Der schwedischen Historiker Peter Englund nähert sich in diesem Buch dem 1. Weltkrieg auf ungewöhnliche Art: Anhand von Selbstzeugnissen schildert er 19 Einzelschicksale, die viele Aspekte des Krieges widerspiegeln - auch und besonders solche, die sonst eher wenig im Fokus stehen.
Natürlich nimmt der Kampf in den Schützengräben an der Westfront richtigerweise einen wichtigen Platz ein, doch genauso verleiht Englund einer australischen Krankenwagenfahrerin im Dienste der serbischen Armee eine Stimme, einem italienischen Gebirgsjäger, einem ungarischen Kavalleristen, einer englischen Krankenschwester in Russland sowie dem US-Militärchirurgen Harvey Cushing, der der Bekannteste unter den 19 ausgewählten Personen sein dürfte. Es kommen aber auch Menschen zu Wort, die den Krieg aus anderer, ziviler Perspektive erlebten, wie eine deutsche Schülerin oder ein französischer Beamter.
Dabei geht er chronologisch zu Werke und schildert jeweils kurze Episoden aus Sicht der Einzelpersonen. Das geht sehr unter die Haut, vor allem, wenn man weiß, dass nicht alle 19 Menschen das Ende des Krieges erleben werden. Die vielen Facetten der Gewalt und Grausamkeit erschüttern, doch auch die Haltung in der Heimat erschreckt in ihrem rigiden Nationalismus (auf allen Seiten) und den krassen Sprachregelungen - so war es verpönt und mancherorts gar verboten, das Wort "Frieden" in den Mund zu nehmen. Ein Patriot hatte vom "Sieg" zu reden.
Das Buch liest sich fast romanhaft; mitreißend und gleichzeitig erschreckend ist es eine deutliche Mahnung, wie schnell es auf einer Welle der nationalen Meinung zur Unterstützung für einen Krieg kommen kann. Darüber hinaus öffnet es eindrucksvoll die Augen für die vielen verschiedenen Schauplätze, die selbst am Thema Interessierten womöglich gar nicht alle bewusst waren. Es war tatsächlich ein Welt-Krieg.
Ergänzt wird der Fließtext durch zahlreiche Fotos, die die "Protagonisten" zeigen und dadurch zusätzliche Nähe schaffen, und durch viele Verweise auf den umfangreichen Anhang - hier hätte ich mir gewünscht, man hätte mit Fußnoten gearbeitet, um ständiges Hin- und Herblättern zu vermeiden.