Umberto Eco - Das Foucaultsche Pendel

  • Er besass eine Bibliothek mit insgesamt 50‘000 Büchern.

    Das ist unglaublich, damit hatte er dann auch mehr Bücher als @Gernot, denke ich. Und in Ecos Fall sind das auch noch Bücher in Papierform! Danke auch für den Link. Die Passage, in der aus einem Artikel berichtet wird, in dem er ein Bücherleben aus Sicht eines e-Books beschreibt, fand ich klasse. Mal schauen, ob ich die komplette Kolumne im Internet finde (auf die Schnelle wars jedenfalls nichts).

    Wir haben es heute sehr einfach es gibt im Internet eine unglaubliche Fülle an Informationen welche uns bei einigem Geschick das gewünschte Resultat liefern.

    Das gibt mir gleich in mehrfacher Hinsicht Rätsel auf:
    1. Wie konnte er ohne Internet so eine Fülle an Informationen in den Roman packen. Okay, er galt als Universalgenie, schrieb 8 Jahre daran und hatte zwar kein WWW aber 50`000 Bücher - das hilft schon mal.
    2. Wie konnte man als Leser ohne Internet das alles nachvollziehen? Mit Internet macht das Lesen des Romans auf jeden Fall mehr Spass!
    3. Und jetzt wird es wild - Ich habe mich gefragt, ob so mancher Wikipedia-Artikel Querverweise zu manch abstrusen Verschwörungen nur enthält, weil Eco darüber geschrieben hat. Oder anders gesagt, hat Eco sich für das "Foucaultsche Pendel" ein paar verrückte Zusammenhänge zwischen einschlägig bekannten Namen ausgedacht, die über die Zeit von Verschwörungstheoretikern aufgegriffen wurden, und heute in abgewandelter oder ausgeprägterer Form in entsprechenden Kreisen ein Eigenleben entwickelt haben? (...und wir die heute als "Quellen" lesen?) Das fände ich jedenfalls besonders witzig.

    Miguel Serrano (ein kompletter "Spinner" wenn man das was in Wikipedia steht, liest)

    Ich lach mich schlapp. Noch nie von dem Kerl gehört, aber den esoterischen Hitlerismus muss ich mir merken: Hitler ist nach dem Krieg mit einer Reichsflugscheibe entkommen, lebt in einer Erdhöhle in der Antarktis und bereitet als Shambala-Fürst die Endschlacht vor... - um nur mal eine seiner Theorien zu nennen.
    Lustigerweile las ich diesen Artikel heute mittag, als ich gerade am "Mysterypark" vorbei fuhr, der vom Prä-Astronautiker Erich van Däniken gegründet wurde (und dass der Park heute nicht mehr Mystery-, sondern Jungfraupark heist, aber genau die gleichen Themengebiete präsentiert, klingt jedenfalls amüsant, auch wenn der Park nicht wegen geheimnisvollen Jungfrauen, sondern nach der Region umbenannt wurde). Da kam ich mir dann schon ein wenig von Verschwörungstheoretikern umzingelt vor - plötzlich sehe ich sie überall!

  • Oder anders gesagt, hat Eco sich für das "Foucaultsche Pendel" ein paar verrückte Zusammenhänge zwischen einschlägig bekannten Namen ausgedacht, die über die Zeit von Verschwörungstheoretikern aufgegriffen wurden, und heute in abgewandelter oder ausgeprägterer Form in entsprechenden Kreisen ein Eigenleben entwickelt haben?

    Das könnte durchaus sein und als Autor würde ich ob einer solchen Entwicklung Purzelbäume schlagen. Das Pendel rettet sich in die Realität und führt dort lustig
    ein Eigenleben. Das ist beinah so, als würde Tolkien auf dem Weg zur Universität kurz noch ein Lembas Brot mit Legolas teilen.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

    :study: Matt Ruff - Lovecraft Country

  • Die Passage, in der aus einem Artikel berichtet wird, in dem er ein Bücherleben aus Sicht eines e-Books beschreibt, fand ich klasse. Mal schauen, ob ich die komplette Kolumne im Internet finde (auf die Schnelle wars jedenfalls nichts).

    @Nungesser ist es dieser Artikel?, Innerer Monolog eines E-Books, liest sich köstlich :wink:


    1. Wie konnte er ohne Internet so eine Fülle an Informationen in den Roman packen. Okay, er galt als Universalgenie, schrieb 8 Jahre daran und hatte zwar kein WWW aber 50`000 Bücher - das hilft schon mal.

    Ich denke (vermute mal :scratch: ) die Universität Bologna hatte doch sicher schon eine interne "Literaturdatenbank" die Herr Eco konsultieren konnte, nebst seinen Büchern.


    Und jetzt wird es wild - Ich habe mich gefragt, ob so mancher Wikipedia-Artikel Querverweise zu manch abstrusen Verschwörungen nur enthält, weil Eco darüber geschrieben hat. Oder anders gesagt, hat Eco sich für das "Foucaultsche Pendel" ein paar verrückte Zusammenhänge zwischen einschlägig bekannten Namen ausgedacht,

    Vielleicht hilft dir folgende Seite ein wenig "Klarheit" zu erlangen :-, Nicht vollständig jedoch erfährt man doch einiges ganz Interessantes.
    Und zum "guten Schluss" noch eine Buchbesprechung aus dem Jahre 1989 :roll:

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • Ich bin bei Chessed 24 - also möglich, dass ich spoilere.

    Mittlerweile bin ich auch angekommen, und lese noch etwas weiter. Wo steckst Du jetzt, bzw wo seid Ihr alle ?

    Die alte und die neue Heimat, die politischen Strömungen, sein eigenes Leben und der Glaube der Menschen.

    Ach ja die Strömungen. Ich muss gestehen, dass ich tatsächlich dachte, das Wasser auf der nördlichen Seite des Äquators in umgekehrter Richtung als auf der südlichen Hälfte abfliesst - natürlich nicht wegen der tellurischen Strömungen (da musste ich erstmal nachschauen, was das ist), sondern wegen der Corioliskraft. Andere Faktoren, die Eco auch hier aufgeführt hat, wie Beschaffenheit des Waschbeckens, seitlicher Ruck bei Abziehen des Stöpsels, etc, sind gemäss dieses Artikels tatsächlich ausschlaggebender!

    Nachdem Belbo den Kommissar De Angelis wieder getroffen hat, der den Fall Ardenti - bisher ergebnislos - untersucht, muss er sich wegen ihrer Schwindeleien bei der ersten Vernehmung (Binah 21 und 22) abstimmen.

    Schon ein seltsamer Zufall, dass der Inspektor ebenfalls dort war :-k Und wie wahrscheinlich, dass Ardenti den in Brasilien lebenden Casaubon nach so langer Zeit nochmals befragen möchte - zumal es ja scheinbar keine Neuigkeiten gibt. Ich denke, das ist Belbo übertrieben ängstlich, erst recht, wenn er ihm am Ende freistellt, ob er an den Schwindeleien festhalten, oder besser die ganze Geschichte erzählen möchte. Dann macht der ganze Brief eigentlich keinen Sinn. Eigentlich zieht er mit diesem Brief Casaubon wieder tiefer hinein in die Kriminalgeschichte...

    Außerdem mag ich Bücher, durch die ich noch etwas lernen kann

    Ich auch! In diesem Fall Tellurische Strömungen, Erdrotation, Picatrix, etc Ich befürchte nur, ich werde mir insbesondere die Eigennamen gar nicht alle merken können.

    @Nungesser ist es dieser Artikel?, Innerer Monolog eines E-Books, liest sich köstlich

    Super, vielen Dank! Klasse, was Du alles für Quellen im Internet findest - ich habe dafür leider kein sonderliches Talent...

  • Chessed 25
    Na also. Der zweite Brief Belbos an den in Brasilien weilenden Casaubon bietet eine einfache Lösung und beruhigt die Gemüter: der Freund des verschollenen Mediums ist mit seinen Drogengeschäften in Gefahr geraten, und hat sich mit dem Mädchen aus dem Staub gemacht.
    Rückblickend, im Periskop versteckt, scheint diese Aussage eine zu einfache, glaubhafte Lösung gewesen zu sein. Dem grossen Plan zufolge, war es wahrscheinlicher, dass es umgekehrt lief: das Mädchen musste aus dem Weg geräumt werden, weil sie zuviel wusste und in Trance auch noch zuviel verraten könnte, und der drogendealende Freund verschwindet sozusagen als Alibi, um die Entführung (?) glaubhaft zu verschleiern.
    Nochmals ein schöner Zug von Eco: erst gewinnt die Geschichte wieder an Fahrt, dann wird eine logische Erklärung angeboten, die dann mit einem kurzen zeitlichen Sprung, als vorgetäuscht eingeordnet wird...

  • Brrrrrrrr, Leute :( Bei allen ketischen Göttern, seid ihr schnell. Momentan hat mich der Schulstress ganz furchtbar in den Klauen und ich schaffe es zwar noch
    eure Kommentare zu lesen, aber das posten wird ab Montag etwas spärlicher werden. (Wir sind auf Klassenfahrt :ergeben: )


    Ich nehme zwar meinen Lap-Top mit, weiß aber nicht, ob ich da die Zeit habe. Versuche aber auf jeden Fall weiter zu lesen. So abends ab 23.00Uhr......... :-,

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  • So abends ab 23.00Uhr

    Am Ende eines Klassenfahrttages? Hut ab! :thumleft:
    Um diese Uhrzeit geht Eco bei mir nicht mehr. Ich nehme morgens nach dem Frühstück meine Portion zu mir und habe tatsächlich bisher jeden Tag ein Kapitel geschafft. Sie sind ja nicht so lang.



    Zu Chessed 26.


    Das Pendel ist das unzuverlässigste Buch, das ich in meinem Leben gelesen habe. Mein Glaube an das gedruckte Wort schwindet immer mehr. Gut, ich war bei historischen Romanen auch schon immer vorsichtig und habe oft nachgesehen, ob der Autor sauber recherchiert hat.
    Aber Eco streut Halbwissen und Geschichts-Hypothesen absichtlich ein - das glaube ich zwischen den Zeilen zu lesen - und zwar mit dem Vergnügen, seinen zukünftigen Leser über seinen Zeilen schwitzen zu sehen:


    Lieber Leser, man mische ein paar mysteriöse Angelegenheiten aus der Historie und garniere mit rätselhaften Gestalten, füge ein wenig Verschwörungstheorie und halbgare Mutmaßungen dazu ------ und, wetten, irgendeiner wird sich finden, der das alles glaubt. :shock:


    Salvador da Bahia - ich habe nichts darüber gefunden, dass dort 365 Kirchen stehen. Es kann natürlich auch (im übertragenen Sinn) heißen: Eine so große Menge an Kirchen, dass man jeden Tag im Jahr eine andere besuchen könnte. Vielleicht ein Seitenhieb des Autors auf den Katholizismus in Brasilien?


    Der Graf von Saint-Germain: Er passt auch dazu, eine zwielichtige Gestalt, die mit Okkultismus und Alchemie in Verbindung gebracht wurde, bzw. sich selbst in Verbindung gebracht hat.


    Was Oxossi ist, weiß ich jetzt auch . Zu Candomblé habe ich auch noch einen Artikel gefunden, auch zu Umbanda, das (? die?) man nicht miteinander verwechseln sollte.



    Nach dem bunten Gequirl der europäischen Sekten, Religionen und religiösen Gesellschaften und den Personen, die dafür stehen, scheint nun Südamerika an die Reihe zu kommen, auch ein wenig Afrika dabei. Die Verifizierung ist natürlich ungleich schwieriger, weil man weniger auf sein eigenes Wissen zurückgreifen kann und weniger Ansätze hat, wo und wie man an die Informationen kommt.


    Wollte man das Buch wirklich so lesen, dass man jedes Wort versteht, brauchte man keine andere Freizeitbeschäftigung mehr. Ich streiche mir während des Lesens Stellen an, die ich nicht genau verstehe, oder Namen, die ich nachschlagen will und lege mir später das Buch neben den Laptop und fange mit der Arbeit an.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Salvador da Bahia - ich habe nichts darüber gefunden, dass dort 365 Kirchen stehen. Es kann natürlich auch (im übertragenen Sinn) heißen: Eine so große Menge an Kirchen, dass man jeden Tag im Jahr eine andere besuchen könnte. Vielleicht ein Seitenhieb des Autors auf den Katholizismus in Brasilien?

    Das Kapitel fand ich sehr interessant, weil ich eine recht lange Zeit in Salvador da Bahia gelebt habe. Das mit den 365 Kirchen ist gewaltig übertrieben, aber da triffst du
    genau ins Schwarze, dass ist sicher ein Seitenhieb auf den Katholizismus, der sich hier zuweilen auch noch mit der alten Religion des Voodoo vermischt und Candomble heißt.
    Die portugiesischen Eroberer landeten als erstes in Salvador und verboten später den Sklaven ihre Voodoo Rituale auszuführen. Die gingen dann hin und haben, um den Schein
    zu wahren, oft die Jungfrau Maria sozusagen als Aushängeschild als oberste Göttin verwendet, um weiter ihre alten Rituale durchzuführen. Über die Jahre hat sich dann aber beim
    Volk der Katholizismus durchgesetzt. Candomble aber existiert immer noch und ist, in kleinen Gesellschaften auf dem Land, auch immer noch Thema.


    Wenn es also um Informationen über Brasilien und speziell um Salvador und den Bundesstatt Bahia geht, kann ich vielleicht helfen.

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  • Ihr seid unglaublich schnell, ich hinke immer ein wenig hintendrein, (bin allerdings immer müde, so ein 24Stunden Job...) deshalb bin ich froh für eure Beiträge. Gerne gebe ich jedoch weiter wenn ich etwas im Internet gefunden habe :wink:

    Salvador da Bahia - ich habe nichts darüber gefunden, dass dort 365 Kirchen stehen. Es kann natürlich auch (im übertragenen Sinn) heißen: Eine so große Menge an Kirchen, dass man jeden Tag im Jahr eine andere besuchen könnte. Vielleicht ein Seitenhieb des Autors auf den Katholizismus in Brasilien?

    Wie man dieser Seite entnehmen kann sind es nicht mehr 365 Kirchen sondern nur noch 362 !!! Wie auch immer eine faszinierende Zahl. Obwohl Brasilien sehr stark vom Katholizismus geprägt ist darf man nicht vergessen dass es danebst sehr viele indigene Religionen gibt, somit deren "Andachtstätten" sicher zu den "Kirchen" dazu gezählt werden.

    Zitat

    Diz o folclore que Salvador tem 365 igrejas, uma para cada dia do ano. Segundo a Arquidiocese de São Salvador, a Cidade possui atualmente 372 igrejas.
    Die Volkskunde sagt dass es in Salvador 365 Kirchen gibt, eine für jeden Tag des Jahres. Nach Angaben der Erzdiözese sind es derzeit 362 Kirchen.

    Den Grund wieso Herr Eco Casaubon nach Brasilien schickt erklärt er in einem ausführlichen Gespräch hier. Er lässt zudem wie man lesen kann persönliche Erfahrungen in den Roman einfliessen, (überrascht mich gar nicht mehr)

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    Horst Lichter

  • Er lässt zudem wie man lesen kann persönliche Erfahrungen in den Roman einfliessen, (überrascht mich gar nicht mehr)

    Mich überrascht inzwischen gar nichts mehr. Denkt man: Hier hat Eco phantasiert, so ist es auf einmal wahr (wie bei den Kirchen in Salvador). Denkt man: Das könnte wahr sein, wars eine Ente.


    Chessed 27 (verlinken klappt bei mir z.Z.nicht, daher Adressen im Text)


    Der Graf von Saint-Germain (Link s.o.) bekommt mehr Raum - Casaubon nennt ihn einen kuriosen Typen -, gleichzeitig wird durch die Vor-Worte des Kapitels ein Wiedergänger vorgestellt. Mich haben diese Sätze an Ahasver erinnert, den Ewigen oder Wandernden Juden (Link: https://de.wikipedia.org/wiki/Ewiger_Jude), der zur Unsterblichkeit verdammt wurde, weil er angeblich Jesus auf dem Weg nach Golgatha verspottet hat.


    Dass Eco den Kirchen kritisch gegenüberstand, habe ich, glaube ich, irgendwo gelesen. Obwohl (oder weil?) er eine Dissertation zu Thomas von Aquin geschrieben hat? Der Autor nimmt sich hier die aus Afrika stammenden und nach Südamerika verpflanzten Kulte vor und schildert ihre Probleme, aber mühelos kann man die Übersetzung zu den europäischen Religionen, Kirchen und sektiererischen Gruppen mitlesen.
    Sollen wir Eco das glauben, was er an Einzelheiten über die afrikanisch-brasilianischen Kulte erzählt? :-k


    Ich warte jetzt darauf, dass Caaubon nach Italien zurückkehrt, damit man endlich erfährt, was es mit dem großen Plan auf sich hat. Andererseits sind seine brasilianischen Erlebnisse sicher wichtig für die Zukunft, sonst würden sie nicht so breit und ausufernd erzählt (oder doch? :scratch: ).

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  • Wie man dieser Seite entnehmen kann sind es nicht mehr 365 Kirchen sondern nur noch 362 !!! Wie auch immer eine faszinierende Zahl.

    Da ist schon ein wenig Werbung für die Stadt dabei, denn einige der Kirchen sind auch im weiten Umfeld verteilt und andere würden wir in Europa nicht als Kirche
    einordnen. Tatsache ist, es sind sehr viele.

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  • Sollen wir Eco das glauben, was er an Einzelheiten über die afrikanisch-brasilianischen Kulte erzählt?

    Viele dieser Kulte sind schon von Geheimnissen umgeben und Außenstehende erhalten da nur schwer Zugang. Da ist natürlich auch Platz für Fantasie und
    freie Interpretation und das ist ja ganz nach Herrn Ecos Geschmack..

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  • Dass Eco den Kirchen kritisch gegenüberstand, habe ich, glaube ich, irgendwo gelesen. Obwohl (oder weil?) er eine Dissertation zu Thomas von Aquin geschrieben hat?

    In seiner Biografie beschreibt Umberto Eco ausführlich sein Verhältnis zur Kirche und Glauben, der Einfachheit halber weise ich auf seine Aussage im Spiegel hin.

    Zitat

    Angefangen hat er mit der Kirche.
    Während der Arbeit an seiner Dissertation über den heiligen Thomas von Aquin habe er aufgehört, so erzählte er, an Gott zu glauben. Er trat aus der katholischen Kirche aus und spottete: "Man kann sagen, dass er, Thomas von Aquin, mich auf wundersame Weise vom Glauben geheilt hat."

    Chessed 26

    Zitat von Umberto Eco

    So machten wir Bekanntschaft mit Signor Agliè.

    Welcher ein paar Bemerkungen über die mögliche Genfer Herkunft des Namens Casaubon machte. Das ist nun wirklich eine aufschlussreiche Deutung.
    Denn in Binah 10 fragt Belbo "Übrigens, wie heißen Sie eigentlich?" "Casaubon". "War das nicht eine Romanfigur in Middlemarch?"
    Middlemarch , wo der Protagonist Casaubon einen ältlichen, unterkühlten Gelehrten darstellt, der schon seit Jahren an seiner großen, wissenschaftlichen Veröffentlichung arbeitet, ohne zu merken, dass die Forschung ihn längst eingeholt hat“ darstellt.
    Signor Agliè verbindet den Name mit Isaac Casaubon, und verweist somit (wieder etwas wo ich mich schlau machen musste, ich werde noch zu einer Gelehrten :wink: ) auf die Hermetik in diesem Roman.


    Der Roman beginnt übrigens mit einem Zitat des Agrippa von Nettesheim aus seinem sein Werk De occulta philosophia welches der Hermetik zugeschrieben wird.
    Ganz sicher eine interessante Lektüre welche sich drei Themen widmet „Der natürlichen Magie“ „Der himmlischen Magie“ „Der zeremoniellen Magie“ (Bei Amazon erhältlich, allerdings ist der Preis etwas…)
    Im Internet gibt es unzählige Seite welche sich mit dem Thema Hermetik beschäftigen, somit werden Interessierte auf jeden Fall fündig. Persönlich bin ich etwas distanziert gegenüber dieser Thematik.


    Zurück zu Casaubon. Wenn wir dessen Lebenslauf betrachten merken wir wie er sich von einem sachlichen Historiker zu einer wie in einem Rausch befindlichen Person entwickelt je mehr er sich mit Magien und Mysterien befasst.


    Chessed 27

    Sollen wir Eco das glauben, was er an Einzelheiten über die afrikanisch-brasilianischen Kulte erzählt?

    Wie schon @taliesin schrieb sind diese Kulte voller Geheimnisse und es haben sich schon sehr viele Literaten damit befasst. Jedoch auch für uns lässt sich im Internet was finden, jedoch das was ich nun vorstelle ist sehr umfangreich, ich würde mir wenn schon nur die "Rosinen herauspicken" 8)


    Chessed 28

    Zitat von Umberto Eco

    "Wie dramatisch«, sagte Agliè, während er seine Tabatiere aus der Tasche zog und sie liebevoll zwischen den Händen drehte. "So haben Sie mich also erkannt?

    Das ist tatsächlich mehr wie dramatisch, Signor Agliè will mir also weismachen er wäre der Graf von Saint-Germain In meinen Augen ist Signor Agliè ein Hochstapler und damit werden sich die Herren sicherlich noch herumschlagen müssen.

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    Horst Lichter

  • Chessed 29



    In diesem Kapitel zeigt sich wieder, was @serjena schon in Chessed 26 schrieb. Casaubons Entwicklung vom Historiker zum Jäger von Magie und Mythen.
    Casaubon, der sich in Brasilien mit den alten afro-brasilianischen Kulten beschäftigt und nun auch Verbindungen zu den europäischen Geheimlehren zu sehen
    scheint, ist immer mehr gefangen auf der Suche nach einer Weltverschwörung.
    Er liest ein Werk über die Geschichte der Rosenkreuzer und natürlich stößt er auf. das schon vom Belbo erwähnte Post CXX Annos Patebo. Der Zyklus der 120
    Jahre führt dann wieder zum Templerdokument des Oberst und für Casaubon scheint sich der Kreis da zu schließen.
    Seine Freundin Amparo erkennt wohl, dass Casaubon sich auf einen gefährlichen Weg begibt.



    Zitat

    >Liebling, dich hat dieser Aglie wohl ganz verdorben. Du erwartest dir eine Offenbarung.<
    >Ich? Ich erwarte mir gar nichts.<
    >Na Gott sei Dank, hüte dich vor dem Opium der Völker.<

    Da muss man Amparo und dem Herrn Karl Marx einfach recht geben.


    So wie der Oberst den drei Herren versuchte zu vermitteln, dass seine Geschichte veröffentlicht werden muss, um Reaktionen bei den richtigen Leuten auszulösen, stößt
    Casaubon auf eine ähnliche Taktik bei den Rosenkreuzern.


    Zitat

    Wir verbreiten diese >Fama< hier in fünf Sprachen (...)
    Wir warten auf Reaktionen und Urteile von Gelehrten und Ignoranten.

    Templer, Rosenkreuzer, afro-brasilianische Kulte und Riten. Casaubon hat das Feuer wieder entfacht und er wird es nun wohl aus Brasilien nach Europa bringen.

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  • Ich melde mich bis Anfang nächster Woche aus der Leserunde ab. Von Mittwoch bis Sonntag bin ich in Urlaub und nehme den Eco nicht mit. Dummerweise habe ich heute morgen noch einen Lektoratsauftrag bekommen für einen 50-Seiten-Text, der bis Freitag (für mich also bis Mittwoch :roll: ) fertig sein muss. - Das Abgabedatum war natürlich seit Wochen bekannt, aber manche Autoren kommen nicht in die Pötte. :twisted:

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  • Ich melde mich bis Anfang nächster Woche aus der Leserunde ab. Von Mittwoch bis Sonntag bin ich in Urlaub und nehme den Eco nicht mit. Dummerweise habe ich heute morgen noch einen Lektoratsauftrag bekommen für einen 50-Seiten-Text, der bis Freitag (für mich also bis Mittwoch :roll: ) fertig sein muss. - Das Abgabedatum war natürlich seit Wochen bekannt, aber manche Autoren kommen nicht in die Pötte. :twisted:

    Ich wünsche dir eine ganz schöne Zeit, geniesse es.
    Persönlich werde ich mich vorarbeiten bis Kapitel 33 und dann abwarten, bis alle :-, sich gemeldet haben.

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    Horst Lichter

  • Hi an alle,


    habe meinen Lap-Top mit auf Klassenfahrt genommen und habe genau 3 Minuten Zeit euch jetzt mitzuteilen, dass ich selbigen eher selten nutzen kann.
    Diese Woche wird es also richtig eng, aber ich versuche heute Abend, wenn die Schülerschaft hoffentlich schläft, noch etwas zu lesen. Mehr ist leider wohl
    diese Woche nicht machbar.. So, muss zum Abendessen................ :-, ..

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  • Chessed 30
    Casaubon berichtet Amparo weiter von seinen Entdeckungen, den Verbindungen zwischen den Rosenkreuzern, dem Templerorden und weiteren Geheimbünden, aber seine Begeisterung lässt die eher rational denkende Amparo kalt. Die Rosenkreuzer steigen Anfang des 17. Jahrhunderts zu einem exklusiven Geheimbund auf, in den jeder Gelehrte berufen werden möchte, aber - da geheim - niemand weiss, wo sich der Club befindet, und wie man da hineinkommt. Also schreibt man offene Briefe, Bücher, etc, spekuliert, welche Gelehrten sicherlich Rosenkreuzer sind (die, die es abstreiten), und welche es nur behaupten (dann ist er es sicher nicht, den es handelt sich ja um einen GEHEIMBUND!) Der Orden muss existieren, weil er stumm bleibt, eine Umkehrung der Logik! Und es kommt noch schlimmer: da alle von dieser Argumentation wissen, streiten die Möchtegerns und Wichtigtuer ab, dass sie dem Bund angehören - denn das wird ja von den echten Rosenkreuzern erwartet; und die echten Rosenkreuzer bekennen sich als Angehörige - um nicht als solche ernst genommen zu werden. Jetzt ist das Chaos perfekt, bzw. "allgemeine Verpanschung", wie Casaubon es nennt: plötzlich werden alle zu Rosenkreuzern. Johann Valentin Andreae, der Autor von 'Turris Babel' und der 'Chymischen Hochzeit Christiani Rosencreutz', hätte es noch auf dem Totenbett als harmlosen Spass bezeichnet, die Rosenkreuzlegende erdacht zu haben. Plötzlich wurde es zum Selbstläufer - ähnlich wie bei der Bibel und dem Christentum! Vier Freunde, später als Evangelisten bekannt, denken sich eine hübsche Geschichte aus, die sich plötzlich verselbstständigt und zu einer Weltreligion ausartet...
    Tja, da ist die Kirchenkrtik nicht allzu subtil versteckt :wink:

    Persönlich werde ich mich vorarbeiten bis Kapitel 33 und dann abwarten, bis alle sich gemeldet haben.

    Kapitel 33 habe ich nun ebenfalls gelesen und mache hier eine Pause, bis alle wieder da sind. Jetzt kann ich die Zeit nutzen, die Kapitel bis dahin zu kommentieren :winken:

  • Es würde noch viel mehr
    Spass machen, wenn der Rest der Truppe wieder etwas aktiver wird.

    Ich muss mich bei euch allen entschuldigen, aber ich habe momentan den Kopf einfach nicht frei für die anspruchsvolle Lektüre und Leserunde. Meinem Papa geht es ziemlich schlecht und meine Gedanken kreisen eigentlich den ganzen Tag nur um meine Eltern. Tut mir echt leid - ich hatte mich wirklich auf die Leserunde gefreut und der Anfang hat mir auch Spaß gemacht. Ich werde immer mal wieder hier reinschauen und die interessanten Zusatzinformationen, die vor allem @serjena so recherchiert, verfolgen. Euch noch viel Spaß mit Belbo & Co. :winken:

    Gelesen in 2024: 9 - Gehört in 2024: 6 - SUB: 626


    "Wenn der Schnee fällt und die weißen Winde wehen, stirbt der einsame Wolf, doch das Rudel überlebt." Ned Stark