Chris Offutt – Country Dark

  • Original : Englisch/USA, 2018


    INHALT :

    In vier nach den Handlungsjahren zwischen 1954 und 1971 betitelten Teilen wird erzählt vom aus dem Koreakrieg heimkehrenden siebzehnjährigen Tucker. Zu Fuß und per Autostop ist er auf der Rückkehr ins heimische, ländlich-abgeschiedene Kentucky. Auf dem Weg « befreit » er die fünfzehnjährige Rhonda recht entschieden aus den Klauen des sie mißbrauchen wollenden Onkels. Sie fliehen gemeinsam, verlieben sich auf den ersten Blick und heiraten. Zehn Jahre später haben sie schon fünf Kinder, leben in einem settlement in den Wäldern unter recht einfachen Bedingungen, doch bauen sich ein kleines Glück auf. Tucker aber muss sich verdingen bei einem Schmuggler für Alkohol. Neue Probleme tauchen auf… Die « Sozialbehörden » interessieren sich um die schlechten (oder sind es schlicht einfachen?) Lebensverhältnisse, in denen die Kinder großwerden. Neue Prüfungen warten auf das junge Ehepaar...


    BEMERKUNGEN :

    Der Autor ist selber aus den in seinem Buch beschriebenem Umfeld im wäldlichen Kentucky der Appalachen, wo noch heute kleine Siedlungen verstreut liegen, und die schwer arbeitenden Menschen manchmal in großer Einfachheit leben. Einfachheit, die von einigen direkt mit Mief oder erbärmlichen Umständen verbunden werden. Und doch beschreibt Offutt durch sein Buch, aber auch in persönlichen Interviews (siehe zB : https://www.youtube.com/watch?v=gXCSbtAz8Tk ) Menschen in einem bescheidenem Glück. Nicht nur als ausgebildeter Einzelkämpfer aus der Zeit des Krieges, sondern auch durch sein Aufwachsen nahe der Natur, hat Tucker eine ganz eigene Form praktischer Intelligenz und großen Wissen, ja, vielleicht der Weisheit, entwickelt, was die Abläufe (in) der Natur betreffen. Daher die vage Einordnung eines solchen Buches in das Genre des « nature/natural writings ».


    Tucker vereint in seiner Person eine ganz eigene Mischung zwischen « Gewußt-wie » eines Kämpfers, ja auch einer Form der Gewalt und der Beherrschung von Kampfarten MIT einer Einfachheit, Schlichtheit, ja Unschuld, die nicht sentimental sind, aber zutiefst menschlich. Welch warme Zuneigung für seine teils behinderten Kinder, für seine Rhonda ! Obwohl das Buch uns öfter vor die immensen Prüfungen stellt, in denen die Tuckers als unschuldige « Opfer » bezeichnet werden könnten, beschränkt sich der Eindruck nicht darauf. Da ist mehr…


    « Er überlegte nicht in Maßstäben von Unschuld oder Schuld, von Gut und Böse, von Gerechtigkeit und Verdienst. Er bedauerte nichts und war keinem Menschen falsch. »


    Da ist eine Form des Ehrenkodexes, wie man sie vielleicht auch in anderen aerikanischen Filmen oder Büchern schon mal erlebt hat. Vielleicht auch der Mythos des unschuldig Verfolgten, der sein Schicksal in die Hand nehmen muss ?


    « Ich höre und ich beobachte », sagt Tucker : wie wahr ! Diesen Autor hat der deutsche Literaturbetrieb anscheinend noch nicht entdeckt. Ich sah wohl ein erwähntes Buch bei Jean van der Vlugt . Offutt macht einen tollen Eindruck, seine Schreibe fließt und lädt zum atemlosen Lesen ein ! Tolles Buch, das vielen hier gefallen könnte!


    AUTOR :

    Christopher John "Chris" Offutt wurd 1958 in Lexington/Kentucky geboren und wuchs im Osten des Staates auf in einer kleinen Gemeinde. Er ist ein amerikanischer Schriftsteller, der durch seine short stories und Romane bekannt wurde, aber ebenfalls drei Erinnerungsbücher und nichtfiktive Artikel geschrieben hat. Er schreibt auch Szenarien für Fernsehfilme (True Blood and Weeds). Inzwischen hat er mehrere Literaturpreise erhlten. Er hat zwei Söhne.


    Hardcover: 240 pages

    Publisher: Grove Press (10 April 2018)

    Language: English

    ISBN-10: 0802127797

    ISBN-13: 978-0802127792

  • tom leo : Wie schön, dass Du mit Deiner Rezension ein wenig dazu beiträgst, Offutt hierzulande bekannter zu machen. :thumleft:Ich hab gerade die zwei in den 1990ern auf Deutsch erschienenen Bände begeistert gelesen und wollte mich auch noch an eine Rezension setzen.:) Ich kann Deinen Eindruck schon mal bestätigen: Offutt hat einen sehr fließenden Stil. Wie er schreibt wirkt völlig natürlich und unverstellt, irgendwie organisch und aufrichtig und einfach.:applause:

    White "Die Erkundung von Selborne" (115/397)


    :king: Jahresbeste: Gray (2024), Brookner (2023), Mizielińsky (2022), Lorenzen (2021), Jansson (2020), Lieberman (2019), Ferris (2018), Cather (2017), Tomine (2016), Raymond (2015)

    :study: Gelesen: 59 (2024), 138 (2023), 157 (2022), 185 (2021), 161 (2020), 127 (2019), 145 (2018), 119 (2017), 180 (2016), 156 (2015)70/365)
    O:-) Letzter Kauf: Kuhl "Helenes Familie" (23.04.)