Hermann Alexander Beyeler / Gerd J. Schneeweis - Bozzetto

  • Ich möchte vorausschicken, dass ich bei der Einordnung nicht sicher bin. Für mich ist das Buch ein spannender Roman mit mystischen und Thriller-Elementen. Als Thriller würde ich ihn aber eigentlich nicht bezeichnen wollen.


    Kurzbeschreibung:
    Der „Bozzetto“ Michelangelos, der 1534 auf einer Holztafel geschaffene Entwurf für die Gestaltung des Wandfreskos zum „Jüngsten Gericht“ in der Sixtinischen Kapelle, wird 1546 von einem liebesblinden Kardinal seinem angestammten Platz im Vatikan entrissen. Der Schweizer Galerist Hans Albert Bilgrin sowie der ehemalige Rechtsanwalt Maximilian Prückner finden mit Hilfe der wundersam begabten Sofie heraus, welch blutige Spur der Bozzetto auf seinem Weg quer durch die europäische Geschichte hinterlassen hat. In der Holztafel verborgen, kämpft das Gute mit dem Bösen – bis heute. Bei dem Versuch, den Fluch des Bozzetto zu bannen, sieht sich das Trio plötzlich einer unerwarteten tödlichen Bedrohung gegenüber. (Quelle: Buchrücken)


    Autoren:
    Hermann Alexander Beyeler:
    Geboren 1952 in der Nähe von Luzern, Kunstsammler, Galerist, Mäzen, Autor. Verfolgt seit vielen Jahren das Projekt Bozzetto, das er nun zusammen mit dem Schriftsteller Gerd J. Schneeweis zu einem Roman verdichtet hat. Beyeler lebt in und bei Luzern am Vierwaldstättersee.
    Gerd J. Schneeweis:
    Geboren 1947 in Bad Orb, nach juristischem Examen lang als Rechtsanwalt tätig. Lebt heute als freier Schriftsteller in Oberösterreich. Der Bozzetto ist sein »Lebensthema«, nachdem er vor mehr als 25 Jahren den Entwurf des Michelangelo gesehen hat, der ihn bis heute gefangen hält.
    (Quelle: http://www.bozzetto-dasbuch.de/)


    Allgemeines:
    „Bozzetto“ erschien im Oktober 2014 bei weissbooks.w. Der Roman umfasst 587 Seiten, die in 83 Kapitel gegliedert sind. Eingerahmt wird die Handlung von einem historischen Prolog und 2 Epilogen. Diese erzählen nicht verschiedene End-Szenarien, sondern schließen 2 Handlungselemente an unterschiedlichen Schauplätzen ab.
    Geschildert werden die Geschehnisse in der 3. Person aus Sicht eines allwissenden Erzählers. Dabei wechseln die handelnden Personen und Schauplätze ab.


    Meine Meinung:
    Ich weiß nicht recht, was ich von diesem Buch erwartet habe. Einen spannenden Roman mit historischem Einschlag und Elementen á la Dan Brown vielleicht. Worauf ich definitiv nicht gefasst war, war der Anteil von Neo- oder besser gesagt Alt-Nazi-Kultur. Eigentlich geht es gefühlt um nichts anderes, als die Machtstrukturen, die die ewig gestrigen angeblich geschaffen haben, um im Hintergrund ihr krankes Weltbild zu erhalten und den Traum vom „4. Reich“ zu träumen. Die Jagd nach dem Bozzetto und seiner in der „Idola“ verschlüsselten Gebrauchsanweisung ist eigentlich nur Beiwerk. Und Michelangelo spielte leider auch nur im Prolog eine Rolle.


    Streckenweise war ich versucht, das Buch einfach zur Seite zu legen, weil mir ob der Darstellung des Nazi-Treffens (da tauchen die alten Herren doch tatsächlich in den Galauniformen von Hitler und Göring auf…) die Lust am Lesen vergangen ist. Bei so etwas muss ich mich immer nur wahnsinnig aufregen, was wohl in den Köpfen dieser Menschen vorgeht. Als dann auch noch Hitlers Leichnam eine Rolle zu spielen beginnt, driftete die Story schon fast ins lächerliche ab. Aber den Autoren ist es trotzdem irgendwie gelungen, mich bei der Stange zu halten. Vielleicht, weil die „Guten“ in der Geschichte wirklich sympathisch sind und man einfach erfahren will, ob und wie ihr Vorhaben gelingt.


    Liest man die Kurzbeschreibung und dann die Autoren-Vita fragt man sich als Leser schon, wieviel Autobiografie hier dabei ist und was in diesem Buch Wahrheit ist und was Fiktion. Genau das macht die Geschichte noch verwirrender, als sie eh schon ist. Oder ist alles (einschließlich Autorenvita) nur eine Fiktion, eine gigantische Marketingaktion, ein Werbegag? Darauf könnte man kommen, wenn man die Homepage zum Buch anschaut. Auf jeden Fall ist es gelungen, Aufmerksamkeit zu erregen und Leser zu gewinnen - ich bin das beste Beispiel.


    Das Buch lässt mich zwiespältig zurück. Es hat mich recht gut unterhalten, wenn es auch nicht das war, was ich erwartet hatte. Aber da war auch die ganze Zeit das Gefühl, dass hier irgendwas faul ist, dass man als Leser Fiktion und Realität nicht trennen kann, dass man irgendwie veralbert wird. Ich hatte immer einen grinsenden HAB vor Augen, der sich köstlich über das Verwirrspiel amüsiert, das er hier gemeinsam mit Gerd J. Schneeweis angezettelt hat. (Das würde gut zu dem charmanten Herrn passen, mit dem ich auf der Frankfurter Buchmesse Prosecco trinken durfte). Oder warum sonst kann man weder beim Verlag noch bei amazon Informationen über die Autoren finden?


    Leseempfehlung? Ja, doch. Denn von diesem Buch muss man sich selbst ein Bild machen. Von mir gibt es :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb: Sterne, mehr sind mir die vielen Nazis leider nicht wert, auch wenn die anderen Charaktere durchaus sympathisch und interessant sind.

    Fazit:
    Verwirrend.

    Gelesen in 2024: 9 - Gehört in 2024: 6 - SUB: 626


    "Wenn der Schnee fällt und die weißen Winde wehen, stirbt der einsame Wolf, doch das Rudel überlebt." Ned Stark

  • Vielen Dank für diese Rezi.
    Seitdem ich auf der Frankfurter Buchmesse den Gratissekt beim Bozzetto-Stand bekommen habe, der mich fast aus den Latschen gehauen hat, bin ich irgendwie gespannt auf dieses Buch.
    Aber nach Deinem Fazit warte ich wohl besser mal noch ein Weilchen und knöpfe mir das Buch im Weihnachts-Urlaub vor. Da habe ich weniger Ablenkung nebenher.

  • Seitdem ich auf der Frankfurter Buchmesse den Gratissekt beim Bozzetto-Stand bekommen habe, der mich fast aus den Latschen gehauen hat, bin ich irgendwie gespannt auf dieses Buch.

    Ich bin ja auch durch eben jenen Stand auf das Buch aufmerksam geworden. Und lesenswert ist es allemal, nur eben nicht das, was ich mir vorgestellt hatte. Und je länger ich drüber nachdenke, umso weniger kriege ich dieses Verwischen von Realität und Fiktion auf die Reihe. Zumal mir Hermann Alexander Beyeler auch noch "HAB" zu seinem Autogramm dazugeschrieben hat mit den Worten: "Im Buch bin ich Hans Albert Bilgrin." Auf jeden Fall bin ich schon sehr gespannt auf deine Meinung - vielleicht empfindest du es ja ganz anders.

    Gelesen in 2024: 9 - Gehört in 2024: 6 - SUB: 626


    "Wenn der Schnee fällt und die weißen Winde wehen, stirbt der einsame Wolf, doch das Rudel überlebt." Ned Stark