So, jetzt habe ich "Der Hof" auch beendet. Da ich vorher gelesen habe, dass es ganz anders ist als seine Hunter-Reihe, bin ich möglichst ohne Erwartungen an das Buch herangegangen.
Im Großen und Ganzen fand ich es trotzdem viel zu lang mit viel zu wenig Wichtigem, das passiert. Sean baut gefühlte 30 Seiten eine Mauer, die für ihn nicht von Wert ist, da steige ich einfach aus.
Leider bin ich mit dem Protagonisten Sean auch nach 400 Seiten nicht warm geworden. Er schien mir extrem antriebslos und auf unangenehme Art einfältig. Es gab mehrere Situationen, in denen er sich vorbereiten hätte können, es nicht getan hat und dann sehr überrascht war, als das passiert ist, das passieren musste.
Als er beispielsweise Jules aufsucht, hat er weder Verstärkung mit noch ist er bewaffnet oder hat auch nur in irgendeiner Weise einen Plan - und das, obwohl er doch so wütend ist.
Abgesehen von der Länge, die der Roman aufwies (denn ein Thriller ist es wirklich nicht), war er meiner Meinung nach auch gespickt mit Logikfehlern oder glücklichen Zufällen, die so billig in einem Beckett einfach nicht sein sollten.
Nur eine Auswahl:
Sean schwimmt NACHTS zufällig im See (wer kommt auf diese Idee?) und findet den Pick-Up.
Sean verläuft sich in London und stößt ZUFÄLLIG genau dann auf das Fitnesscenter von Jules, als dieser gerade herauskommt.
Seans Fuß ist schwer verletzt, er braucht einen Stock zum Gehen, kann aber nach wenigen Tagen eine Mauer verputzen, Schubkarre fahren, mit einem Schwein kämpfen...
Auch inhaltlich war mir die Geschichte zu vorhersehbar und/ oder uninteressant. Was auf Arnauds Hof vorgegangen ist, habe ich bereits nach Seans Ankunft dort vermutet.
Dass Gretchen Mathildes Tochter ist, war neu für mich, hat mich zu dem Zeitpunkt aber nicht mehr interessiert, weil es in Wirklichkeit nichts geändert hat. Gefehlt hat mir auch ein realistischer Grund, warum Mathilde den Hof nicht verlässt (Gretchen würde ja wohl kaum eher bei ihrem Vater bleiben wollen, würde sie die Wahrheit über ihn erfahren). Ebenso habe ich nicht verstanden, warum Sean auf dem Hof geblieben ist - in ganz Frankreich gäbe es ganz bestimmt noch bessere Verstecke als ein verhasster Hof voller Fallen.
Die Beziehung zwischen Sean und Chloe konnte mich leider ebenso absolut nicht fesseln.
Dass er nichts aus ihrer Vergangenheit gewusst haben soll, nehme ich ihm nicht ab - ebenso wenig seine große Liebe zu ihr. Und das mit dem Baby war einfach nur billig.
Die ganze Geschichte rund um Louis war mir viel zu konstruiert und, um es ehrlich zu sagen, auch egal.
Wenn ich so das Fazit ziehe, muss ich leider sagen, dass mich der neue Beckett enttäuscht hat. Ich habe alle Romane/Krimis/Thriller von ihm gelesen und weiß daher: das kann er besser.
Mich hat "Der Hof" eher an seine frühen Werke erinnert ("Obsession", "Flammenbrut"), die mich genauso wenig gefesselt haben.
Warum man übrigens sowohl Aktuelles als auch Rückblenden in der Gegenwart schreibt, ist mir ein völliges Rätsel, ich fand es beim Lesen mühsam und auch inhaltlich nicht sinnvoll.
Beim nächsten Mal hoffe ich daher auf eine David-Hunter-Fortsetzung oder zumindest etwas, das sich damit messen kann!
vergebe ich für den flüssigen Schreibstil und die recht interessanten Figuren, Sean ausgenommen.