Der geteilte Himmel

Buch von Christa Wolf

Bewertungen

Der geteilte Himmel wurde insgesamt 12 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 3,7 Sternen.

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Der geteilte Himmel

    Nachdem ich mittlerweile meine Lektüre beendet habe, möchte ich auch mal meine Eindrücke noch schildern.
    Neben der vordergründigen Liebesgeschichte, mit all ihrer Tragik, mit ihrer anfänglichen Nähe und der Entfremdung durch Enttäuschung (Manfred) oder neue Lebenserfahrungen (Rita), spielt ja in der Tat auch die "politische Dimension" des Ganzen eine Rolle. Durch ihre Sozialisation im Waggonwerk, verinnerlicht Rita - im Endeffekt eher unbewußt - den klassischen Solidaritätsgedanken der Arbeiterbewegung (genau deswegen empfahl der Lehrer Erwin Schwarzenbach auch die Arbeit dort, bevor man das Lehrerkollegium besucht - und u.a. deswegen halte ich ihn auch für die am positivsten dargestellte Figur). Sie überwindet zumindest in einem gewissen Maße die Vereinsamung, der sie ja noch ausgesetzt war, als sie Manfred kennenlernte. Er dagegen bleibt ihr verhaftet, nur die klassische Zweisamkeit ist ihm Flucht aus der Einsamkeit - nicht einmal in seiner Familie fühlt er sich wohl. Auch seine Arbeitswelt scheint, wie sich in den beiden Szenen zeigt, in denen seine Kollegen auftreten, geprägt vom Rivalitätsgedanken und steht somit dem gemeinsamen Arbeiten entgegen. Vermutlich wäre er dennoch in seiner Zweisamkeit (bzw. Dreisamkeit, denn später gewinnt er einen Freund, der ihn bewundert - so wie er einst jemanden bewundert hat, der ihn dann allerdings im Stich ließ) verblieben, wenn er denn auch die (berufliche) Anerkennung, nach der er sich zutiefst sehnt, erhalten hätte. Die wird ihm jedoch verwehrt. Ohne Freunde und isoliert ist Gemeinschaftlichkeit für ihn kein Lebenssinn - als ihm seine Mutter eine Stelle in der BRD organisiert, da nutzt er die Gelegenheit und wandert aus (auch das ist ja kein Zufall, es ist ja kein Geheimnis, dass in der DDR gut Ausgebildete auch gerne von der BRD abgeworben wurden). Auch Rita kann ihn nicht überzeugen, um ihrer Liebe willen es weiter zu versuchen - er ist zu enttäuscht und hat zu wenig Glauben an das Gute und Gerechte im Menschen (wohl weil er selbst es nicht mehr ist) um beim Aufbau des Sozialismus in der DDR mitzuwirken. So bleibt ihm, so empfinde ich es nach der Lektüre, nurmehr die Befriedigung seiner Bedürfnisse und seines Drangs nach Anerkennung und er bleibt in seiner Verzweiflung alleine.
    Man würde es sich leicht machen, wenn man die Charaktere in Gut und Böse einteilen würde - Christa Wolf vermittelt daneben auch, dass ein jedes Handeln aus der Erfahrung eines Menschen entsteht, aus dem, wie ihm die Umwelt begegnet. Es wird, fast etwas überraschend, für einen jeden namentlich erwähnten Charakter etwas Verständnis vermittelt - sie mussten eben so handeln, weil sie niemand davon abhielt, oder weil sie es nicht anders erfahren haben, weil sie einsam sind, weil sie enttäuscht sind. Man kann Manfreds Verhalten verstehen, man kann auch das seiner Mutter verstehen, aber natürlich auch das Ritas, Meternagels (der sich zu Tode arbeitet) und Schwarzenbachs (der eigentlich die "beste" Gestalt in ihrem Werk ist; kein unverwundbarer Held, aber kritisch, nachdenklich, eifrig und besten Willens). Als Fazit würde ich sagen, dass man ein durchaus differenziertes Bild über die DDR der 60er bekommt - kein blindes Bejubeln, kein blindes Verteufeln - eine realistische Darstellung der (wirtschaftlichen und politischen) Mißstände, der Bestrebungen und der - eigentlich - grundlegenden Idee und der Ziele.
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  • Rezension zu Der geteilte Himmel

    Nun, inzwischen habe ich "Der geteilte Himmel" gestern zuende gelesen und mir schwirrt noch der Kopf. Ohne Zweifel weiss die Frau zu schreiben!!! Ich bereue es nicht, ihr also "nochmals eine Chance gegeben zu haben".
    Erst einmal gelingt es Fezzig echt gut, die ja nicht lineare Geschichte einzufangen und den Inhalt zusammenzufassen.
    Bei der Interpretation, dem mir zugesprochenen Stellenwert des Geschriebenen, empfinde ich aber leicht anders, bzw. will hier meinen Senf zugeben.
    Die vermeintliche offene Kritik ist stets (?) eine Kritik an den Menschen, an JENEN Menschen, die sei es eigentlich als Wendehälse noch halb Erben der brauenen Vergangenheit sind oder aber als reine "Schmarotzer" möglichst an der Niedrigkeitsgrenze z.B. des Arbeitseinsatzes leben. Diese Menschen werden oft als die eigentlichen Hemmschuhe der wahren Entwicklung des Sozialismus dargestellt. Sie sind "ohne Ideale", auf sich aus, oft noch halb in der brauenen Vergangenheit lebend, die immer wieder sehr geschickt durchleuchtet.
    Die von Fezzig erwähnten Personen Wendland, Schwarzenbach und Meternagel dahingegen sind die Verkörperungen des engagierten Arbeiters. Sie stehen für einen "Idealismus" und einer besseren Gesellschaft, die in diesem Buch alleine dem Soialismus zugeordnet sind. Der Westen wird nicht einfach mit rein höhnischen Argumenten niedergekämpft, so wie die anscheinende Kritik an den Missständen im eigenen Land nicht einfach schöngeredet werden, doch es bleibt kein Zweifel, wo "die Wahrheit" ist, bzw. auch das Leben, die Idale etc. Bei meinem Lesen versuchte ich aufzupassen, welche Attribute wem zugeordnet waren..., das war schon sehr bezeichnend. Rita wird von diesen einfachen Figuren angezogen: neben (?) der Beziehung zu Manfred (der nicht nur als Verzweifelter dargestellt wird, sondern auch als auf seine eigene Verwirklichung Strebender in der Forschung; "kalt", "unberührbar", ohne Ideale, Hoffnung etc..., auch - trotz des oberflächlichen Bruches mit seinen ehedem rechts angesiedelten Eltern - als eben deren Erbe und Fortführer = Bild der "BRD"...) gewinnt in ihr die Gewissheit Raum, dass ihr Platz nicht in diesem Westen ist (siehe Berlintour), wo die Menschen letztlich nur sich selbst nachlaufen.
    Bei aller eingeräumten Kritik an der eigenen Wirklichkeit wird in gewissem Sinne nie das System an sich in Frage gestellt. "Man gebe uns noch... Jahre." Geduld, Geduld.
    Gab es aber nicht auch gewisse Werte auf der anderen Seite, sprich dem Westen?
    Ich teile die Sehnsucht nach einer Gesellschaft, in der der Einzelne sich auch voll hineingibt UND der Staat eine gewisse Grundsicherheit, Gerechtigkeit verkörpert. In diesen ersten Jahren der 60iger sah dies Christa Wolf in der DDR anscheinend gegeben, angestrebt.
    Ich glaube, dass wir heute mit dem Abstand der Jahre, auch noch anderes sagen können...
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  • Rezension zu Der geteilte Himmel

    Ich hoffe, die Kategorie "Klassiker" passt, aber da es den Staat, den Christ Wolf beschreibt (DDR) nicht mehr gibt, bin ich mir sicher, dass "Der geteilte Himmel" hier gut reinpasst.
    Inhalt:
    Erzählt wird vordergründig die Geschichte von Rita Seidel und ihrem Freund Manfred Herrfurth und dabei beinhaltet der Roman so viel mehr. Die beiden lernen sich 1959 in Ritas Dorf kennen, wo sie arbeitet und gelangweilt ist. Auch Manfred, Besuch aus der Stadt, ist gelangweilt und abgestumpft. Ihre gemeinsame Sehnsucht nach Wärme, Geborgenheit und Liebe verbindet sie.
    Nach dreimonatiger Fernbeziehung beschließt Rita, ihren Job zu kündigen und sich dem Lehrerseminar in der Stadt anzuschließen. Sie zieht zu Manfred in das Haus seiner Eltern ein (entgegen der Wünsche seiner Mutter) und beginnt ein für sie neues und aufregendes Leben.
    Bevor sie allerdings mit ihrer eigentlichen Ausbildung beginnen darf, muss sie mehrere Monate in der Mildner-Waggonba-GmbH verbringen, weil "jeder Lehrer heutzutage einen Großbetrieb kennen muss" (1959). Dort fällt sie natürlich sehr auf. Sie wird aber bald akzeptiert und agiert als stummer Beobachter der Situation vor Ort: Mangelwirtschaft, stagnierende Produktion, dann wieder Produktion im Überfluss und über allem der sich "formende Sozialismus".
    Unter diesen Gegebenheiten lebt sie sich in der Stadt (Halle?) ein und wird erwachsen. Manfred ist und bleibt lange Zeit ihr Lebensmittelpunkt. Auch wenn sie Freundschaften schließt und unabhängig von ihm wird. Doch Manfred ist dem Druck, der Heuchelei und der Propaganda der neuen Gesellschaft nicht gewachsen und wird zunehmend verzweifelter. Er sieht nach langem Abwägen seine einzige Chance zu überleben, darin in den Westen zu gehen. Und so kommt er eines Tages im Jahr 1961 von einem Chemikerkongress in Berlin nicht wieder...
    Meine Meinung:
    Ich habe dieses Jahr schon einige sehr gute Bücher gelesen, aber dieses hier lässt mich gar nicht mehr los! Der Leser weiß von Anfang an, dass die Beziehung zwischen Manfred und Rita gescheitert ist, denn die Geschichte wird in Rückblicken erzählt. Man muss schon sehr genau lesen, um sich in den wechselnden Zeit- und Erzählformen nicht zu verlieren, aber wer durchhält wird mit einem außerordentlich vielseitigem Roman belohnt.
    Wie gesagt, erzählt Christa Wolf vordergründig eine Liebesgeschichte, die sehr anrührend und lebensnah beschrieben ist. Sie findet tolle Beschreibungen für das Verhältnis von Manfred und Rita, deren Zusammenleben nicht immer einfach ist.
    Daneben spielt der Arbeitsalltag von - vor allem Rita - eine bedeutende Rolle. Aber auch andere Personen "berichten" ihre Erfahrungen. Besonders hervorheben muss man hier wohl die Figuren Rolf Meternagel, Ernst Wendland und Erwin Schwarzenbach. Ritas Einstellung zu ihrer Arbeit möchte ich gerne zitieren, sagt er doch auch viel über ihre Erwartungen und Gedanken aus:
    […]
    Interessant ist für mich auch gewesen, dass hier aufgrund der Zeit, in der es spielt, drei Generationen aufeinandertreffen, die kaum Verbindungen zueinander haben, z. B.
    Ulrich Herrfurth (Jahrgang 1910), Manfreds Vater
    Manfred Herrfurth (Jg. 1930)
    Rita Seidel (Jg. 1940)
    Die auftretenden Generationenkonflikte sind natürlich geschichtsbedingt, aber in einer Weise eindringlich, die mir mal wieder vor Augen führte, wie stark geschädigt damals alle vom Krieg und seinen Folgen waren.
    Man muss bedenken, dass der Roman zu einer Zeit geschrieben wurde, als die Schriftsteller der DDR durch die Bitterfelder Doktrin aufgefordert waren, in den Betrieben des Landes die Arbeiter klennenzulernen und ihre Erfahrungen in ihren Schriften zu verarbeiten. Ziel war natürlich, den Arbeiter zu erreichen und ihm Literatur nahezubringen (bzw. ihn zum künstlerischen Schaffen zu animieren). Dies scheint in "Der geteilte Himmel" immer wieder durch. Zudem geht es aber auch darum, seine Zweifel an der neuen Ordnung "einordnen zu lernen". Christa Wolf macht ganz klar, dass von Anfang an nicht alle der SED hörig waren und zieht Grenzen zwischen den Funktionären, Kommunisten und den Politikverdrossenen. Ehrlich gesagt, war ich erstaunt, wieviel Kritik in dem Roman steckt. Naiverweise dachte ich, dass sei verboten gewesen und Grund für Zensur und Publikationsverbot. Aber in den 50er und frühen 60ern war man wohl noch etwas freier in seiner Meinungsäußerung als später.
    Es gäbe noch soooooo viel anzumerken, aber wo anfangen, wo aufhören?! Deshalb nur noch mein Fazit:
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Ausgaben von Der geteilte Himmel

Taschenbuch

Seitenzahl: 337

Hardcover

Seitenzahl: 280

Der geteilte Himmel in anderen Sprachen

  • Deutsch: Der geteilte Himmel (Details)
  • Englisch: Geteilte Himmel (Details)

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