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Als die 19-jährige Sophie, Tochter des bayrischen Königs Maximilian I. Joseph und seiner zweiten Gemahlin Karoline von Baden, 1824 nach Wien reist, liegt eine schwere Aufgabe vor ihr. Das hübsche, intelligente Mädchen soll Franz Karl, den zweitgeborenen Sohn des "guten Kaiser Franz" heiraten, der weder mit seinem Äußeren noch mit seinen geistigen Fähigkeiten zu bestechen vermag. Und doch ist sie überglücklich, dass sie nicht den offiziellen Thronfolger Ferdinand heiraten muss, der unter epileptischen Anfällen leidet und für schwachsinnig gehalten wird, denn auch er stand als potentieller Heiratskandidat zur Debatte. Eine Ehepartnerin würde sich auch für ihn finden lassen, doch erschien die Frage der Nachkommenschaft mehr als ungewiss. Wohl aus diesem Grunde wählte man als Gemahlin für den nächsten Thronanwärter Sophie, Hoffnungsträgerin der Monarchie für einen gesunden Erben.
Obwohl die junge Erzherzogin, die in einem liebevollen Elternhaus eine glückliche Kindheit im Kreise ihrer Geschwister und Halbgeschwister verbracht hatte, von starkem Heimweh geplagt wurde, fügte sie sich erstaunlich rasch in ihre Rolle. Hilfreich war wohl auch die herzliche Aufnahme in der kaiserlichen Familie, in der ein sehr familiärer Umgangston herrschte. Erst nach 6 Ehejahren und zahlreichen Fehlgeburten gab es am 18. August 1830 Grund zur Freude, als nach einer sehr schweren Geburt der ersehnte Sohn, der spätere Kaiser Franz Joseph, das Licht der Welt erblickte. Es sollten noch drei weitere Söhne und eine Tochter folgen, die jedoch bereits im Kindesalter verstarb.
Sophie war eine äußerst liebevolle Mutter, doch war sie auch sehr an Politik interessiert. Schließlich hegte sie die berechtigte Hoffnung im Falle eines Thronverzichts ihres Schwagers Ferdinand einst Kaiserin zu werden. Doch dieses Szenario wurde nicht einmal in Erwähnung gezogen als ihr Schwiegervater 1835 starb. Ferdinand der Gütige, von den Wienern oft liebevoll-despektierlich als Gütinand, der Fertige, bezeichnet, bestieg den Habsburgerthron, und machte gar keine so schlechte Figur wie anfangs befürchtet.
Doch die Zeiten waren unruhig, im Volk gärte es, und 1848 überzog die Revolution Europa wie einen Flächenbrand. Auch die Wiener Bürger verlangten die Abschaffung des Polizeistaates unter Kanzler Metternich, spürbare soziale Verbesserungen für die großteils im Elend lebende Bevölkerung, sowie Rede- und Pressefreiheit.
Sophie war über die Vorgänge äußerst beunruhigt, musste sie Wien mit ihrer Familie aus Sicherheitsgründen im Jahre 1848 doch zweimal verlassen. Um die Lage zu beruhigen, wurde unter maßgeblicher Beteiligung der Erzherzogin, "dem einzigen Mann am Wiener Hof", die Abdankung Ferdinands und der Thronverzicht ihres Gatten beschlossen, während der erst 18-jährige Franz Joseph die Regierung übernehmen sollte. Das Unternehmen war sehr gewagt, der blutjunge Kaiser außenpolitisch nahezu ahnungslos und auch in Zukunft nicht immer gleichermaßen beliebt, doch auf lange Sicht gesehen, trug Sophie mit diesem Schritt wohl zu einer letzten Rettung der Monarchie bei.
Doch auch nach Franz Josephs Stabilisierung im Amt, blieb Sophie vor persönlichen Niederlagen nicht verschont. Große Sorgen bereitete ihr vor allem ihr Schwiegertochter Elisabeth, die Sophies Vorstellungen von einer pflichtbewussten Monarchin immer weniger entsprach. Vom schwersten Schicksalsschlags ihres Lebens, der Hinrichtung ihres Sohnes Maximilian von Mexiko im Jahre 1867, sollte sie sich nie mehr vollständig erholen.
Erzherzogin Sophie starb im Alter von 68 Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung.
Wie es mir gefallen hat
Als der armen Sisis böse Schwiegermutter ist sie in die Geschichte eingegangen, und dieses Bild werden wohl auch viele Leser vor Augen haben. Umso wichtiger erscheint eine objektive Beurteilung der Erzherzogin, und dieser Aufgabe wurden die beiden Autorinnen meiner Meinung nach völlig gerecht.
Als junge Frau kam sie an den Wiener Kaiserhof, um Gattin eines wenig ansehnlichen Habsburgers zu werden, der ihr auch geistig nicht das Wasser reichen konnte. Dennoch nahm sie ihre Pflicht sehr ernst, war Sophie vom Gottesgnadentum des Herrschers doch voll und ganz überzeugt. Dass sie einmal eventuell sogar selber Kaiserin werden könnte, sich aber mit ziemlicher Sicherheit als Mutter des künftigen Kaisers sah, dürfte die Erzherzogin über alles Ungemach hinweggetröstet haben.
Die beiden Autorinnen konnten auch nachweisen, dass Sophie in ihrer Jugend durchaus mäßig liberal gesinnt war, und sogar einer konstitutionellen Regierungsform etwas abgewinnen konnte. Erst die Erfahrungen des Revolutionsjahres 1848 änderten ihre Einstellung, bangte sie doch nicht nur um das Leben ihrer Liebsten, sondern war auch vom Verhalten der Wiener sehr enttäuscht. Während der Regierungszeit ihres Schwagers mischte sich Sophie nachweislich in die Politik ein, indem sie ihren Ehemann Franz Karl dementsprechend instruierte, doch wurde sie auch von den Generälen sehr ernst genommen.
Darüber hinaus zeigte sich die Erzherzogin als sehr wohltätig, und war eine äußerst liebevolle Mutter, die ihre Fürsorge auch auf ihre Schwiegertöchter ausdehnte. Dass sie damit nicht nur auf Gegenliebe stieß, ließ sie Kaiserin Elisabeth von Anfang an spüren. Die beiden Autorinnen sind allerdings der Meinung, dass das Problem weniger Sophie war, sondern sehen eher in der exaltierten Sisi eine Fehlbesetzung. Die Wittelsbacherin wuchs in ihrer bayrischen Heimat völlig frei und unbekümmert auf. Der unkonventionelle Herzog Max legte auf eine standesgemäße Erziehung seiner Kinder absolut keinen Wert, und so war Sisi auf die Rolle, die sie auf dem geschliffenen Parkett des Wiener Kaiserhofes dereinst zu spielen haben würde, in keiner Weise vorbereitet. Außerdem war ja auch ihre ältere Schwester Helene als Braut des Kaisers vorgesehen gewesen.
Vom ersten Tag ihrer Ehe an fühlte sich Elisabeth von der Erzherzogin kontrolliert, auch wenn ihr diese nur mit Rat und Tat zur Seite stehen wollte. Im Laufe der Jahre verschlechterte sich dieses Verhältnis, weil Sophie längst erkannt hatte, dass die Kaiserin ihrem Sohn absolut keine würdige Gefährtin, und ihren Enkelkindern keine gute Mutter war. Dass sie allein ihren Interessen und Vorlieben lebte, konnte die pflichtbewusste Erzherzogin nicht verstehen. Die Autorinnen sind auch nicht der Meinung, dass die beiden Frauen ein völlig entspanntes und freundschaftliches Verhältnis gehabt hätten, wie Gabriele Praschl-Bichler 2008 in ihrem Buch "Unsere liebe Elisabeth" es darstellte. Vielmehr beruhte ihr zunehmend kühles Verhältnis auf völlig unterschiedlichen Lebensauffassungen, die nicht in Einklang gebracht werden konnten.
Nach der Thronbesteigung ihres Sohnes soll sich die Erzherzogin aus der Politik weitestgehend zurückgezogen haben, doch ist nicht mit absoluter Gewissheit festzustellen, inwieweit sie den Kaiser, der ihr zeitlebens sehr ergeben war, doch noch zu beeinflussen verstand.
Mir hat die Biografie der Kaiserinmutter, die von Historikern lange nicht die gebührende Aufmerksamkeit erhielt, sehr gut gefallen, zeichnet sie doch das Bild einer sehr starken Frau, die durch ihre Disziplin und Intelligenz, aber auch mütterliche Fürsorge zu beeindrucken versteht. Durch ihre Briefe sind aber auch ihre Ängste und Zweifel, ihr starkes Gottvertrauen und die lebenslange Sorge um ihre große Familie ersichtlich geworden. Sicher hat sie niemandem Böses gewollt, doch hat sie sich durch ihre Stellung und die strikte Befürwortung einer absolutistischen Regierungsform auch viele Feinde geschaffen, die über ihren Tod hinaus zu einem üblen Ruf beigetragen haben. Nicht zuletzt war dafür auch ihre kaiserliche Schwiegertochter verantwortlich.
Meiner Meinung nach ist es den beiden Autorinnen durch ihre objektive Darstellungsweise vortrefflich gelungen, diese Sichtweise zu korrigieren, auf dass Erzherzogin Sophie in Zukunft den ihr gebührenden Rang innerhalb der kaiserlichen Familie einnehmen möge.