Autor: Charles Dickens
Titel: Bleak House, in der Übersetzung von Gustav Meyrink
Originaltitel: Bleak House, erschien erstmals zwischen März 1852 und September 1853 als Fortsetzungsroman
Verlag: Fischer Taschenbuch
Seiten: 1151 Seiten, unterteilt in 67 Kapitel
ISBN: 9783596903153
Autor:
Charles John Huffam Dickens (1812 - 1870) war ein englischer Schriftsteller, dem Dank der Beliebtheit zahlreicher seiner Romane (Oliver Twist, David Copperfield, A Christmas Carol,...) eine grosse literaturgeschichtliche Bedeutung beigemessen wird.
Inhalt:
Der Klappentext meiner Ausgabe ist mit 12 Zeilen nicht allzu lang für ein fast 1200-seitiges Werk, spoilert aber dennoch ein, zwei nette Überraschungen, weswegen ich den Text hier gar nicht erst zitieren möchte.
Ohnehin kann jede Inhaltsbeschreibung nur ein hilfloser Versuch sein, dieses Mammutwerk einigermassen zu umreißen: Dickens baut in diesem Roman ein Gesellschaftspanorama mit mehreren Handlungssträngen und Protagonisten auf, die gegen Ende natürlich beispiellos zusammenfinden.
Zum Einen gibt es die Ich-Erzählerin Esther Summerson, die bei einer boshaften Tante aufwächst und deren Geheimnis zu ihrer elterlichen Abstammung erst im Laufe der Erzählung nach und nach geklärt wird. Des Weiteren gibt es Sir Leicester und Lady Dedlock, die mit ihrem Nachbarn Boythorn im Streit eines Wegerechts liegen. John Jarndyce ist Vormund von Ada Clare und Richard Carstone, die alle zusammen im jahrelang sich hinziehenden Erbschaftsstreit Jarndyce vs Jarndyce verwickelt sind. Ausserdem gibt es Anwälte, Schreiber, Händler, geizige Geldverleiher, arme Strassenfeger, "wohltätige" Gönner, die lieber die Armut in Afrika besprechen als vor der eigenen Haustür tätig werden; wir treffen scheinheilige Prediger, verschollen geglaubte Soldaten, verrückte Prozessbeobachter, sowie den ersten Detektiven der Romanliteratur (gemäss Klappentext). Es ist unmöglich hier alle wesentlichen Figuren in diesem Gesellschaftspanorama zu benennen. Der Roman ist vielschichtig und komplex, aber Dickens behält den Überblick!
Meine Meinung:
Ich bin von dem Roman sehr begeistert! Trotz der Vielzahl an Handlungssträngen und Personen, kann man ganz gut den Überblick behalten (obwohl ein Personenverzeichnis schon sinnvoll wäre). Dadurch, dass Dickens die Geschichte aus zwei Perspektiven erzählt (die Ich-Erzählerin Esther, sowie einen allwissenden Erzähler), behält der Leser geschickt den Überblick. (Wenn Esther bspw neue Personen trifft, dann kennt man diese als Leser bereits durch vorherige Kapitel)
Ich war zudem beeindruckt von der sehr deutlichen, heftigen Gesellschaftskritik, die Dickens unverblümt "vom Stapel lässt". Davon betroffen sind unter anderem das damalige Rechtssystem (Dauer der Prozesse und Interessenlage der Anwälte), die "Wohltätigkeit" der Privilegierten gegenüber fernen Projekten und der Ignoranz der Armut vor der eigenen Tür, sowie der fehlenden Sicherung im Sozialwesen (das Überleben der Ärmsten der Armen). Da muss man als Leser nicht viel interpretieren, Dickens vermittelt einen ziemlich genauen Eindruck von der damaligen Zeit - auch wenn eine Vielzahl seiner Figuren grotesk überzeichnet sind. Es ist überaus amüsant zu lesen, wie geizig der Geizhals und seine Familie ist, und die guten Menschen sind nicht nur nett, sondern übertrieben aufopferungsvoll. Die Erzählung bietet jedenfalls eine Menge Humor, eine Menge Charaktere, die man als Leser nicht so schnell vergessen wird, und neben all der Gesellschaftskritik auch einige Lichtblicke an guten Taten, die seinen damaligen Lesern wohl auch etwas Hoffnung machen konnten.
Fazit:
Eine sehr empfehlenswerte Lektüre. Allerdings hatte ich den Eindruck, dass die Übersetzung von Gustav Meyrink nicht unbedingt die Beste ist, im Rahmen der MLR schien mir die Übersetzung von Richard Zoozmann treffender zu sein. Ohnehin ist es bei einem solchen Klassiker ganz nett, noch Bilder, Anmerkungen, Erläuterung etc im Anhang zu haben. Die vorliegende Fischer Klassikausgabe wartet lediglich mit einem 3-seitigen tabellarischen Lebenslauf von Dickens auf, sowie einer ebenfalls dreiseitigen Zusammenfassung aus dem Kindler Literaturlexikon (was nach der Lektüre des Romans völlig überflüssig ist).