Robert Seethaler - Der letzte Satz

  • Kurzmeinung

    taliesin
    Nach das Feld und Ein ganzes Leben eher eine Enttäuschung
  • Kurzmeinung

    Gabi5
    Kommt leider nicht an andere Bücher vom Autor heran
  • Wenn an berühmte Komponist_innen des 20. Jahrhunderts gedacht wird darf Gustav Mahler definitiv nicht fehlen. Er komponierte zehn beeindruckende Symphonien - die letzte blieb unvollendet -, viele Orchester- und Klavierlieder, eine Kammermusik und bearbeitete auch Werke so berühmter Komponist_innen wie Beethoven, Mozart, Johann Sebastian Bach oder Franz Schubert.

    In dem hier zu rezensierenden kleinen Buch "Der letzte Satz" lässt uns der Autor Robert Seethaler an den letzten Wochen Mahlers, wo er auf dem Schiff von Amerika nach Europa zurückreißte, teilhaben und schildert über Rückblicke zentrale Momente und Erlebnisse der Vergangenheit Mahlers.
    Dabei entsteht das Bild eines innerlich zerrissenen musikalischen Genies, der für sein Werk alles opferte und viele Schicksalsschläge erleiden musste.

    Die Sprache des Autors ermöglicht den Leser_innen eine Verbindung zu Mahler aufzubauen, die eine gelungene Mischung aus Nähe und Distanz beinhaltet.

    Es lohnt sich dieses Buch auf sich wirken und auch noch einmal Mahlers Musik neu auf sich einwirken zu lassen.

  • ein großer Künstler seiner Zeit

    Auf dem Sonnendeck, dick in Decken eingewickelt, sitzt der sterbenskranke Gustav Mahler. Im Fieber schweift er immer wieder mit den Gedanken in die eigene Vergangenheit und der seiner kleinen Familie ab. Er denkt an all seine beruflichen Errungenschaften, wie er die Welt der Musik nachdrücklich beeinflusst. Wie er sich mit angeblichen Musikexperten, Musikern und Sängern rumschlagen musste, diese an ihre Grenzen trieb und darüber hinaus. Mit welcher Hingabe und Leidenschaft er musizierte und komponierte. Wie er seine Alma traf und mit ihr eine Ehe einging. An seine beiden Töchter und wie er die eine durch eine heimtückische Krankheit verlor. Wie es danach in seiner Ehe zu knirschen begann und er um ein Haar seine Frau verlor. Und wie er obwohl er sein ganzes Leben über kränklich war in den letzten Jahren immer weiter abbaute und jetzt hier auf dem großen Schiff nur noch der Schatten seines Selbst ist, er eigentlich noch ein bisschen bleiben will.



    Der Autor schafft es auf eine ganz besondere Art den Leser zu fesseln, nicht nur dass er ein richtig toller Wortakrobat ist, er schafft es eine vielschichtige Persönlichkeit einzufangen und sie dem Leser näher zu bringen. Und getopt wird es noch durch einen flüssigen Schreibstil ohne großartige Schnörkel aber dafür mit einer Sogwirkung, dich mich als Leser gar nicht mehr losgelassen hat.



    Auch wenn die Geschichte extrem gerafft erzählt wird und nur einzelne Episoden aus dem Leben von Gustav Mahler herausgegriffen werden. Schafft es der Autor mit dieser Auswahl dem Leser die historische Figur des Musikers, Komponist, Dirigent und Familienmensch näher zu bringen. Vor allem wird man als Leser richtig durchgewirbelt. Man muss extrem aufpassen auf welchen Teil der Zeitachse man gerade ist, denn die Übergänge zwischen Gegenwart und Vergangenheit sind fließend.



    Auch wenn die Figur des Gustav Mahlers alles andere als einfach ist sondern doch sehr komplex. Gefallen mir die Schilderungen doch sehr, besonders wie er seine Allüren und Extravaganzen voll auslebt. Welchen Einfluss auf er auf die Musikgeschichte er hatte und das auch noch nachhaltig. Gut das alles soll jetzt aber nicht darüber hinwegtäuschen das er seine Musiker und Sänger an ihre Grenzen und darüber hinaus getrieben hat. Er konnte ein richtiger Schinder sein aber auch ein egozentrisches Genie, das versucht hat das was er in der Natur gesehen und empfunden hat in den Noten zu bannen. Aber auch das er als Mensch und Familienvater dargestellt wurde, wo es eben auch nicht alles so harmonisch war. Das er sich regelmäßig Wortgefechte mit seiner Frau lieferte. Und unter welchen schweren gesundheitlichen Problemen er zeit seines Lebens litt. Und welche Verluste er zu verkraften hatte. Und wie er doch auch unter dieser großen Einsamkeit litt. Aber ist dies verwunderlich er großartiges geleistet aber auf der sozialen Ebene hatte er doch merkliche Defizite.



    Was ich mir gewünscht hätte währe ein Nachwort mit einer kurzen geschichtlichen Einordnung gewesen. Kurzer Werdegang von Mahler und was nach seinem Tod aus seiner Familie geworden ist.



    Fazit: Ein beeindruckender und nachwirkender Roman, der auch ruhig ein wenig länger hätte sein können. Vor allen der besondere Schreibstil, der den Leser ganz schön durchwirbelt fordert den Leser auf eine nette Art und Weise. Und auch wenn man vorher keine oder wenige Berührungspunkte zu Gustav Mahler hatte, kann ich euch dieses kleine Büchlein nur wärmsten ans Herz legen. Ich bin von Geschichte und Umsetzung begeistert und spreche eine klare Leseempfehlung aus.

    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • „Der Letzte Satz“ von Robert Seethaler erzählt von den letzten Stunden im Leben eines der größten Komponisten und Dirigenten der Spätromantik – Gustav Mahlers. Der Roman zeigt den totkranken Musiker, der sich allmählich von seinem Leben verabschiedet, indem er sich die markantesten Ereignisse durch den Kopf gehen lässt.

    Es sind Erinnerungen, die ihn als eine private Person, als Komponisten und einen erfolgreichen Dirigenten zeigen, der ständig auf der Suche ist, sein Werk perfektioniert und dabei manche Rückschläge bekommt, vor allem als Vater und Ehemann.

    Die Idee des Romans fand ich sehr interessant, allerdings habe ich mir davon ein bisschen mehr versprochen. Einzelne Szenen, Erinnerungen, die der Autor aufs Papier legt, sind zum Teil recht spannend, bei anderen habe ich nur durchgelesen, ohne dass sie bei mir einen Eindruck hinterlassen haben. An manchen Stellen haben mir der rote Faden und die emotionale Entwicklung gefehlt. Erst auf S. 118-119 war ich wirklich in der Geschichte, beeindruckt von dem ausdrucksstarken Bild, das in dieser Szene geliefert wird, aber da war das Buch auch schon zu Ende. Schade irgendwie. Vielleicht ist der Roman doch zu kurz, um richtig beeindrucken zu können.

  • DIE LETZTE REISE -EINE REISE INS ICH


    „Der letzte Satz“ ist ein schmales Buch von 126 Seiten, in dem Gustav Mahler (1860 - 1911), ein bedeutender Komponist und berühmter Dirigent seiner Zeit am Ende seines nicht sehr langen Lebens dargestellt wird. Es kann daher nur eine Momentaufnahme seines wechselvollen Lebens sein.

    Robert Seethaler fängt sein Büchlein an mit einem Zustandsbericht, der sich bis zum Ende hin durchzieht. Mahler befindet sich auf dem Sonnendeck der „Amerika“, mitten auf hoher See, auf seiner letzten Schiffsreise von New York nach Wien. Sein Körper bereitet ihm wie stets Schmerzen, Fieberschübe verzehren ihn. Er resümiert über sein gesamtes Dasein, über sein kompositorisches, musikalisches Schaffen, über seine Beziehung zu Alma, den schmerzlichen Verlust seiner Tochter Maria... Wie im Wahn oder wegen des nahen Todes (?) schweifen seine Gedanken und Erinnerungen ab. Deshalb erscheint die Handlung oft sprunghaft, wechselt von der Gegenwart in vergangene Zeiten. Ich finde das stilistisch vom Autor hervorragend gelöst. Mir gefällt die erzählerische Perspektive, die er für seinen Roman gewählt hat. Ich las oft zwischen den Zeilen bzw. fühlte mich veranlasst über Mahlers und Almas Leben nachzuschauen, mich zu informieren, Wissen zu rekapitulieren.

    Immer wieder werden Gustav Mahlers körperlichen Gebrechen thematisiert, die unerträglichen Schmerzen im Kopf, die ihn aber ebenso wie die Natur, ein Vogel, dessen Ruf und vieles andere zum Komponieren inspirieren. In so einem Falle arbeitete er ungeachtet seines Gesundheitszustandes intensiv hintereinander weg, nahm darauf keine Rücksicht.


    Die Probleme zwischen Mahler und Alma waren unausweichlich– zwei schwierige Charaktere trafen aufeinander. Alma, obwohl die Liebe seines Lebens, wird von ihm sehr vernachlässigt. Oft bemerkt er sie nicht einmal, betrachtet sie als Gegenstand. Er war eine zerrissene melancholische Seele, getrieben von ständiger Unruhe und Launenhaftigkeit, liebte die Einsamkeit und fühlte sich nicht unbedingt wohl in Gesellschaft, tat aber seine Meinung kund. Alma fühlte sich unverstanden, die immer größer werdende Distanz zwischen den beiden Eheleuten kommt hervorragend zum Ausdruck. Es ist verständlich für mich aus heutiger Sicht, dass sie sich einem anderen Mann zuwandte.


    Mahlers Rückblicke umkreisen seinen eigenen Kosmos. Er sieht sein Ende auf sich zukommen und reflektiert bis zuletzt, was er hätte noch erschaffen können. Mahler bedauert es sehr, zu wenig Musik gemacht zu haben in seinem Leben.


    "Er hätte die Harmonien seines Körpers komponieren sollen. Und noch viel mehr die Disharmonien". S. 114


    Sehr gut gelöst finde ich das Ende des Buches mit dem Schiffsjungen. Durch einen Zufall erfährt er vom großen Begräbnis des „Direktors“ und bekommt eine Ahnung von der Erhabenheit seiner Musik.

    Ich empfinde den Roman als authentisch. So könnte es gewesen sein! Es gibt eine große Zahl von wunderschönen Vergleichen, Metaphern, Sinnbildern, Anspielungen...Ich habe mir viele Zitate notiert.

    Trotz der Kürze des Buches werden die wichtigsten Dinge im Leben des großen Komponisten angesprochen: die großen Erfolge in der Musik, seine Frau Alma, die beiden Töchter, der Tod des geliebten Kindes, das Versagen als Ehemann...


    Robert Seethaler versteht es eindrucksvoll den Leser mit auf die letzte Reise dieses bedeutenden Künstlers mitzunehmen. Dass der Autor es auf die Longlist des Deutschen Buchpreises 2020 schaffte, kann ich gut nachvollziehen! :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Ein letzter Blick
    Ein neuer Seethaler, diesmal nicht mit der Hauptfigur eines scheinbar bedeutungslosen Menschen wie etwa der Trafikant oder Andreas Eggers, sondern mit einer realen Persönlichkeit der vorletzten Jahrhundertwende.

    Der Autor begleitet den sterbenskranken Gustav Mahler auf seiner letzten Seereise auf dem Rückweg von New York. Der uralte Topos des 'vita navigatio' kommt zur Anwendung, denn die Tage auf See lassen die Biographie des Musik-Titanen Revue passieren. Es wird deutlich, dass Siege und Niederlagen sich durchaus die Waage halten: anerkannt, respektiert, bewundert als genialer Komponist und Dirigent, aber lange Zeit angefeindet wegen seiner jüdischen Herkunft, gefangen in seiner Verfallenheit an seine Ehefrau Alma, die sich bereits zu seinen Lebzeiten von ihm abwendet, von schwächlichster physischer Konstitution, die er durch seine übermenschliche Willenskraft zu kompensieren weiß.

    Die einzelnen Aspekte dieses Lebens kommen in Seethalers Roman jedoch höchst unterschiedlich zum Tragen. Während Almas dämonische Natur, in der Realität jedem Kenner der Biographie vertraut, hier nur sehr abgeschwächt, blass repräsentiert wird, sind die Darstellungen von Mahlers Schaffensrausch, die eigentümliche Umsetzung von Naturerleben in Musik, von betörender sprachlicher Intensität.

    Seethaler verdeutlicht die Befindlichkeit des Komponisten durch eine Vielzahl von Symbolen. Ein altes Dirigierpult, ein Wanderstock, die fliegenden Fische, der fiktive weiße Vogel, der auf Mahlers Sterben hinweist - die Darstellung, die Beschreibung ist zumeist von bestechender Genauigkeit.

    Ein weiterer Kunstgriff, der nur überzeugend genannt werden kann, ist die Gegenüberstellung des zutiefst reflektierten Musikers mit dem allein seiner spontanen Menschlichkeit verpflichteten Schiffsjungen: anders als die übrige Umwelt, die im Umgang mit Mahler von den eigenen Ansprüchen nicht Abstand nehmen wollen, ist der Junge in der Lange, dem Kranken vollkommen offen gegenüberzutreten, sich wirklich auf ihn und seine Bedürfnisse einzulassen. Durch den Schluss des Romans wird deutlich, dass diese Begegnung auf den jungen Seemann einen tiefen Eindruck hinterlassen hat.


    Mein Urteil: 4 Sterne

  • In diesem schmalen Band begleitet der Leser Mahler auf seiner letzten Reise von Amerika nach Deutschland.


    Auf diesen wenigen Seiten, mit einer fast übergrossen Schrift, kann natürlich keine ausführliche Lebensgeschichte des Komponisten ausgebreitet werden.

    Somit verwebt der Autor zeitlich unabhängiges miteinander um die Geschichte stimmig zu machen, was ihm jedoch nicht immer gleich gut gelingt.


    Somit ist diese Reise auf dem Schiff zugleich eine Reise in der Mahler in die Vergangenheit reist. Es sind Erinnerung an ein Leben mit vielen Höhepunkten aber auch schmerzhaften Enttäuschungen immer angetrieben zu komponieren.

    Da die Gedankensprünge von Gustav Mahler ungeordnet hin und her schweifen ist es teilweise irritierend und es ist gut wenn man seine Biografie etwas kennt um diese ordnen zu können, damit man damit klar kommt.


    Was dem Autor hervorragend gelingt, in kurzen Szenen zu beschreiben, wie Mahler aus dem einzelnen Ruf eines Vogel eine Komposition erarbeitet. Oder wenn man als Leser erfährt wie das Konzert „Symphonie der Tausend“ wie der Impresario es nannte, in München in Mahler immer noch ein Gefühl des Triumphes auslöst.


    Ich mag die Sprache von Seethaler sehr, er vermag mich mit seinen Worten dahin zu entführen wo die Geschichte stattfindet.


    Was mir allerdings etwas fehlt, es gelingt ihm nicht das Wesen von Mahler als Künstler herauszuarbeiten - es fehlt die Musik - welche man doch erwarten darf in einem Roman über einen genialen Komponisten.


    Jedoch die Rahmenhandlung mit dem Schiffsjungen welcher Gustav Mahler betreut ist Robert Seethaler geglückt, damit macht er vieles was ich sonst vermisst habe wieder gut.


    Zitat

    „Was ist das für Musik, die Sie machen? Erzählen Sie mir etwas darüber“

    „Nein. Man kann über Musik nicht reden, es gibt keine Sprache dafür. Sobald Musik sich beschrieben lässt, ist sie schlecht“

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • Ich hatte gewisse Erwartungen an meinen ersten Seethaler, zumal das Buch es immerhin auf die Longlist zum Deutschen Buchpreis geschafft hat, bin nach der Lektüre aber doch recht enttäuscht.


    Zum einen empfinde ich es als Verschaukelung, diese paar Seiten als einen "Roman" zu bezeichnen. Der Titel legt Bezüge zu Mahlers letztem Werk nahe, das ein Fragment blieb, und ich hätte das Büchlein vielleicht als ebensolches Fragment akzeptieren können - wenn die Bezüge denn auch tatsächlich hergestellt worden wären!


    Stattdessen tauchte ein obskures Vogeltriller-Motiv auf, das musiktheoretisch keinen Sinn ergibt ("große Quarte"? das hätte spätestens dem Lektorat auffallen müssen!) und das ich so, wie es im Text beschrieben wird, in der erwähnten Partitur von Mahlers Neunter auch nicht entdecken konnte. Manche der geschilderten Aspekte von Mahlers musikalischem Wirken waren nachvollziehbar, andere blieben für mich ohne konkrete Anknüpfungspunkte nur leeres Geschwafel. Doch auch zahlreiche andere Anklänge an Mahlers Leben wurden nicht sauber recherchiert; kurze Blicke in Gustav oder Alma Mahlers Biografie zeigen eklatante Widersprüche auf, die meines Erachtens die Grenzen schriftstellerischer Freiheit überschreiten. Seethaler berührt hier in fantasievoller Weise das Wirken und die Arbeitsweise anderer Künstler (vor allem natürlich von Gustav Mahler selbst; darüber hinaus wirft die bizarre Szene in Rodins Atelier Fragen auf), wird ihnen jedoch meiner Wahrnehmung nach nur in Ansätzen gerecht. Ich hätte es daher als ehrlicher empfunden, wenn er seinen alternden Komponisten und Dirigenten gänzlich erfunden und bitte nicht "Gustav Mahler" genannt hätte, nur weil das vielleicht mehr Interesse (und KäuferInnen) auf sich zieht.


    An diesen erfundenen Komponisten hätte Seethaler dann auch völlig frei die sprachlich meist schönen und berührenden Betrachtungen

    anknüpfen können, ohne hier Mahlers Biografie und Werk zu verwursteln und so letztendlich zu vergewaltigen.


    Das Buch habe ich über NetGalley als Rezensionsexemplar erhalten. Von weiteren Seethaler-Lektüren nehme ich jetzt erst einmal Abstand.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    :study: I. L. Callis - Doch das Messer sieht man nicht

    :study: Nadia Murad - Ich bin eure Stimme

    :musik: Asako Yuzuki - Butter (Re-???)

    :montag: Deb Olin Unferth - Happy Green Family (Reread)





  • Doch auch zahlreiche andere Anklänge an Mahlers Leben wurden nicht sauber recherchiert;

    Wie wir schon besprochen haben, ich bin auch nicht besonders glücklich über den Roman.

    Höre doch einmal bei Gelegenheit Gespräch mit dem Autor -Achte was der Autor zu Beginn sagt - was wäre wenn - nicht was war

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • Danke für den Link. Seethalers Ausführungen überzeugen mich aber auch nicht. Vor allem die Passage, in der er behauptet, er hätte sich Gustav Mahler nicht angeeignet. Was denn dann? :scratch:


    Wie an anderer Stelle schon geschrieben, finde ich in einem Roman künstlerische Freiheiten in einem gewissen Maß völlig in Ordnung, aber aus meiner Sicht sprengt Seethaler dieses Maß. Noch dazu ohne Not: Er hätte wunderbar fabulieren können, was wäre wenn, und sich trotzdem innerhalb der Fakten bewegen können. So aber wirkt der Text auf mich passagenweise wie schnell mal hingeschludert.

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  • ... und wenn ich mich nicht verhört habe, schimpft Denis Scheck den Roman "Magerquark". :lol:


    https://www.ardmediathek.de/sw…3ci5kZS9hZXgvbzEzMDgyODc/


    Normalerweise ist mir völlig egal, was Denis Scheck sagt, aber das war heute mein Lacher des Tages. :lol:

    Das wundert mich überhaupt nicht, (er sagte übrigens auch "literarische Magersucht":-, ) die wenigsten Kritiker haben das Buch "wohlwollend" aufgenommen. Aber wie Insa Wilke im Schiffsjungen Mahler gesehen hatte :-kjedoch bewundernswert wie sie das Buch verteidigt.

    Was man zu lesenswert noch anfügen kann, wie immer eine sehr anregende Sendung, gefällt :)

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    Horst Lichter

  • Blöde Frage: ist das Buch bei Biographien eigentlich richtig eingeordnet oder ist es nicht doch bei den Romanen besser aufgehoben?

  • Blöde Frage: ist das Buch bei Biographien eigentlich richtig eingeordnet oder ist es nicht doch bei den Romanen besser aufgehoben?

    Ich finde, das ist eine gute Frage! :D


    So, wie Seethaler mit den historischen Fakten umgeht, ist das m.E. eher eine Erzählung. Roman wäre mir schon zu hoch gegriffen. Aber wie Scheck richtig bemerkt hat: Man muss sich fragen, inwiefern dieses Konstrukt ohne den Namen "Gustav Mahler" und die darin anklingenden Bezüge überhaupt sich selbst getragen hätte - und ob es irgendjemanden interessiert hätte. (Ich meine, es hätte funktioniert, aber sehr viel schlechter.) Nur macht dieser biografische Bezug den Roman an sich ja noch nicht biografisch; sonst müssten auch ziemlich viele historische Romane bei den Biografien eingeordnet sein und sind es aus guten Gründen nicht. :-k

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  • Ich finde, das ist eine gute Frage!

    Das Buch ist ein Roman, so steht es im Buch selbst. Was natürlich nichts daran ändert, dass es vom Publikum einer anderen Form zugeordnet wird.


    Ich habe das Buch unglaublich gemocht. Klar, Mahlers Leben und Werk sind nur angedeutet, aber seine Melancholie angesichts der Erkenntnis, dass sein produktives Leben hinter ihm liegt, ist so greifbar und berührend. Ich finde auch die Anklänge an Der Tod in Venedig stimmig.

    Von Dennis Schecks Kritiken halte ich in der Regel viel, aber bei diesem Buch teile ich seine Meinung überhaupt nicht. Mir hat es uneingeschränkt gefallen.

    signed/eigenmelody

    Dear Life,

    When I said "Can my day get any worse?" it was a rhetorical question, not a challenge.

    -Anonymous

  • Das Buch ist ein Roman

    Das schon, aber dann müssten wir das gesamte Biographie-Forum neu sortieren und alle Romanbiographien verschieben. Dazu würde auch die zur Zeit sehr beliebten "Ikonen ihrer Zeit-Reihe" zählen. Hier finden sich auch viele Beispiele.


    Womit wir beim oft diskutierten Thema sind: Wie real / realistisch sind eigentlich Biographien, in denen Dialoge von Personen oder historisch fragwürdige Ereignisse aus vergangenen Jahrhunderten erzählt werden? :-k - Und damit dürfen wir dann nachdenken über die Autobiographie und ihre Bedenklichkeit. :-,

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Das schon, aber dann müssten wir das gesamte Biographie-Forum neu sortieren

    Okay, ich verstehe. Wo du das so erklärst, frage ich mich gerade, ob ich jemals bewusst eine Romanbiographie gelesen habe.

    - Doch, habe ich. Zuletzt Fräulein Nettes kurzer Sommer, das allerdings auch einfach als Roman daherkommt. Aber laut der Definition von Romanbiografie, die ich gerade im Netz gefunden habe, ist es genau das, eine Romanbiografie.

    Wenn ich mir das recht überlege, würde ich für mich immer nach der übergeordneten Gattung kategorisieren. Nach diesem Verständnis ist ein Roman immer ein Roman; mit Unterkategorien wie historischer Roman, Horror-Roman, Fantasy-Roman, Campus-Roman, Frauenroman, Liebesroman.

    Oder ist das ein hirnrissige Einteilung? Je länger ich über sowas nachdenke, desto schwieriger scheint es zu werden.

    signed/eigenmelody

    Dear Life,

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    -Anonymous

  • Das Buch ist ein Roman, so steht es im Buch selbst.

    So einfach ist das nicht. Der Verlag wird außerdem eher "Roman" aufs Cover schreiben als "Biografie", weil Romane sich m.W. besser verkaufen. :-,


    Dass die Genre "Roman" und "Biografie" derzeit auch an anderer Front ineinander verschwimmen, hatten wir u.a. schonmal bei der Frage nach der Einordnung von Stanišićs Werk "Herkunft". Das steht aus meiner Sicht bei den Biografien ganz richtig, wogegen ich persönlich den Seethaler hier doch eher bei den Romanen / Erzählungen einordnen würde.

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  • Es ist also nicht der Autor, der das festlegt, sondern der Verlag, der damit Einfluss auf die Verkaufszahlen nimmt. Interessant.


    Und besonders auch, was du zu Stanišićs Herkunft sagst, den ich als Roman gelesen habe. Wenn das so persönliche Einschätzungen sind, wird's natürlich schwer, an allgemeingültigen Gattungen oder Kategorien festzuhalten.


    signed/eigenmelody

    Dear Life,

    When I said "Can my day get any worse?" it was a rhetorical question, not a challenge.

    -Anonymous

  • Man muss das wahrscheinlich von Fall zu Fall beurteilen, aber hier, wo ja deutlich geworden ist, dass der Autor mit der belegten Wahrheit eher frei umgegangen ist, finde ich die Kategorie Biographie unpassend.