Ich war mir nicht ganz sicher, ob ich das Buch hier oder bei den Historischen Romanen einordnen soll, aber dann dachte ich, dass es hier doch besser hinpasst. Bei Bedarf kann der Beitrag ja vielleicht verschoben werden.
Kurzbeschreibung (von amazon):
Wie wird ein junger Tagedieb, der seine Kindheit in einer Höhle verbracht hat, zu einem glühenden Verfechter der Freiheit? Wie wird ein jüdischer Betrüger zu einem berühmten Arzt? Und wie wird ein junges Mädchen ohne Perspektive zu einer einflussreichen Modeschöpferin?
Die Antwort liegt in Venedig. Denn dort, im Labyrinth der Gassen und Kanäle der geheimnisvollsten Lagune Europas, zwischen der Pracht San Marcos und dem Elend der Spelunken von Rialto findet sich das gesamte Panorama des Lebens.
Zum Autor (von amazon - gekürzt):
Luca Di Fulvio wurde am 13. Mai 1957 in Rom geboren, wo er auch heute lebt und arbeitet.
Im Alter von 20 begann er mit dem Studium der Theaterwissenschaften an der Accademia d'Arte Drammatica Silvio d'Amico. Es gab über 600 Bewerber, und Di Fulvio konnte damals kaum fassen, dass er tatsächlich unter den 20 Auserwählten war. Sein Lehrmeister war übrigens Andrea Camilleri, der ihn als Dozent mit seinen anschaulichen, originellen Vorlesungen immer wieder begeistert und zu eigenem Schaffen angeregt hat.
Während des Studiums gründete Di Fulvio eine kleine Schauspielgruppe (La Festa mobile), und er schrieb ein Bühnendrehbuch zu Thomas Manns "Toni Kröger", das er auch aufführte. Die Figur des Toni Kröger faszinierte ihn ob ihres großen Identifikationspotenzials nachhaltig, und so kam er schließlich selbst zum Schreiben.
Zum Inhalt:
Der junge Betrüger Mercurio wächst in Rom auf, zunächst in einem Waisenhaus, dann zusammen mit vielen anderen Kindern als Gehilfe eines Totengräbers auf dem Armenfriedhof und schließlich allein in einer Höhle in einem Abwasserkanal. Zusammen mit Zolfo, Benedetta und Ercole begeht er kleine Diebstähle und Betrügereien, um sich über Wasser zu halten. Bei einem dieser Diebstähle geht allerdings etwas schief, das Opfer verfolgt sie und es gibt einen Toten. Mercurio bleibt nur die Flucht aus Rom. Zusammen mit Zolfo und Benedetta macht er sich auf den Weg nach Venedig, verfolgt von einem Mann, der nur ein Ziel kennt: Mercurio zu vernichten.
Auf ihrer Reise begegnen sie dem Juden Isacco und seiner Tochter Giuditta. Isacco ist ebenfalls ein Betrüger. Da sein Vater jedoch Arzt war, besitzt er viele medizinische Kenntnisse. Als er und seine Tochter auf einen Trupp Soldaten stoßen, die auf der Heimreise nach Venedig sind, kann er diese Kenntnisse anwenden. Zum Dank dafür dürfen Isacco und seine Tochter im Schutz der Soldatentruppe nach Venedig reisen.
Auf ihrem Weg nach Venedig beginnt zwischen Mercurio und Giuditta eine ganz zarte Liebe, die sich beide zunächst nicht eingestehen. In Venedig angekommen, trennen sich die Wege unserer Protagonisten zunächst. Während Mercurio und Benedetta weiterhin ihren Diebstählen nachgehen, geht Zolfo, der einen Hass auf alle Juden verspürt, mit einem fanatischen Priester mit, der ihn für seine Zwecke missbraucht. Isacco beginnt, als Arzt zu praktizieren, als Arzt für die Huren der Stadt, die reihenweise von der französischen Krankheit befallen werden.
Mercurio und Benedetta schließen sich letztlich einer Diebesbande an. Da Mercurio ein sehr geschickter Betrüger und Verkleidungskünstler ist, scheint sein Lebensunterhalt vorerst gesichert zu sein. Nach einem Zusammenstoß mit einem mächtigen Mann muss er jedoch die Stadt verlassen. Im Haus von Anna del Mercato findet Mercurio, der seine Eltern nie kennengelernt hat, eine Unterkunft und in Anna so etwas wie eine Mutter.
Mercurio kann Giuditta nicht vergessen und macht sich auf die Suche nach ihr, eine Suche, die zunächst erfolglos scheint. Er findet sie schließlich genau an dem Tag, als verkündet wird, dass die Juden Venedigs künftig in einem Ghetto leben müssen, das sie nur tagsüber verlassen dürfen und das nachts verschlossen bleibt. Und zum ersten Mal in seinem Leben steckt sich Mercurio ein Ziel: Giuditta aus dem Ghetto herauszuholen und mit ihr an einen Ort zu gehen, an dem sie beide frei sind...
Meine Meinung:
Zitat... Das Leben ist einfach. Wenn etwas zu schwierig wird, bedeutet das, dass wir etwas falsch machen. Vergiss das nie. Wenn das Leben schwierig wird, dann weil wir selbst es uns schwierig machen. Glück, Schmerz und Verzweiflung sind einfach. Ganz einfach. Da ist nichts Schwieriges dran. Wirst du immer daran denken?
Der Gedanke, der diesem Zitat aus dem Buch zugrunde liegt, zieht sich durch die ganze Geschichte. Auch in seinem neuen Roman hat es Luca Di Fulvio geschafft, Figuren zum Leben zu erwecken, die trotz aller Widrigkeiten eine unglaublich positive, lebensbejahende Einstellung haben, die sich von Schwierigkeiten nicht aufhalten lassen, sondern ihre Ziele verfolgen.
Mercurio hatte ich von Anfang an in mein Herz geschlossen, seine Entwicklung von einem Jungen, der sich mit Diebstählen und Betrügereien über Wasser hält, zu einem jungen Mann, der für seine Liebe kämpft, hat mir sehr gut gefallen. Er besitzt als Betrüger ein unglaubliches Geschick und all dies war auch so witzig geschildert, dass ich nicht anders konnte, als ihm dabei immer wieder die Daumen zu drücken und mich mit ihm zu freuen, wenn ihm wieder einmal eine seiner Gaunereien gelungen ist. Und ich habe mit ihm und Giuditta mitgelitten, ihre Liebe stand unter keinem guten Stern, denn eine Verbindung zwischen einem Christen und einer Jüdin war zur damaligen Zeit unmöglich.
Auch Isacco mochte ich sehr gerne. Isacco ist ein Mann, der sein Leben lang vor sich selbst davongelaufen ist. In Venedig findet er schließlich zu seiner wahren Berufung als Arzt. Auch wenn ihn immer wieder Selbstzweifel plagen, ob er all dem gerecht werden kann, lässt er sich von seiner Tätigkeit nicht abbringen.
Die Lebenswege dieser und noch anderer Menschen hat Luca Di Fulvio zu einer wirklich bezaubernden Geschichte verwoben, die mich zum Lachen und zum Weinen gebracht hat. Auch wenn ich an einigen Stellen das Gefühl hatte, dass manches vielleicht doch zu glatt ging, hat das meiner Lesefreude keinen Abbruch getan, denn alles andere hätte den Zauber dieses wunderschönen Buches zerstört.
Es gibt Bücher, die einen unterhalten und Bücher, die so spannend sind, dass man den Atem anhalten möchte. Und dann gibt es Bücher, nach deren Lektüre man sich ein klein wenig glücklicher und reicher fühlt und die einem noch lange nach dem Lesen ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Eines davon ist dieses hier. Wem "Der Junge, der Träume schenkte" gefallen hat, der wird auch dieses Buch lieben. Mir hat es sogar noch besser gefallen.
Fazit:
Auch mit seinem neuen Buch hat es Luca Di Fulvio geschafft, mit leichter Hand eine wirklich bezaubernde Geschichte zu erzählen, die einem noch lange im Gedächtnis bleibt. Seine Figuren haben eine sehr positive Lebenseinstellung und lassen sich auch von Schwierigkeiten nicht unterkriegen, und es gelingt ihm, sie so zu schildern, dass sie einem beim Lesen richtig ans Herz wachsen.
Mir hat das Buch sehr gut gefallen und ich vergebe