Graeme Simsion - Der Mann, der zu träumen wagte/The Best of Adam Sharp

  • Adam Sharp, Softwareentwickler, passionierter Musikliebhaber und Hobbypianist, ist mit Ende 40 an einem Punkt angekommen, an dem sein Leben in geordneten Bahnen verläuft und sich dort schon fast ein bisschen in einer Routinedauerschleife festgefahren hat. Das gilt leider auch für seine Langzeitbeziehung zu Claire. Aus dem gemeinsamen Kinderwunsch wurde nichts, und die dadurch entstandene Leere konnte nichts anderes füllen.


    Da plumpst völlig unverhofft eine Mail in Adams Inbox wie ein Geist aus der Vergangenheit. Die Absenderin heißt Angelina Brown und war seine große Liebe vor 22 Jahren, als er als junger ITler für ein Projekt durch die Weltgeschichte tingelte und sich bei seinem Aufenthalt in Australien nebenbei als Barpianist betätigte. Lange hatte er gebraucht, darüber hinwegzukommen, dass es nichts Dauerhaftes wurde zwischen ihnen beiden, und seit seiner Abreise aus Melbourne nie wieder von ihr gehört.


    Doch nun streckt sie erneut die Fühler nach ihm aus, es kommt schließlich sogar zu einem Treffen, und in Adam keimt Hoffnung auf. Was wäre, wenn sich ihm hier eine zweite Chance bietet? Fast zu schön, um wahr zu sein, aber zu gut, um es nicht zumindest zu versuchen, denkt Adam und lässt sich auf ein Wiedersehen ein, was dann ziemlich verrückt verläuft.


    Ein reizvolles Szenario, diese Möglichkeit, an die Vergangenheit anzuknüpfen, der Gedanke, der Traum von der großen Liebe könnte sich über zwei Jahrzehnte später doch noch erfüllen. Adam ist ein wunderbar unvollkommener Protagonist und erzählt mit viel liebenswerter Selbstironie von seinem Leben damals und heute. Die Musik hat für ihn immer eine große Rolle gespielt, er hat sie durch seinen Vater mit der großen Plattensammlung quasi mit der Muttermilch eingesogen, und Pop- und Rocksongs von den 60ern bis heute nehmen einen wichtigen Platz in seinem Leben und in der Handlung ein. Seinen Musikgeschmack fand ich sehr sympathisch, und die Playlist am Ende, die alle Songs aus dem Buch noch mal zusammenfasst, gefiel mir gut.


    Der Roman selbst krankte für mich dann aber leider an zwei Punkten: die ganz große Anziehung, die Angelina auf Adam ausübt, wurde nie so recht greifbar, ebensowenig konnte ich ihr tiefe Gefühle abnehmen - mir kam das Ganze schon in den ersten Rückblenden einseitig vor. Und die Entwicklung, die die Handlung nahm, kam mir ziemlich abstrus vor. Teilweise habe ich mich gefragt, ob ich hier Satire nicht verstanden habe oder ob es bloß nicht meinem Sinn für Humor (und den Umgang miteinander in Beziehungen) entsprach. Angelina und ein paar andere Figuren empfand ich überdies als ziemlich überzeichnet.


    Das Ende wiederum gefiel mir gut, da hat mich der Autor noch mal ziemlich überraschen können. Dafür und für die tolle Einbindung der Musik gibt's dann doch noch 3,5 Sterne.