Jodi Picoult - 19 Minuten

  • Aus der Amazon.de-Redaktion:
    "Lacy Houghton hat es eilig. Soeben hat sie erfahren, dass es an der High School ihres Sohnes Peter im beschaulichen Sterling in New Hampshire ein Massaker gegeben haben soll. Ein Amokläufer hat zehn Schülerinnen und Schüler in den Tod gerissen. Jetzt will Lacy wissen, ob Peter eines der Opfer ist. Als ein Mädchen seinen Namen nennt, fragt sie, wo sie Peter Houghton finden kann. Und das Mädchen antwortet: „Er ist der, der schießt“. Für Lacy Houghton bricht eine Welt zusammen. Ebenso wie für den Rest des Ortes -- und für Josie Cormier, die die Bluttat im Unterschied zu ihrem Freund Matt überlebt hat. In der Kindheit hat Josie die schützende Hand über Peter gehalten, wenn er in der Vorschule wieder einmal von seinen Kameraden gepiesackt wurde. Sie wäre eine perfekte Zeugin. Aber sie kann sich, wie sie sagt, an nichts erinnern..."


    Dies war mein zweites Buch von Jodi Picoult und wie auch beim "Leben meiner Schwester" wird die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven erzählt. Hier wird der akustische Vorteil des Hörbuchs genutzt und die Blickwinkel der Personen (Peter Houghton, Lacy Houghton, Josie Cormie, Josies Mutter Alex Cormier, der Polizist Patrick DuCharme und der Verteidiger Jordan McAffee) werden von verschiedenen Personen gesprochen. Dies sind Katharina Wackernagel (Alex), Bernhard Schütz (Jordan), Tom Schilling (Peter), Ulrike Hübschmann (Lacy), Oliver Brod (Patrick), Rosalie Thomass (Josie). Die Stimmen mögen auf jeden Hörer anders wirken, ich war begeistert. In einer anderen Rezension habe ich gelesen, dass Tom Schilling beim Lesen fast einschläft, doch ich finde das haargenau passend gelesen. Für mich wird dadurch die totale Resignation des Jungen ausgedrückt, die Gefühllosigkeit nach der Tat. Rosalie Thomass liest Josie ein wenig naiv, unschuldig, aber auch trotzig. Die Männerstimmen finde ich beide sehr angenehm, Oliver Brod sogar richtiggehend sexy.


    Soviel zu den Äußerlichkeiten, nun zum Inhalt. (Früher hätte ich meinen Kommentar zur bereits bestehenden Rezension des "gedruckten" Buches einfach hinzugefügt, aber wenn nun schon diese Hörbuch-Rubrik existiert, dann schreibe ich eben hier etwas ausführlicher...)


    Ich liebe Hörbücher, doch ich höre sie normalerweise eher gemächlich, als Zeitvertreib wenn ich am Bügeln oder im Fitnesstudio bin oder sonst eine langweilige Tätigkeit zu verrichten habe. Da können auch schonmal Tage vergehen, bis ich mir die Stöpsel wieder in die Ohren stecke. Nicht so bei "19 Minuten". Hier habe ich jede freie Minute genutzt, um weiterhören zu können und als es heute früh dem Ende zuging, hatte ich die Kopfhörer sogar im Bad an und habe nur zum Haare fönen unterbrochen. :drunken:


    Jodi Picoult nimmt sich brisanter Themen an und lässt normale, sympathische Menschen diese erleben. Sie hat für ihre Geschichte eines Schul-Amoklaufs bei Beteiligten des Columbine-Amoklaufs recherchiert, doch wir Deutschen haben sicherlich seit März diesen Jahres Winnenden vor Augen, die Parallelen sind erschreckend. In Rückblenden, sei es in Peters Kindheit, sogar bis vor seiner Geburt oder einen Monat vor der Tat, erfahren wir, wie Peter zum Amokläufer wurde. Der Hörer empfindet Mitleid mit ihm und versteht auf gewisse Weise die schreckliche Tat. Der Täter ist auch ein Opfer, doch es geht nicht so weit, dass die Tat entschuldigt oder verharmlos würde. Weil Peter den Amoklauf überlebt hat, wird er vor Gericht gestellt und muss sich damit nicht nur sich selbst, sondern auch der Öffentlichkeit stellen. Der Verteidiger plädiert auf nicht schuldig und versucht die Argumentation einer posttraumatischen Belastungsstörung.


    Parallel kommen Peters Mutter, Josie und Josies Mutter zu Wort und auch hier hat man so manche Aha-Erlebnisse, warum sich vieles so und nicht anders entwickelt hat. Hinter der Fassade einer intakten Familie - man würde sagen "er kommt aus guten Verhältnissen" -, trotz liebevoller, treusorgender, verantwortungsvoller Mütter sind sowohl Peter als auch Josie einfach nur unglückliche, einsame, unverstandene Kinder.


    Ein wenig negativ aufgefallen ist mir das Verhalten von Peters Mutter. Meiner Meinung nach ist sie zu normal, traurig zwar, doch scheinbar gesellschaftlich weiter normal integriert. Außer einer Situation, in der eine werdende Mutter es ablehnt, von ihr behandelt zu werden, erfährt man nichts von eventuellen Drohanrufen oder ähnlichem. Die Mutter aus "Wir müssen über Kevin reden" macht viel mehr durch, wenn ich mich recht erinnere. Sie traut sich kaum in den Supermarkt, weil sie dort von der Mutter eines Opfers beschimpft und von allen angestarrt wird. Außerdem erhält sie Drohanrufe und die Presse lässt sie nicht in Ruhe.


    Den Brief, den Peter von einem der Mädchen, das angeschossen wurde, im Gefängnis erhält, finde ich bemerkenswert.


    Nach Ende des Buches war ich förmlich außer Atem, denn die Überraschung am Ende scheint eine Spezialität von Jodi Picoult zu sein....

    Ich höre :musik: gerade "Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert" von Joel Dicker.

  • Hallo Kasalla! :winken:


    Danke für deine schöne und ausführliche Schilderung zum Hörbuch! Da ich das Hörbuch- und Podcasthören besonders beim Bügeln für mich entdeckt habe, bin ich auf der Suche nach einem hörenswerten Stück. Mit 19 Minunten könnte mir das gelungen sein. Nachdem ja viele schon im Buch-Rezi-Thread so begeistert von der Handlung sind und du nun sagst, dass es auch absolut hörenswert ist, werde ich bei audible mal reinhören und es mir dann evtl. auch zulegen. :wink:


    LG Frühlingswiese :D