Die Trennung der Rassen

Buch von C. F. Ramuz, Noël Cordonier

Bewertungen

Die Trennung der Rassen wurde insgesamt 2 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4 Sternen.

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Die Trennung der Rassen

    Der Autor (nach Wikipedia und Infotext im Buch): Charles-Ferdinand Ramuz, 1878 in Cully-sur-Lausanne geboren, 1947 in Lausanne gestorben, gilt als der bedeutendste Schweizer Schriftsteller französischer Sprache. Sohn eines Bauern und Winzers. Begann 1896 an der Philosophischen Fakultät der Universität Lausanne zu studieren. 1902 debütierte er mit Erzählungen.1904 siedelte er nach Paris über, um eine Doktorarbeit über den Dichter Maurice de Guérin zu schreiben. Jedoch gab er dieses Vorhaben auf und betätigte sich in Paris als Dichter. 1914 verliess Ramuz Paris und zog mit seiner Familie zurück ins schweizerische Lausanne. Der erste Weltkrieg inspirierte ihn zu seinem Roman „La Guerre dans le Haut Pays“ („Krieg im Oberland“), der 1999 mit Marion Cotillard verfilmt wurde. Nebenher leitete Ramuz die linksbürgerliche Zeitschrift „Cahiers vaudois“. Ab 1930 lebte der begeisteterte Regionalist und Naturfreund in freiwilliger Zurückgezogenheit in seinem Geburtsort, wo große Teile seines umfangreichen Werkes entstanden sind. Auf Ramuz berufen sich übrigens viele moderne Autoren, unter anderem André Gide. Außerdem ist sein Konterfei auf den aktuellen 200-Frankenscheinen verewigt.
    Werke (Auswahl): Der Roman „La Grande Peur dans la montagne“ von 1925 („Die große Angst in den Bergen“), der Roman „Derborence“ von 1934 („Der Bergsturz“, verfilmt 1985 von Francis Reusser), der Roman „Farinet ou la fausse monnaie“ von 1932 („Farinet oder das falsche Geld“) über den Falschmünzer Joseph-Samuel Farinet, verfilmt 1938 von Max Haufler, der Roman „Si le soleil ne revenait pas“ von 1937 („Wenn die Sonne nicht wiederkäme), 1987 verfilmt von Claude Goretta. Seine „Histoire du Soldat“ von 1920 („Die Geschichte vom Soldaten) wurde von Igor Strawinsky vertont.
    Sein Roman „La Séparation des races“ von 1922 wurde auf deutsch als "Sonderung der Rassen“ (1926 übersetzt von Werner Johannes Guggenheim) und als „Die Trennung der Rassen“ (1985 übersetzt von Hanno Helbling für den Ostberliner Verlag "Volk + Welt") herausgegeben.
    Es ist ein sehr hermetischer Stück Literatur, das dem Leser keine klaren Hinweise zur Verfügung stellt, wie das Geschehen zu deuten ist - bei aller Altertümlichkeit ist das sehr modern! Es geht um den Umgang mit dem Anderen, um das Begehren, um die festgefügte Ordnung der Welt, das harte Leben in und von der Natur, überhaupt um die Schwierigkeit, richtig zu handeln, aber auch um Faszination, Neid, Rache, Liebe, männliche Sturheit, weibliche Intrigen und die Vorbestimmheit des Lebens, beziehungsweise die Beschränktheit des individuellen Handlungsrahmens durch "ewige Regeln". Im großen und ganzen geht es um Demut. Worum es überhaupt nicht geht ist Heimattümelei!
    Der Roman spielt im abgeschiedenen Hochgebirge, dort, wo man nur im Einklang mit der Natur überleben kann, dort, wo alles an seinen angestammten Platz gesetzt ist. Jenseits eines trennenden Bergmassivs leben Menschen, die deutsch sprechen. Dort sind alle blond und glauben an den reformierten Gott. Es sind reiche Menschen in karger Natur. Auf der anderen Seite leben französisch sprechende Weinbauern, allesamt dunkelhäutig und katholisch. Arme Menschen, aber reich beschenkt von den Schönheiten der Natur. Auf beiden Seiten wollen Männer jeweils ihr Vieh vor dem Wintereinbruch von der Alm ins Dorf holen. Beim abendlichen Umtrunk äußert der "französische" Firmin seinen Unmut darüber, dass die "Deutschen" sich letztens eine Weide auf der "französischen" Bergseite als Weidegrund angeeignet haben. Er möchte es ihnen in gleicher Münze heimzahlen und beschließt, eine junge "Deutsche" zu rauben, die er beim Viehhüten mehrmals nahe des Gipfels entdeckt hat, und in sein Haus mitzunehmen. Natürlich ist er auch ihrer Schönheit und Andersartigkeit verfallen. Im Alkoholrausch hält er sein Vorhaben für eine gute Idee. Seine Kameraden spielen das Spiel vergnügt mit. Am nächsten Tag, als die Weinseligkeit verflogen ist, will er stur von seinem Vorhaben nicht mehr abrücken, auch wenn alle anderen davon nichts mehr wissen wollen. Tatsächlich überwältigt Firmin die junge Frieda und verschleppt sie in sein Dorf, wo der Unverheiratete mit seiner alten Mutter im Haus des verstorbenen Vaters lebt. In der Folge wird er nacheinander all das, was ihm wert und heilig war, verraten und verlieren. Nachdem der Pass durch den Winter im Hochgebirge unpassierbar wurde, bleibt Frieda einige Monate im fremden Dorf bei Firmin. Eine gewisse Annäherung findet statt. Firmin besorgt ihr Kleider und Dinge aus ihrer Heimat, Frieda lernt französisch. Die Dörfler scheinen sie zu akzeptieren (obwohl sie „an einen anderen Gott“ glaubt). Über die undurchschaubare Figur des wandernden Händlers Matthias, der mit einem Holzbein ausstaffiert (hinkend wie der Teufel?!) und beider Sprachen kundig im Gefolge der Jahreszeiten durch beide Länder zieht, wird ein Kontakt von Frieda zu ihren Leuten in der Heimat hergestellt. Außerdem sichert sie sich das bedingungslose Vertrauen von Mânu, dem kindlich-naiven Zurückgebliebenen des Dorfes, der der Sprache nicht mächtig ist. Es scheint darauf hinauszulaufen, dass Frieda beim nächsten Almauftrieb am Antonstag des Folgejahres wieder über den Pass in ihre Heimat zurückgeht - und gegebenfalls Mânu mit sich nimmt. Trotz allem, was er ihr angetan hat (doch man wisse: brutal oder unzüchtig wird er nie dargestellt), macht sich Firmin Hoffnung, dass Frieda bei ihm bleiben wird. Kurz vor ihrem Weggang ist er, der sich wohl doch auch in sie verliebt hat, sogar bereit, zusammen mit ihr über den Berg zu gehen, seine Natur, seine Herkunft und seinen Gott zu verraten, nur um bei ihr bleiben zu können. Doch spielt Frieda vielleicht ein doppeltes Spiel?
    Der Roman ist sprachlich außerordentlich schön, voller sehr lyrischer Beschreibungen und Natureindrücke. Manche Vorgänge werden sehr ungewöhnlich, doch überaus treffend beschrieben. Ein Beispiel: Als ein wärmendes Kaminfeuer neu angeheizt werden soll, wird nicht zweckorientiert gesagt, „es wird Reisig nachgelegt, um das Zimmer wieder etwas wärmer zu machen“ oder banal beschreibend „es wird Reisig nachgelegt und dann flackern die Flammen hell auf“, sondern „es wird Reisig nachgelegt, um dem Feuer eine andere Farbe zu verleihen“. Das eröffnet eine ganz eigene Sicht auf den Vorgang. Dass es dadurch auch warm wird und der Kamin prasselt, sollte ja jedem Leser eh schon klar sein!
    Noch eine andere sprachliche Besonderheit fällt auf: Wird das Handeln von Personen beschrieben, passiert das sehr oft in der unpersönlichen "man"-Form. Also statt "er stellte sich vor ihn hin" eben "man stellte sich vor ihn hin". Diese sprachliche Eigenheit unterstreicht sehr gut, wie beschränkt das individuelle Handeln ist; hier in den Bergen, in der geschilderten Zeit, in der rustikalen Abgeschiedenheit - oder vielleicht an sich?! Das, was geschieht, muss genau so vonstatten gehen. Es ist wie vorbestimmt. Der Mensch ist nur ein Rädchen im Getriebe des Dorfes, das Dorf nur ein Teil der gewaltigen Natur drumherum.
    Wie gesagt, ist die Deutung des Geschehens einfach. Es geht auch weniger um das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Menschenschläge (oder gar „nationale“ Differenzen), sondern vielmehr um das Begehren, die Faszination und den Neid. Es ist keine politische Parabel, eher eine Erzählung über Demut, eine fromme Prüfung. Die Einsicht, dass in der Schöpfung (oder der Natur) alles schon an seinen richtigen Platz gesetzt ist, also nicht nur das Klima, die Jahreszeiten, der Kreislauf in der Natur, die Nahrungskette, sondern auch der „andere“ Mensch mit seinen Absichten, Ansichten und Eigenheiten gut und gewissermaßen „heilig“ ist, hätte jedenfalls viel Leid in diesem Roman verhindern helfen. Oder um mit der Gedankenstimme der Hauptfigur Firmin zu sprechen:
    […]
    (S. 165)
    Ein sperriger Roman, der sich zu entdecken lohnt!
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Ausgaben von Die Trennung der Rassen

Taschenbuch

 

Die Trennung der Rassen in anderen Sprachen

  • Deutsch: Die Trennung der Rassen (Details)
  • Französisch: La séparation des races (Details)

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