Martha Sopie Marcus - Herrin des Nordens

  • Inhalt (Quelle: amazon):
    Handelsstadt Haithabu 1047: Die junge Ingunn schwärmt leidenschaftlich für den wenig älteren Torge, der aus England nach Dänemark gekommen ist. Hier beansprucht Torge eine Erbschaft, und hier bereitet er sich auf eine Zukunft als Krieger in Diensten des englischen Königs vor. Torges älterer Bruder Jon hingegen schätzt Verhandlungsgeschick mehr als Kriegslust. Um Torge zu beschützen, und obwohl er sich mittlerweile selbst in Ingunn verliebt hat, kehrt Jon jedoch mit seinem Bruder nach England zurück. Ingunn bleibt in ihrer geliebten Heimat. Und dann überfallen die Norweger Haithabu ...


    Beschreibung:
    Dieses ganz neu erschienene Buch habe ich eigentlich nur aus einer Laune heraus vorbestellt. Ein historischer Roman, der in Haithabu spielt: das klang reizvoll. Andererseits: eine junge, mir völlig unbekannte Autorin, und dann schon wieder dieses "....in" im Titel, das ungute Anklänge an Iny Lorentz und Co. in mir hervorrief - ob es eine gute Idee war, dieses Buch zu kaufen? Na gut, mit einem Taschenbuch macht man keinen großen Verlust, wenn es einem nicht gefällt, dachte ich mir, also wage ich es mal.


    Ich bin sehr positiv überrascht worden. Gestern kam das Buch, ich habe ein bißchen darin herumgeblättert, bin auf einer Seite hängengeblieben, und plötzlich fing ich zu lesen an und hörte erst heute Nacht wieder auf, als ich es fertig gelesen hatte. Und ich war begeistert. Eine fesselnde Geschichte um Ingunn, ihre Familie, ihre Liebe zu zwei Brüdern und die Bewohner von Haithabu, eingebettet in die Wirren und Kämpfe um die Vorherrschaft in Haithabu zwischen Norwegern, Dänen und anderen, und ganz elegant und nahtlos von der Autorin noch ergänzt um die Problematik der Christianisierung und den Kampf der christlichen Kirche, auch in Haithabu die "Heiden" zu dem einzigen, wahren Gott zu führen, und zwar um jeden Preis. :wink:


    Der Autorin ist es gelungen, dies alles authentisch und historisch absolut glaubwürdig und fundiert zu schildern. Es wird nichts geschönt, teilweise geht es grausam und gnadenlos zu, man gewinnt einen guten Eindruck, wie existentiell gefährdet die Menschen damals lebten, von Feinden, Hungersnöten, Krankheiten und Ausgrenzung aus der Gemeinschaft bedroht, und wenn man liest, wie Ingunn all ihre kleineren Geschwister verloren hat und dass nur wenige Kinder damals die Kindheit überlebten und zu Erwachsenen heranwuchsen, begreift man, dass ein Leben in dieser Zeit ein einziger Kampf ums Überleben war.


    Trotzdem kommen auch gute, schöne Momente in der Geschichte um Ingunn zum Vorschein. Sie erlebt Schreckliches, findet dann aber doch noch ihre große Liebe, es gibt Freundschaft, es gibt Treue und Loyalität, und besonders anrührend wird erzählt, wie sich die Menschen damals auch gegenseitig halfen, um zu überleben, wie sie das Wenige miteinander teilten und sich in Krankheitszeiten und Not beistanden. Nicht alle, nein, denn überall und immer gab und gibt es Menschen, die kein Mitgefühl haben und nur an sich selbst denken, aber die Autorin zeigt eben beides auf. Es gellingt ihr, so gut wie alle in dem Buch vorkommenden Personen vielschichtig und lebendig zu zeichnen. Es gibt nicht die Held(inn)en auf der einen und die Bösen auf der anderen Seite, sondern die handelnden Personen, vom kleinsten Handwerker bis hin zu König Sven und anderen Mächtigen, sind Menschen, die manchmal das Gute wollen und doch Schlimmes damit anrichten, die grausam und unbarmherzig handeln und doch Momente haben, in denen so etwas wie Menschlichkeit aufscheint, die zerrisssen sind zwischen Liebe und Hass, Eigennutz und Familienverbundenheit, Macht- und Geldgier und dem Glauben an das, was sie tun.


    Dieser Roman ist für mich ein Highlight dieses noch kurzen neuen Bücherjahres. Kein schwergewichtiger, intellektuell hochkarätiger Wurf, nein, aber ausgezeichnete Unterhaltung, historisch fundiert und kenntnisreich, und von der ersten bis zur letzten Seite spannend.


    Fünf Sterne von mir und eine uneingeschränkte Leseempfehlung! :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Ein historischer Roman, der dank des Schreibstils unter die Haut geht. Die Autorin lässt die Charaktere, auch diejenigen, die nur fiktiv sind, real und lebensecht wirken. Ich fühlte mich durch die Geschehnisse und den Spannungsbogen in die Zeit der Wikinger entführt.
    Es wird deutlich, wie hart und grausam die damalige Zeit war. Ausserdem sind die Recherchen, die die Autorin zum Buch gestellt hat, äusserst umfangreich und super gelungen.


    Das Buch handelt von der späten Wikingerzeit in den Jahren 1026 bis 1066 und dreht sich um die Protagonistin Ingunn, die in dieser schweren Zeit so einige Kriege und Unwetter überstehen muss. Der Kampf ums Überleben wird immer wieder deutlich und auch die Nebenschauplätze sind hervorragend dargestellt. Die Verbreitung des christlichen Glaubens hat hier auch einen großen Stellenwert.


    Mein Fazit: Hervorragend gelungener historischer Roman, der den Spagat zwischen Historie, Kriegsgebahren und Liebe erfolgreich meistert