Beiträge von Nungesser

    Auf Empfehlung von @tom leo möchte ich demnächst mal etwas von Miguel de Unamuno lesen. Scheinbar werden die Bücher des spanischen Philosophen und Schriftstellers schon länger nicht mehr neu aufgelegt. Erst in der dritten Bücherbrocky habe ich noch ein Buch von ihm gefunden. Auf die Merkliste kamen noch "Das Martyrium des San Manuel - Drei Geschichten zur Unsterblichkeit" und "Das Leben Don Quijotes und Sanchos" (letzteres wurde scheinbar zuletzt 1926 auf deutsch verlegt :-k )

    Edmund de Waal ist ein britischer Töpfer / Keramiker, der erfreulicherweise auch Bücher schreibt – hauptsächlich Fachliteratur über Keramik, aber in 2010 auch diese Familiengeschichte. De Waal stammt von der Familie Ephrussi ab; einst dank Getreidehandel und eigenem Bankhaus ähnlich vermögend wie die wohl bekannteren Rothschilds, wurde die Familie während der beiden Weltkriege in alle Richtungen verstreut und ihr Besitz zerschlagen.
    Hauptsächlich eine Familienchronik, beginnt de Waals Erzählung mit dem Kunstmäzen Charles Ephrussi in Paris der 1870er Jahre. Neben diversen anderen Künstlern, unterstützte Ephrussi auch den Maler Édouard Manet und diese einigermassen bekannte Geschichte wird im Buch natürlich ebenfalls erwähnt: "Als Anekdote ist überliefert, dass Ephrussi beim Erwerb von Édouard Manets Spargelbündel statt der geforderten 800 Franc 1000 Franc zahlte und Manet daraufhin ein kleineres Bild mit einer einzelnen Spargelstange malte und es Ephrussi mit den Worten überreichte: „In ihrem Bund fehlte eine.“ (nach Wikiseite zu Charles Ephrussi) Die beiden Spargelbilder kann man hier betrachten.

    Vielen Dank nochmals für die gelungene Rezi, die mich ermutigt hat auch mal was von Adolf Muschg zu lesen.
    Zunächst noch eine Kleinigkeit, nur um sicher zu gehen, dass Du das Buch auch zu Ende gelesen hast :wink:

    von Kapitel zu Kapitel (es waren derer 24).

    Meine Ausgabe hatte 25 Kapitel.


    Ansonsten kann ich Dir in so ziemlich allem zustimmen: alle Einzelheiten und Anspielungen kann man hier kaum benennen. Ein wenig hat es mich aber auch gestört. Wirklich jeder Name ist hier sprechend, eine Anspielung auf biblische Gestalten (Josef, Maria, Magda(lena) ) oder Wissenschaftler (Möbius). Der ganze Text kommt so stark bedeutungsschwanger vor, dass ich befürchte nur die Hälfte verstanden zu haben. Das Krippenspiel, die Flucht nach Ägypten,... in einer anderen Rezi las ich einen Vergleich mit Thomas Manns "Josef und seine Brüder", ein Buch, das noch auf meiner Wunschliste steht. Für mich war es hauptsächlich ein Briefroman, in dem der Grossvater während seiner Lebensbeichte die Sittengeschichte der 50er Jahre schildert. Er wächst in einem gefühlskalten Elternhaus auf, hat vermutlich auch deshalb Schwierigkeiten sich emotional zu binden, und stolpert eher durch Glück in ein gutbürgerliches Leben. Warum er sich nun dazu veranlasst sah, seinem Enkel seine Gefühlswelt zu schildern - das verkehrte Aufstellen der Krippenfiguren? - fand ich etwas hergeholt, aber okay.
    Ich kann mir gut vorstellen, dass bei so vielen Referenzen und Hinweisen andere Leser etwas ganz anderes entdecken.
    Keins schlechtes Buch, aber weiteren Büchern von Muschg lasse ich noch etwas Zeit...

    Das mag schon stimmen, und sind sicherlich sehr wichtige Gedenktage im Leben vieler von uns.

    :totlach: Ja, auf den Tag der alten Steine habe ich schon hingefiebert... Toll, was es alles für (Gedenk?)-Tage gibt

    Auch in Italien ist dies ein sehr schöner Feiertag Befana

    Danke für den Link, die Hexe Befana kannte ich noch gar nicht. Da ist also eine vierte Person aufgebrochen, um das Jesuskind zu besuchen? Das erinnert mich an Edzard Schapers "Legende vom vierten König", in dem ein russischer König den Weg zum Heiland unternimmt.


    Ich geniesse zuhause die Ruhe: die Familie ist gestern für 2 Wochen in den Urlaub gefahren und ich darf ab Montag wieder arbeiten gehen...

    Wie erkennt man ungekürzte / Originalausgaben von Klassikern?

    Das ist eine wirklich gute Frage! Das Problem habe ich derzeit wieder, weil ich für die Dickens-MLR noch eine Ausgabe "David Copperfield" kaufen möchte. Und die Seitenzahlen einzelner Ausgaben schwanken doch beträchtlich.
    Es ist eine Sauerei, wenn ein Verlag nicht darauf hinweist, wenn dessen Ausgabe gekürzt ist :thumbdown: Daher meide ich den Anaconda-Verlag komplett. Der legt zwar ständig Klassiker mit sehr ansprechendem Cover auf, aber da bin ich zweimal an eine gekürzte Fassung geraten. Ich vertraue dann mehr den Fischer-Klassik Taschenbüchern... Dem Verlag traue ich ohne hier Werbung machen zu wollen. Diogenes, dtv etc sind für mich ebenfalls zuverlässige Verlage. Aber 100% sicher bin ich mir auch nicht immer.

    Ich habe mich bei David Foster Wallace´ Reisebeschreibung an Bord eines Kreuzfahrtschiffes köstlich amüsiert, und dabei kann ich eigentlich mit den meisten humorvollen Büchern wenig anfangen.
    DFW ist ein sehr analytischer Betrachter und seine Bemerkungen sind treffend und traumhaft formuliert. Man muss auch keine Angst haben, dass der Autor sich seitenweise über weisse Wohlstandbäuche in der Gluthitze, den Ententanz oder Bingo-Abende auslässt. Vielmehr schätzt er den Luxus an Bord, versucht etwas hinter die Kulissen des Betriebs zu schauen (was ihm wegen der vielen Aufpasser misslingt) und beschreibt vor allem auch sich selbst, wie er nach einer Woche völligem Nichtstuns und der fehlenden Notwendigkeit eine Entscheidung treffen zu müssen, sich fühlt.

    Wie viele Bücher habt ihr 2017 gelesen? Waren es mehr oder weniger als die Jahre zuvor?
    Ich habe in 2017 80 Bücher gelesen, 8 mehr als im Vorjahr. Und: es waren im Schnitt eher dickere Bücher! Also quantitativ schon mal super...


    Welcher Monat war euer stärkster, welcher euer schwächster?
    Gehe ich von den gelesenen Seiten aus, dann ist traditionell der Dezember mein schwächster Lesemonat.


    In welchen Genre wart ihr hauptsächlich unterwegs? Habt ihr auch einen Blick über euren Tellerrand hinausgeworfen?
    Keine Experimente. Genre möchte ich mehr Sachbücher, evtl auch mal wieder SF oder Fantasy lesen, aber ich habe noch so viele Bücher auf meinem SUB, die viel versprechend erscheinen...


    Gab es Überraschungen, positive wie negative? Was war euer absolutes Jahreshighlight, welches eure Flops und Tops?
    Habe ich bereits in den entsprechenden Threads genannt.


    Habt ihr Neuentdeckungen gemacht? Neue Autoren, Genre und auch sonst? Oder, längst vergessene Autoren und Genre, die ihr bis dato stark vernachlässigt habt, wieder für euch entdeckt?
    Da waren eine Menge neuer Autoren dabei: Laxness, Alexijewitsch, van der Heijden, Franz Hohler, Jose Saramago, W.G. Sebald u.v.m.
    Dem entsprechend habe ich viele andere vernachlässigt: Simenon, Auster, ...


    Habt ihr euch miteinander getroffen? Auf Buchmessen, regionalen Treffen, Lesungen? Wart ihr auf einer?
    Seit April 2013 bin ich hier angemeldet, und vor ein paar Tagen habe ich erstmals einen BT´ler in natura gesehen @tom leo :winken: Leider viel zu kurz, da wir Beide einen vollen Terminkalender hatten, aber schön wars!
    Es gibt Euch also doch; ich chatte hier nicht mit einer künstlichen Intelligenz...
    Sonst keine Lesungen, Messe oder ähnliches...


    Habt ihr mehr E-Books, Taschenbücher oder Hardcover gelesen?
    Keine eBooks, keine Hörbücher. Ich bin altmodisch und lese am liebsten auf Papier, und da machen ich keinen Unterschied zwischen HC und TB


    Habt ihr an Leserunden teilgenommen oder es wenigstens versucht?
    Zwei Leserunden: am Jahresanfang "Grosse Erwartungen" von Dickens und "Ulysses" von James Joyce
    Bei beiden MLR habe ich nicht bis zu Ende durchgehalten. Dieses Jahr soll es besser werden!


    Auf was freut ihr euch nächstes Jahr? Gibt es Neuerscheinungen, Lesungen, Treffen, denen ihr entgegen fiebert?
    Noch keine Pläne; Neuerscheinungen verfolge ich nicht...


    Werdet ihr wieder an Challenges teilnehmen oder bleibt ihr Einzelkämpfer?
    Ich bleibe Einzelkämpfer. Vor zwei Jahren habe ich mich daran versucht, aber früh aufgegeben. Ich entscheide lieber spontan, oder wenn mir gar nichts einfällt, dann befrage ich die Lesewichtel...


    Ist euer SuB gestiegen oder gesunken?
    Von 411 auf 464 gestiegen. Die Wunschliste übrigens auch, aber da bin ich längst im vierstelligen Bereich...


    Blickt zurück und zieht Bilanz? Wie sah es aus, euer Lesejahr 2017?
    Ich bin sehr zufrieden mit dem Lesejahr! Highlight war meine wochenlange Beschäftigung mit Halldor Laxness.
    Sowas möchte ich in 2018 nochmals wiederholen (Biographie eines mir unbekannten Autors lesen + 3-4 Romane von ihm/ihr parallel dazu)


    Ansonsten möchte ich in 2018 weiter an der Maigretreihe lesen - die hatte ich in 2017 vernachlässigt. Hier bin ich erst bei Band 22 von 75
    Ausserdem liegen hier Bücher von Joyce Carol Oates, T.C. Boyle, Margret Atwood, J.M. Coetzee, aber auch Jerome Ferrari, Friedrich Glauser, Sigrid Unset und Kurt Vonnegut herum, die ich gerne kennenlernen möchte (um nur ein paar zu nennen)
    Plus: spanische Autoren habe ich mir auch vorgenommen. Mir sind kürzlich nur 1-2 Autoren eingefallen, dabei habe ich auf meinen SUB geschaut und locker ein Dutzend Autoren aus Spanien entdeckt, die ich noch nicht kenne
    Und zuletzt möchte ich wenigstens ein englischsprachiges Buch im Quartal lesen. Langweilig wird es in 2018 somit nicht werden!

    So geht es mir auch @Hirilvorgul. Ich werde nächste Woche einfach in den Laden gehen und schaue mal, welches am handlichsten ist. Von den Angeboten bei Amazon und den Tauschbörsen bin ich überfordert. Nur eines weiss ich: ich werde auf deutsch lesen. Ich möchte zwar dieses Jahr wieder etwas mehr im englischen Original lesen, aber das muss ja nicht gleich ein 1.000 Seiten-Wälzer aus dem 19. Jahrhundert sein...

    Dann schaue ich doch auch mal auf meine Statistik:
    In 2017 habe ich 80 Bücher gelesen, 8 mehr als im Vorjahr. Und da ich im Schnitt dickere Bücher gelesen habe, waren es sogar ca 4.000 Seiten mehr, nämlich 21.157
    Mein SUB ist gewachsen, von 411 auf 464
    Mein schwächster Monat war mit 4 Büchern der Februar, der stärkste ist der November mit 10 Büchern. Allerdings, wenn ich mir die Seitenzahlen anschaue, dann ist traditionell der Dezember mein leseschwächster Monat. Auch dieses Jahr eher Kurzgeschichten und Kinderbücher. Die paar Romane hatte ich zum Grossteil bereits im November gelesen, aber erst im Dezember beendet.


    Die Bewertungen (ich runde grosszügig auf volle Sterne auf, sonst wird es mir zu unübersichtlich):
    5 x :bewertung1von5:
    8 x :bewertung1von5::bewertung1von5:
    15 x :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:
    29 x :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:
    23 x :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:
    Macht einen Schnitt von 3,7, womit ich zufrieden bin.


    Insgesamt habe ich Bücher aus 21 Ländern gelesen. Die Schweiz und Deutschland sind mit jeweils 14 Romanen am deutlichsten vertreten. Anschliessend folgen England (10), USA (7), Island (5), Belgien, Italien und Niederlande mit jeweils 4
    Von den 80 Büchern habe ich 36 rezensiert, bei 28 Kommentare geschrieben und bei 16 Büchern fehlte mir die Zeit oder Lust

    Astrid Lindgren - Tomte Tummetot :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::arrow: Meinung
    Ein Wichtel besucht diverse Tiere (und die Menschen) auf einem verschneiten, eiskalten Bauernhof und besänftigt sie mit den immer gleichen Versicherungen, dass nach einem Winter auch wieder ein Frühling kommt. Okay, die Handlung gibt nun wirklich nicht viel her, aber das ist für eine Gute-Nachtgeschichte im Kleinkindalter vielleicht gar nicht mal schlecht. Zudem gefielen mir die Illustrationen von Harald Wiberg.


    Heinrich Hoffmann - Der Struwwelpeter :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::arrow: Rezension
    Ein in die Jahre gekommenes Erziehungsbuch, das heute eher gruselig abschreckt. Dennoch schwelge ich in Erinnerungen aus nostalgischen Gründen.


    Halldór Gudmundsson - Halldór Laxness :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::arrow: Rezension
    Eine umfangreiche Biographie über den isländischen Literaturnobelpreisträger. Ein spannendes, aufregendes Leben, grandios geschildert von Gudmundsson, der Laxness Lebenslauf in Zusammenhang bringt mit der Entwicklung Islands. Ich sollte mehr Biographien lesen...


    Halldór Laxness - Die Litanei von den Gottesgaben :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::arrow: Rezension
    Der Heringshändler Islandsbersi entscheidet mit seinem Verhandlungsgeschick über das Wohl des Landes. Sein Auftreten als Mann von Welt erscheint dem Erzähler bei näherem Kennenlernen nicht ganz passend. Eine kurzweilige Parodie über das Leben Islands, welches stark vom Erfolg beim Fischfang abhängig ist.


    Don DeLillo - Cosmopolis :bewertung1von5::arrow: Rezension
    Mein Flop des Jahres. Der junge, milliardenschwere Spekulant schleicht mit seiner Limousine durch die Häuserblocks Manhattans und diskutiert mit seinen Beratern irgendwelchen Kram. Mein zweiter Roman von DeLillo, den ich nicht verstehe und von dem ich weitere Romane wohl meiden werde.


    Franz Hohler - Spaziergänge :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb::arrow: Rezension
    Im März 2010 beschließt Franz Hohler jede Woche einen Spaziergang zu unternehmen und seine Beobachtungen auf zwei, drei Seiten nieder zu schreiben. So entstanden 52 Aufsätze, die einladen, unsere Umgebung bewusster wahr zu nehmen.


    John Ronald Reuel Tolkien - Die Briefe vom Weihnachtsmann :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb::arrow: Meinung
    Der Weihnachtsmann schreibt Tolkiens Kindern zu Heiligabend einen Brief, was ihn bei den Weihnachtsvorbereitungen beschäftigt hat. Allein die Idee ist goldig, und dann mit Tolkiens Fantasie und der liebevollen Gestaltung der Briefe - wirklich empfehlenswert!


    Erich Kästner - Der Herr aus Glas :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::arrow: Rezension
    42 Erzählungen mit jeweils 4-6 Seiten Länge, teilweise noch in keinem Sammelband zuvor erschienen. Ein paar Texte waren gut, andere nicht. Eher etwas für Fans.

    Autor: Erich Kästner
    Titel: Der Herr aus Glas
    Seiten: 304 Seiten
    Verlag: Atrium
    ISBN: 9783855354115


    Der Autor:
    Erich Kästner (1899 - 1974) war ein deutscher Schriftsteller, der unter anderem dank der Kinderbücher "Das doppelte Lottchen", "Das fliegende Klassenzimmer" und "Emil und die Detektive" weltberühmt wurde. Obwohl nach der Machtübernahme der Nazis in Deutschland seine Bücher verbrannt wurden und er ein Publikationsverbot erhielt, emigrierte er nicht, sondern blieb in Deutschland um als Chronist die Ereignisse vor Ort zu beschreiben.


    Inhalt und Meinung:
    Erich Kästner hat gemäß der editorischen Notiz in diesem Buch rund 140 Erzählungen veröffentlicht. Dieser Sammelband enthält 42 Texte, die ausgewählt wurden, um die Vielseitigkeit des Schriftstellers abzubilden. Darin aufgeführt sind auch Beiträge, die nach ihrem Erstdruck nicht nochmals erschienen sind. Erwähnenswert ist zudem, dass hier keine Texte für Kinder zu finden sind, was meines Erachtens die Darstellung seiner Vielseitigkeit wieder etwas einschränkt.
    Egal, als Kästner-Fan bin ich jedes Mal froh, wenn ich noch ein paar Texte von ihm finde, die ich noch nicht kenne. Und tatsächlich sind einige Erzählungen noch in keiner der zahlreichen Anthologien erschienen. Für Sammler ist diese Ausgabe somit schon fast ein Muss.
    Dennoch: die meisten Geschichten waren mir bereits bekannt. „Ein Menschenleben“, in dem Kästner auf gerade mal 4 Seiten beschreibt, wie ein Arbeiter erst Familie dann Arbeit verliert und sein Leben verfällt. „Die Verlobungsjagd“, in der ein Junggeselle sich aufgrund einer Wette noch in der Silvesternacht verloben muss, „Die Reisen des Amfortas Kluge“ (insgesamt fünf) sind absurde Reisebeschreibungen, die man bestenfalls als Parodie auf solche Berichte betrachten kann. Diese Geschichten mal exemplarisch erwähnt, welche bspw auch schon in der Textsammlung „Karneval des Kaufmanns“ erschienen sind.
    Einige Geschichten waren mir dann doch neu, aber das waren leider nicht die Besten. Bei 42 Erzählungen, die übrigens alle nur 4 – 6 Seiten umfassen (Amfortas Kluge mal abgesehen, da sind es 22 Seiten), gibt es Licht und Schatten. Mir gefallen die etwas traurigen Geschichten deutlich besser, in denen Kästner soziale Missstände beschreibt. Die (leider in der Mehrzahl) lustigen Beschreibungen und schwankhaften Beiträge sind nur zum Teil zum Schmunzeln.
    Froh bin ich generell um die editorische Notiz, den leider etwas sparsamen Kommentaren zu den Erzählungen, der Übersicht zu den bisherigen Veröffentlichungen der Texte und dem lesenswerten Nachwort des Herausgebers Sven Hanuschek. Da kann ich den Atrium-Verlag nur loben, wie ordentlich man dort die Texte Kästners publiziert; das war mir schon bei „Der Gang vor die Hunde“ (besser bekannt als "Fabian") besonders positiv aufgefallen!

    Die Idee, als Reaktion auf die an den Nordpol geschickten Wunschzettel und später auch direkte Fragen an Father Christmas und Polar Bear zu antworten und das als schöne Tradition jedes Jahr zu wiederholen finde ich fantastisch (eine schöne Ergänzung wären sicherlich auch die Briefe der Kinder gewesen - aber diese sind wohl im Zweifel nicht mehr erhalten)

    Da kann ich nur zustimmen: allein die Idee ist goldig, und dann mit Tolkiens Fantasie und der liebevollen Gestaltung der Briefe - wirklich empfehlenswert. Was mich allerdings wundert: ich las irgendeine Uralt-Ausgabe, ähnlich der in @K.-G. Beck-Ewe Ursprungsbeitrag. Mein Büchlein hat 52 Seiten, grob gesagt links der Text, auf der rechten Seite grossformatig die Zeichnung (generell hat das Buch mehr Bilder als Text, denke ich). 2012 schrieb Janini87, dass ihre Ausgabe 111 Seiten umfasst, und die derzeit aktuellste Ausgabe hat stolze 192 Seiten? Jetzt meine Frage an diejenigen, die eine neuere Ausgabe kennen: Sind die Antwortbriefe der Kinder aufgetaucht und dort enthalten? Oder sind die schönen, grossformatigen Zeichnungen nun unpraktischerweise auf mehrere Seiten verteilt? In der Amazon-Beschreibung der englischsprachigen Ausgabe heisst es, darin seien neue, bislang unveröffentlichte Briefe enthalten. Aber wie viele können das ein? Generell ist das für mich ein Buch, das man alle Jahre wieder aus dem Regal nimmt und Freude daran hat - daher könnte ich meine abgegriffene Version auch mal erneuern...

    Autor: Heinrich Hoffmann
    Titel: Der Struwwelpeter
    Seiten: 20 Seiten
    Verlag: Schwager & Steinlein
    ISBN: 9783849901363


    Der Autor:
    Heinrich Hoffmann, 1809 in Frankfurt (Main) geboren und dort 1894 verstorben, war ein deutscher Psychiater und „Gelegenheitsversemacher“ (Zitat Wiki)


    Inhalt: (Klappentext)
    Wenn die Kinder artig sind,
    kommt zu ihnen das Christkind,
    wenn sie ihre Suppe essen
    und auch das Brot nicht vergessen,
    wenn sie ohne Lärm zu machen,
    still sind bei den Siebensachen,
    beim Spazierngehn auf den Gassen
    von Mama sich führen lassen,
    bringt es ihnen Gut´s genug
    und ein schönes Bilderbuch.
    Tja, und eben dieses Bilderbuch verfasste Dr. Heinrich Hoffmann für seinen Sohn zu Weihnachten 1844 und illustrierte die Geschichten auch gleich selber. Kurz darauf veröffentlicht als „Lustige Geschichten und drollige Bilder für Kinder von 3-6 Jahren“


    Meinung:
    Noch kein eigener Thread für solch einen Kinderbuchklassiker? Okay, das Werk ist sicherlich etwas in die Jahre gekommen, und dennoch: es wird ständig wieder aufgelegt und Generationen von Kindern wurden mit Hilfe der Geschichten „erzogen ? / angeleitet? / oder doch gequält?“ Man sieht es an den bisherigen Bewertungen: an dem Werk scheiden sich die Geister. Will man seine Kinder heute noch mit dem bösen Friederich erziehen, der Fliegen die Flügel ausreisst und Katzen quält, bis ihn der geschlagene Hund ins Bein beisst? Oder mit Paulinchen, die verbotenerweise mit dem Feuerzeug spielt und sich dabei selbst anzündet? Oder Robert, der trotz Unwetterwarnungen das Haus verlässt und vom Sturm fort geweht wird? Hans Guck-in-die-Luft, der Zappel-Philipp und der Suppen-Kaspar sind ein paar weitere Figuren, von denen die meisten zumindest mal gehört haben. Auch Grimms Märchen sind überraschend brutal (wenn man mal von den Disney-Versionen absieht), und sicherlich haben sich die Erziehungsmethoden in den letzten 150+ Jahren gewandelt. Auch ich drohe nicht meinem Kleinen, ihm die Daumen abzuschneiden, wenn er weiter daran lutscht (übrigens entsprechend blutig bebildert vom Psychiater Heinrich Hoffmann selbst).
    Ich habe es also für mich gekauft, schwelge in Erinnerungen wie ich als kleiner Junge die gleichen Bilder mit leichtem Schauer betrachtet habe. Die Geschichten wurden mir damals übrigens auch nicht mit erhobenem Finger eingetrichtert. Heute betrachte ich die Bilder aus nostalgischer Sicht, störe mich nicht an der Bezeichnung „kohlpechrabenschwarzer Mohr“, amüsiere mich eher über dieses Lehrbuch der Kindererziehung und suche zum Vorlesen lieber ein schönes Buch von Astrid Lindgren heraus.

    Autor: Halldór Laxness
    Titel: Die Litanei von den Gottesgaben, aus dem Isländischen übersetzt von Bruno Kress
    Originaltitel: Guðsgjafaþulan, erschien erstmals 1972
    Seiten: 176 Seiten unterteilt in 30 Kapitel
    Verlag: Steidl Verlag
    ISBN: 9783869304076


    Der Autor: (der Laxness-Museumshomepage entnommen, gekürzt)
    Halldór Laxness (1902-1998) überragt alle übrigen isländischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Über einen langen Zeitraum hinweg war er äußerst produktiv, verfaßte dreizehn umfangreiche Romane, fünf Theaterstücke und die Dramatisierung eines seiner Bücher und veröffentlichte zusätzlich Sammlungen von Kurzgeschichten und kürzeren Artikeln sowie seine Memoiren. Seine Bücher wurden in dreiundvierzig Sprachen übersetzt und erschienen in mehr als fünfhundert Ausgaben weltweit. Seine Entwicklung als Schriftsteller ist einzigartig, die Vielseitigkeit seiner Werke hat kaum ihresgleichen, und man darf sagen, mit jedem Buch habe er seine Leser aus einer unerwarteten Richtung überrascht. 1955 bekam er den Nobelpreis für Literatur. (...)
    Halldór Laxness trat früh zum Katholizismus über, wurde dann Sozialist und rückte später von allen Ideologien, bis vielleicht auf den Taoismus, wieder ab. In seinen Büchern aber kehren bestimmte grundlegende Züge immer wieder. Er sah die Dinge aus einem eigenen Blickwinkel, formulierte oft sehr scharf und kritisch, konnte seinen Figuren und ihren Handlungen jedoch immer auch komische Seiten abgewinnen und stand stets auf der Seite der Schwachen.


    Inhalt: (Klappentext)
    Der Hering ist eine Gabe Gottes. Und Gottes Wege sind unerforschlich. In manchen Jahren kommt der Hering in riesigen Schwärmen vor die Küsten; dann kann man innerhalb kürzester Zeit reich werden und in den Fischerdörfern herrscht Goldgräberstimmung. Dann wieder bleibt der Hering plötzlich aus, und die »Boomtowns« in den Nordwestfjorden werden zu Geisterstädten. Der Heringsexporteur Bersi Hjalmarsson lässt sich von dieser Unzuverlässigkeit der göttlichen Vorsehung nicht beeindrucken. Er lebt auf großem Fuß und verpulvert das Geld seiner Landsleute mit dilettantischen Geschäften und waghalsigen Spekulationen. Die riesigen Summen, die eigentlich dem ganzen Volk gehören, kann Bersi nur deshalb verspielen, weil die Mächtigen im Land fast alle genauso dilettantisch sind wie er.


    Hintergrund:
    Ehrlich gesagt konnte ich es mir kaum vorstellen, wie wichtig der Fischfang für ein ganzes Land sein kann. Okay, der Fischer und seine Familie leiden darunter, wenn der Fang ausbleibt, aber als Leser im 21. Jahrhundert in einem erfolgreichen Industrieland ist man es gewohnt, dass es dann eben andere Arbeiten gibt oder der Staat einspringt. Daher möchte ich vorab aus einem Zeitungsartikel des Spiegels vom 02. Dez 1968 zitieren:


    „Am Jubelfest, ihrem 50. Unabhängigkeitstag, hatten 200 000 Isländer um die Monatswende wenig Grund zum Jubeln: Ihr Staat bewegt sich am Rand des wirtschaftlichen Ruins, das Staatsbankett stand im Schatten des Staatsbankrotts. Im September schon hatte Islands Regierung ausländische Waren und Reisedevisen mit einer Sondersteuer von 20 Prozent belegt; im Oktober verfügte sie eine strenge Devisenbewirtschaftung; im November schließlich proklamierte Regierungschef Bjarni Benediktsson eine Währungsabwertung von 35,2 Prozent. Es war die sechste Abwertung seit Kriegsende -- Islands Krone hat heute nur noch ein Zehntel ihres damaligen Wertes.
    Zum Sündenbock für "die schwerste Krise dieses Jahrhunderts" (Benediktsson) hat die Regierungskoalition aus Konservativen und Sozialdemokraten den nordatlantischen Hering erklärt, der seit etwa zwei Jahren alle Tradition mißachtet: Die vor Norwegen fett gewordenen Schwärme nehmen nicht mehr Sommerkurs auf die in Islands Hoheitsgewässern lauernden Fischer, sondern schwimmen weit an Island vorbei in Richtung Spitzbergen.
    Und von den Launen des Herings sind die Isländer abhängig: Trotz gelegentlicher Absatz- und Preiskrisen in früheren Jahren hielten sie an der alten Gewohnheit fest, ihren Außenhandel zu 92 Prozent mit Fischereiprodukten zu bestreiten.“


    Wer sich für das Thema interessiert, kann noch ein wenig über die Kabeljaukriege lesen, die Island und England 1958 – 1975 miteinander führten (Island erweiterte seine Fischfangzone schrittweise von 4 auf 200 Seemeilen). Zudem sind die Fangquoten alle paar Jahre wieder Thema zwischen EU und Island (und demnächst wohl auch mit England), um der Überfischung entgegen zu treten.


    Meinung:
    Ein grosses Thema also, und nicht einfach nur eine willkürliche Themenwahl, um eine humorvolle Satire über Politik und Wirtschaft zu schreiben.
    Zunächst ist der Aufbau des Romans einigermaßen komplex: Der Erzähler trifft an einem Frühlingsmorgen im Jahr 1920 in Kopenhagen den allseits bekannten Heringshändler, Islandsbersi genannt. Mit ihm verbringt er einen sonderbaren Tag und erhält Einblick in das spekulative und prahlerische Geschäft des Exporteurs. Erst ein paar Jahre später werden sich die Beiden wiedersehen, und was in der Zwischenzeit passiert, darüber berichtet der Erzähler aus Zeitungsartikeln, Gedichten und den Memoiren eines Seekapitäns… Dadurch wird eine dokumentarische Glaubwürdigkeit vorgetäuscht, die so sicherlich nicht gegeben ist, auch wenn sich einige Zeitgenossen Laxness in den Beschreibungen wiedererkannten.
    Der Erzähler versucht sich als Vogelhändler und erhält durch Islandsbersi zudem die Möglichkeit als Redakteur zu arbeiten. Immer wieder treffen sie sich, tauschen sich über Politik aus, das Auftreten von Islandsbersi bleibt stets grosspurig aber herzlich, egal wie erfolgreich der Fischfang und der Absatz verlief. Parallel dazu gibt es immer wieder skurille, absurde Geschichten, bspw begegnet der Erzähler Islandsbersis Tochter oder ihm wird eine Entenfarm zum Kauf angeboten, mitsamt der 27 Wechsel, die darauf laufen. Eine geradlinige Handlung gibt es nicht unbedingt; vielmehr nutzt Laxness solche Szenen, um sich mit viel Ironie über die damaligen Zustände lustig zu machen. Daher ist es, ähnlich wie „Am Gletscher“ ein sehr humorvolles Buch, das nicht mehr unbedingt wie „Atomstation“ oder „Sein eigener Herr“ gesellschaftlich eine Diskussion anstossen und die Welt verändern möchte.

    Und hier, der Vollständigkeit halber, ein Hinweis auf eine deutlich gekürzte Ausgabe aus dem Steidl-Verlag, der Laxness Bücher im deutschsprachigen Raum verlegt.
    Für die "zaghaften" Leser, die sich für Laxness interessieren, aber doch nicht "erschlagen" werden möchten :wink:

    Autor: Halldór Gudmundsson
    Titel: Halldór Laxness, aus dem Isländischen übersetzt von Helmut Lugmayr
    Originaltitel: Halldór Laxness - ævisaga, erschien erstmals 2004
    Seiten: 864 Seiten in sechs Abschnitten mit Unterkapiteln
    Verlag: btb Verlag
    ISBN: 9783442751426


    Der Autor: (Klappentext)
    Halldór Gundmundsson wurde 1956 in Reykjavik geboren. Er studierte Literaturwissenschaften in Island und Kopenhagen und war lange Jahre Verlagsleiter von Islands größtem literarischen Verlag Mal og menning. Seine Biografie über Halldór Laxness wurde ausgezeichnet mit dem Isländischen Literaturpreis und von den isländischen Buchhändlern zur Biografie des Jahres gewählt.


    Inhalt: (Klappentext)
    Die große Biografie über den isländischen Schriftsteller und Nobelpreisträger für Literatur Halldór Laxness (1902-1998). Eine spannende Geschichte über einen europäischen Autor in einem Jahrhundert der Extreme: von Hollywood bis Moskau, vom katholischen Kloster bis zum kommunistischen China - Laxnessˋ bewegtes Leben steht exemplarisch für die Vielfalt literarischer Strömungen im 20. Jahrhundert.


    Meinung:
    Tja, wo soll ich anfangen? Wer freiwillig zu nahezu 900 Seiten in Form eines Ziegelsteins greift, um über einen isländischen Schriftsteller zu lesen, der muss bereits Fan von Laxness sein, oder nicht? Ehrlich gesagt lag das Buch rund zehn Jahre wie Blei auf meinem SUB. Von Laxness kannte ich bis vor kurzem kein Buch, und Biographien lese ich ebenfalls selten. Nachdem ich allerdings kürzlich die Gelegenheit hatte, Laxness Haus in Gljúfrasteinn / Mosfellsbær zu besichtigen, wurde mein Interesse geweckt. Und vor diesem Hintergrund habe ich die letzten drei Monate viel Zeit mit dieser Biographie verbracht, ein paar seiner Romane parallel gelesen und über Island und seine jüngere Geschichte recherchiert. Diesen Aufwand betreibt man wohl eher selten, aber mir hat es unglaublich viel Spaß gemacht, und diese Biographie war sozusagen im Mittelpunkt meines kleinen Studiums.
    Zunächst einmal ist das Buch gut strukturiert in Kindheit und Jugendjahre, anschließend einzelne Kapitel in Dekaden unterteilt, und die letzten dreißig Jahre nehmen dann in einem abschließenden Kapitel nur noch 60 Seiten ein. Schwerpunkt ist somit klar auf Laxness Entwicklung von einem Jungen auf einem abgelegenen Bauernhof hin zu einem weltweit anerkannten Schriftsteller, der die isländische Sprache „modernisiert“ hat. (Sein Landsmann Gunnar Gunnarsson bspw schrieb überwiegend in dänischer Sprache)
    Nun lebte Laxness beinahe ein ganzes Jahrhundert und Island gehörte zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch zu Dänemark, die Universität wurde 1911 gegründet, ein Verlagswesen für die knapp 100.000 Bewohner auf der Insel gab es praktisch kaum. Kaum Infrastruktur (Straßen und Elektrifizierung), sehr ländlich und dünn besiedelt, musste es einem ehrgeizigen jungen Mann wirklich wie das Ende der Welt vorgekommen sein. Gudmundsson beschreibt Laxness als selbstbewussten, experimentierfreudigen, rastlosen und zielstrebigen Menschen, der sich in vielen Bereichen engagiert, schnell begeistert, allerdings auch die Meinung ändern kann, egozentrisch ist und nicht allzu sehr auf die Befindlichkeiten anderer achtet. Dem entsprechend vielseitig war denn auch Laxness Leben.
    Mit Anfang 20 konvertierte er zum Katholizismus, wählte für sich den Beinamen Kiljan und verbrachte einige Zeit im Benediktinerkloster St. Maurice de Clervaux in Luxemburg. Irgendwann merkte er, dass er für das Klosterleben doch nicht geschaffen war, ging nach Hollywood und versuchte sich als Drehbuchautor. Generell reiste er viel, beschäftigte sich mit neuen Technologien, politischen Ideen (dem Kommunismus stand er offen gegenüber, weshalb er großen Erfolg in der DDR, Russland, etc hatte, aber in den USA kaum verlegt wurde), stand in regem Austausch mit anderen Schriftstellern und Künstlern. Durch sein Engagement und seine direkte, konfrontative Art spaltete er allerdings auch die Gemüter. Insbesondere in einem solch kleinen Land wie Island, war er (zumindest bis zur Verleihung des Nobelpreises) stark umstritten und seine Streitereien mit den Politikern Jonas von Hrifla und Bjarni Benediktsson waren sehr unterhaltsam, sei es wegen der modernisierten Orthographie bei einer Neuausgabe der Islandsagas oder zur Debatte betreffend eines Stützpunktes für die US-Armee bei Keflavik.
    Und das hat mir an dem Buch auch so gut gefallen: es war nicht einfach eine Aneinanderreihung von Fakten (ich kenne hauptsächlich die rororo-Monographien, die sehr fokussiert sind – praktisch zum Nachschlagen, aber nach der Lektüre vergesse ich die ganzen Zahlen auch wieder). In seitenlangen Infokästen werden Hintergründe erklärt, Lebensläufe seiner Wegbegleiter erörtert, die Entwicklung Islands zur damaligen Zeit beschrieben und alles mit allem in Zusammenhang gebracht. Es ist somit nicht nur eine Biographie über Halldór Laxness, sondern anhand dessen Lebenslauf erfährt man als Leser auch sehr vieles über die geschichtliche Entwicklung Islands, dessen Politik, übrige Künstler und, und, und. Da hat sich Halldór Gudmundsson viel Mühe gemacht, nicht nur mit seinen Recherchen (es werden eine Menge Bilder, Interviews und Sekundärliteratur im Anhang aufgeführt), sondern mehr noch mit dem Vermitteln der jüngeren isländischen Geschichte, unbedarften ausländischen Lesern gegenüber.
    Man muss natürlich viel Motivation, Konzentration und Interesse mitbringen; ein Buch zum nebenbei lesen ist es garantiert nicht, aber für mich war es eines der Highlights in 2017.