Beiträge von tom leo

    Hier der Link zur letzten französischen Ausgabe, auf die ich mich hier beziehe, und die ich eigentlich oben kommentiere. In der deutschen Fassung befinden sich wohl noch einige andere Grundlagentexte aus anderen Epochen...


    Broché: 78 pages
    Editeur : Presses de Taizé (25 mars 2010)
    Collection : Les écrits de frère Roger
    Langue : Français
    ISBN-10: 2850402966
    ISBN-13: 978-2850402968

    Hier die aktuelle Ausgabe von 2010 (in der französischen Fassung), bzw 2016 (in der deutschen Übersetzung und als Teil eines noch umfangreicheren Buches)


    INHALT/BEMERKUNGEN:
    Ursprünglich geschrieben während einer langen Einkehrzeit von Frère Roger während des Winters 1952/53 überarbeitete der Prior der jungen ökumenischen Gemeinschaft öfter diesen Grundlagentext. Ja, das allgemein übliche Wort ist nun mal « Regel », wenn man von einem richtungsgebenden Text einer Gemeinschaft, eines Ordensgründers spricht. Doch Frère Roger selber vermeidet hier in jeder Weise eine Anhäufung äußerlicher Regeln und Gebote, sondern sprach später gerne von den « Quellen ». Das aber hat was überaus Lebendiges an sich, und nichts Verkrustetes oder Juristisches, sondern beschreibt den Kern der Suche. Da geht es um einen Mindestrahmen, der « die Suche nach der Barmherzigkeit Gottes und das gemeinsame Leben unter den Brüdern » ermöglichen soll. Und damit gewinnt dieser Text eine spirituelle Aktualität, die bei Weitem die Zielgruppe der circa 100 Brüder oder von Fachleuten übersteigt, sondern jeden auf seine Weise inspirieren kann. So findet sich das Buch eben bei sehr unterschiedlichen Menschen, mit großem Gewinn. Sicher steht diese « Regel » in einer langen Tradition, hat Frère Roger doch zB eine theologische Abschlussarbeit über die Regel des Heiligen Benedikt geschrieben. Gleichzeitig sind Sprache und Bezug erfrischend ansprechend. Sie beinhalten auch Bezüge zu wesentlichen kleinen und prägnanten Bibeltexten oder -versen, die in diesem Kontext einen erhellenden Sinn geben.


    Ein Text, zu dem man immer wieder greifen und einen lange begleiten kann.


    AUTOR :
    Frère Roger Schutz (französisch Frère‚ Bruder; * 12. Mai 1915 in Provence, Schweiz; † 16. August 2005 in Taizé, Frankreich) war Gründer und lebenslanger Prior der ökumenischen Bruderschaft von Taizé (Communauté de Taizé).


    Um den Text nicht zu lang zu machen, im Spoiler weitere Infos zum Leben von Roger Schutz:


    Während des Abendgebets am 16. August 2005, vier Tage vor dem 65-jährigen Jubiläum seiner Ankunft in Taizé, wurde Frère Roger in der Versöhnungskirche von einer psychisch kranken Frau mit einem Messer tödlich verletzt. Das Abendgebet wurde, um Panik zu verhindern, fortgesetzt. Roger starb kurze Zeit später an den Verletzungen.
    Er wurde auf dem Friedhof neben der romanischen Dorfkirche Église Sainte-Marie-Madeleine in Taizé beigesetzt.


    (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Fr%C3%A8re_Roger und auch hier : https://de.wikipedia.org/wiki/…ie_Quellen_von_Taiz.C3.A9 )


    Gebundene Ausgabe: 176 Seiten
    Verlag: Verlag Herder; Auflage: 1 (8. März 2016)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 3451335239
    ISBN-13: 978-3451335235

    Original: Französisch, 2005


    INHALT :
    Malen, lesen, schreiben – intime Handlungen, die oft verborgen von neugierigen Blicken stattfinden. Malen in einem Atelier…, einsames Lesen gar mitten eines Bahnhofes, eines Cafés. Wie lässt sich hier eine Dichterin inspirieren von einem Leser, einer Leserin, die durch einen Maler in Szene gesetzt wurde, durch Form und Farbe ? Zwischen Bild und Buch ist die Verbindung eng : Fenster zur Welt ?!


    Von Rembrandt bis Picasso, aber auch durch Hopper, Vermeer, Courbet, Renoir, Manet…, haben so viele große Maler das Schriftliche in Szene gesetzt.


    Dieses Buch ist die Begegnung zwischen Bildern und der Vorstellungswelt der Dichterin Colette Nys-Mazure.


    BEMERKUNGEN :
    Ein sehr gut gemachtes und präsentiertes als auch künstlerisches Buch in sich : hervorragende Reproduktionen von besagten Bildern verschiedener Epochen auf einer Seite einer Doppelseite. Und auf der anderen : eine Weise des meditativen oder beschreibenden Spazierganges der Autorin durch und in dem Bild : mal Betrachtung, mal ein Gedanke, mal vielleicht die Stimme der dort dargestellten Figur. Mal reine Beschreibung der Objekte, Personen in ihrer Darstellung, die eine Erklärungsweise, eine mögliche Interpretation zu hin offen ist. Also ein rundum gelungenes Buch, das großzügig ausgefeilt ist.


    Solch eine Mischung zwischen Kunstwerk der darstellenden und beschreibenden Kunst kann uns eine Weile begleiten. Sicher nicht dazu gedacht, mal schnell durchblättert zu werden. Ich selber habe es offen auf einem Seitboard liegen und wende die Seite alle paar Tage.


    Für uns Liebhaber der Lektüre, des Buches, eine andere Form der Annäherung und Wertschätzung !


    AUTORIN :
    Colette Nys-Mazure wurde am 14. Mai 1939 in Wavre (Belgien) geboren und ist eine belgische Schriftstellerin französischer Sprache. Sie erhielt bereits zahlreiche Preise und Auszeichnungen und ist Mitglied der Katholischen Akademie Frankreichs.


    Von 1957 bis 1961 studierte sie Literatur an der Universität von Louvain und wurde Lehrerin vn 1961 bis 1999. Sie war an der genannten Universität in den 70iger Jahren ebenso Assistentin und animiert zahlreiche Literaturveranstaltungen und Schreibwerkstätten im französischsprachigen Umfeld.


    Nach dem frühen Tod ihrer Eltern lebte sie bei Mitgliedern der Familie in der Nähe von Tournai, Gegend, die sie sehr liebt und bis heute bewohnt.


    Seit 1975 veröffentlicht sie, insbesondere Lyrik, aber auch Theaterstücke, Essays, Kurz- und Kindergeschichten...


    Sie ist Mutter von fünf Kindern und Großmutter eines guten Dutzend.


    Amazon-Seite mit Büchern der Autorin :
    https://www.amazon.fr/Colette-…JOVV36/ref=ntt_dp_epwbk_0


    Webseite der Autorin : http://www.colettenysmazure.be/index.php


    Gebundene Ausgabe
    Verlag: La Renaissance du livre (29. September 2005)
    Sprache: Französisch
    ISBN-10: 2874155071
    ISBN-13: 978-2874155079

    Nicht zu vergessen das monumentale Gemälde von Géricault, Le radeau de la Méduse, das im Louvre von Paris hängt, beliebte Quelle für Schulaufsätze in französischen Gymnasien.

    ... und eine ebenfalls historische Begebenheit um dieses besagte Gemälde herum, das Antoine Choplin hervorragend in seinem Roman "Radeau" verarbeitet hat, den ich hier vorgestellt habe: Antoine Choplin – Radeau (andersweitig auch sehr ernst, aber auch sehr schön!)

    Der ganze Beitrag ist natürlich interessant, SiriNY, aber ich nehme doch etwas besonders heraus:


    Zurück zu Hesse: Ich als Laie habe tatsächlich einen gewissen Respekt vor dem Kanon. Deswegen meine zaghaften Überlegungen, "darf" ich das nicht gut finden? Ich würde z.B. zögern, einem Buch nur ein, zwei Sterne zu geben, von dem ich vermute, dass es gut oder besonders geschrieben ist, mir aber die Kompetenz fehlt, mich damit auseinander zu setzen. Man kennt diese Ein - Punkte -Bewertungen von Klassikern bei amazon: "Voll öde, total altmodisch, der hats nicht drauf." :wink:

    DAS empfinde ich doch ebenso, zumindestens bei den "Klassikern". Dann sage ich mir vielleicht, dass ICH eben ein Problem damit habe, und dieses persönliche Empfinden nicht verallgemeinern sollte. Das ist nicht einfach eine Frage der Kompetenz, sondern des Geschmacks oder manchmal auch der eigenen Überzeugungen. Ist es dann nicht besser, nicht nach dem Motto der und die "IST" so ein(e) Autor(In), sondern "was mich anbetrifft kann ich nicht so viel damit anfangen"? Oder nicht mehr? Oder noch nicht?

    Danke, Squirrel!

    Danke @tom leo für Deine Rezension, die das auf den ersten Blick so eindeutige Thema differenzierter darstellt. Und endlich einmal kann ich eines der Bücher, die Du hier vorstellst, direkt auf die Wunschliste schieben. :)

    Diese differenziertere Sicht auf das scheinbar so ganz Eindeutige spielt mit fast unmerklich kleinen Hinweisen auf eben zB die Demütigungen an, die sich hinter "guten Absichten" oder aber auch schon krasseren Vorurteilen etc verbergen.


    Tja, und ich habe in meinem SUB-Stapel halt mal ausversehen und zufällig eins der vielen guten Bücher erwischt, das doch tatsächlich auch schon auf Deutsch erschienen ist. Reiner Zufall, ehrlich! Aber vielleicht auch nicht: den Goncourt übersetzt man halt wie selbstverständlich: lässt sich damit doch eventuell ein Batzen Geld verdienen?!

    Original : Französisch, 2016


    INHALT :
    Sie wollen das perfekte Paar sein, Kinder und Beruf unter einen Hut bringen, alles irgendwie richtig machen. Und sie finden die ideale Nanny, die ihnen das alles erst möglich macht. Doch wie gut kann man einen fremden Menschen kennen? Und wie sehr kann man ihm vertrauen?


    Sie haben Glück gehabt, denken sich Myriam und Paul, als sie Louise einstellen - eine Nanny wie aus dem Bilderbuch, die auf ihre beiden kleinen Kinder in der schönen Pariser Altbauwohnung im 10. Arrondissement aufpasst. Wie mit unsichtbaren Fäden hält Louise die Familie zusammen, ebenso unbemerkt wie mächtig. In wenigen Wochen schon ist sie unentbehrlich geworden. Myriam und Paul ahnen nichts von den Abgründen und von der Verletzlichkeit der Frau, denen sie das Kostbarste anvertrauen, das sie besitzen. Von der tiefen Einsamkeit, in der sich die fünfzigjährige Frau zu verlieren droht. Bis eines Tages die Tragödie über die kleine Familie hereinbricht. Ebenso unaufhaltsam wie schrecklich. (Klappentext)


    BEMERKUNGEN :
    Was in dieser Kurzbeschreibung chronologisch erzählt wird präsentiert sich im Roman anders: Auf den ersten Seiten, ja, im ersten Satz steht der tragische Ausgang schon fest, ist also nicht Endpunkt allein, sondern schon Feststellung : die Kinder sind tot! Auch werden die Umstände kurz erwähnt, die Täterin. Nun wird es darum gehen, in den folgenden Seiten den Werdegang zur Katastrophe zu beschreiben: Wie konnte es dazu kommen ? Dabei geht es wohl nicht um Schuldzuweisungen wie eine « Abschiebung der Kinder hin zu einer Nanni », um eben sich beruflich entfalten zu können. Oder eine in sich von je grundperverse Kinderfrau. Aber was spielt alles rein ? Was bewegt die Protagonisten ?


    Rein chronologisch, von der Beschreibung der Ausgangssituation bei den Jungverheirateten bis hin zur Rekonstruktion des Verbrechens geht es auch jetzt nicht zu : Manchmal werden Kapitel eingefügt, gewissen anderen Schlüsselfiguren gewidmet, die eine Seite, einen Aspekt erhellen, aber zeitlich woanders angesiedelt sein können.


    Das junge Ehepaar Pierre und Myriam leben in der bescheidensten Wohnung ihres Hauses im Norden von Paris, nicht weit weg von Montmartre und dem Sacre-Coeur. Zu mehr reicht ein Einkommen nicht aus, wenn nun die ersten Kinder da sind und Myriam nicht arbeiten gehen kann. Dabei hat Pierre einen guten Job. Doch Myriam hat zunächst wie selbstverständlich mal ihren Rechtsanwaltsberuf an den Nagel gehangen, und freut sich, ihre Kinder begleiten zu dürfen. Doch langsam wechselt die innere Stimmung : das Gesichtsfeld schränkt sich immer mehr ein, manchmal empfindet sie ein inneres Gefängnis. Und Pierre macht es nicht leichter, wenn er müde von der Arbeit kommt und sie mit seinen Geschichten überlastet. Also sehnt sie sich auch nach beruflicher Tätigkeit, selbst wenn die Kinderfrau einzuplanen wäre und es letztlich finanziell nicht auf mehr rauskäme.


    Louise scheint ideal, krempelt das Leben der kleinen Familie um, wird unabdingbar. Doch verbirgt sich hinter ihrer Bereitwilligkeit, ihrem unglaublichen Einsatz etwas anderes, Dunkleres ? Eine Einsamkeit ? Die Suche nach Familienersatz ? Wie kommt es zur Explosion? Gibt es ein anderes Leben als das der stets bereiten, alles zulassenden Kinderfrau ? Welche geheimen Demütigungen hat sie erfahren, erfährt sie noch, auch von den ach so offenen und scheinbar dankbaren Hausherren ? Was steckt hinter gewissen Manien und Einsamkeit ? Wo sind Antribe, innere und äußere Wirklichkeiten, oft ignoriert von den anderen ?


    Ein beeindruckendes Buch, dass die selbst Mutter gewordene Autorin eventuell mit eigenen Fragestellungen angeht. Manchmal scheinbar distanziert, trocken, doch einfach packend und psychologisch ganz fein beobachtet: man kommt nicht los ! Nicht umsonst erhielt dieses Buch letztes Jahr im ersten Wahlgang den Goncourt-Literaturpreis, die höchste Auszeichnung!


    Ich liebe diese Erzählweise, die ohne deftige Schuldzuweisungen auskommt, aber auch die Abgründe darstellt. Nicht nur bei der Täterin, sondern auch in scheinbar wohlgemeinten Hinweisen oder lustig sich gebenden, aber doch dummen, Äußerungen.


    Hut ab ! Dieser Roman könnte viele hier ansprechen !


    AUTORIN :
    Die französisch-marokkanische Autorin Leïla Slimani wurde im Oktober 1981 in Rabat geboren und wuchs in Marokko auf. Ihr Vater war Banker, verstarb aber Mitte de 00er Jahre. Ihre Mutter war eine der ersten Ärztinnen des Landes, halb Elsäßerin, halb Algerierin. Slimani besuchte die Schule in Rabat. 1999 ging sie nach Paris und studierte Medien und Politik am Institut d’études politiques de Paris und an der ESCP Europe. Nach ihrem Studium besuchte sie das Cours Florent und versuchte sich kurzzeitig als Schauspielerin. Sie arbeitete seit 2008 als Journalistin für das Magazin Jeune Afrique, für das sie über nord-afrikanische Themen berichtete. »Dann schlaf auch du« wurde mit dem höchsten Literaturpreis des Landes, dem Prix Goncourt, ausgezeichnet (siehe auch : http://www.luzernerzeitung.ch/…a-Slimani;art46444,881770 – und- siehe Bild : was für eine schöne Frau, oder ?) und in 30 Länder weltweit verkauft. Ihr ebenfalls preisgekröntes literarisches Debüt »Dans le jardin de l’ogre« wird derzeit verfilmt.


    Slimani ist verheiratet und Mutter eines sechsjährigen Sohnes und erwartet gerade ihr zweites Kind. Sie lebt in Paris, hat aber die doppelte Staatsangehörigkeit: die französische und die marokkanische.
    (Quellen : wikipedia.en +.de + fr ; Autorenbio bei amaz.de)


    Gebundene Ausgabe: 224 Seiten
    Verlag: Luchterhand Literaturverlag (21. August 2017)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 3630875548
    ISBN-13: 978-3630875545

    Danke für die Vorstellung! Hört sich ja gut an.


    Gefühlt (und wahrscheinlich nicht ganz wahr?), meine ich, schon etliche Rezis zu derlei Büchern hier im BT gelesen zu haben. Irgendwie eine kleine Mode..?!

    Eventuell einigen hier zugänglich(er) auf Niederländisch?!


    Op een zondagochtend
    De Mandy's leven al generaties lang in een houten huis op een stuk niemandsland, omgeven door een wirwar van spoorrails nabij het Nyugati-station in Boedapest. De jonge Imre groeit er op in een trieste omgeving die bol staat van hardnekkige geheimen en waarin Stalin verantwoordelijk wordt gehouden voor al het noodlot dat de familie heeft getroffen. En dat blijft ook min of meer zo na het uiteenvallen van de Sovjet-Unie, dat niettemin veel nieuws brengt in het leven van Imre: seksshops, een jonge Duitse en een vaag idee van westers geluk dat niet voor hem is weggelegd.. Op een zondagochtend : een sfeervol, melancholisch verhaal over drie generaties van een Hongaarse familie.


    Taschenbuch: 240 Seiten
    Verlag: Singel Uitgeverijen; Auflage: 01 (28. Juni 2016)
    Sprache: Niederländisch
    ISBN-10: 9029505818
    ISBN-13: 978-9029505819

    Und gerade gesehen, dass es zumindest eine italienische Fassung des Romans gibt, die ja dann vielleicht zwei, drei Lesern hier zugänglich(er) wäre?


    Titel: Gesù e Tito
    Broschiert: 205 Seiten
    Verlag: Nikita (Oktober 2011)
    Sprache: Italienisch
    ISBN-10: 8895812166
    ISBN-13: 978-8895812168

    Hier wie erwähnt, noch eine Verlinkung zum lang anhaltenden Briefwechsel zwischen den beiden...



    Marie-Louise von Motesiczky, Elias Canetti - Liebhaber ohne Adresse: Briefwechsel 1942-1992


    Zwei große Künstler begegnen sich im Exil: Die Malerin Marie-Louise von Motesiczky und der Schriftsteller Elias Canetti, die beide aus Nazideutschland nach London geflüchtet waren, lernen sich in Amersham kennen. Die Künstlerin aus reichem Hause unterstützt den bettelarmen Dichter, die beiden machen sich Mut in ihrem Schaffen - und verlieben sich. Über fünfzig Jahre erstreckt sich die spannungsreiche Geschichte, lebhaft schildern die Briefe, wie die Geflüchteten in der Nachkriegszeit in ihrem Gastland heimisch werden. Der Briefwechsel aus fünf Jahrzehnten ist das Zeugnis einer großen Liebe.


    Gebundene Ausgabe: 384 Seiten
    Verlag: Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG (29. August 2011)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 3446237356
    ISBN-13: 978-3446237353

    Original : Deutsch, geschrieben in der 2.Septemberhälfte, Anfang Oktober 1942, gefunden im Besitz der Freundin bei deren Tod, veröffentlicht 2005
    Mit Abbildungen und der vollständigen Reproduktion des handschriftlichen Originals
    Mit einem Nachwort von Jeremy Adler.


    INHALT :
    England, Anfang der vierziger Jahre: Veza und Elias Canetti lernen die ebenfalls emigrierte österreichische Malerin Marie-Louise von Motesiczky kennen, und bald entwickelt sich eine Liebesbeziehung der Malerin mit dem Dichter. Dieses Buch ist der Erstdruck einer Reinschrift, die Canetti 1942 Marie-Louise zu ihrem 36.Geburtstag geschenkt hat. Es sind handschriftliche Aufzeichnungen aus der Zeit des Blitzkrieges, in denen sich bereits Canettis große Themen finden: Die Sprache, der Tod, die Zeit und die Utopie.
    (Quelle: Klappentext)


    BEMERKUNGEN :
    Wie man aus weiter unten verlinkten Briefkorrespondenz der Liebenden ersehen kann, zog sich die Beziehung zwischen Canetti und Marie-Louise von Motesiczky über fünfzig (!) Jahre hin, war also nicht eine Eintagsfliege.


    Was ist wohl unter diesen 129 Aufzeichnungen zu verstehen ? Die italienische Übersetzung des Buches ist da hilfreich : sie nennt diese « Aphorismen ». Und so präsentieren sich diese kurzen Aufzeichnungen denn auch : Prägnant, knapp, mit wenigen Ausnahmen, wo der Autor wie einen kleinen Ausflug macht. ZB wenn er einen baumblättersammelnden Spezi beschreibt mit seinen Überlegungen zur Einzigartigkeit seines Tuns und den Konservierungsmethoden, als auch Überlegungen zur chinesischen Lyrik äußert...

    Immer ist die Zukunft falsch : wir haben zuviel Einfluß auf sie.

    Er hat soviel Ziele, dass er gar nicht schießt.


    Natürlich könnte man kritisieren, dass es nicht arg viel Text ist für ein Buch : Gerade mal 55 Seiten, und eigentlich « doppelte », denn auf der einen Seite ist jeweils eine Kopie des handschriftlichen Texts, und auf der anderen die Reinschrift im Druck. Aber so mancher wird hier kleine Perlen finden. Und hat es sich dann nicht schon gelohnt ? Ist es nicht eh eine Sammlung von Texten, die einen länger begleiten, die man wiederholt lesen kann?


    AUTOR :
    Elias Canetti (bulg. Елиас Канети; * 25. Juli 1905 in Russe/Rustschuk, Bulgarien; † 14. August 1994 in Zürich) war ein Schriftsteller und Aphoristiker deutscher Sprache. Ältester Sohn einer wohlhabenden sephardisch-jüdischen Kaufmannsfamilie, wuchs er in Bulgarien, Manchester. Nach dem frühen Tod des Vaters im Jahr 1912 siedelte die Familie nach Wien um. 1916 zogen Mutter, Geschwister und Elias Canetti wegen des österreichischen Kriegspatriotismus in die neutrale Schweiz, wo er 1917 bis 1921 das Realgymnasium Rämibühl in Zürich besuchte. 1921 zog Canetti mit der Mutter und den beiden Brüdern nach Deutschland und machte 1923 sein Abitur am Wöhler-Realgymnasium in Frankfurt am Main. Ab 1924 lebte er wieder in Wien.


    1929 promovierte er ebenda zum Dr. rer. nat. 1930/31 erfolgte die Niederschrift seines Romans Die Blendung, der 1935 erschien. 1938 zwang ihn der „Anschluss“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich, mit seiner Frau Veza nach London zu emigrieren, wo er nach dem Krieg blieb und die britische Staatsbürgerschaft erwarb. In den 1970er Jahren lebte er zunehmend, in den 1980er Jahren bald ausschließlich in der Schweiz. 1981 wurde ihm der Nobelpreis für Literatur verliehen. 1994 starb er in Zürich.


    Produktinformation
    Gebundene Ausgabe: 120 Seiten
    Verlag: Carl Hanser; Auflage: 1. (28. Februar 2005)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 3446205942
    ISBN-13: 978-3446205949

    Am Rande der Nacht


    Ganz herzlichen Dank meinen Vorschreibern, und meinem Buchgeschenkgeber (!), die ganz zu Recht und so toll von diesem Roman schreiben und schwärmen. Ich schliesse mich dem voll an, und gebe hier höchstens meinen Senf hinzu, um das Buch nach eineinhalb Jahren nochmals hochzupushen. Ich hatte Friedo Lampe ja schon im Septembergewitter kennengelernt (auch hier spielt die Haupthandlung an einem Septembertag!), und irgendwie stand er also auf meiner Wuli. Jetzt war es soweit.


    Das Kompositionsprinzip des Romans »Am Rande der Nacht« hat Lampe in einem Brief umrissen: »Lauter kleine, filmartig vorübergleitende, ineinander verwobene Szenen: Alles leicht und fließend, nur ganz locker verbunden, malerisch, lyrisch, stark atmosphärisch.« Dieses filmartige Erzählen, das mit harten Schnitten, weichen Überblendungen und gelassenen Schwenks arbeitet, nimmt wie zufällig etwa drei Dutzend einzelne Figuren ins Bild, deren Erfahrungen und Erlebnisse gebündelt und geeint werden durch die Nacht und das Vergehen der Zeit. Friedo Lampes Prosa ist ein Musterbeispiel für den Magischen Realismus, die deutsche Sonderform des Surrealismus.


    Dies ist ein Zitat aus dem Nachwort Johannes Grafs in der Ausgabe aus dem Wallstein-Verlag, das hervorragend Auskunft gibt über die Umstände und Textgeschichte. Denn so unbeschwert und elegant Lampe auch geschrieben haben mag – vielleicht zu unbeschwert ? - so landete er bei den Nazis sofort (vier Wochen nach seinem Erscheinen Ende 1933) schon auf den Index ! Ein Wunder, dass dem Autor nicht mehr passierte… Aber auch in meinen Augen eine Art Auszeichnung ! Da redet man zwar von den erotischen Szenen (die heute nicht obszön wirken), aber vielleicht ging es auch um einen Grundton.


    Diese einzelnen Bilder oder Fragmente von circa 2-7 Seiten Länge sind tatsächlich auf überaus geschickte Art miteinander verwoben : es ist als ob sich die Figuren ein wenig die Hand reichen und « übergeben », aufeinander verweisen. Das macht der Autor so spielerisch… und sprachlich sehr überzeugend.


    Und gleichzeitig eine Form der Bedrohung, der Konkurrenz (wie Jean gut herausarbeitete). Ich frage mich, ob zB das Bild insbesondere der Ratten, nicht eben doch ein so scheinbar lakonisch dahingeworfenes, Sinnbild der heraufziehenden Bedrohung ist ? Das verspürte ich damals auch im Septembergewitter… , selbst wenn Lampe scheinbar eher politisch naiv gewesen sein sollte (wie es im Nachwort heißt).


    Achtung vor einem übereilten Einkauf alter Ausgaben : nach dem Krieg kam eine zensierte Fassung heraus, überarbeitet nach dem Tode des Autors durch dessen Herausgeber : von wegen zu brisant. Selbst in Nachnazizeiten. Die restaurierte Urfassung sollte es also sein.


    Ganz große Leseempfehlung an die « üblichen Verdächtigen » !