Wilhelm Baum - Die Türkei und ihre christlichen Minderheiten

  • Wilhelm Baum: Die Türkei und ihre christlichen Minderheiten Geschichte Völkermord Gegenwart; Kitab-Verlag Klagenfurt Österreich 2005; 208 Seiten; ISBN: 3-902005-56-4


    Der Islam kam um das Jahr 640 herum erstmals nach Ostanatolien. In der Folgezeit gerieten christliche Gruppen wie die Byzantinischen Orthodoxen, so genannten Jakobiten sowie die so genannten Nestorianer um Amida (Diyarbakir) unter seine Herrschaft. Unter arabischer und türkischer Herrschaft waren sie als Dhimmi (Schutzbefohlene) Bürger 2. Klasse. Im Alltag, Rechtssystem und in der Gesellschaft wurden die Christen unterdrückt und in der Regel mit Willkür behandelt. Nach dem Sieg der Seldschuken über Byzanz (1071) überfluteten die Türken die anatolische Hochebene. Berittene Krieger bedrängte die christliche Bevölkerung, die in die Küstenregionen floh. Im Landesinnern (z. B. in Kappadokien und Pontos) blieben allerdings christliche Gruppen bis 1923 sesshaft. Ab dem 14. Jahrhundert verdrängte das Osmanische Reich die Byzantiner aus Kleinasien - 1453 fiel auch Konstantinopel in die Hände der Türken. Die europäischen Großmächte setzten sich nach dem Freiheitskrieg der Griechen, Serben und Bulgaren im 19. Jahrhundert für die Christen in der Türkei ein, die schließlich sog. Millets mit Selbstverwaltung auf der untersten Ebene erhielten. Die jungtürkische Bewegung versuchte seit 1895 durch gezielte Massaker an den Christen, diese in Anatolien zu vernichten. Im Jahre 1915 wurden nicht nur mehr als eine Million Armenier systematisch in die syrische Wüste deportiert und ermordet, sondern auch Jakobiten und Nestorianer (z. B. in Edessa und Seert). Am Musa Dagh, in Van sowie im Turabdin bei Mardin verteidigten sich Christen gegen die türkische Armee. Bis in heute haben Klöster und Kirchen keine gesicherte Rechtsstellung und kein freies Schulwesen. Die Türkei leugnet bis heute noch immer die Massaker 1915/17; Intellektuelle und Priester, die die Zustände ansprechen, werden verhaftet. Es liegt an der EU, vor einer Aufnahme der Türkei die Rechtssituation der christlichen Minderheiten zu klären.


    Ich gebe es gerne zu, daß ich hier den amazon-Text leicht verändert wiedergegeben habe.


    Wilhelm Baum wurde 1948 in Düsseldorf geboren. Seit seinem Studium der Geschichte, Theologie und Philosophie, das er als Dr. phil. und Dr. theol. abschloß, arbeitet er nicht nur als Univ.-Doz. f. Geschichte des Mittelalters, sondern auch als Buchautor.


    Wer sich für Kirchengeschichte interessiert, wird sicherlich gerne zu diesem Buch greifen, insbesondere dann wenn er sich für die Ostkirchen begeistern kann. Baum kann hier als Buchautor auf jeden Fall auf sein umfangreiches Fachwissen zurückgreifen - die Geschichte des christlichen Orients ist ja bekanntlich ein Spezialthema des Deutsch-Österreichers. Die Ausführungen sind auch für Laien gut verständlich geschrieben. Baum greift hier ein tagesaktuelles Thema auf - die Türkei möchte ja schließlich in die Europäische Union aufgenommen werden. Ihr Umgang mit der eigenen allgemeinen und Religionsgeschichte wird da schon ein Maßstab ein, ob das Land bereit und in der Lage ist, Teil der europäischen Wertegemeinschaft zu werden.