Brian Wood - Local

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    von Brian Wood u. a. Künstlern


    Inhalt: In diesem Comicband begleitet der Leser die heranwachsende Ausreißerin Megan auf ihrer unstetigen Reise quer durch die USA und Kanada. In zwölf Kurzgeschichten werden Ereignisse aus zwölf Jahren ihrer Wanderschaft durch verschiedene Städte Nordamerikas, die sie auf ihrem Weg erlebt, erzählt.


    Meinung: Man sollte sich schon etwas Zeit für die etwa -350- Seiten des Wälzers nehmen. Alle Geschichten sind voller Fingerspitzengefühl für die Situation und für das beschriebene Ereignis. Zwölf Ereignisse, die als Schlüsselerlebnis für die Charakterbildung eines Individuums stehen. Brian Wood stellt hier sein Ausnahmetalent für das Erzählen von fesselnden Comicgeschichten unter Beweis. Worte und Dialoge werden nur dann eingesetzt, wenn die Situation und das Verständnis es erfordert. Da, wo gesprochen werden muss, da wird gesprochen und da wo Bilder sprechen können, da lassen Wood und Kelly die Bilder sprechen.


    Viele Informationen werden dem Leser daher durch die vielen Impressionen und durch Stadt- und die Stadtansichten vermittelt. Dabei wurden akribisch Fotoreferenzen aus allen Teilen und Städten Nordamerikas benutzt und zeichnerisch verarbeitet. Das vermittelt eine selten dagewesene Authentizität im Comic. Manchmal mag man als Leser gar die Hintergrundgeräusche von Brooklyn hören, die klirrende Kälte von Minneapolis oder den dauernden Wind in Chicago auf der Haut spüren, so gut gelingt es den beiden Künstlern, die Situation und Atmosphäre an den Leser zu bringen.


    Am Ende sehen wir als Leser eine um 12 Jahre ältere Megan. Sie ist gereift und in der Lage, den Zusammenhang der Ereignisse zu erkennen, die ihren Charakter in den vergangenen 12 Jahren geprägt haben. Sie ist jetzt auch in der Lage, ihre Familie und ihre Erziehung in einem ganz anderen Licht zu betrachten. Und das ist auch das Essentielle, die ein Leser aus diesem tollen Werk mitnehmen kann: Auch wir sind ein Produkt von verschiedenen Schlüsselerlebnissen unserer Vergangenheit und unseres Elternhauses. Der Blick darauf ist über die Jahre stets Veränderungen unterworfen, die neue Sichtweisen eröffnen. Und manchmal kann erst am Ende von allem der Blick auf das, was unser Individuum geprägt hat, klar und geöffnet sein.


    Die einstmals kleine Megan wächst einem als Leser dabei ganz schön ans Herz, da man ihren Lebensweg über ganze 12 Jahre verfolgt. Jede Kurzgeschichte enthält dabei noch ein kurzes Essay der Künstler mit Hintergrundinfos, Gedanken und die bei der Arbeit gehörten Lieder. Dabei beweisen beide übrigens durchaus einen nicht schlechten Musikgeschmack.


    Fazit: Ich habe schon seit einem guten Jahr auf diesen dicken Band geschielt. Nach der Werbetrommel im Panini Forum habe ich mich entschlossen, mir diesen fetten Totschläger zuzulegen. Entschieden habe ich mich aber für das US Original, weil mir das originale Lettering weitaus besser gefallen hat als in der deutschen Ausgabe.

    Das Amt des Dichters ist nicht das Zeigen der Wege, sondern vor allem das Wecken der Sehnsucht.



    H.H.