Verlagstext
Nach dem Tod ihres Vaters will Julie Jacobson nur noch eins: raus aus der Tristesse ihres provinziellen Zuhauses. Das Sommercamp an der Ostküste eröffnet ihr eine neue Welt. Eine Welt der Kunst, Kreativität und Freiheit, verkörpert durch die interessantesten Menschen, denen sie je begegnet ist: Ethan, Jonah, Cathy, Ash und Goodman, fünf junge New Yorker, die Julie ihrer Schlagfertigkeit und ihres schwarzen Humors wegen in ihre privilegierte Clique aufnehmen. Die Jahre und Jahrzehnte vergehen, aber nicht jeder der »Interessanten«, wie sie sich selbst halb ironisch nennen, kann aus seinen Begabungen das machen, was er sich als Jugendlicher erträumte. Was bestimmt das Leben Talent, Glück oder das Resultat der eigenen Entschlossenheit? Meg Wolitzer zeigt an ihren Figuren die Tragik und Komik des Daseins und erzählt davon, wie es sich anfühlt, wenn man plötzlich versteht vielleicht zu spät , wer man einmal war und wer man geworden ist. Die Interessanten ist ein großer Gesellschafts- und Ideenroman über das Wesen der Kunst und der Freundschaft vor dem Panorama der USA in den letzten vierzig Jahren.
Die Autorin
Meg Wolitzer, geboren 1959, studierte Creative Writing und veröffentlichte 1982 den ersten von bisher elf Romanen, darunter den New-York-Times-Bestseller >The Ten Year Nap<. Sie unterrichtete Creative Writing u. a. an der University of Iowa, zwei ihrer Bücher wurden verfilmt. Ihre Kurzgeschichten erschienen in der Sammlung >Best American Short Stories<. Im Herbst 2013 war sie Gastkünstlerin des Princeton Atelier Program. Sie lebt in New York City.
Inhalt
Für zwei Ferienmonate eines Jugendlichen im privaten Sommerlager Spirit in the Woods zahlen wohlhabende Familien 7000$. Für diesen Preis können die Teilnehmer Kultur pur inhalieren, Theater spielen oder an den Webkursen der Isländerin Gudrun teilnehmen. Julie Jacobson, die sich später Jules nennen wird, bekommt einen Freiplatz im Camp, weil kurz zuvor ihr Vater gestorben ist. Jules trifft hier Jugendliche, die Bücher von ihrer Leseliste für die Schule mitgebracht haben und die Heinrich Böll lesen. Der Aufenthalt im Camp sollte die künstlerische Begabung der Teilnehmer wecken und hat das bei vielen auch getan. Jules und Ethan sind aufgrund ihrer Herkunft im Camp Außenseiter, denen die Codes der Reichen bisher fremd waren. Ethan zeichnet schon als Jugendlicher Comics und wird seinem Lebensthema treu bleiben. Ein Treffen von Jules, Ethan, Ash, ihrem Bruder Goodman, Cathy und Jonah hält wie der Blick durch ein Vergrößerungsglas einen Tag im Leben der Siebzehnjährigen fest.
Ein Ferienlager ist eine Stufe auf dem Weg ins Erwachsenenleben; hierher kommt nur zurück, wer später auf die Seite der Betreuer wechselt. Nach diesem Sommer werden die Kinder wohlhabender Eltern ein Studium beginnen und ihren vorgezeichneten Weg gehen. Jules Zukunft wird ein Studium der Sozialpädagogik sein und eine Tätigkeit als Therapeutin. Weder sie noch ihr Mann Dennis werden die Kredite abzahlen können, die sie für ihre Ausbildung aufgenommen haben. Von den Weggefährten, die sich damals konspirativ in einem der Tipis trafen, werden Ash und Jules und ihre späteren Ehemänner durch gute und schlechte Zeiten hindurch miteinander befreundet bleiben. Ein Camp-Teilnehmer wird einen homosexuellen Partner finden und einer wird untertauchen und Zeit seines Lebens auf der Flucht vor den US-amerikanischen Behörden sein. Die frisch geknüpften Paarbeziehungen lassen Anfang der 80er zwei der Teilnehmer zurück wie zu spät an den Abflugort gekommene Zugvögel. Das Ferienlager hält sich die ganze Zeit wie der Souffleur eines Theaterstückes bereit, bis auch es einen letzten Auftritt hat.
Die Ausgangssituation der in gegensätzlichen Verhältnissen lebenden Paare wirkt anfangs noch unspektakulär. Schicksalsschläge und Richtungswechsel fordern die Freundschaft der Ex-Campgefährten immer wieder heraus. Nicht alle talentierten Menschen werden Erfolg als Künstler haben, kann man den Schicksalen der sechs im Focus stehenden Teilnehmer entnehmen. Wie ein roter Faden zieht sich durch die Handlung Jules Neid auf die luxuriösen Verhältnisse, in denen Ethan und Ash leben. Geld beruhigt zwar, macht hier jedoch nicht glücklich und kompliziert die Beziehungen. Wenn Ethan als Entwickler von Animationsfilmen zu den 100 einflussreichsten Amerikanern gezählt wird und die besten Freunde sich gerade so eine Zwei-Zimmer-Wohnung leisten können, wirft das ebenso Konflikte auf wie die Geburt eines entwicklungsgestörten Kindes in einer der Familien. Der Sohn auf der Flucht hinterlässt eine Lücke in seiner Familie, die sein Vater unbedingt durch eine andere Person schließen will. Thematisiert werden schwere Krankheiten, AIDS, Behinderungen und Depressionen.
Fazit
Die Handlung des Romans umfasst rund 40 Jahre, von der Amtsenthebung Nixons 1974 bis in die Zeit nach 9/11. Erzählt wird nicht linear, die Autorin wechselt zwischen Ereignissen der Gegenwart und Rückblenden. Wer sich für die 80er und 90er interessiert, wird die Kulturszene mögen, in der Ash und Ethan erfolgreich sind, und evtl. die Anspielung zu Alice Millers im Buch genannten „Drama des begabten Kindes“ aufnehmen. Auch wenn die Handlung für meinen Geschmack nur sehr zögernd in Gang kam und mir die Figuren anfangs lange fremd blieben, war das fein geknüpfte Netz aus beruflichen und familiären Beziehungen für mich psychologisch sehr interessant.