2. Teil: Kapitel 5

  • Hallo!


    Nun hat es ihn also auch erwischt, unseren guten Hans. Was eigentlich abzusehen war, denn da oben auf dem Berg da ist man nicht gesund, wenn man krank ist :P


    Vom Aufbau des Romanes fällt mir auf, dass die Kapitel zusehends länger werden, die Zeitspannen auch zunehmen.


    Nahm der erste Tag (also der Anreisetag) ganze 3 Hauptkapitel in Anspruch, so sind nach dem ersten Unterkapitel des 5. Hauptkapitels schon 3 Wochen vergangen, seit Hans krank im Bett liegt.


    Der Zeitbegriff scheint doch ein sehr zentrales Thema in diesem Buch zu sein. Die Stunden werden aufgerunden, wie es gefällt, der Tag wird sozusagen in Mahlzeiten eingeteilt. Muss ja eigentlich todlangweilig sein, und doch vergeht die Zeit - wie es scheint - wie im Flug. Somit ist die These aus dem Unterkapitel "Exkurs über den Zeitsinn" (Kapitel 4) beantwortet. :lol:


    Schmunzeln musste ich auch bei der Szene, als beschrieben wurde, als Hans sich seine erste wöchentliche Rechnung abholte und sich gar nicht schreckte ob des Betrages, geradezu günstig sei das Leben im Bergdorf. Nun aber, als er nur noch Suppe bekommt und auch an den Veranstaltungen nicht mehr teilnehmen konnte, kommt ihm die Rechnung natürlich ungeheuer teuer vor. :roll:

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


    *Life is what happens to you while you are busy making other plans* (Henry Miller)

  • Nur so am Rande, und weil es mir jetzt so richtig ins Auge gestochen ist:
    (im Kapitel Mein Gott, ich sehe!, als Castorp im Durchleuchtungslaboratorium wartete und plötzlich Clawdia eintrat):


    Zitat


    Sie trug einen weißen Sweater.....


    Sweater? Gab es das damals schon, ich dachte das wäre so ein Modewort des späten 20. Jahrhunderts. Das passt mir irgendwie gar nicht zu Thomas Mann :lol:

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


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  • Ja, das mit der Zeit fällt stark auf.


    Ich lese den "Zauberberg" jetzt extrem langsam, weil ich mir vorgenommen habe, nicht zu schwelgen :loool: , sondern genau darauf zu achten wie Th. Mann schreibt. Wie er seine Figuren aufbaut, seine Ironie zeichnet, und ich muss sagen: Ich habe sehr viel Freude damit :thumleft:
    So neutral (wie es denn möglich ist, denn rein objektiv wird es wohl nie sein) wie möglich, schaue ich von oben auf die Handlung, und es gefällt mir.


    Also ich habe richtig Spaß mit dieser Leserunde :wink:

  • Hallo!


    Hier habe ich eine Live-Web-cam vom Zauberberg gefunden:


    hier

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
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  • Zitat

    Original von Rosalita


    Sweater? Gab es das damals schon, ich dachte das wäre so ein Modewort des späten 20. Jahrhunderts. Das passt mir irgendwie gar nicht zu Thomas Mann :lol:


    Kam da nicht im ersten Teil etwas dazu vor? Irgendwie stelle ich mir jedenfalls eine Strickjacke vor, kann aber auch sein, dass ich damit völlig danebenliege.


    Das Kapitel "Mein Gott, ich sehe" fand ich eines der besten bisher, nicht nur die erste "direkte" Begegnung mit Clawdia, auch das Röntgen, die Intimität, die Hans dabei empfindet, für uns ist das alles so "normal" geworden, dass man mit Röntgen und Ultraschall, CTs, in den Körper sehen kann, hier hat man noch den Eindruck einer Hexenküche, in der eine Grenze überschritten wird, die eigentlich nicht überschritten werden sollte.



    Eher weniger interessiert hat mich das Kapitel "Humaniora", mit seinen philosophischen Beschreibungen "Was ist Leben". Gut, ein immer noch aktuelles und heißdiskustiertes Thema, aber die Wissenschaft ist inzwischen doch deutlich weiter, so dass manche seine Ansichten überholt sind. Und dann bin ich mir nicht sicher ob Mann absichtlich "Lichtjahrgeschwindigkeit" schreibt, um Hans' Unwissenheit zu betonen, oder ob er es selbst nicht besser weiß. Ich halte ihm mal zugute, dass die Erkenntnis, dass es sowas wie eine Lichtgeschwindigkeit gibt noch relativ neu war.
    Komischerweise hat mich hier gestört, was ich oben beim Röntgen gelobt habe: der klare Bezug auf die Zeit, als dies geschrieben wurde.


    Eine Kleinigkeit: in meiner Ausgabe wird das Genetiv "s" dauernd apostorphiert, nach heutiger Rechtschreibung falsch, damals richtig? Spezialität Thomas Manns? Die Ausgabe selbst gefällt mir übrigens sehr gut, für 15 € sehr gutes Papier, Leinen, nur leider kein Lesebändchen, dann wär's perfekt....


    Katia

  • Die Innenansicht


    Das ist ein schönes Thema. Ja, Th. Mann beschreibt die Innenansicht. Nicht nur die des Röntgengerätes, des Thorax, sondern in jeglicher Sicht.
    Wenn man die Biographien von Th. Mann liest, präsentiert sich ein pedantischer Mensch: Seine Ordnungsliebe (auf seinem Schreibtisch beispielsweise, in seinem Arbeitszimmer. Katia hatte immer große Liebesmühe ihm alles recht zu machen, auch musste sie dafür Sorge tragen, dass sein geliebter Schreibtisch immer mit umzog, usw.), sein Tagesablauf, zu genau festgelegten Zeiten wurde alles gemacht!, Unpünktlichkeit das hasste er. Seine Klamotten immer auf das feinste herausgeputzt und, und, und. Was ich damit sagen möchte, er war der absolute „Saubermann“ nach außen.
    So, jetzt unser Castorp, Th. Manns Innenansicht. All das was er im persönlichen Leben gut zu verstecken wusste, zeigt sich in Hans. Der Hang zur Lethargie, sich hängen lassen, es wird auch noch die Unpünktlichkeit kommen. Die Verträumtheit und Verliebtheit, die er maßlos als Hans auslebt. (Eigentlich ist es doch ein wenig beschämend, oder?, wie sich Hans von Clawdia betören lässt. Mir ist das zeitweise fast peinlich, wenn ich es lese.) Auch seine homosexuelle Neigung, denn Clawdia hat ja ihren Gegenpart Hippe, zumindest seine bisexuelle Neigung.
    Man könnte sagen, dass die unangenehmen oder „negativen“ Seiten im Roman dargestellt werden. Die dunkle Seite, die Innenansicht.
    Auch Clawdia wird in jeder Hinsicht als „negativ“ präsentiert, oder auch Herr Settembrini zeigt deutlich das Lustprinzip. Er erzählt so schön von der Arbeit, aber er lebt selber die Vergeistigung. Er predigt, aber doch nur heiße Luft, denn in die Tat setzt er selber auch nichts um, dann lässt er seine Ausrede geltend machen, er sei eben schwer krank. Selbst zur Tagung fährt er nicht.
    Es werden noch eine weitere Innenansichten kommen, die Psychoanalyse/Seelenzergliederung und weitere Personen.
    Also zum Leitmotiv „Zeit“ gesellt sich mir die Innenansicht.


    PS @ Rosalita Den Blick über Davos finde ich wunderschön, das werde ich mir jetzt oft ansehen :thumleft:

  • Bitte schlagt mich nicht! :eye:
    Ich habe derzeit einen echten Hänger.
    Ich bin vielleicht einfach zu neugierig auf die weitere Handlung und komme somit mit den Exkursionen in diese oder jene Richtung nicht recht klar.Ständig muss ich mich fragen :"Kommt der Junge mal zu Potte?"Zu irgendeinen Pott meinetwegen.:wink:
    Die Zeit ,die ich mit diesem Buch verbringe,kommt mir vor wie eine Ewigkeit und ausser einem schrecklich unproduktivem Mitleid mit Hans Castorp,bewegen sich kaum meine Emotionen.
    Die Röntgenuntersuchung war da ja schon ein echtes Highlight,gebe ich zu.
    Die ausführlichr Sprache stört mich im Moment ,ich will Fakten,Taten,Handlung!
    Ich glaube das Buch hat mich auf einem schlechten Fuss erwischt.:oops:
    Dennoch versuche ich am Ball zu bleiben.

  • Hallo Schönchen!


    Mach dir nichts draus, ich werde wohl auch sehr lange an diesem Buch lesen. Mir gefällt das Buch bis jetzt ganz gut, keine Frage. Irgendwie warte ich allerdings auch auf eine "Handlung", denn wenn ich dran denke, dass es jetzt noch 600 Seiten so weitergeht ..... :roll:
    Aber ich lass mich überraschen.
    Ich muss nur jetzt ein Buch dazwischenschieben (John Steinbeck), da haben wir am Mittwoch in unserer Bib "Lesekreis" zu genau diesem Buch, d.h. in den nächsten Tagen werde ich wohl nicht sehr viel zum Zauberberg kommen.


    Ansonsten.... abwarten, wie es weitergeht! Ich bin doch frohen Mutes, dass wir es gemeinsam schaffen werden!

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


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  • Hallo Zauberberglerinnen,


    so, dieses Wochenende ging sich ein bißchen lockerer an, und ich konnte Kapitel 5 beenden. Freut Euch, das letzte Unterkapitel ist ein echter Leckerbissen, ich spoiler mal:



    War zwar etwas anstrengend zu lesen (ich kann kaum französisch), ich habe immer hin und her geblättert, weil ich nicht nur die Übersetzung lesen wollte... bin ja gespannt, ob Clawdia wirklich so bald abreisen wird, ich hoffe ja, sie bleibt noch und verdreht Hans den Kopf....


    Katia

  • Habe ein bisschen Pause gemacht und ein anderes Buch,ein grauenvolles noch dazu ("die Weihnachtsbraut" :puker:), dazwischengeschoben.
    Das war glaube ich sehr gut,denn nun konnte ich wieder frisch ans Werk gehen und siehe da,es liest sich wieder sehr gut.
    Bin zwar gerade erst bei "Humaniora",aber es geht sich doch gleich sehr gut an.

    Zitat

    Die Zeit ist eine Göttergabe,dem Menschen verliehen,damit er sie nutze...


    Der wundervolle Appell Settembrinis an Hans,zu seinem Besten doch endlich abzureisen,hat mich wachgerüttelt.:wink:
    Unseren Hans wohl doch eher nicht.Oh Mann,dieser Kerl!#-o
    Naja,so sind sie halt,die Männer...

  • Bitte jetzt erst lesen, wenn Ihr mit dem 5. Kapitel durch seid :!:


    Im Film wird es so dargestellt, dass Hans und Clawdia miteinander schlafen. Auch sagte mir damals unser Deutschlehrer, man könnte es als dessen interpretieren; doch ich lese es nie heraus :oops:
    Für mich bleibt es ein Traum, eine Schöndenkerei.


    Wie seht Ihr das?


    Machen sie es oder machen sie es nicht :?::idea:



    Dann gleich noch eine Frage:


    Clawdia sagt, dass sich die Moral erst aus der Lasterhaftigkeit heraus zeigt, und nicht aus Gutem.
    Ich finde, dass ist ein interessanter Gedanke, ich bin eigentlich geneigt dem zuzustimmen, und Ihr?

  • Diese Stelle aus dem Kapitel "Enzyklopädie" hat mir recht gut gefallen, weil sie irgendwie den Umgang mit den neuen Errungenschaften der Forschung und der Medizin aufzeigt, und zur Vorsicht mahnt:


    Zitat

    Die Analyse ist gut als Werkzeug der Aufklärung und der Zivilisation, gut, insofern sie dumme Überzeugungen erschüttert, natürliche Vorurteile auflöst und die Autorität unterwühlt, gut, mit anderen Worten, indem sie befreit, verfeinert, vermenschlicht und Knechte reif macht zur Freiheit. Sie ist schlecht, sehr schlecht, insofern sie die Tat verhindert, das Leben an den Wurzeln schädigt, unfähig, es zu gestalten."


    Ebenfalls gut gefallen hat mir der verbale "Kampf" von Castorp und Settembrini. Settembrini, der Hans zur Abreise überreden will, selber aber nicht bereit ist, abzureisen bzw. auch nicht zu dem Kongress fährt, zu dem er eingeladen ist. Hans wächst fast aus sich heraus, als er Settembrini damit konfrontiert.

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


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  • So, spät aber doch, habe ich nun auch - nach einer unfreiwilligen, stressbedingten Vorweihnachtszeitspause - unser 2. Kapitel beendet.


    Mit dem Kapitel "Humaniora" konnte ich gar nichts anfangen, ich habe die letzten Seiten dieses Unterkapitels nur noch überflogen.


    Gut gefallen haben mir die Beschreibungen der Krankenbesuche und -dienste, die Hans an den Patienten verrichtet, der Besuch am Friedhof, die Konfrontation mit dem Tod.


    Zitat

    Original von Heidi Hof



    Machen sie es oder machen sie es nicht :?::idea:


    Also, mal ganz ehrlich, ich lese das nicht heraus. :oops: Mir kommt dieser Hans'sche deutsch-französische Monolog eher als Mischung aus verbalem Liebesgeständnis, seine wirren Gedankengänge und Traum vor. Das Wort "Traum" kommt überhaupt in diesem letzten Kapitel sehr oft vor.
    (... aber ich werde im nächsten Thread gleich nachlesen, wie eure Diskussion darüber weitergeht und welche Argumente dafür sprechen)


    Zitat

    Original von Heidi Hof


    Clawdia sagt, dass sich die Moral erst aus der Lasterhaftigkeit heraus zeigt, und nicht aus Gutem.


    Ja, das stimmt, dem stimme ich auch zu. Von Moral wird erst gesprochen, wenn sich der Wandel ins Negative zeigt, wenn Negatives im Spiel ist. Wenn man die Wahl hat zwischen "rechten Weg" und "schiefer Bahn" - dann zeigt man seine Moral.


    So, Clawdia ist nun weg, mal seheh, wie es mit dem Hans weitergeht!

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
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  • Hallo Rosalita


    Zitat

    Also, mal ganz ehrlich, ich lese das nicht heraus. Mir kommt dieser Hans'sche deutsch-französische Monolog eher als Mischung aus verbalem Liebesgeständnis, seine wirren Gedankengänge und Traum vor. Das Wort "Traum" kommt überhaupt in diesem letzten Kapitel sehr oft vor.


    Bis jetzt hatte ich es auch immer so gelesen, aber im nächsten Kapitel findest du einen entscheidenen Hinweis :wink:
    Allerdings brauchte ich ja auch ziemlich lange :lol: