Michaela Huber, Der Feind im Innern

  • Nach jeder neuen Gewalttat, insbesondere Formen von sexueller Gewalt an Kindern, flammt die öffentliche, aber auch die wissenschaftliche Debatte um die richtige Behandlung der Täter neu auf. Während nach Auffassung vieler Bürger die Täter möglichst streng bestraft werden sollten, streiten sich Fachleute darum, ob nicht alle Gewalttäter „krank“ seien und nicht eher in die Rechtsmedizin und Therapie gehörten als in ein Gefängnis.


    Was allerdings nach meistens sehr kurzer öffentlicher Aufmerksamkeit völlig aus dem Blick gerät, ist das Schicksal der Opfer nach der erlittenen Gewalttat. Die Traumtherapeutin Michael Huber hat sich die Behandlung der Opfer und deren wissenschaftliche Erforschung zum Lebensthema gemacht. Denn es sind die Psychotherapeuten verschiedener Richtungen, die mit den traumatisierten Überlebenden von Gewalt zu tun haben, oft über viele Jahre. Sie müssen sich beschäftigen mit den sogenannten Täterintrojekten, also mit bösartigen Gedanken-, Gefühls- und Verhaltenszwängen ihrer Klienten. Sie ringen in einem einsamen Kampf darum, für ihre Klientinnen Wege zu finden, die sie wieder in ihr Leben und die Gesellschaft integrieren. Wie, so ist ihre permanente Fragestellung, lassen sich (selbst)zerstörerische Impulse unter Kontrolle bringen und welche Möglichkeiten haben Klienten und Therapeuten zu verhindern, das jemand, der ein Opfer geworden ist, seinerseits zum Täter wird?


    Michaela Huber hat ihre Erfahrungen mit dem „Feind im Innern“ traumatisierter Menschen hier zusammengefasst und auch viele Gespräche mit Fachkollegen zu diesem Thema dokumentiert. Es geht ihr darum diesen „Feind im Innern“ zu verstehen, wie er tickt und funktioniert. Und sie überlegt immer wieder, wie man ihn zur inneren Kooperation bewegen kann. Denn er soll sich vom gnadenlosen Zerstörer in einen inneren Beschützer verwandeln. Zum Beschützer des verletzten und traumatisierten inneren Kindes.


    Mit wurde deutlich: während für die Rehabilitation bzw. die Aufbewahrung der Täter die Gesellschaft viel Geld ausgibt, werden die Opfer und die langjährige und schwierige Arbeit der Therapeuten meist übersehen. Dieses Buch, das sich die Frage stellt: „Wie finden wir den Weg aus Ohnmacht und Gewalt?“ und sich vorwiegend an Therapeuten richtet, könnte dafür mehr Aufmerksamkeit erreichen.