Kai Aline Hula - Windmädchen

  • Worum geht es?


    Was tun, wenn man plötzlich unsichtbar wird? Schockiert stellt die 16-jährige Kara eines Morgens fest, dass sie von niemandem mehr gehört oder gesehen wird. Gegenstände lassen sich von ihr nicht mehr heben, doch unverwundbar ist sie keineswegs. Ihre Familie kann sich Karas Verschwinden nicht erklären und schaltet die Polizei ein, während Kara verzweifelt versucht, auf sich aufmerksam zu machen. Da taucht Ilian auf, dem dasselbe passiert ist. Kann er Kara helfen oder stellt er nur eine weitere Gefahr dar? Und wie lang wird Karas Freund Yannik auf sie warten, wenn sie nicht bald wieder auftaucht?


    Quelle: Verlagsseite


    Über die Autorin


    Kai Aline Hula, geboren 1990, wuchs halb im Burgenland und halb in Wien zwischen vielen Tieren, Brüdern und Büchern auf. Sie arbeitet als Volksschullehrerin in Wien. “Windmädchen” ist ihr erster Roman für Jugendliche.


    Quelle: Autoreninformation im Buch “Windmädchen” (Seite 218)


    Meine Bewertung

    Ich bin ja immer auf der Suche nach Büchern, denen eine neue und einzigartige Idee zugrunde liegt. Und der Klappentext von “Windmädchen” hat mich extrem neugierig gemacht. Neben den vielen dystopischen oder sonst fantasylastigen Jugendbüchern ist dieses Debüt ein sehr bodenständiger Roman, bei dem es zur Abwechslung mal nicht um Zukunftsvisionen, Rebellen oder die erste große Liebe geht. Stattdessen beschäftigt sich “Windmädchen” mit der Suche nach der eigenen Identität und der Tatsache, dass irgendwann im Leben der Moment kommt, wo man merkt, dass man etwas ändern muss. Oder vielmehr: dass man sich selbst ändern muss.


    Denn besonders eindringlich beschreibt die Autorin, wie sehr sich Kara wünscht, endlich wieder von ihrer Familie wahrgenommen zu werden, endlich wieder sichtbar zu sein, nachdem sie gerade erschrocken feststellen musste, weder gesehen noch gehört zu werden. Kara verspricht sich selbst, dann ganz viele Dinge anders zu machen. Mehr Zeit mit dem Familienhund zu verbringen, zum Beispiel. Oder endlich mal offen und ehrlich mit ihrem Bruder über ihre feste Freundschaft mit Yannik zu sprechen. Mir hat sehr gut gefallen, wie Kai Aline Hula die Kernaussage ihres Buches vermittelt. Ganz feinfühlig geht sie dabei vor, fast nur nebenbei erwähnt sie diese Punkte, sodass sie sich fast unbemerkt in den Kopf des Lesers einschleichen.


    Dementsprechend war auch die Auflösung der Geschichte stimmig für mich. Natürlich fragt man sich als Leser die ganze Zeit, warum Kara plötzlich unsichtbar wurde und ob es ihr gelingt, wieder sichtbar zu werden. Ich bin froh, dass die Autorin eine Erklärung dafür gefunden hat, die rational zu erklären ist keine übersinnlichen Ursachen hat. Wobei man darüber vermutlich auch streiten könnte, aber dazu verrate ich an dieser Stelle nicht mehr.


    Der Schreibstil von Kai Aline Hula ist sehr angenehm und passend für die Zielgruppe. Sie schreibt anschaulich und das Buch lässt sich leicht lesen, teilweise ist der Schreibstil umgangssprachlich, was aber durchaus zur Geschichte passt. Junge Leser sollten gut damit klarkommen, allerdings würde ich das Buch vom inhaltlichen Verständnis her nicht für zu junge Leser empfehlen. Ich denke, für Leser ab 14 Jahren ist das Buch durchaus geeignet.


    Erwachsene Leser können durchaus auch etwas aus diesem Buch mitnehmen, aber man merkt schon, dass die Zielgruppe woanders liegt. Das Buch liest sich angenehm, aber die Autorin konnte mich nicht ganz packen. Mir hat etwas die Begeisterung für die Geschichte und die Charaktere gefehlt. Ich habe beim Lesen eine gewisse Distanz zu ihnen gespürt, konnte keinen richtigen Zugang zu ihnen aufbauen.


    Schade fand ich, dass sich die Autorin im Hauptteil des Buches auf einen Handlungsstrang versteift, der am Ende nicht wirklich viel auslöst oder zu bedeuten hat. Er führt nur über Umwegen zum Ziel. Auch wenn dabei eine sehr liebenswerte Figur eine sehr große Rolle spielt, bleiben dadurch doch die Hauptcharaktere zu sehr im Hintergrund und die Handlung wird nicht nennenswert vorangetrieben. Ich hatte das Gefühl, dass sich Kai Aline Hula zu sehr mit Nebensächlichkeiten beschäftigt. Umso schneller kam dann dagegen die Auflösung. Der Schwerpunkt wurde hier für mich falsch gesetzt.


    Mein Fazit


    “Windmädchen” konnte mich durch die Hintergrundidee der Autorin sehr begeistern, richtet sich aber wohl doch eher an jüngere Leser ab 14 Jahren.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


    http://www.lektorat-sprachgefuehl.de

  • Danke, liebes :flower: , für diese wundervolle Rezi. Danach würde ich das Buch fast nochmal lesen wollen, obwohl ich es eher mittelprächtig fand. Dabei war die Grundidee fantastisch und der Klappentext weckte bei mir ähnliche Neugier. Aber am Ende lässt die Autorin ihre Leser irgendwie alleine zurück. So als ob man etwas erzählt bekommt und der Erzähler mitten im Satz stoppt, weil er unterbrochen oder abgelenkt wird und dann den Faden nicht wieder findet und einfach geht. :-s Öhhhh ............... und nu??
    Dabei meine ich gar nicht den, auch für mich, sehr stimmigen Schluss und die Auflösung des ganzen, sondern eher den detailverliebten Mittelteil, der einfach so aufhört. ?(


    Von mir gab es auch :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

    Ich :study: gerade:

    [-X 2024: SuB 7.708

    gelesen/gehört insgesamt: 11 davon 6 :study: = 2265 Seiten / 5 :musik: = 53:34 Stunden

    (2023 gelesen: 14 B. / 4.602 S. + gehört: 32 HB. / 327:27 Std.)

  • Dabei meine ich gar nicht den, auch für mich, sehr stimmigen Schluss und die Auflösung des ganzen, sondern eher den detailverliebten Mittelteil, der einfach so aufhört.


    Ja, ich weiß, was du meinst.


    Unbedingt erwähnen möchte ich aber noch, dass es sich bei der Autorin um unser liebes Foren-Mitglied @kai-aline handelt. :winken:

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


    http://www.lektorat-sprachgefuehl.de

  • Für meinen Blog durfte ich ein Interview mit Kai Aline führen. Schaut doch mal vorbei: Klick!

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


    http://www.lektorat-sprachgefuehl.de

  • Uiiiii, vielen Dank für diese Information und ein ganz großes Lob an kai-aline (Autorin) :pray: + :applause: . Jetzt bin ich völlig baff und voller Bewunderung.


    Ich :study: gerade:

    [-X 2024: SuB 7.708

    gelesen/gehört insgesamt: 11 davon 6 :study: = 2265 Seiten / 5 :musik: = 53:34 Stunden

    (2023 gelesen: 14 B. / 4.602 S. + gehört: 32 HB. / 327:27 Std.)

  • @Rincewind:


    Ah, ok, das ging mir nicht so, denn

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


    http://www.lektorat-sprachgefuehl.de

  • Ich freue mich immer wieder riesig, wenn ich lese, wie unterschiedlich Inhalte empfunden werden. :applause:
    Mir tat Ilian vom ersten Augenblick an total leid und sein Schicksal rührte mich total.

    Ich :study: gerade:

    [-X 2024: SuB 7.708

    gelesen/gehört insgesamt: 11 davon 6 :study: = 2265 Seiten / 5 :musik: = 53:34 Stunden

    (2023 gelesen: 14 B. / 4.602 S. + gehört: 32 HB. / 327:27 Std.)

  • // Was passiert //

    Stell dir vor, du bist auf einmal unsichtbar. Von einer Minute auf die andere kann deine Familie dich nicht mehr sehen, nicht mehr hören und wenn du versuchst, deine Zimmertür zu öffnen, bewegt sie sich keinen Millimeter. Genau das passiert der 16 Jahre alten Kara. Eigentlich wollte sie nach dem Geburtstagsfrühstück ihres Bruders Rafael nur für ein paar Minuten in ihr Zimmer gehen, doch als sie zum Kaffeetrinken gerufen wird, ist es, als wäre sie einfach verschwunden.


    // Was ich denke //
    "Windmädchen" ist wirklich komplett anders als die Bücher, die ich sonst so lese. Ich bin zwar großer Fan von Jugendbüchern, aber meistens sind die halt sehr locker, humorvoll und frech. "Windmädchen" ist da anders… die ganze Geschichte ist sehr ruhig, der Schreibstil passend dazu ebenfalls unaufgeregt, ich möchte fast sagen ein wenig steif. Es ist vermutlich meine persönliche Wahrnehmung, aber es fehlte dem Ganzen irgendwie an Leidenschaft, ich konnte nicht richtig mit Kara mitfühlen. Es werden zwar Emotionen übertragen und ich konnte ihre Gedanken und Gefühle auch vollkommen nachvollziehen, aber für meinen Geschmack war alles ein wenig zu… na ja, ruhig.


    Die Story an sich ist aber sehr gut gemacht. Am Geburtstag ihres Bruders wird Kara plötzlich unsichtbar. Egal, was sie versucht, ihre Familie kann sie weder sehen noch hören. Genauso wenig kann sie Dinge anfassen oder bewegen, hat aber immer noch einen Körper. Das heißt, sie kann Schmerzen fühlen und auch angerempelt werden, nur, dass der andere das nicht merkt. Somit ist sie leider auch an die Gesetze der Physik gebunden, kann das Haus z.B. also nur verlassen, wenn jemand die Tür offen stehen lässt. So sitzt sie die ersten Stunden komplett alleine in ihrem Zimmer, weil sie nicht rauskommt.
    Allerdings merkt sie schnell, dass sie nicht alleine damit ist. Nach einer ersten Nacht, aus der sie leider immer noch unsichtbar aufwacht, trifft sie am nächsten Tag auf den fünfzehnjährigen Ilian. Den kann sie zwar nicht sehen, aber hören. Er erzählt ihr, dass auch er unsichtbar ist – und das schon seit drei Jahren, was Kara wenig Hoffnung macht. Aber auch wenn sie nicht weiß, wie es passieren konnte, ist sie sich doch sicher, dass es eine Möglichkeit geben muss, das Ganze rückgängig zu machen.
    Die beiden Jugendlichen verbringen nun ihre Zeit damit, einen Plan zu schmieden, wie sie Karas Familie auf sie aufmerksam machen können. Das ist natürlich gar nicht so einfach, wenn man nicht nur unsichtbar, sondern auch unfähig ist, Sachen zu anzufassen oder verbal zu kommunizieren.


    Vielleicht bin ich zu alt, aber leider konnte mich "Windmädchen" nicht hundertprozentig begeistern. Ich finde das Buch alles im allem zwar sehr charmant und liebevoll, aber es traf einfach nicht meinen Geschmack. Wenn ich aber die (eigentliche) Zielgruppe einbeziehe, ist Kai Aline Hulas Debüt-Roman für Jugendliche ein tolles Buch, das einen miträtseln lässt, was mit Kara passiert ist und ob sie es am Ende wohl schafft, wieder sichtbar zu werden.
    Apropos Ende: die Auflösung der Geschichte war nicht großartig überraschend. Ich habe natürlich während des Lebens schon die eine oder andere Theorie aufgestellt und tatsächlich war diese Idee auch dabei. Und auch wenn ich vorher schon meinen Verdacht hatte, hat es Spaß gemacht, es auf mich zukommen zu lassen.


    Ich glaube, mein größtes "Problem" mit dem Buch war, dass meine Erwartungen anhand des Klappentextes einfach komplett anders waren als das, was "Windmädchen" letztendlich ist. Ich dachte, die Geschichte wäre irgendwie mysteriöser, vielleicht sogar ein wenig übernatürlich (wobei das Cover dafür ein wenig zu ’normal‘ aussieht) und eben keine ruhige Erzählung. Letztendlich kann Kai Aline Hula also gar nichts dafür, dass sie mich nicht fesseln konnte, ich bin einfach falsch an die Sache heran gegangen. Daher fällt meine abschließende Bewertung auch nicht so schlecht aus, wie man anhand meiner Worte vielleicht denken könnte. Denn wenn man meinen persönlichen Geschmack ein wenig vernachlässigt, ist "Windmädchen" ein wirklich gutes Buch.


    // Schlusswort //
    "Windmädchen" von Kai Aline Hula ist ein gelungenes Jugend-Buch, das alles in allem sehr ruhig, aber dennoch spannend daher kommt. Die Geschichte um ein unsichtbares Mädchen kann mitreißen und lässt einen miträtseln. Auch wenn es für mich nicht ganz das Richtige war, kann ich es doch guten Gewissens weiter empfehlen.

    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

  • Beitrag an bestehenden Thread angehängt :wink:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier