Jan Amos Komensky/Johann Amos Comenius - Labyrinth der Welt und Paradies des Herzens/Labyrint světa a ráj srdce

  • Original : Labyrint světa a ráj srdce (Tschechisch, 1623/31)
    Erste deutsche Fassung : Das Labyrinth der Welt und das Paradies des Herzens (Amsterdam 1631)


    INHALT :
    « Das Labyrinth der Welt und das Paradies des Herzens, das ist eine klare Beschreibung, wie in dieser Welt und allen ihren Dingen nichts herrscht als Irrung und Verwirrung, Unsicherheit und Bedrängnis, Lug und Trug, Angst und Elend, und zuletzt Ekel an allem und Verzweiflung ;
    und wie nur der, welcher zuhause in seinem Herzen wohnet und sich mit Gott allein darin verschließet, zum wahren und vollen Frieden seiner Seele und zur Freude gelangt. »

    (Eingangsworte von Johann Amos Comenius, die hier mal als Inhaltsangabe gelten sollen)


    BEMERKUNGEN :
    Auf der Suche nach tschechischen Autoren und Infos zur Geistesgeschichte stieß ich im letzten Jahr auf den Namen von Comenius, bzw Komensky. Nun, der war mir vom Pädagogikunterricht und dem anthropologischem Weltbild her schon lange bekannt. Was uns damals davon mal abgesehen aber nicht gelehrt wurde ist das breitgefächerte Spektrum seines Lebens : er war Theologe, Priester, Pazifist, Mystiker..., und eben auch Schriftsteller ! Dieses hier vorgestellte Buch ist ein wahrer Klassiker der Spiritualität UND der Literatur.


    In meiner französischen Ausgabe besteht der Text selbst nach einer Einführung aus oben zitierter « Quintessenz » des Werks, geschrieben von Comenius selbst, aus einer Ansprache an den Leser und 54 teils auch kurzen numerierten Kapiteln mit 1-19 sehr kurzen betitelten Unterabschnitten. Sieht zunächst verwirrend aus, doch ist eigentlich wie eine geführte Wanderung erstens durch « das Labyrinth dieser Welt » und zweitens « auf der Suche nach dem Herzensfrieden » aufgebaut.


    Durch eine « Sondergenehmigung » hat der Pilger die Erlaubnis erhalten, einen Einblick in den Aufbau der Welt und des Paradieses des Herzens zu erhalten. Hat man diese « Ordnung » etwas verstanden, entsteht das Bild eines Menschen - des Ich-Erzählers und Pilgers - der Comenius sicher sehr nahe steht. Im Auge behalten sollte man vielleicht seine Biographie : den Verlust von allen Gütern, Familie und Heimat. Was zählt ? Wie nimmt der Pilger/Comenius die Welt wahr ?


    Unter der Führung von recht zweifelhaften Symbolgestalten (die Weltenweisheit ist gleichzeitig « Eitelkeit ») entfaltet sich im ersten Teil eine Weltenordnung. Sie besteht im Hineingeworfensein in diese Welt (die als eine immense Stadt mit Vierteln und Plätzen etc dargestellt wird), den Entscheidungsprozessen oder auch « Schicksalszuweisungen », und schließlich in weiten Schilderungen der Aufbau der Gesellschaft und den Eigenarten jeden Standes. Die Form der symbolhaften Führung durch die verschiedensten Sphären erinnert sicherlich berechtigt an Dantes « Die göttliche Komödie ».


    Obacht : der Pilger schildert oft ein erstes Entzücken über die wunderbare Ordnung der Dinge. Dann aber sieht er wie ohne Filter oder getönter Brille den Dingen auf den Grund, macht die Scheinheiligkeit oder das Komödiantentum des Menschen aus. Eben die Suche nach Geltung, die Vermeidung von Autonomie etc. Hier erweist sich Comenius meines Erachtens – trotz einiger vielleicht etwas zweifelhafter erscheinenden Beschreibungen – als überaus hellsichtiger Beobachter des Weltenlaufs, der Motive des Menschen, der Antriebskräfte und... so mancher Selbsttäuschung. Das von der Welt versprochene Glück ist zweifelhaft, vorübergehend und täuschend. Letztlich erfüllt sie nicht den tieferen Durst, das wahre Verlangen nach Authentizität und Fülle des Menschen. Im viel kürzeren zweiten Teil über das Paradies des Herzens wird angedeutet, wie dort der Mensch Erfüllung findet.


    Bei aufmerksamen Lesen, das die recht zugänglichen Bilder zuläßt und sich darauf einspielt, wird das Lesen dieses Buches auch zu einer Entdeckungsreise durch die Welt, durch Antriebskräfte, Sehnsüchte, Erfüllung.


    Das Buch könnte man sicherlich auch unter Weltsicht/Lebenshilfe einordnen, doch angesichts des geschichtlichen Stellenwertes ziehe ich hier mal die Klassikerkategorie vor.


    AUTOR :
    Johann Amos Comenius (dt. auch Komenius, lat. Iohannes Amos Comenius, tschechisch Jan Amos Komenský, früherer Familienname Segeš); (* 28. März 1592 oder 1596 in Nivnice, Südostmähren; † 15. November 1670 in Amsterdam) war ein Philosoph, Theologe und Pädagoge sowie Bischof der Unität der Böhmischen Brüder. Diese entstammten einem pazifistischen Teil der hussitischen Gemeinschaft und trat stark für eine vertiefte und gegenseitige Erziehung ein. Comenius studierte in Herborn,Heidelberg und wurde mit 24 Jahren zum Priester geweiht. Nach dem Verlust all seiner Habe, seiner Frau und Kinder exilierte er sich 1620 zunächst nach Polen und war in den Folgejahren viel unterwegs, unterrichtete, lehrte...(siehe auch sehr ausführlichen Artikel bei : http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Amos_Comenius )


    Gebundene Ausgabe: 195 Seiten
    Verlag: A + O Verlag (März 1992)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 390508600X
    ISBN-13: 978-3905086003