Robert McLiam Wilson - Ripley Bogle [EN] (ab 23.08.2019)

  • "Svanisci, ti consumi, scivoli via" und Svanisci, appassisci, scivoli via.

    Ja, das ist schön, finde ich. Da kommt die deutsche Übersetzung einfach nicht mit.


    Das ist aus dem Buch 1984 - George Orwell (musste jedoch auch etwas googeln. denn im italienischen habe ich die Zusatzinformation "La stanza 101 è dove si mettono tutte le cose che non si voglio mai più vedere" - (Also einfach gesagt alles was man nie mehr sehen möchte wird in das Zimmer 101 gebracht) - deshalb ist mir der Zusammenhang mit 1984 in den Sinn gekommen.

    Ganz vielen Dank!

    So ergibt das alles einen Sinn!

    Ich bin immer froh, wenn die einzelnen Puzzleteilchen an ihren Platz fallen und das Gesamtbild dadurch deutlicher wird.


    finde ich ist das italienisch oftmals sparsamer in seinen Ausdrücken, jedoch nicht weniger einprägsam


    Da muss ich Dir Recht geben. Mir fällt das auch immer wieder auf, vor allem, wenn ich übersetze. Zum Beispiel haben wir im Deutschen viele Nebensatzkonstruktionen, wobei wir aber deren Abhängigkeit sehr präzise benennen können, während das Italienische die lateinischen AcI-Konstruktionen beibehalten hat und komplizierte Sachverhalte viel kürzer darstellen kann.

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Gut, dass du nur die letzte Seite gelesen hast.

    :uups: Mehr lese ich auch nie und jetzt kommt das eigentlich kuriose an der Sache, ich vergesse auch recht schnell was ich da gelesen habe. Warum ich es trotzdem immer wieder mache, keine Ahnung :pale: Gewohnheitstierchen halt.




    Da hätte ich mir Herrn Heibert, den Übersetzer der Saunders stories aus 10th December gewünscht. Der ist richtig genial.


    GENAU das habe ich mir auch gedacht, vor allem bei diesen Kurzsätzen.

    Ich auch! Hin und wieder kommt es ja mal zu Neuübersetzungen eines Buches, aber ich befürchte bei "Ripley Bogle" können wir leider ewig darauf warten. Wenn es geschehen würde, dann wünschte ich mir, dass sich Herr Heibert dem Buch annehmen würde. Das wäre einfach klasse!


    Das Rätsel um das Zimmer 101 wäre das Einzige was ich für euch hätte lösen können. Sehr interessant für mich waren die anderen literarischen Anspielungen! Das wäre mir beim alleinigen lesen fast alles entgangen. Und auch die unterschiedlichen Übersetzungsarten sind interessant zu verfolgen. Schön, wenn man mit einer so aufmerksamen Truppe gemeinsam ein Buch lesen kann!


    Über das Wochenende bin ich leider nur kurz zum lesen gekommen. Gerade mal einmal habe ich Donnerstag SIEBEN lesen können. Da es aber unter viel Ablenkung passiert war, lese ich es heute noch einmal in Ruhe.

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


    SuB-Leichen-Challenge 2024: Alle Bücher bis inkl. 2022 [-X

    Klassiker-Challenge 2024


  • Ich auch! Hin und wieder kommt es ja mal zu Neuübersetzungen eines Buches, aber ich befürchte bei "Ripley Bogle" können wir leider ewig darauf warten. Wenn es geschehen würde, dann wünschte ich mir, dass sich Herr Heibert dem Buch annehmen würde. Das wäre einfach klasse!

    ich wäre der erste, der sich sofort eine deutsche Übersetzung von Heibert kaufen würde. Davon mal abgesehen spiele ich gerade mit dem

    Gedanken mir die Lange-Übersetzung zuzulegen. Einfach um mal das große Ganze der Übersetzung von Frau Lange zu lesen. Bisher

    kenne ich ja nur die von euch geposteten Zitate. Es würde mich interessieren, wie sie den durchgehenden Sprachrhythmus eingefangen hat.

    Im Englischen klingen manchen Stellen, wenn man sie sich laut vorliest, wie aufeinanderfolgende Wellen die sich auftürmen und wieder

    zurückziehen. Herrn Heibert traue ich durchaus zu dies zu erkennen und entsprechend ins Deutsche zu übertragen.


    Aber jetzt weiter mit Sieben. Klappe, die Zweite............:wink:

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Matt Ruff - Lovecraft Country

  • Donnerstag - Sieben

    … beginnt wieder mit einer Regie-Anweisung, und auch seine Erinnerungen gestaltet er als Theaterstück.

    Dadurch wird Ripley für mich als Erzähler immer unglaubwürdiger bzw. ich werde immer misstrauischer.

    Er inszeniert sich selber, und ich denke, dass er seine Erinnerungen entsprechend "frisiert", damit er sich präsentieren

    kann. Analog dazu frisiert er auch seine Sprache, und die geschwollenen Passagen, die mich zu Beginn so sehr gestört haben, gehören wohl zu diesem Bemühen, sich selbst zu präsentieren.Nach dem Kapitel Donnerstag-Sechs scheint mir hier wieder der gewohnte Ripley zu sprechen. Dieser Wechsel macht allerdings die Lektüre spannend.


    Ich brauche wieder Nachhilfe. "Ich zog wieder meine Nummer ab. Ich zauberte für sie. Im Farbenspiel der Dämmerung brachte ich für sie die alten, schmalzigen Kirchenglocken zum Läuten." (S. 113 Mitte, der Abschnitt beginnt mit "Wir trafen uns am nächsten Sonntag...")

    Ist das ein literarisches Zitat? Er bemüht einige Seiten vorher die Figur der Agnes aus David Copperfield - ist das hier etwas Ähnliches?


    Sein Hang zur Selbstironie - der ihn mir sympathisch macht - zeigt sich auch in diesem Kapitel. Er sagt, dass er "nach Kräften meine Gabe der Geschmacklosigkeit" genutzt habe. Da gebe ich ihm gerne Recht, was seine geschwollenen Wendungen angeht.

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Noch ein kleiner Nachklapp.

    Diese Stelle hat mich sehr erheitert:

    "Ich war fünfzehn. … Sex beherrschte ständig meine Gedanken in mehr oder weniger verlockender Gestalt. Fünfzehn. Ich konnte direkt spüren, wie mich Agnes Wickfields mahnender Schatten unverwandt im Auge behielt. Aber ich zuckend und brodeln tanzende Pobacken, Bäuche und Brüste."

    (S. 114)

    Allerdings verstehe ich nicht, wieso er die Gunst der Stunde nicht nutzt, sondern sich als edler Ritter und Hüter der Unschuld geriert - aber, wie oben schon gesagt: ich glaube ihm so leicht nichts mehr.

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Allerdings verstehe ich nicht, wieso er die Gunst der Stunde nicht nutzt, sondern sich als edler Ritter und Hüter der Unschuld geriert - aber, wie oben schon gesagt: ich glaube ihm so leicht nichts mehr.

    Ja genau. Das ist mir direkt ins Auge gesprungen. Zuerst kommt er mit dieser zugegeben recht witzigen und treffenden Passage. "I was fifteen...."

    Dann aber erzählt er uns, dass ihm im entscheidenden Moment seine edle, romantische Ader dazwischen funkt. Das macht er dann sogar noch im

    Rückblick:

    Zitat


    As I look back I can`t help feeling rather sentimental about myself. All that selflessness and regard. I rather congratulate myself for

    my consideration. I was fundamentally a nice kid.

    Oh Mann, Ripley...das kaufe ich dir jetzt nicht ab. Ich glaube Herr MacLiam Wilson hatte einen Heidenspass bei diesen Passagen.


    Es könnte ja gut sein, dass unser Held sich mit seinen wohlgewählten schönen Worten, seinen Flunkereien, nicht nur präsentieren will, sondern

    auch einen feinen Schleier über das breiten möchte, was wirklich zum Absturz in die Obdachlosigkeit geführt hat. Wo verstecken sich die wirklich

    schlimmen Dinge?

    Bei den Kirchenglocken bin ich aufgeschmissen. Könnte gut was mit David Copperfield zu tun haben, wo er schon die gute Agnes erwähnt.


    Ach ja, wir haben auch wieder einen schönen kleinen rhythmischen Satz. Der ist auch im Stil von: "You fade, you wither, you slip away."

    "Before I crust and wrinkle and wither." (Seite 75 EN. ganz am Anfang des Kapitels)


    Und noch etwas..........

    Zu Beginn des Kapitels gibt er zum ersten Mal den Drang zu erkennen aus der Situation auszubrechen.

    Zitat


    By God, I`m getting tired ofv this kind of life. The hours of my fucked-up days don`t fade away as the recent past should. (....)

    It has to stop soon. I`ve got to get this life of mine working. Walk outside the city. See that old sky and sea again.

    Schauen wir mal was daraus wird................

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Matt Ruff - Lovecraft Country

  • Donnerstag SIEBEN

    Mir hatte hier ganz besonders die Beschreibung des Tagesanbruches gefallen. Wie so langsam alles mehr oder weniger willig erwacht. Da knarrt es, die Vögel schimpfen, es grollt. In der Regel werden Tagesdämmerungen "etwas" anders beschrieben :lol: Zitieren mag ich noch diesen Abschnitt:


    Zitat von Seite 107

    Gott, hab ich dieses Leben langsam satt. Die Stunden meiner beschissenen Tage verrinnen nicht, wie es sich für die jüngste Vergangenheit gehört. Sie türmen sich auf und verstopfen die Straßen. Sie veranstalten eine Demo, diese Drecksäcke. So kann es nicht weitergehen. Ich muß mein Leben in Gang bringen. Die Stadt hinter mir lassen. Wieder den alten Himmel und das Meer sehen. Diese herrlichen Frauen treffen, die ich in meinen Träumen sehe. Sich bewegen. Sich ändern. Leben. Bevor ich einroste, runzlig werde, verwelke.

    Höre ich da etwa Worte des Ändernwollens heraus? Und soll ich ihm etwa auch noch glauben, dass er das auch durchziehen wird. Warum glaube ich ihm nur nicht.... Aber ich lasse mich gerne vom Gegenteil am Ende des Buches überzeugen.



    Und dann noch dieser Satz, der kurz danach kommt:

    Zitat von Seite 107

    Graues, sprießendes Licht spreizt sich überall aus und nistet sich langsam über London ein.

    Das hat so eine diffuse Stimmung während des lesens bei mir ausgelöst. Fand ich einfach schön und musste es unbedingt zitieren.


    Tja, was verschweigt uns unser lieber Ripley. Ich bin gespannt was er uns noch Stück für Stück erzählen wird. Mal lesen. Und nun begleiten wir ihn zu seinen zwei entscheidenden Frauen seines Lebens. "Spitzen-Bienen", wie er sich so ausdrückt. Seine erste "große" Liebe, Deirdre Curran. Die er allerdings nicht gerade liebenswürdig beschreibt: "(...) klein, pummelig, protestantisch und reich. Ach ja, sie war außerdem von erstaunlicher Dummheit." (Seite 109). Dachte er wohl, dass er da problemlos landen könnte 8) Nun ja, das waren wohl pubertierende, "Frühmännchengedanken" der leichten Überschätzung der eigenen Wirkung, was er da noch alles beschrieb. Ich gestehe, ich habe mich bei dem Kapitel amüsiert ohne Ende. Ripley durfte sich ja ganz schön ins Zeug hängen, um bei seiner Deirdre landen zu können. Herrlich sein überzogenes Selbstwertgefühl zu lesen und seine eigenen Einsichten dazu, die er im Rückblick bekam.



    Allerdings verstehe ich nicht, wieso er die Gunst der Stunde nicht nutzt, sondern sich als edler Ritter und Hüter der Unschuld geriert - aber, wie oben schon gesagt: ich glaube ihm so leicht nichts mehr.



    Glauben tue ich ihm auch nicht alles, was er von sich gibt. Edler Ritter, von wegen, ich denke er kniff zu guter Letzt weil ihm auf den letzten Metern der Mut abhanden gekommen war. Völlige Überschätzung seinerseits.

    Aber wer weiß, vielleicht steckte ja doch noch ein Funken von Liebe in ihm. Verknüpft mit einer gewissen Achtung seinerseits für Deirdre.


    Und wieder eine Andeutung:

    Zitat von Seite 116

    Bedenkt man, was schließlich mit der guten alten Deirde geschah, ist es ironisch, tragisch, einfach traurig. Verwirrt? Sie werden sehen, Sie werden begreifen.


    Fehlt noch die Geschichte über Laura. Falls er den Erzählfaden wieder später aufnehmen wird. Ich bin wirklich neugierig, was er uns noch alles auftischen wird, was davon wahr sein könnte und was nicht.


    Ich brauche wieder Nachhilfe. "Ich zog wieder meine Nummer ab. Ich zauberte für sie. Im Farbenspiel der Dämmerung brachte ich für sie die alten, schmalzigen Kirchenglocken zum Läuten." (S. 113 Mitte, der Abschnitt beginnt mit "Wir trafen uns am nächsten Sonntag...")

    Ist das ein literarisches Zitat? Er bemüht einige Seiten vorher die Figur der Agnes aus David Copperfield - ist das hier etwas Ähnliches?

    Da muss ich wieder passen. Aufgefallen war mir der Teil und ich hielt es für eine übertrieben schmalzige Beschreibung eines Treffens von fummelnden Teenagern. (Ich klinge auch schon wie Ripley. Färbt das ab? :shock:).


    Ich hätte fast das Ende des Kapitels vergessen. Er hat Geburtstag? Aber er weiß es nicht genau? Weil er kein Zeitgefühl mehr hat? Oder was steckt dahinter? Immerhin kennt er die Wochentage. Bei solchen unzuverlässigen Erzählern weiß man nie, was wahr ist, was verschwiegen wird, was gelogen ist. Macht einem irgendwie auch etwas kirre beim Lesen. Mich zumindest. Damit wäre er 22 oder auch nicht.


    Den letzten Abschnitt dieses Kapitels muss ich unbedingt noch zitieren:


    Zitat

    Auf einmal glitzert die Stadt hell auf in einem kurzen Strahl morgendlicher Blässe, der wie eine Sense von der unheilverkündenden Wolkenschlüssel hinunterfährt und eine welke Himmelsleiche hinterläßt.


    Klingt das im Original auch so ähnlich taliesin ? Und im italienischen serjena ?


    Und noch was. Mit 15 müsste er doch eigentlich noch Schüler sein. Er hatte auf mich den Eindruck, als wenn er quer durch die Lande ziehen würde und von allem unabhängig sein. Gut, dass dürfte er wohl nicht in der Wirklichkeit gemacht haben, mir fehlt da ein Puzzlestück.

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


    SuB-Leichen-Challenge 2024: Alle Bücher bis inkl. 2022 [-X

    Klassiker-Challenge 2024


  • "Before I crust and wrinkle and wither."

    Farast hat die deutsche Übersetzung schon zitiert:

    "Bevor ich einroste, runzlig werde, verwelke."

    Nicht so schön wie das Original!

    seine edle, romantische Ader

    Ich frage mich wirklich, wieso er das erzählt. Wir sind uns wohl alle einig, dass er kein edler Ritter ist. Wieso nimmt er Deirdres Angebot nicht an? Sie bietet sich ja nicht nur an, für meine Begriffe drängt sie sich direkt auf!

    Ist das wie beim Fuchs, dem die Trauben zu sauer sind - ich meine: wollte er, aber konnte nicht :-# -

    oder spielt er mit seinem Leser, besser: seinem Zuhörer und Zuschauer?

    nicht gerade liebenswürdig beschreibt:

    Das ist mir auch aufgefallen: diese nachträgliche Minderung seiner ersten großen Liebe. Warum macht er das?

    Die Beziehung zu Deirdre geht sicherlich weiter, aber sie scheint nicht so weiterzugehen, dass er jetzt stolz darauf sein kann.

    Ich spekuliere bisschen herum:)!

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • zu Thursday - Seven

    ich habe mich bei dem Kapitel amüsiert ohne Ende. Ripley durfte sich ja ganz schön ins Zeug hängen, um bei seiner Deirdre landen zu können. Herrlich sein überzogenes Selbstwertgefühl zu lesen und seine eigenen Einsichten dazu, die er im Rückblick bekam.

    Man muss sich wirklich immer vor Augen halten, dass er ein pubertierender 15-jähriger ist. Ich finde das herrlich, wie MacLiam Wilson die

    Gedanken- und Gefühlswelt in dieser, für jeden Jugendlichen verwirrenden Zeit, beschreibt. Ripley schreibt ja selbst:

    "I was fifteen. I hadn`t a chance."

    Fehlt noch die Geschichte über Laura. Falls er den Erzählfaden wieder später aufnehmen wird. Ich bin wirklich neugierig, was er uns noch alles auftischen wird, was davon wahr sein könnte und was nicht.

    Der Autor weiß recht gut, wie man den Leser auf der Stuhlkante hält. Vor allem im Hinblick auf Ripleys erzählerische Unzuverlässigkeit.

    Man liest eigentlich jetzt noch aufmerksamer, weil man herausfinden will, wo das Kerlchen lügt und wo er ehrlich ist. Das gefällt mir.

    Macht einem irgendwie auch etwas kirre beim Lesen. Mich zumindest. Damit wäre er 22 oder auch nicht.

    22 kommt hin. Ich glaube nicht, dass er da flunkert.

    Den letzten Abschnitt dieses Kapitels muss ich unbedingt noch zitieren:

    Ja, das beschreibt die Morgenstimmung sehr gut. Man hat es sozusagen direkt vor Augen. William Turner hätte Spass daran gehabt diese

    Stimmung aus Wolken und Licht zu malen. Entschuldigt das Abschweifen, aber Turner ist mein Lieblingsmaler. Unerreicht bei Wolken und

    Lichtstimmungen.

    So, hier jetzt das Original des letzten Abschnitts. Auch das klingt im Englischen einfach eindrucksvoller:

    Zitat


    Suddenly, the city sparkles hard in a brief shaft of morning paleness skything down from the doomy bowl of clouds

    withering the corpselike sky.


    Hört sich ein wenig an wie ein Gedicht von P.B. Shelley oder John Keats. Im nächsten Kapitel gibt es diesbezüglich wieder einen intertextuellen

    Bezug.

    Verwirrt? Ihr werdet sehen. Ihr werdet verstehen. :wink::)

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Matt Ruff - Lovecraft Country

  • Entschuldigt das Abschweifen

    Wieso Abschweifen... Jede Lektüre ruft Gedanken in uns wach oder schlägt Saiten in uns an; man muss ja nicht immer ergründen wieso, aber diese Assoziationen gehören wesentlich dazu, finde ich.

    Wobei ich an dieser Stelle weniger an Turner als an die Expressionisten gedacht habe :). Ach, Turner....:love:

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Wieso Abschweifen... Jede Lektüre ruft Gedanken in uns wach oder schlägt Saiten in uns an; man muss ja nicht immer ergründen wieso, aber diese Assoziationen gehören wesentlich dazu, finde ich.

    Wobei ich an dieser Stelle weniger an Turner als an die Expressionisten gedacht habe :) . Ach, Turner....

    Gebe ich dir recht. Kann man aber nicht in jeder Runde machen. Aber hier in dieser Runde geht es auf jeden Fall. Stimmt auch, dass

    diese Assoziationen eigentlich die Sache noch abrunden.

    Bin halt tief innen ein schüchternes Kerlchen. (Hilfe! Jetzt kling ich auch schon wie Ripley):uups:


    Hast du an ein spezielles Bild eines Expressionisten gedacht oder eher allgemein?


    Ich liebe Turner. Vor allem seine Aquarelle. Ich habe schon mal Tage damit verbracht ein bestimmtes Blau, dass er für seine Himmel

    benutzt nachzumischen. Es ist mir nur fast gelungen. Wenn ich in London bin sind meine ersten Ausflüge immer das National Museum

    und die Tate Gallery. Turner gucken...............:drunken::love::love:

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Matt Ruff - Lovecraft Country

  • Zitat

    Auf einmal glitzert die Stadt hell auf in einem kurzen Strahl morgendlicher Blässe, der wie eine Sense von der unheilverkündenden Wolkenschlüssel hinunterfährt und eine welke Himmelsleiche hinterläßt.

    Hast du an ein spezielles Bild eines Expressionisten gedacht oder eher allgemein?

    Nein, eher allgemein. Das Bild einer unheilverkündenden Wolkendecke, das blitzartig herabfallende Licht, und auch die Verbindung Leiche + Himmel - das kam mir so farbkräftig und bewegungsintensiv, bisschen schrill und gefährlich vor. Wobei Turner ja durchaus nicht nur Idyllen malte, wenn ich an den Schneesturm denke!

    https://de.wikipedia.org/wiki/…rd_William_Turner_082.jpg

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Nein, eher allgemein. Das Bild einer unheilverkündenden Wolkendecke, das blitzartig herabfallende Licht, und auch die Verbindung Leiche + Himmel - das kam mir so farbkräftig und bewegungsintensiv, bisschen schrill und gefährlich vor. Wobei Turner ja durchaus nicht nur Idyllen malte, wenn ich an den Schneesturm denke!

    Ah verstehe. Ja das passt auch. Turner hat sehr oft ziemlich wilde Seebilder, Stürme, Gewitter etc. gemalt. Die Aquarelle von seiner Reise in die

    Schweiz sind auch nur teilweise idyllisch. Mehr wilde unzugängliche Natur, sturmgepeischte Bäume u.ä.

    Sein liebster Feind war ja John Constable, der fast nur idyllische Landschaftsgemälde malte. Obwohl die Bäume von Constable große Kunst sind.

    Da war er der Meister.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Matt Ruff - Lovecraft Country

  • Donnerstag sieben


    Es klingt zwar durchaus ansprechend wie schon Farast erwähnt „Mir hat hier ganz besonders die Beschreibung des Tagesanbruchs gefallen….

    Allerdings wenn ich dann gewisse,Sätze lese, mir scheint hier trägt er etwas arg „dick“ auf.

    Wenn er beschreibt wie sich das Leben in den Häusern Londons regt, Radio angestellt werden, Männer sich rasieren, die Gardinen geöffnet - (eigentlich in Erwartung eines guten Tages )

    Zitat

    In momenti come questo mi sento vecchio. Sebbene giovane vedo il vuoto e la banalità della mia nuova e vera vita. Il barbone dilettante. Mi ha spezzato il cuore.

    In Augenblicken wie diesen fühle ich mich alt. Obwohl noch jung, sehe ich die Leere und Banalität meines neuen und wahren Lebens. Der Amateur-Penner. Es hat mir mein Herz gebrochen.

    Mit solchen Aussagen verwirrt er mich, denn wiederum klingt Reue, Verlorenheit in seinen Aussagen. Auch wenn ich weiter lese.

    Zitat

    Per Dio, sono stanco di questo genere di vita.

    Bei Gott, ich habe diese Art von Leben satt.

    Genau wie schon Farast anmerkt "Höre ich da etwa Worte des Ändernwollens heraus? "

    Es mag den Anschein haben dass er es ernst meint und einen neuen Weg einschlagen möchte. Allerdings nehme ich ihm das nicht ab, denn er hat eine grauenvolle Nacht hinter sich und somit spielt diese sicherlich eine Rolle dass er diese Gedanken hegt. Aber ich lasse mich gerne überraschen.


    Er hatte doch schon vorher eine Faible für Frauen wie wir in Kapitel fünf lesen können.

    Zitat

    L’oggetto delle mie prima aderente fantasie er Jeanette Colon“

    Das Objekt meinen ersten heftigen Fantasien war Jeanette Colon “

    Wobei er von ihrem Cardigan mit den lila Bordüren schwärmt und des weitern sehr direkt wird.

    Zitat

    Avevo già un sogno ricorrente che mi faceva godere violentemente: sequestrati da un gruppo di desperados protestano e pelosi, Io e la ormai nuda Jeanette venivamo legato e costretti a strofinare i nostri glutei nudi uno contro l’altro.


    Ich hatte bereits einen wiederkehrenden Traum, den ich heftig geniessen konnte: von einer Gruppe protestierender und haariger Desperados ergriffen, wurde ich und die jetzt nackte Jeanette gefesselt und gezwungen, unser nacktes Gesäss aneinander zu reiben.

    Gut mag sein, das waren die Fantasien eines Pubertierenden und die Story mit Deirdre (von Laura wissen wir noch nichts) nagt schon an ihm. Auch hier, mag sein dass ich mir etwas einrede, überspielt er wieder mit Sarkasmus und Ironie das was passiert ist.

    Zitat

    L’amore è il mantello di seta che sostiene la levitazione senza cervello del cazzo.

    Ehi, prendetivi un po’ di cinismo consumpalle. Abbastanza impressionante, oui. Secondo me sembra merda es puzza di merda.


    Und im italienischen serjena ?

    Klingt der Satz absolut genial, jedoch man kann ihn in dieser Form gar nicht auf deutsch übersetzen, verliert jegliche Aussagekraft.

    Zitat

    D’un tratto la città brilla con violenza mentre un breve lampo di pallore mattutino falcia l’incombente sfera di nuvole che consuma il cielo cadaverico

    Ich muss Donnerstag sieben noch etwas "sinken" lassen, sicherlich habe ich noch einigen Anmerkung welche sich erst heraus kristallisieren müssen. :uups:


    Immer wieder überlege ich mir, Realität, Fiktion, Täuschung oder er rezitiert einfach gerne, lese ich die eigentlich „erschreckende“ Wahrheit oder neckt und provoziert er mich.

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • Gut mag sein, das waren die Fantasien eines Pubertierenden und die Story mit Deirdre (von Laura wissen wir noch nichts) nagt schon an ihm. Auch hier, mag sein dass ich mir etwas einrede, überspielt er wieder mit Sarkasmus und Ironie das was passiert ist.

    Ich denke, mittlerweile kristallisiert sich langsam heraus, dass unser Ripley in seiner Lebensgeschichte das ein oder andere entweder verschweigt,

    oder nur in vagen Andeutungen mitteilt, dass da etwas passiert ist. Er wagt sich einfach noch nicht ran an den Kern der Sache. Ich glaube auch,

    dass er erst seine jetzige Sitauation ändern kann, wenn er uns die ganze Wahrheit erzählt hat.

    Die Aussage: "Considering what eventually happened with old Deirdre, it`s ironic, it`s tragic, it`s just sad.


    Immer wieder überlege ich mir, Realität, Fiktion, Täuschung oder er rezitiert einfach gerne, lese ich die eigentlich „erschreckende“ Wahrheit oder neckt und provoziert er mich.

    Oder beides? Er neckt, er provoziert um die eigentlich erschreckende Wahrheit noch aufzuschieben?

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Matt Ruff - Lovecraft Country

  • taliesin Solche Abschweifungen mag ich auch sehr gerne. Turner kannte ich (herrliche Bilder :love: und ich beneide dich nur ein klitzekleinwenig, dass du sie in Original bewundern kannst), aber von John Constable hatte ich vorher noch nie gehört. Wow, der malt ja wirklich phantastische Bäume :pray: Hier ein Beispiel: Klick



    Im nächsten Kapitel gibt es diesbezüglich wieder einen intertextuellen

    Bezug.

    Der wäre mir entgangen :cry: Oder Moment mal, irgendwie erinnert es mich an Ulysses. Kann das sein? Oder was meint ihr? An irgendwas erinnert es mich jedenfalls.


    Mit solchen Aussagen verwirrt er mich, denn wiederum klingt Reue, Verlorenheit in seinen Aussagen. Auch wenn ich weiter lese.

    Verwirrt bin ich auch oft von ihm. Das hat Robert Mc Liam Wilson hervorragend geschafft. Gefällt mir übrigens richtig gut. Sonst blickt man ja meist bei so einem Protagonisten durch, aber in dem Fall, nicht die Bohne.


    Er neckt, er provoziert um die eigentlich erschreckende Wahrheit noch aufzuschieben?

    :shock: Du verstehst es aber auch neugierig zu machen.



    Gestern habe ich gemütlich mit Freitag EINS weiter gemacht. Das muss ich auch noch einmal lesen. Aber hier meine allerersten Assoziationen zu diesem Kapitel: Mir kam das Gefühl von Entschleunigung in den Sinn. Auch noch fürsorglich (Perry zu Ripley, da gibt es ja herrliche Szenen). Und "sanftmütig" kommt ja auch recht oft vor. Morgen mehr davon.

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


    SuB-Leichen-Challenge 2024: Alle Bücher bis inkl. 2022 [-X

    Klassiker-Challenge 2024


  • Gestern habe ich gemütlich mit Freitag EINS weiter gemacht. Das muss ich auch noch einmal lesen. Aber hier meine allerersten Assoziationen zu diesem Kapitel: Mir kam das Gefühl von Entschleunigung in den Sinn. Auch noch fürsorglich (Perry zu Ripley, da gibt es ja herrliche Szenen). Und "sanftmütig" kommt ja auch recht oft vor. Morgen mehr davon.

    Ich fand das Kapitel sehr bedrückend. Der Autor wechselt hier ja auch die Erzählweise. Er erzählt in der dritten Person und schafft so etwas

    mehr Distanz. Da ist kein Platz mehr für Sarkasmen oder die übliche Angeberei. Da wird es ernst und da sind wohl echte Gefühle bei Ripley

    zu erahnen. Mir erscheint das Kapitel eher wie eine Elegie, ein Abschiedsgesang.

    Der intertextuelle Bezug den ich gefunden habe liegt in diesem kurzen Satz gegen Ende von Friday - One. (da geht es auch um Abschied)

    "Shelley`s glass dome staining his cathedral floor."

    Dazu aber dann später, wenn ich Friday - One noch einmal gelesen habe. Bisher ist mein Eindruck eher Trauer und Abschied.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Matt Ruff - Lovecraft Country

  • Freitag EINS


    Ich fand das Kapitel sehr bedrückend.

    Interessant wie unterschiedlich da unsere Eindrücke sind. Bedrückend empfand ich das Kapitel nicht. Überraschend ehrlich, ohne diese übliche Angebereien oder Übertreibungen. Gesten der Freundlichkeiten und stillem Verständnis. Ein ernstes Kapitel wie du schreibst taliesin . Ich empfand das alles sehr menschlich, tiefberührend. So ein sich zusammenziehen des Herzens, aber ohne Bedrückung, eher traurig.


    Hier empfinde ich es als recht schwierig das Kapitel für mich zusammenzufassen. Ständig fange ich an zu schreiben, schüttel den Kopf über das Geschriebene, weil ich es zu unzulänglich empfinde, es nicht das ausdrückt was ich meine. Die Szene selbst ist kristallklar, aber ich sehe beide in einem ganz besonderen Licht (Dieses Licht, dass es ganz selten gibt, aber die Welt ein wenig anders wirkt, schwierig zu beschreiben, weil es eine persönliche Empfindung von mir ist, seit ich ein Kind war. Da habe ich es als erstes wahrgenommen.)


    Mitleid empfindet man nun über Ripley. "Der zerlumpte junge Mann" (S. 122), bei dem es schon Jahre her ist, seit er das "Innere einer Geburtstagskarte zu Gesicht bekommen hat" (S. 122). Ein "einsamer Geburtstagsbub". Und dann kommt Perry. "Wie eine Schildkröte." (S. 123). Da bekommt man direkt eine Vorstellung über diesen alten Herrn. Und waren die Penner vorher als furchterregend beschrieben, so ist dieser sichtlichst anders. Er frägt danach wie Ripleys Nacht war. Obwohl es ihm selbst gar nicht gut geht. Da sind so viele freundliche Momente, Worte und Gesten zwischen ihm und Ripley. Wie sie den Kaffee fast wie in einem Gottesdienst weiterreichen. Vom Pfarrer zum Meßdiener. Wie sie sich fast wortlos verstehen und sich gleichzeitig gegeneinander was vormachen, wie gut es einem doch ginge. Und Beide sind so weit davon entfernt, dass es ihnen gut gehen würde.

    Dann Perry wie er Ripley eine Zigarette reicht und die größere, geradere ihm überlässt. Das ist so schön beschrieben. Diese Fürsorglichkeit kommt fast schon überraschend in einer Umgebung, die mit Sicherheit äußerst egoistisch ist. Wie er zu Ripley sagt, dass er doch noch so jung ist und so viel aus seinem Leben machen könnte.


    Diesen Satz muss ich unbedingt zitieren:

    "Perrys gutmütige Schildkrötenaugen strahlen seinen Freund warm an. Perry wartet sanftmütig darauf, daß Erdreich zu besitzen."


    Da sehe ich den alten, freundlichen Penner , der mit Sicherheit seine kleine Hütte, seinen letzten sicheren Ort verlieren wird. Der Kinder hat, die sich nicht um ihn kümmern wollen. Der so alt ist, dass er auf den Tod wartet. Da zieht es mein Leserherz zusammen. Er könnte so egoistisch sein. Sich um sich selbst kümmern. Aber was tut er? Er verschenkt seine vermutlich letzten 10 Pfund an Ripley. Und das tut er nicht offen, sondern versteckt es in dessen Mantel. Er müsste das wirklich nicht tun, aber er macht es.


    Deshalb mag ich dieses Kapitel auch. Wenn es auch so traurig ist. Da schimmern so viele Momente der Lichtblicke durch. Das empfand ich als sehr tröstlich.


    Der intertextuelle Bezug den ich gefunden habe liegt in diesem kurzen Satz gegen Ende von Friday - One. (da geht es auch um Abschied)

    "Shelley`s glass dome staining his cathedral floor."

    :uups: Ich kenne das nicht.


    Mir erscheint das Kapitel eher wie eine Elegie, ein Abschiedsgesang.

    Das gefällt mir, das passt auch für mich. Und wie oben gesagt, ich ergänze noch um "Lichtblickmomente".

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


    SuB-Leichen-Challenge 2024: Alle Bücher bis inkl. 2022 [-X

    Klassiker-Challenge 2024


  • :uups: Ich kenne das nicht.

    ich erkläre das später, wenn ich was zum Kapitel schreibe. Hat auch etwas mit Abschied und Tod zu tun. Aber auch mit zärtlichem Rückblick

    auf einen guten Freund.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Matt Ruff - Lovecraft Country

  • zu Friday - One

    Ständig fange ich an zu schreiben, schüttel den Kopf über das Geschriebene, weil ich es zu unzulänglich empfinde, es nicht das ausdrückt was ich meine. Die Szene selbst ist kristallklar, aber ich sehe beide in einem ganz besonderen Licht (Dieses Licht, dass es ganz selten gibt, aber die Welt ein wenig anders wirkt, schwierig zu beschreiben, weil es eine persönliche Empfindung von mir ist, seit ich ein Kind war. Da habe ich es als erstes wahrgenommen.)

    Da geht es mir ähnlich. Es ist einfach ungeheuer schwierig in Worte zu fassen, weil es ein Gefühl ist und zwar ein ganz persönliches,

    vielleicht anderen schwer zugängliches Gefühl. Aber ich finde was du geschrieben hast, trifft die Sache schon sehr gut. Es sind tatsächlich

    Lichtmomente, Momente die vollkommen ehrlich aus tiefstem Herzen kommen. Beide müssen das eigentlich nicht mehr in Worte fassen,

    denn beide wissen, dass Perrys letzet Stunden nicht mehr weit sind. Die Geste Ripley sein wohl letztes Geld zuzustecken ist einfach zum

    niederknien, weil es auch das letzte ist was er hat und geben kann. Perry weiß auch, dass Ripley in dieses Tramp-Leben nicht passt, dass er

    aus diesem Leben entkommen muss, weil er sonst wohl so endet wie er selbst.

    Wie sie den Kaffee fast wie in einem Gottesdienst weiterreichen. Vom Pfarrer zum Meßdiener. Wie sie sich fast wortlos verstehen und sich gleichzeitig gegeneinander was vormachen, wie gut es einem doch ginge. Und Beide sind so weit davon entfernt, dass es ihnen gut gehen würde.

    Das ist eben kein verbal auszudrückende Situation. Sie lebt vom nonverbalen rein gefühlsmäßigem Wissen. Das verbale ist nur ein überspielen.

    So`n Männerding halt........:wink:

    Da sehe ich den alten, freundlichen Penner , der mit Sicherheit seine kleine Hütte, seinen letzten sicheren Ort verlieren wird. Der Kinder hat, die sich nicht um ihn kümmern wollen. Der so alt ist, dass er auf den Tod wartet. Da zieht es mein Leserherz zusammen.

    Da komm ich dann jetzt mit meinem intertextuellen Bezug und der ist, wie ich finde klar und deutlich.


    "Shelley`s glass dome staining his cathedral floor."

    Der Dichter Percy Bysshe Shelley (übrigens der Ehemann von Mary Shelley, der Autorin von Frankenstein) schrieb ein Abschiedsgedicht

    an seinen verstorbenen Dichterfreund John Keats. das Gedicht heißt >Adonais< und da schreibt er folgende Zeilen:

    Zitat


    Life, like a dome of many colored- glass, stains the white radiance of eternity . Until death tramples it to fragments.

    (...) He is not dead, he doth not sleep. He has awakened from the dream of life.

    Ich denke, das weist auf den nahenden Tod von Perry hin. Das Bild, das Ripley sieht als er sich ein letztes Mal umdreht, ist wie ein

    Bild des nahenden Todes. Das hat mich richtig tief getroffen. Perry sitzt auf diesem Stein am Meer, still wie eine Statue, aufs Meer schauend,

    die kommende Flut erwartend.................

    Zitat


    Perry sculptured, moundseated, surrounded by the morning that encircles his sea. He meekly waits.

    Meiner Meinung nach sitzt er da und erwartet die Flut, die ihn mitnehmen wird auf seine letzte Reise.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Matt Ruff - Lovecraft Country