Jesús Carrasco - La tierra que pisamos

  • Kurzmeinung

    tom leo
    Vision einer Diktatur. Ist Annäherung zwischen der "Oberklasse" und den Ausgebeuteten möglich? Beeindruckend!
  • Original : Spanisch, 2016


    INHALT :

    Spanien ist vom größten Reich/Imperium, das Europa je kannte, annexiert worden. Der ehemalige, nun bettlägrige Militär Iosip und seine Frau erhielten einen Besitz zuerkannt. Gleichzeitig leben dort Menschen, die kaum mehr als Tiere zählen und als Sklaven ausgenutzt werden. Eines Tages läßt sich gegen alle Regeln ein abgemagerte, ausgelauchter Vagabund in ihrem Garten nieder. Gegen alle Erwartung (und auch dem Willen ihres Mannes) läßt Eva dieses Versteck zu, denunziert ihn nicht, ernährt ihn. Sie hört seinen Grummeln über das erlebte Massaker seiner Familie und seinen Jahren als Sklave in einem Arbeitslager zu. Nach und nach macht sie sich dessen Erinnerungen zueigen, sie, die nie aufbegehrt und den Zorn unterdrückt hatte. Das Buch wird zu einem Lamento über Diktatur und Unterdrückung. (Quelle: Elemente des franz.Klappentextes)


    BEMERKUNGEN :

    Nach dem (mich) viele beeindruckenden und prämierten Debütroman Jesús Carrasco - Die Flucht / Intemperie legt Carrasco einen zweiten Roman auf Spanisch (und übersetzt in einige Sprachen) nach. Und ich bin erneut fasziniert, wie hier eine « grausame » Geschichte erzählt wird und ein klitzekleiner Funken Hoffnung durchstrahlt.


    In 87 Kapiteln von 1 bis ca 5 Seiten Länge stehen wir einer Ich-Erzählerin gegenüber. Sie schildert, beschreibt, nicht so viele Dialoge. Der Mann Evas, Iosip, ist « abhängig » und krank, er, der vor Jahren ein gefürchteter Militär des weiten und siegreichen « Imperiums » war. Dieses nimmt nicht nur anscheinend weite Teile Europas, sodern auch Asiens und Afrikas ein. Näher definiert wird die Ausgangslage nicht, sie ist in dem Sinne fiktional, doch vieles erinnert an die großen Diktaturen des XX.Jahrhunderts. Schrecken geht aus, Organisation von Arbeitslagern, ja, und mehr ? Die eroberten Völker werden zu Sklaven, so hier auch die umgebenden Spanier… Eva selbst verlor schon ihren Sohn « ans Vaterland ». Armer gefallener Soldat. Doch ist Auflehnung und eine persönliche Positionierung überhaupt möglich in einer Struktur, die quasi nur Extrem^positionen zuläßt ? So wird sie eingangs auch wie aus innerem Ekel den heruntergekommenen Leva im Garten fast denunzieren, gar erschiessen : man hat ja alle Rechte ! Doch fast zu ihrem eigenen Erstaunen kommt es zu einer Form der Annäherung, der Solidarisierung. Aus dem Flüchtenden wird ein Versteckter und aus ihm ein Empfangener.


    Die Erzählerin findet mehr und mehr Zuflucht zur Schreibe, macht sich mehr und mehr die gestammelte Geschichte von Leva zueigen, drückt sie aus. Allein das macht sie quasi zum Feind ihres Lagers. Hat sie zu wählen ? Was ist der Weg ?


    Bei aller Düsternis, auch des Endes, gibt es den Lichtfunken einer möglichen Resilienz und einer wahnwitzigen Entscheidung zur Solidarisierung und zur Zivilcourage. Trotz allem !


    Schon hat dieses Buch den Literaturpreis 2016 der Europäischen Gemeinschaft gewonnen. Kein Wunder ! Dieser Carrasco macht hier thematisch, und leider irgendwie aktuell, Zivilcourage und Gefahr eines absoluten Rückfalls in Diktatur und Populismus zum Thema. Dabei erinnerte er mich an den « dunklen » Philippe Claudel, oder einen Goncalo Tavares, oder auch die Lagerliteratur…


    Diesen Autor sollte man im Auge behalten !


    AUTOR :

    Jesús Carrasco Jaramillo wurde 1972 in Olivence/Provinz Badajoz geboren. Er hat ein Diplom zum Sportlehrer, übte diesen Berfu aber nur kurz aus und arbeitete in verschiedenen Sparten, so als Erntearbeiter, Tellerwäscher, Musikmanager, Graphist, Werbetexter. Er veranstaltete, organisierte auch verschiedene Ausstellungen.


    Er begann eigentlich schon 1992 kurz nach seiner Ankunft in Madrid zu schreiben. Seitdem schrieb er zahlreiche Presseartikel, einige Erzählungen, zwei Kinderbücher… Wirklich loslegen aber tat er erst mit der Veröffentlichung von « Die Flucht ».


    spanische Inhaltsbeschreibung :


    Taschenbuch: 272 Seiten

    Verlag: Editorial Seix Barral; Auflage: 01 (1. Februar 2016)

    Sprache: Spanisch

    ISBN-10: 8432227331

    ISBN-13: 978-8432227332

  • Und für die französischsprazchigen BT’ler gibt es schon folgende Übersetzung (die ich auch las) :


    La terre que nous foulons


    Poche: 240 pages

    Editeur : 10 X 18 (19 avril 2018)

    Collection : Littérature étrangère

    Langue : Français

    ISBN-10: 2264069880

    ISBN-13: 978-2264069887

  • Für unsere italienischsprachigen BT’ler ( serjena, mofre,…) gäbe es schon eine dementsprechende Ausgbe :


    La terra che calpestiamo


    Publisher: Ponte alle Grazie (18 Jan. 2018)

    Language: Italian

    ISBN-10: 8868337916

    ISBN-13: 978-8868337919