Die Marschallin

Buch von Zora del Buono

Bewertungen

Die Marschallin wurde insgesamt 5 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 3,9 Sternen.

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Die Marschallin

    Die Höhle der Löwin
    Die Marschallin, Familienroman von Zora del Buono, 382 Seiten, erschienen bei C.H. Beck
    Die Marschallin ist ein farbiger, praller Roman über eine besondere Frau und ein tragisches Familienschicksal.
    Zora del Buono hat diesen Familienroman aus der Sicht ihrer gleichnamigen Großmutter geschrieben. Die Slowenin Zora lebt hat ihrem Mann Pietro, einen Radiologie-Professor, zum Ende des 1. Weltkriegs kennengelernt. Sie lebte mit ihm in Bari in Süditalien, wo sie, beide überzeugte Kommunisten, ein großbürgerliches und doch politisch engagiertes Leben im Widerstand gegen den Faschismus Mussolinis führen. Zora ist herrisch, selbstbewusst und begabt, eine Bewunderin Titos. Dem sie Waffen zu liefern versucht. Allen in ihrer Umgebung drückt sie ihren Stempel auf. Ihr Leben, das ihrer Kinder und Enkel, vollzieht sich in einer Zeit der Kriege und Gewalt, die unsere Welt bis heute prägen.
    Das Buch teilt sich in zwei Abschnitte, der erste lange Teil gliedert sich in Leseabschnitte, die mit Ort und Datum überschrieben sind, von Mai 1919 bis September 1948. Im kurzen Zweiten Teil, einem Schlussmonolog von 1980, der ein einziges langes Kapitel umfasst, erzählt die alte Zora, die inzwischen in einem Altenheim untergebracht ist, ihre Geschichte zu Ende. Zum Glück ist zu Anfang des Buches ein Personenverzeichnis aufgeführt, ohne dem ich wohl den Überblick in der Geschichte komplett verloren hätte. Fremdsprachliche Ausdrücke (vermutlich slowenische), italienische Phrasen, lateinische Zitate, sind kursiv gedruckt aber nicht alle übersetzt, zum allgemeinen Verständnis hätte ich mir das gewünscht. Die einzelnen Kapitel sind hauptsächlich aus der Sicht der Protagonistin Zora geschrieben, aber im Wechsel, z. T. innerhalb eines Kapitels auch von anderen Charakteren, was mich absolut verwirrt hat.
    Leider hat mich das Buch nicht fesseln können, die Lektüre war harte Arbeit für mich. Oft beginnen die Kapitel mitten in einer Geschichte, setzen Fakten voraus, die dann zum Ende hin vollständig aufgeklärt werden, manchmal verliert sich auch der Faden, die handelnden Personen und Gegebenheiten verschwinden und tauchen auch nicht wieder auf. Jederzeit und ohne Bedauern konnte ich das Buch aus der Hand legen, es war für mich sehr schwer der Erzählung zu folgen, auch die politischen Zusammenhänge haben mich nicht erreicht. An manchen Stellen wurde der Roman wieder etwas spannender, z.B. als die Mauer um das Grundstücks des Familienanwesens zum benachbarten Kloster, verlegt werden sollte. Oder die Episode aus der Bank. Leider ging es danach immer wieder mit Nebensächlichem weiter. Lieblingsfigur war für mich der Ehemann der Protagonistin ein wahrer Gentleman und ein genialer Arzt und Wissenschaftler, die anderen Figuren waren unsympathisch oder nicht genügend tief charakterisiert. Die Protagonistin fand ich schlichtweg „unmöglich“ mit einem starken Willen gesegnet, eifersüchtig nicht nur ihrem Gatten gegenüber sondern auch bei ihren Brüdern und den eigenen Söhnen. Bissig, ungerecht, streitsüchtig eine Despotin. Frauen gegenüber hat sie sich einfach gemein benommen, besonders ihre Schwiegertöchter hatten sehr unter ihr zu leiden. Da konnte ich an manchen Stellen einfach nur noch den Kopf schütteln.
    Der Monolog am Ende hat mir am besten gefallen, hier wird noch einiges erklärt, ergänzt und zu Ende erzählt. Doch selbst im Heim, halbseitig gelähmt, benimmt sich Zora noch schlecht gegenüber dem Personal und all denen, mit den sie noch meint abrechnen zu müssen. So ein anstrengendes und wenig unterhaltsames Buch habe ich schon lange nicht mehr gelesen. Von mir keine Leseempfehlung und wegen des Schlussmonologs und einiger Lichtblicke im Plot, 2 von 5 möglichen Sternen.
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  • Rezension zu Die Marschallin

    Europäische Geschichte im 20. Jahrhundert - im Roman
    Zora del Buono legt mit ihrem letzten Werk einen eigenartigen literarischen Zwitter vor, der dem Leser vielfältige Bemühungen bei der Lektüre abverlangt. Zunächst erscheint das Buch als Familienroman von der tumultuösen südeuropäischen Provenienz. Die handelnden Personen sind zahlreich, ihre Beziehungen zueinander verschlungen, die Aufstellung der auftretenden Figuren am Anfang des Buches hilfreich.
    Sodann präsentiert sich der Roman als Frauenportrait, die Autorin will ihrer Großmutter, deren Namen sie sogar trägt, ein Denkmal setzen. Doch dieses Unternehmen ist nur bedingt erfolgreich. Zwar werden dieser Frau eindrückliche, auch durchaus kontrovers einzuschätzende Charakterzüge zugeschrieben, aber die Eigenwilligkeit Zoras, ihr Durchsetzungsvermögen und ihr gänzlicher Unwille, Kompromisse einzugehen, werden allenfalls nur behauptet. Die stilistische Gestaltung dieses Romans zeichnet sich durch äußerste Nüchternheit aus, eine so unbeteiligt wirkende Sprache ist nicht geeignet, psychische Entwicklungen, seelische Dispositionen zu verdeutlichen. Höchst unvermittelt schwenkt der Roman kurz vor Schluss noch ins Krimigenre ab. Die Heldin wird mittelbar in einen Raubüberfall verwickelt, der als Begründung herhalten muss, dass von dem Augenblick das Schicksal der Heldin und ihrer Familie sich zur Tragödie wandelt. Aber diese Wendung ist ohne jede Balance in das Geschehen eingefügt. Aus heiterem Himmel sieht sich der Leser mit dem Verbrechen konfrontiert, und die Konsequenzen präsentieren sich als eine Schlag auf Schlag ablaufende Abfolge von Unglücksfällen, die die Zahl der auftretenden Personen drastisch reduziert. Bei entsprechender Gemütslage kann dieser Teil auch als unfreiwillig komisch empfunden werden (mir kam beim Lesen spontan Georg Kreislers Opernboogie in den Sinn: ... und stirbt ... und stirbt ...)
    Umso frappierender, wenn der letzte Abschnitt, aus der Perspektive der alten, kranken, gänzlich verarmten Frau erzählt, zutiefst anrührend, sprachlich dicht, durch den inneren Monolog außerordentlich authentisch daherkommt.
    Der nächste Aspekt, den dieser Roman bedient, ist der Ausschnitt südeuropäischer Geschichte im 20. Jahrhundert, die den meisten Lesern in dieser Ausführlichkeit weitgehend unbekannt sein dürfte. Die Abfolge historischer Ereignisse, in die die Hauptfigur Zora verwickelt ist, lässt sich nur als rasant bezeichnen: die unterprivilegierte Stellung der nationalen Minderheit der Slowenen, der Triumph des Aufstiegs des italienischen Faschismus, der Kampf um die kommunistische Vorherrschaft nach dem Ende des 2. Weltkriegs - dieses politische Panorama zeichnet ein informatives und farbiges Bild. Doch wenn die Kapitelüberschriften mit geographischer Angabe und Jahreszahl eine erste Orientierung ermöglichen, eine Landkarte und eine Zeittafel wären gewiss von den Lesern begrüßt worden.
    Und letztlich vermittelt del Buonos Roman einen Einblick in einen Ausschnitt der Sozialgeschichte, da es etwa in Italien kein Problem darstellt, einerseits Mitglied einer großbürgerlichen privilegierten Oberschicht zu sein, andererseits aber sich glühend für den Kommunismus einzusetzen.
    So stellt diese Neuerscheinung denn eine durchaus lohnende, weil anregende Lektüre dar, aber keinesfalls einen exorbitanten literarischen Wurf, der lange im Gedächtnis haften könnte.
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Ausgaben von Die Marschallin

Hardcover

Seitenzahl: 382

E-Book

Seitenzahl: 319

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