Fische schließen nie die Augen

Buch von Erri De Luca, Annette Kopetzki

Zusammenfassung

Inhaltsangabe zu Fische schließen nie die Augen

Ein Sommer vor fünfzig Jahren, auf einer Insel im Golf von Neapel: Dies ist der Sommer der Veränderungen für den zehnjährigen Ich-Erzähler, der spürt, dass sein Körper nicht mehr zu dem passt, was in seinem Kopf und in seinem Bauch vor sich geht. Ob das mit dem ››Mädchen aus dem Norden« zu tun hat, das ebenfalls Krimi lesend unter seinem Sonnenschirm liegt? Sie wird es jedenfalls sein, die ihm erklärt, dass man beim Küssen, anders als die Fische, sehr wohl die Augen schließt. In seinem bislang persönlichsten Buch verschränkt Erri De Luca seine Kindheitserinnerungen mit den Gedanken des heute reifen Künstlers.
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Bewertungen

Fische schließen nie die Augen wurde insgesamt 3 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4,2 Sternen.

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Fische schließen nie die Augen

    Autor: Erri De Luca
    Titel: Fische schließen nie die Augen
    Seiten:149
    ISBN: 978-3-548-61236-2
    Verlag: List
    Übersetzung: Annette Kopetzki
    Autor:
    Erri De Luca wurde 1950 in Neapel geboren und ist ein italienischer Schriftsteller und Übersetzer. In zahlreichen Berufen arbeietet er zunächst und engagierte sich für Hilfslieferung während des Jugoslawien-Krieges. Autodidaktisch brachte er sich mehrere Sprachen bei, u.a. Althebräisch, womit er einige Bücher der Bibel ins Italienische übersetzte. 1989 veröffentlichte er sein erstes Buch. Im Jahr 2013 erhielt er den Europäischen Preis für Literatur, drei Jahre später den Preis des Europäischen Buches. Seine Erzählungen wurden mehrfach übersetzt. Der Autor lebt in Rom.
    Inhalt:
    Ein Sommer vor fünfzig Jahren auf einer Insel im Golf von Neapel: In seinem bislang persönlichsten Buch erinnert sich Erri De Luca, wie er erstmals die magische Kraft der Wörter erkannte. Und dasss sich die Hand eines Mädchens anfühlt wie das Innere einer Muschel. (Klappentext)
    Rezension:
    Der Erzähler erinnert sich zurück an seine Kindheit am Golf von Neapel, an den flirrenden Sommer in der die Zahl der Lebensjahre genau so hoch ist, wie die Anzahl seiner Finger. Mit Zehn endet sie, die Kindheit und so schaut der Autor zurück und macht sich selbst zum Protagonisten seiner eigenen Novelle, die typisch für De Luca einmal mehr von einer atmosphärischen Leichtigkeit getragen wird.
    Aus der Ich-Perspektive des Kindes, welches mit der Mutter die Ferien auf einer Insel vor Neapel verbringt, erzählt der Autor und lässt eintauchen in ein Italien nach Kriegsende. Die ersten Feriengäste erobern sich ihre Plätze, darunter ein gleichaltriges Mädchen, in dessen Bann der Junge gerät. Zuneigung zweier Kinder, Auseinandersetzung mit den eigenen Gefühlen und nicht zuletzt der anderer.
    Man taucht ein in die Geschichte, wie im Wasser zwischen den Fischerbooten, die der Junge beobachtet und sucht das Abenteuer, wie das Kind, welches sich mit einem einheimischen Fischer angefreundet hat und auch mal helfen darf. Wer schon Werke des Autoren gelesen hat, erkennt das wiederkehrende Motiv.
    Überhaupt bleibt sich De Luca treu. Ein eingeübtes Schema wird hier wieder strapaziert. Nichts neues aus Italien, also. Egal, in welcher Reihenfolge man seine Erzählungen gelesen hat. Immer ist es der Junge, der in den Ferien auf der Insel nahezu frei umherstreunt, zwischen den Fischerbooten Antworten auf Fragen sucht, manchmal sogar welche findet. Das alles wird mit ruhiger Melancholie erzählt, gerade an der Grenze zu dem, was als Kitsch zu bezeichnen ist. Störend ist das nicht.
    Dem Protagonisten begegnet die erste Liebe, die dieser nicht wirklcih einzuordnen ist, doch der erste Konflikt seines jungen Lebens wird damit heraufbeschworen. Aus der Sicht des erwachsenen Lesers wirkt das harmlos. Ein Handlungsstrang ist das, ohne Aufreger. Für die kindliche Hauptfigur, der Blick fast viel zu alt für das Alter, ist dies in dem Augenblick jedoch die ganze Welt.
    So wie der Protagonist seine Umgebung und sein weibliches Gegenüber zu begreifen versucht, so nüchtern wirkt der Ton. Ausschweifungen finden sich bei De Luca nur in Form von wunderbaren Formulierungen, in die man sich hinein verliert. Sehr kompakt wird der Zeitraum von nur wenigen Wochen erzählt. Auch die Handlungsorte sind derer überschaubar.
    Der Hafen, das Fischerboot, das Wohnhaus oder die Ferienunterkunft, der Strand. Wie geschrieben, Erri De Luca erzählt hier wieder die gleiche Geschichte, wie schon mehrfach, dies aber in Perfektion. Man fühlt sich in den kleinen Protagonisten hinein, der bald die Kraft der Worte finden wird, der Beobachter ist, beobachtet wird. Doch bleibt alles vergleichsweise harmlos. Große Überraschungen bleiben aus.
    Trotzdem wirkt die Erzählung in ihrer ruhigen Tonalität, in der eigentlich nur der kindliche Protagonist greifbar wird, weniger die Mutter des Jungen. Schon das Mädchen, um die bald die Altersgenossen ebenfalls "kämpfen" werden, sind für Hauptfigur und Lesende kaum zu fassen. Man kann sich das dennoch alles bildlich vorstellen. Die Novelle wirkt, wie ein per Hand mit der Videokamera gedrehter Urlaubsfilm. Der Einzige, der sich dabei weh tun wird, ist der Protagonist selbst.
    Das war es auch schon. Ein Roman ohne wirkliche Ecken und Kanten, zumindest das hat Erri de Luca schon einmal anders hinbekommen, doch zumindest welche glückliche Kindheit hat die schon? Man muss das nicht gelesen haben, bekommt jedoch den Kopf frei. Eine Novelle wie ein kleiner Erholungsurlaub ist das. Manchmal braucht man das auch. Wer würde da widersprechen?
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  • Rezension zu Fische schließen nie die Augen

    Wie schon bei seinen letzten faszinierenden Büchern, die auf Deutsch erschienen sind, entführt der italienische Schriftsteller Erri de Luca seine Leser auch in seinem neuen Buch in eine Zeit, in der die meisten Geschichten ihren Anfang nehmen, in die Tage der Kindheit.
    Der alte Erri de Luca erinnert sich fünfzig Jahre später an ein Kind, das er selbst gewesen ist, aber nicht wirklich kennt. Schreibend sich erinnernd, nähert er sich ihm an, ein wichtiger Prozess der Selbsterkenntnis, selbst im fortgeschrittenen Alter. Er erinnert sich, wie dieser Junge, der unheimlich viel liest und aus den Büchern seine Kenntnisse über die Erwachsenen bezieht, die Liebe entdeckt. Er nennt es poetisch den „kurzen Halt zwischen den Einsamkeiten“.
    Es ist ein wunderbarer Sommer, den der Zehnjährige zusammen mit seiner Mutter auf einer Insel im Golf von Neapel verlebt. Er fährt mit den Fischern aufs Meer, die in dem schweigsamen Jungen ihre eigene Wortkargheit gespiegelt sehen.
    So könnte es bleiben, so karg, so wort- und ereignisarm. Aber dann ist da dieses Mädchen, namenlos wie er, das den Jungen eines Tages mit der Frage, warum er denn so sei, aufschreckt. Und er beschreibt, was er erlebt:
    „Den Körper, den ich bewohne, fand ich schon voller Gespenster, Albträume, Tarantellen, Riesen und Prinzessinnen vor. Ich habe sie wiedererkannt, als ich ihnen in der Tiefe der zugewiesenen Zeit begegnete. Das Mädchen nicht, sie ist selbst für meinen Körper etwas Erstes gewesen. In ihrer Nähe reagierte er mit einem Schub in den Wirbeln, einem Drang nach oben, mit einem plötzlichen Wachsen. In der Nähe ihres Körpers erforschte ich meinen, tauchte in sein Inneres hinab und wurde hin und her geschüttelt wie der Eimer im Brunnen.
    Da lungern am Meer aber noch andere Jungen herum, und sie macht nicht nur ihre eigene Schwärmerei für das Mädchen rasend, sondern auch dieser schwache Bücherwurm, in dem sie plötzlich einen Konkurrenten im Streit um die erste Liebe erblicken müssen.“
    Als das Mädchen ihn zum ersten Mal küsst, sagt sie: “Nur Fische schließen nie die Augen“ und zeigt ihm, wie es geht. Und der Junge erlebt, dass man sich beim ersten Kuss vorkommt, als habe man ihn erfunden:
    „Über dem ersten Menschenpaar, das am sechsten Tag in einem Garten erschaffen wurde, lag die erste, endlose Nacht. Ohne ihr Zutun entstand in den Körpern der Appetit, der Durst, die Begeisterung und der Schlaf. Die erste Nacht, die sie nicht kannten, war für sie der Rest des ersten Tages, zu Lichtpünktchen zerstoben. Sie wussten nicht, ob die Sonne wiederkehren würde, also umarmten sie sich. Die Münder fanden sich dicht nebeneinander und ersannen den Kuss, die erste Frucht der Erkenntnis. Ich weiß von diesem ersten Mal, weil auch ich diese Stunde damals im Mund hatte, im gleichen Augenblick wie sie, an einem Strand am Meer, über dem Kopf den offenen Himmel.“
    Das Buch ist eine Hymne an die Macht der ersten Liebe, und eine Beschwörung der magischen Kraft der Wörter und der Sprache. Erri de Luca ist bei der italienischen Literaturkritik nicht unumstritten. Oft werden seine häufig durch biblische Texte (er lernte Hebräisch um die Bibel zu übersetzen!) inspirierten Texte als „theologischer Kitsch“ bezeichnet.
    Ich halte das aber für anmaßend. Die Bücher de Lucas sind so etwas wie poetisch-spirituelle Nahrungsmittel.
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Ausgaben von Fische schließen nie die Augen

Hardcover

Seitenzahl: 160

Taschenbuch

Seitenzahl: 160

E-Book

Seitenzahl: 160

Fische schließen nie die Augen in anderen Sprachen

  • Deutsch: Fische schließen nie die Augen (Details)
  • Italienisch: I pesci non chiudono gli occhi (Details)

Besitzer des Buches 4

  • Mitglied seit 15. Februar 2014
  • Mitglied seit 17. März 2009
  • Mitglied seit 5. Oktober 2008
  • Mitglied seit 20. März 2010
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