solches völlig

    abgeschiedenes Leben war.

    Ich glaube, dass Burnside wie in seiner Jugend zuweilen immer noch ein sehr einsamer Mensch ist, der aber auch nur so überleben kann.

    Ich denke, er braucht diesen zeitweiligen Rückzug aus der Welt schon allein um solche Texte schreiben zu können.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


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  • Wobei diese Flucht vor der Realität nicht negativ gesehen werden darf,

    Nicht negativ, diese Flucht um der Realität zu entrinnen, sondern es ist etwas trauriges dabei. Ausserdem konnte er all diese Empfindungen welche er beim betrachten der Gemälde hatte mit niemanden teilen.

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • Erde

    Abschnitt 8: (Seite 39-41)


    Burnside beginnt sich mit der Ars Moriendi zu beschäftigen, weil ihm der Prozess des Alterns mehr und mehr bewusst wird.

    Zitat

    ...doch trifft auch zu, dass die Welt, je älter wir werden, uns immer unvoreingenommener erscheint; und heutzutage ist das Wissen darum,

    was mir abgeht, die Ausgangsbasis meiner täglichen Gesundheit.

    In einem Interview hat Burnside erzählt, dass er jeden morgen lange Spaziergänge in der Natur unternimmt. Ich denke mal das gehört auch zu dem

    Prozess sich auf die Ars Moriendi vorzubereiten und gleichzeitig seine Gesundheit, seinen, wie er sagt, "alternden Leib" zu stärken.


    Was dann folgt ist ein Bruch in der Erzähltechnik, den ich mal als "stream of consciousness" beschreiben würde. Kurze Szenen, Erinnerungsfetzen,

    alte Geschichten: all das in einem erzählten Bewusstseinsstroms der den Leser sofort mitnimmt und einfängt.

    Zuerst dachte ich, dass es seine Vorstellung des Sterbens, des langsamen dahingleitens in die Dämmerung und zum Tode hin darstellt, aber im Grunde

    ist es doch wohl eine Beschreibung seiner Gefühle und Gedanken die im ständigen Fluss sind und allerdings auch um das Vergängliche kreisen.

    Vielleicht auch eine Mischung von beiden. Ich bin mir da nicht sicher. Was haltet ihr davon?

    Zitat

    Dass der Vorgang des Sterbens nichts Einfaches ist gilt als erwiesen, und doch hat es etwas Erbauliches, wie jene bestimmte Tür offen steht

    und auf etwas hinführt, das eine Obstwiese sein könnte, verzauberte Apfelbäume und Vögel die ins Dickicht flattern, eine angenehme Panik

    die das Laub erfasst und dann dieses Irrlicht, dem zu folgen ich mich kaum verweigern kann -

    Klingt schon nach der letzten Reise und erinnert mich an ein Gedicht von Juan Carlos Jimenez aus dem Gedichtband >Herz stirb oder singe<:


    Die endgültige Reise


    Und ich werde gehen, und die vögel werden bleiben und singen;

    und bleiben wird mein Garten, mit seinem grünen Baum

    und seinem weißen Brunnen.


    jeden Abend wird der Himmel blau und friedlich sein,

    und läuten werden, wie heute abend,

    die Glocken vom Kirchturm.


    Sterben werden jene, die mich liebten;

    und das Dorf wird neu jedes Jahr;

    und in jener Ecke meines weißblühenden Gartens

    wird mein Geist heimwehtrunken umherirren....


    Das ist übrigens eines meiner Lieblingsgedichte. Wunderschön, nicht wahr? Und es passt so gut zu diesem Abschnitt............


    Am Ende des Abschnitts dann die Geschichte eines Reisenden, der weiß, das er von dieser Reise niemals zurückkehren wird.

    Wunderbar erzählt und auch in Form des Bewusstseinsstroms wiedergegeben. Die endgültige Reise..................


    Ps: ich vermisse Farast . Hat sich schon länger nicht mehr gemeldet.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


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  • Ps: ich vermisse Farast . Hat sich schon länger nicht mehr gemeldet.

    Ja, ich vermisse sie auch, sie hat sich zuletzt am vergangenen Samstag gemeldet.

    Sollen wir mal nachfragen, was los ist?

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  • Sollen wir mal nachfragen, was los ist?

    Ja, sollten wir tun. Ist nicht ihre Art so kommentarlos zu bleiben.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


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  • Meine Lieben

    Bevor ich weiter etwas schreibe zu der Leserunde, möchte ich dieses wunderbare Buch nochmals erwähnen. Denn schon lange kein Buch mehr in der Hand gehalten welches so hochwertig verarbeitet wurde, ein Einband welcher sehr angenehm sich anfühlt, fest und doch biegsam. Die Seiten man spürt die Qualität, ein Genuss.


    Ich habe zuerst ein wenig geblättert darin, denn nebst dem Text sind Schwarzweiss Fotos eingebunden.


    Zitat von Robert Macfarlane

    Dieses Buch hätte nicht im Sitzen geschrieben werden können. Es handelt von der Beziehung zwischen Pfaden, Gehen und Vorstellungskraft...

    Somit werde ich nun den Autor auf seinen Wegen begleiten, natürlich nicht vergessend John Burnside weiterhin zu lesen.

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • Somit werde ich nun den Autor auf seinen Wegen begleiten, natürlich nicht vergessend John Burnside weiterhin zu lesen.

    Viel Spaß damit. Ich bin immer wieder begeistert von MacFarlanes Büchern. Alte Wege war mein erstes.................. :thumleft:


    natürlich nicht vergessend John Burnside weiterhin zu lesen.

    Das wäre schön :wink:.....zu Abschnitt 8 habe ich schon etwas geschrieben und warte jetzt bis ich zu Abschnitt 9 komme.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

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  • Erde


    Abschnitt 8

    (Seite 39-41)


    Betonen möchte ich als erstes, dass mir der Ausschnitt des Gedichtes von Elizabeth Barrett Browning unglaublich gut gefallen hat. :love:

    Das Buch ist gleich auf meine Wunschliste gewandert. Eine deutsche Übersetzung habe ich bisher nicht gefunden.

    Es wird wunderbar beschrieben, wie wir und alles auf dieser Erde Teil eines großen Ganzen sind.

    "...und überdecken mehr und mehr die erste Ähnlichkeit." Wie wahr. Wir wenden uns immer mehr von der Natur ab und der Technik hin.

    Dabei denke ich, dass ersteres uns so viel mehr lehren kann.


    Dieses Zitat Burnsides hat mir besonders gut gefallen:

    Zitat


    "Ich fange an zu verstehen, dass die Gegenwart einer im vorübergehen gehörten Sprache gleicht;"

    Zuerst dachte ich, dass es seine Vorstellung des Sterbens, des langsamen dahingleitens in die Dämmerung und zum Tode hin darstellt, aber im Grunde

    ist es doch wohl eine Beschreibung seiner Gefühle und Gedanken die im ständigen Fluss sind und allerdings auch um das Vergängliche kreisen.

    Vielleicht auch eine Mischung von beiden. Ich bin mir da nicht sicher. Was haltet ihr davon?

    Ich denke auch, dass es eine Mischung aus beidem ist. Zum einen Beobachtungen Burnsides, welche überaus schön formuliert sind. Zum anderen seine Gedanken über die Vergänglichkeit der Dinge.


    Ich frage mich nur, aus welchem Grund er den Zug nennt, welcher "...ungeplant mitten auf dem Land anhielt und sich tagelang, wochenlang nicht wieder in Bewegung setzte."


    Auch stutzig macht mich die Geschichte des Reisenden. Dieser kam an ein Haus, die Tür weit offen, aber niemand dort. Nur ein Summen, das nach seinem Namen klingt.


    Ich habe bei beidem an "Nahtoderfahrungen" denken müssen, aber da kann ich natürlich auch komplett falsch liegen. :-k

    Das ist übrigens eines meiner Lieblingsgedichte. Wunderschön, nicht wahr? Und es passt so gut zu diesem Abschnitt............

    Das Gedicht gefällt mir auch sehr! Und es passt wirklich sehr gut. Danke fürs Nennen. :D

    "Herr, in mir ist es finster, aber bei dir ist das Licht. Ich bin einsam, aber du verlässt mich nicht. Ich bin kleinmütig, aber bei dir ist Hilfe. Ich bin unruhig, aber bei dir ist der Friede. Ich verstehe deine Wege nicht, aber du weisst den Weg für mich." (Dietrich Bonhoeffer) :love:


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  • Auch stutzig macht mich die Geschichte des Reisenden. Dieser kam an ein Haus, die Tür weit offen, aber niemand dort. Nur ein Summen, das nach seinem Namen klingt.


    Ich frage mich nur, aus welchem Grund er den Zug nennt, welcher "...ungeplant mitten auf dem Land anhielt und sich tagelang, wochenlang nicht wieder in Bewegung setzte."

    Bei beiden Zitaten habe ich auch gerätselt. Hat er das Ereignis mit dem Zug selbst erlebt und gesehen und woher kommt die Geschichte des Reisenden

    der in ein bewohntes und doch menschenleeres Haus kommt in dem irgendwie die Zeit stillzustehen scheint?

    Deine Theorie mit den Nahtoderfahrungen könnte auf jeden Fall eine Erklärung sein.


    Das Gedicht von barrett Browning hat mir auch sehr gut gefallen. Aurora Leigh landet mal auf der WuLi.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


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  • Das Altern ist der langsamste Prozess....


    Seine Betrachtungen über die Vergänglichkeit, findet sich in vielen seiner Gedichte wieder. Dieses aufmerksame Beobachten ist ein Privileg, welches nicht jedem gegönnt ist. Bei diesen Worten dünkt mich, wie wenn Burnside sich eine Vorstellung eines Paradiese macht.

    Zitat

    Dass der Vorgang des Sterbens nichts Einfaches ist, gilt als erwiesen, und doch hat es auch etwas Erbauliches, wie jene bestimmte Tür offensteht und auf etwas hinführt, das eine Obstwiese sein könnte, verzauberte Apfelbäume und Vögel, die ins Dickicht flattern...

    Seine Worte über den Zug wie auch den Reisenden haben mich etwas ratlos zurück gelassen.

    Die Szene mit dem Zug allerdings, erinnert mich an die Deportierung der Juden im zweiten Weltkrieg welche in den Zügen tagelang durch die Landschaft fuhren bis zu den Lagern.


    Seine Vorliebe für den Winter, die Kälte liest sich auch aus seinen nächsten Zeilen.

    Zum Gemälde von Pieter Brueghel hat er ein Gedicht geschrieben mit einigen erklärenden Zeilen

    Zitat

    Aus diesem Bild erfahre, wie wir die Welt bereisen: Wir schlittern, so wir laufen, die Dummen und die Weisen

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • Seine Vorliebe für den Winter, die Kälte liest sich auch aus seinen nächsten Zeilen.

    Zum Gemälde von Pieter Brueghel hat er ein Gedicht geschrieben mit einigen erklärenden Zeilen

    Das ist im Buch schon Abschnitt 9 der mit den Worten "Ich war Student" beginnt und mit einem Eintrag aus John Evelyns Diary endet.

    Den Abschnitt 9 lese ich gleich und schreibe später etwas dazu.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

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  • Korrektur: Abschnitt 9 endet nicht mit dem Tagebucheintrag von John Evelyn, sondern geht weiter bis Seite 46.


    Der Abschnitt ist etwas länger und will ein zweites Mal gelesen werden. Mein Beitrag folgt dann morgen.

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    William Shakespeare


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