Katharina Wolf - Vier Jahre ohne dich

  • Klappentext:
    Endlich ist Nora glücklich. Nach einer schwierigen Kindheit hat sie in Jan ihre erste große Liebe gefunden – und in seiner Familie Geborgenheit und Zusammenhalt.
    Alles ist perfekt. Bis zu jenem Abend, der alles ändert. Nichts ist mehr so wie es war … selbst vier Jahre später nicht.


    Meine Meinung:
    Fast 100 Seiten lang hatte ich leider das große Problem überhaupt nicht in die Geschichte hinein finden zu können. Nora war mir extrem fern und auch ein kleines bisschen unsympathisch. Ich mag Menschen nicht so gerne, die sich so in ihrem Selbstmitleid suhlen, wie sie es tut. Außerdem betäubt sie ihren Schmerz mit Alkohol und Drogen, was ich persönlich absolut daneben finde. Ich hatte also, um es mal offen zu sagen, ein riesen Problem mit der Hauptperson. Ich muss, um ein Buch gut zu finden, die Hauptperson nicht zwangsläufig mögen, aber Nora war einfach schwer zugänglich für mich.


    Nach 100 Seiten änderte sich dann mein Blickwinkel auf Nora ein wenig. Durch das erneute Auftauchen von Jan zeigt sie endlich mal, wie es wirklich in ihre aussieht und bringt die Auslöser für ihren Selbstmitleid zum Ausdruck. Plötzlich wurde sie nahbarer und irgendwie konnte ich nun wenigstens teilweise mit ihr mitfühlen. Dennoch hätte ich mir ein bisschen mehr Entwicklung bei ihr gewünscht. Eine Auseinandersetzung mit dem Thema Alkohol und Drogen findet bei ihr ebenso wenig statt, wie die Auseinandersetzung damit, warum sie ihr ganzes Leben nur auf einen einzigen Menschen ausrichtet.


    Am besten gefallen hat mir Sebastian. Ein unheimlicher toller Kerl, ein guter Freund und ein Traum von einem Mann. Warmherzig, sensibel… was will man mehr? Er ist für Nora da, fängt sie auf, steht ihr zur Seite. Er ist immer wieder rechtzeitig zur Stelle. Auch sein Verlobter, Hiro, hat mir recht gut gefallen. Am Anfang war ich mir nicht so sicher, was ihn anbelangt. Er wirkte ein klein wenig undurchschaubar. Aber, je näher man ihn kennenlernt, und ihn im Umgang mit Sebastian und Nora beobachtet, umso sympathischer wurde er. Sebastian und Hiro sind es, die für mich die wichtigsten Charaktere dieser Geschichte waren.


    Die Geschichte wird angepriesen mit „Das romantische Debüt von Katharina Wolf.“ Romantisch fand ich nur die Beziehung zwischen Hiro und Sebastian, die, das muss ich zugeben, über weite Strecken einen großen Part in der Geschichte einnimmt und die wirklich schön geschrieben ist. Allerdings sind die beiden ja eigentlich nicht die Hauptpersonen. Das ist auch etwas, was mich ein bisschen irritiert hat. Ich hatte manchmal das Gefühl, dass es eigentlich ihre Geschichte ist, die hier erzählt wird, eben weil die Hochzeit der beiden Figuren einen so großen Raum im Buch einnimmt. Muss sie andererseits vielleicht auch, weil das der Aufhänger dafür ist, dass Nora erneut in ihrem Leben auf Jan trifft.


    Der Schreibstil von Katharina Wolf ist überwiegend sehr gut lesbar. Sie verwendet eher kurze Sätze, die man schnell erfasst. Teilweise war er aber auch etwas gewöhnungsbedürftig. Sie arbeitet sehr viel mit dem Apostroph sowohl in der wörtlichen Rede, als auch im erzählenden Teil. „Wo geht´s den heute überhaupt hin?“. Klar redet man so, aber in einem Buch fand ich das auf Dauer etwas befremdlich, vor allem in dem Teil, der nicht wörtliche Rede ist. Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, das ist mir noch in keinem anderen Buch aufgefallen. Außerdem scheint sie das Wort „eh“, so man das überhaupt als Wort bezeichnen kann, zu lieben. Auch das fand ich leicht irritierend, dass ihre Figuren das Wort „eh“ (z. B. „eh egal“) so oft benutzen.


    Alles in allem finde ich die Geschichte okay. Für mich fehlt das Gefühl, welches mich leider nicht erreichen konnte. Es fehlt mir die Auseinandersetzung zwischen Jan und Nora über die Geschichte, die in der Vergangenheit passiert ist und die sie auseinander gebracht hat. Es wird zwar aufgelöst, wie es zu dem Mißverständnis vor vier Jahren gekommen ist, aber es wird nicht weiter darüber geredet. Meiner Ansicht nach müsste sich ein Paar, das sich durch eine solche Kleinigkeit hat auseinander bringen lassen und von denen eine derart selbstzerstörerisch unter der Situation gelitten hat, tiefsinnige Gespräche führen, um wieder zueinander zu finden. Einfach über das Ereignis hinweg zu gehen halte ich schon im echten Leben für falsch. Im echten Leben wird das aber sicher öfter vorkommen, dass man Dinge unter den Tisch kehrt, das wissen wir alle. Aber hier befinden wir uns in einer Geschichte und da hätte gerade diese Auseinandersetzung dem Buch Tiefe verleihen können.


    Ich habe mich wirklich schwer getan diese Buch zu bewerten. Weniger als 3 Federn zu geben fühlt sich immer so „gemein“ an. Eine Autorin hat Herzblut und Arbeit in eine Geschichte gesteckt und dann ist es auch noch mein erstes Rezensionsexemplar vom Amrun Verlag und ein Debütroman. Aber, man muss ehrlich sein, und im Internet findet man mehrere Rezensionen von begeisterten Lesern, so dass meine Rezi da wohl auch nicht ganz so sehr ins Gewicht fällt. Von daher bin ich an dieser Stelle ehrlich: Es gibt von mir 2 Federn für eine Geschichte, die mich leider nicht wirklich begeistern konnte, weil es ihr Tiefe mangelt und die Emotionen der Protagonisten mich nicht erreicht haben. Der Schreibstil und die Geschichte um Hiro und Sebastian zeigen aber, dass da eine Menge Potential dahinter steckt. Ich bin gespannt auf das nächste Buch von Katharina Wolf.

    Gruß
    Yvonne

    Nicht die haben die Bücher recht lieb, welche sie unberührt in den Schränken aufheben, sondern, die sie Tag und Nacht in den Händen haben, und daher beschmutzet sind, welche Eselsohren darein machen, sie abnutzen und mit Anmerkungen bedecken.
    (Erasmus von Rotterdam)